Mai 3, 2024

Kolumne 22.04.2024 Nr. 818

     BuchKolumne 22.04.2024 Nr. 818

Sarah J. Maas – Crescent City – Wenn die Schatten sich erheben
Kästner & Kästner – Tatort Hafen – Tod an den Landungsbrücken
Franz Kafka – Die Erzählungen
Miriam Meckel / Léa Steinacker– Alles überall auf einmal
Mario Giordano – Die Frauen der Familie Carbonaro

Hörbuch der Woche:

Anne Jacobs – Die Tuchvilla-Saga

Sarah J. Maas – Crescent City – Wenn die Schatten sich erheben

Bryce Quinlan hätte nie gedacht, einmal eine andere Welt als Midgard zu sehen, aber jetzt, wo es passiert ist, will sie nur noch zurück. Alles, was sie liebt, ist in Midgard: ihre Familie, ihre Freunde, ihr Gefährte. Als Gestrandete in einer fremden neuen Welt wird sie all ihre Cleverness benötigen, um wieder nach Hause zu kommen. Und das ist kein leichtes Unterfangen – denn woher soll sie wissen, wem sie vertrauen kann? Hunt Athalar steckte in seinem Leben schon in zahlreichen ausweglosen Situationen, aber diese könnte die auswegloseste von allen sein. Nach ein paar kurzen Monaten, in denen er alle seine Träume wahr zu werden schienen, befindet er sich wieder in den Kerkern der Asteri, seiner Freiheit beraubt und ohne einen Hinweis darauf, was mit Bryce geschehen ist. Er will ihr unbedingt helfen, aber bis er sich aus den Fängen der Asteri befreien kann, sind ihm buchstäblich die Hände gebunden.

Und wieder hat es ZOOM gemacht! Nach „Wenn das Dunkel erwacht“ und „Wenn ein Stern erstrahlt“ setzt Bestseller-Autorin Sarah J. Maas ihre „Crescent-City“-Saga fort. Ein Fantasy-Spektakel, das eine Wucht entfaltet, die einen hinwegfegt! Eine Story, die perfekt ist für eine Netflix-Serie. Aber diese Story, mit diesem bombastischen Style und dem großen Handlungsstrang zu verfilmen, das würde teuer werden. Aber die LeserInnen können ja die Bücher genießen mit ihren so fantastischen Wesen und ihrem fesselnden Treiben in Midgard. Man sollte die anderen Bücher zuvor gelesen haben, aber auch Neueinsteiger können gerne mit diesem Buch beginnen. Dazu eine Erklärung aus dem Buch, die etwas klarer sehen lässt: „Angeblich war Midgard kaum mehr als ein öder, von nicht magischen Menschen und Tieren bewohnter Planet gewesen. Die Asteri wählten ihn als Ort, um ein perfektes Reich zu errichten, und schon bald strömten Kreaturen und Wesen aus anderen Welten durch einen riesigen Riss zwischen den Welten, dem sogenannten Northern Rift, nach Midgard.“ Will man spektakuläre und vor Ideen und Spannung strotzende Fantasy lesen, dann muss man zu den Büchern von Sarah J. Maas greifen!

dtv, 957 Seiten; 26,00 Euro

Kästner & Kästner – Tatort Hafen – Tod an den Landungsbrücken

Am Touristenmagnet St. Pauli-Landungsbrücken wird der Barkassen-Kapitän Dominic Lutteroth erschlagen auf seinem Ausflugsschiff gefunden. Der Fall, der sofort für große mediale Aufmerksamkeit sorgt, landet auf dem Schreibtisch der erfahrenen Kriminalhauptkommissarin Jonna Jacobi – die kurz vor ihrer Pensionierung eigentlich kürzertreten wollte. Stattdessen muss nun eine junge Mutter über den Tod ihres Ehemannes informiert werden. Zusammen mit dem Wasserschutzpolizisten Tom Bendixen beginnt Jonna zu ermitteln und ist schnell fasziniert vom Mikrokosmos Hamburger Hafen mit seinen ureigenen Regeln und althergebrachten Traditionen. Doch als Jonna und Tom eben glauben, einer Art Barkassen-Krieg auf die Spur gekommen zu sein, der den Kapitän das Leben kostete, verschwindet Lutteroths Ehefrau.

Mit „Tatort Hafen“ geht eine neue Hamburg-Krimi-Reihe an den Start. Ich war gespannt! Als ich dann noch las, dass das Autorenehepaar Kästner einen ansprechenden Backround hat (sie arbeitet als Psychologin und Spezialistin für Krisenintervention; er war ehemaliger Hauptkommissar bei der Hamburger Wasserschutzpolizei) wollte ich gleich loslegen mit dem ersten Fall „Tod an den Landungsbrücken“. Was sehr auffällt, ist die Liebe des Autorenehepaars zu Hamburg. Denn es gibt leider viel zu viel Hamburg und auch Nebensächlichkeiten, die ausgebreitet werden, die aber einen flotten Kriminalroman verhindern. Die Story ist ganz ansprechend, aber sie kommt nie so richtig in die Gänge. Ein bisschen Spannung hier, ein bisschen Spannung dort, aber fesseln konnte mich das alles nicht. Die beiden Hauptfiguren Jonna Jacobi und Tom Bendixen haben Potenzial, aber da muss in Zukunft schon mehr kommen, damit die Reihe zu einem Spannungshighlight wird.

