April 20, 2024

Kolumne vom 16.03.2020 – Nr.604

BuchKolumne der Woche vom 16.03.2020 – Nr.604

Bei denglers-buchkritik.de kannst Du jeden Montag neue Rezensionen und Buchkritiken lesen und Dir Tipps und Anregungen für neuen Lesestoff holen – egal ob Roman, Krimi, Science-Fiction oder Thriller.

Julia Holbe – Unsere glücklichen Tage

Daumen hoch grün
Unsere glücklichen Tage

Lenica, Marie, Fanny und Elsa verbringen einen nicht enden wollenden Sommer an der französischen Atlantikküste. Wie ein Versprechen liegt die Zukunft vor ihnen, so ausgelassen und unbeschwert sind sie, dass sie gar nicht merken, wie das Leben seine Weichen stellt. Als sie sich viele Jahre später wiedersehen, erkennen sie, dass ihre Träume sie noch immer wie eine schicksalhafte Kraft verbinden. Trotz allem, was geschehen ist, seit jenem Abend, als Lenica ihren Freund Sean mitbrachte. Und die unaufhaltbare Geschichte ihren Lauf nahm.

Julia Holbe fängt einen schnell ein – mit einer anziehenden Geschichte und vielfältigen und einprägsamen Frauenfiguren. Eine Geschichte, die man aufsaugt wie ein Schwamm Wasser! Nicht ein Detail, nicht ein Gefühl, nicht eine einzelne Faser der Freundinnen will man missen. Bestimmend ist vor allem Elsa, die die Geschichte erzählt. Mit ihr erlebt man den Sommer von damals, 30 Jahre in der Vergangenheit, es war so schön damals, ein Sommer, der niemals vergehen hätte dürfen. Ein Sommer, der im Nachhinein aber noch viele Überraschungen birgt. Julia Holbe wechselt geschickt zwischen Gegenwart und Vergangenheit und macht die Lovestory von damals und heute zwischen Elsa und Sean, und was sonst noch alles in diesem Sommer geschah, noch spannender. „Unsere glücklichen Tage“ verspricht glückliche Lesestunden!

Penguin, 317 Seiten; 20,00 Euro

Davide Longo – Die jungen Bestien

Im Turiner Herbst 1977 hatten ein paar Jugendliche den Parteisitz der rechten MSI in Brand gesetzt. Dabei war ein Mann ums Leben gekommen. Wussten die Jugendlichen, dass ein Mensch im Gebäude war? War alles nur ein Spiel der jungen Leute, in jenen aufgeheizten Zeiten, oder wollten sie wirklich einen Mord begehen? Niemand kennt die Antwort, die Jugendlichen sind seitdem spurlos verschwunden. Fast vierzig Jahre später suchen zwei Kommissare und ihr ehemaliger Kollege Corso Bramard nach einer Verbindung zu jenem Fall. Die Drei geraten in einen schier unbezwingbaren Strudel aus italienischer omertà und Lüge. Und doch nähern sie sich einer Wahrheit, die von der Politik unter den Teppich gekehrt wurde.

Der Italiener Davide Longo ist ein herausfordernder Autor! Er schrieb die Romane „Der Steingänger“, „Der aufrechte Mann“ und „Der Fall Bramard“, in dem auch Corso Bramard die Hauptfigur gibt. „Der Fall Bramard“ war schon kein ganz einfaches Buch, aber ansprechend. Ich habe mich daher auf „Die junge Bestien“ gefreut. Ein Kriminalroman kombiniert mit einem Gesellschaftsroman, so kann man „Die jungen Bestien“ zusammenfassen. Eigentlich eine erneut ansprechende Zusammensetzung, doch die Umsetzung brachte mich immer wieder ins straucheln. Davide Longo macht es einem nicht leicht beim Lesen, zu sehr lässt er sich treiben von Nebensächlichkeiten und ausschweifenden Beschreibungen.

Rowohlt, 412 Seiten; 22,00 Euro

Jessie Burton – Die Geheimnisse meiner Mutter

Die Geheimnisse meiner Mutter

Mit vierzehn bringt Rose ihre Mutter um – allerdings nur in den Geschichten, die sie ihren Mitschülern erzählt. Das ist leichter zu ertragen, als zuzugeben, dass ihre Mutter Elise einfach verschwunden ist, als Rose noch ein Baby war, und dass sie keine Ahnung hat, wohin, und vor allem – warum. Als Rose erwachsen ist, erfährt sie, dass die Schriftstellerin Constance Holden, einst eine gefeierte Bestsellerautorin, die dann aber plötzlich mit dem Schreiben aufgehört hat, damals die Letzte war, zu der Roses Mutter vor ihrem Verschwinden Kontakt hatte. Und mehr als das – Elise und Constance waren ein Liebespaar. Rose nimmt Kontakt zu Constance auf, um endlich zu erfahren, was mit ihrer Mutter geschehen ist.

„Die Geheimnisse meiner Mutter“ fesselt von der ersten Seite an! Bei Jessie Burton vibrieren die Seiten vor Spannung, Gefühl und Emotionen. Die Charaktere sind hervorragend ausgearbeitet, sie kommen einem ganz nahe. Jessie Burton erzählt die Geschichte auf zwei Zeitebenen. 1982 und 1983 erlebt man das Leben von Elise und Constance und 2017 Roses Suche nach Constance und der Wahrheit. Beide Geschichten haben die gleiche Qualität und das gleiche Spannungslevel. Rose ist in der Gegenwart die treibende Erzählkraft, in der Vergangenheit ist es Rose Mutter Elise. Die Einblicke, die man auf beiden Zeitebenen bekommt, lassen einem immer schneller lesen auf der Suche nach der Wahrheit.

Insel, 582 Seiten; 22,00 Euro

Ruud Koopmans  – Das verfallene Haus des Islam

Das verfallene Haus des Islam

Immer mehr Muslime fliehen vor Diktatur und Unfreiheit, Terror und Krieg, Armut und Arbeitslosigkeit in den Westen – und bringen nicht nur ihre Kultur, sondern vielfach auch die Probleme der islamischen Welt mit. Das Buch durch den systematischen Vergleich von muslimischen und nichtmuslimischen Ländern und Migrantengruppen, wie die islamische Welt einerseits und Muslime im Westen andererseits bezüglich Demokratie, Bildung und wirtschaftlicher Lage immer weiter ins Hintertreffen geraten. Es schildert, wie der Islam seit rund vierzig Jahren zunehmend von fundamentalistischen Strömungen beherrscht wird, die die Rechte der Frauen einschränken, Homosexuelle und andere Minderheiten verfolgen, säkulare Bildung bekämpfen und sich von Nichtmuslimen abkapseln.

Ein ehrlicher und öffnender Blick auf den Islam, der Chancen erörtert, wie die Zukunft der Religion wieder zu ihren Ursprüngen zurückfinden kann – denn der Islam ist nicht böse, aber ein Teil der Menschen macht ihn dazu! Die Hauptthemen des Buches sind: „Im Bann des Fundamentalismus“, „Warum ist die Demokratisierung an der islamischen Welt vorbeigegangen?“, „Die religiösen Wurzeln der Unfreiheit“, „Die islamischen Religionskriege“, „Die wirtschaftliche Stagnation der islamischen Welt“, „Die schwierige Integration muslimischer Migranten“ und „Kann sich der Islam vom Fundamentalismus befreien?“.

C. H. Beck, 288 Seiten; 22,00 Euro

Prof. Dr. med. Silke Heimes – Ich schreibe mich gesund

Viele Ärzte betreiben heutzutage „Reparaturmedizin“ an ihren Patienten, statt nach den Ursachen der Beschwerden zu suchen. Anhand von klaren und motivierenden täglichen Schreibimpulsen lernt man in diesem Buch, die Warnsignale des Körpers wieder als solche wahrzunehmen, einen guten Umgang mit körperlichen und psychischen Beschwerden zu finden und zugleich zu erkennen, was uns gesund und ausgeglichen macht.

Mit Silke Heimes, Ärztin und Schreibtherapeutin, sollen Sie selbst Experte für Ihre Gesundheit werden. Das Rezept: zwölf Wochen lang schreiben, jeden Tag fünfzehn Minuten. Die Hauptthemen sind u. a.: „Die Macht der Psyche“, Schreiben macht gesund“, Umgang mit der Krankheit“, „Sich selbst erkennen“, „So bleiben Sie dran“. Und dann das „Gesundheitstagebuch“, das Sie in diesem Buch führen können, hier sind die Themen: „Dialog mit Ihren Beschwerden“, „Ihre Bedürfnisse und Grenzen“ und „Schreibend in Balance kommen“. Ein Buch mit hohem Mehrwert – für Geist und Körper! Es wird für Sie ein Begleiter für eine längere Zeit sein, eine spannende Zeit mit neuen Erkenntnissen.

dtv, 240 Seiten; 18,00 Euro