Knaur, 305 Seiten; 12,99 Euro

Franz Kafka – Die Erzählungen

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Blick ins Buch leider nicht verfügbar

Franz Kafkas Erzählungen, Parabeln und Prosastücke, die teilweise zu Lebzeiten erschienen, doch Großteils erst von Max Brod aus dem Nachlass herausgegeben wurden, bilden den Kern seines unsterblichen literarischen Werks. Der Erfindungsreichtum, der von absurden bürokratischen Situationen bis zu eigentümlich heiteren Tiererzählungen reicht, ist bekannt und beliebt. Düstere Beklemmung und manchmal befreiender Humor liegen in seinen berühmten Erzählungen wie „Die Verwandlung“, „Das Urteil“, „In der Strafkolonie“ oder „Der Hungerkünstler“ nah beieinander.

Die Erzählungen von Franz Kafka sind ein Füllhorn an Geschichten, die man immer wieder gerne lesen will. Sie lassen einem einen besonderen Blick auf die Menschen und ihr Tun werfen. Franz Kafka spielt mit der Sprache wie Lionel Messi mit einem Fußball. Er schreibt Prosa, die verzückt und lehrreich für das Leben ist. S. Fischer hat mit dieser Ausgabe den Bücherfans ein Geschenk gemacht. Das Buch kommt in einem wunderschönen türkisen Leinen-Hardcover daher. Edle Geschichten in einer edlen Ausführung!

S. Fischer, 525 Seiten; 26,00 Euro


Ergänzend zu den Erzählungen von Franz Kafka ist das Hörbuch von Rüdiger Safranski zu empfehlen. In „Kafka – Um sein Leben schreiben“ nähert er sich dieser Jahrhundertfigur der Weltliteratur an. Klar und forsch gelesen von Frank Arnold. Random House Audio. 25,00 Euro.

Hörprobe: 5:24 Min.

 Miriam Meckel / Léa Steinacker – Alles überall auf einmal

Wir erleben den „iPhone-Moment“ der künstlichen Intelligenz, die Technologie ist erstmals für jede und jeden verfügbar. Damit stehen wir an einer entscheidenden Schwelle unserer kulturellen Evolution. Alles verändert sich überall auf einmal. Das Buch zeigt die Chancen auf, die der Schritt über diese Schwelle birgt. Wir müssen nicht fürchten, als Menschen abgeschafft zu werden, denn: Alles, was die KI tut, geht zurück auf die Art und Weise, wie wir mit ihr umgehen. Das heißt aber auch: Wir stehen genau jetzt vor der Aufgabe, ihre Entwicklung in die richtigen Bahnen zu lenken. Doch wie gelingt das, und wo lauern Risiken, unerwünschte Nebeneffekte, ethische Dilemmata – ob in der Arbeitswelt, in der Wirtschaft, in den menschlichen Beziehungen oder im Alltag? Welche Fragen klären wir besser heute als morgen, sei es im Umgang mit selbstfahrenden Autos, virtuellen medizinischen Assistenten oder automatisierten Fake News?

„Alles überall auf einmal“ – wie passend der Buchtitel doch ist! Das ist unsere neue Welt mit der KI. Ein Buch, das aufklärt, erläutert, aufzeigt, was kommen kann, aber nicht muss, denn am Ende haben wir es in der Hand. Noch. Wollen Sie die KI verstehen, dann lesen Sie dieses Buch! Die Hauptkapitel sind: „Abrakadabra: Ich erschaffe, während ich spreche“, „Ex Machina: Eine kurze Geschichte der KI“, „Die Transformer: Wie mit neuronalen Netzen der Durchbruch gelang“, „Hurra – die Produktivität ist wieder da! KI und das neue Wirtschaftswachstum“, „Endlich die 15-Stunden-Woche? Die Automatisierung des Arbeitsmarkts“, Zwischen Amnesie und Autonomie: Wenn Bots mit Bots sprechen“, „Deepfakes und Desinformation: Das Ende der Wahrheit?“, „(Un)demokratische Dystopien: Was wird aus der Politik?“, „Das ethische Spiegelkabinett: Wenn KI-Werte nachahmt“, „Eine Frage der Entscheidung: Wie intelligent ist KI eigentlich?“, „Wie fühlt es sich an, eine KI zu sein? – Die Frage des Bewusstseins“, „Wir haben die Fäden in der Hand: Regulierungsansätze der KI“ und „Ab ins nächste Universum: Zwei Szenarien und ein Hoffnungsschimmer“.

Rowohlt, 400 Seiten; 26,00 Euro

 Mario Giordano – Die Frauen der Familie Carbonaro

Drei Frauen der deutsch-italienischen Familie Carbonaro erzählen ihre Geschichte: Sie erzählen von einem archaischen Sizilien Ende des 19. Jahrhunderts, vom Fluch ihrer Vorfahrinnen, von Wundern, Illusionen und kleinen Triumphen. Von Liebe und Gewalt, von schönen Schneidern, Scharlatanen und traurigen Gespenstern. Sie erzählen von Flughunden und Krähen, von Sizilien und Deutschland, von Heimat und Fremdsein, Bombennächten und Bienenstich – und davon, wie das Glück sie immer wieder fand.

Mario Giordano gehört zu den besten Geschichtenerzählern Deutschlands! Seine spaßig-spannende Krimi-Reihe um „Tante Poldi“ hat mich sehr gut unterhalten. 2023 schlug er dann ein neues Kapitel auf – mit der Geschichte der sizilianischen Familie Carbonaro. „Terra di Sicilia“ machte den Anfang. Mario Giordano hat eine berauschende italienisch-deutsche Familiensaga geschrieben! Und diese setzt er nun fort mit „Die Frauen der Familie Carbonaro“. Und was für Frauen das sind! Kampfeslustig, entschlossen, stark und immer ihren Weg gehend. Pina, Anna und Maria, dessen Geschichten von 1896 bis 1972 reichen, haben den LeserInnen viel zu bieten. Eine Geschichte, so reichhaltig wie ein großer Korb voller Zitronen!

Goldmann, 510 Seiten; 24,00 Euro