BuchKolumne 19.07.2021 Nr. 674
Simon Beckett– Die Verlorenen
Jean Rémy – Die Rosen von Fleury
Elin Hilderbrand – Der beste Sommer aller Zeiten
Hermann Stresau – Von den Nazis trennt mich eine Welt
Preston & Child – Old Bones – Das Gift der Mumie
Simon Beckett – Die Verlorenen
Jonah Colley ist Mitglied einer bewaffneten Spezialeinheit der Londoner Polizei. Seit sein Sohn Theo vor zehn Jahren spurlos verschwand, liegt sein Leben in Scherben. Damals brach auch der Kontakt zu seinem besten Freund Gavin ab. Nun meldet Gavin sich überraschend und bittet um ein Treffen. Doch in dem verlassenen Lagerhaus findet Jonah nur seine Leiche, daneben drei weitere Tote. Fest in Plastikplane eingewickelt, sehen sie aus wie Kokons. Eines der Opfer ist noch am Leben. Und für Jonah beginnt ein Albtraum.
Simon Beckett muss man nicht mehr vorstellen. Seine David-Hunter-Reihe sind moderne Klassiker der Thriller-Literatur. Nun startet er mit „Die Verlorenen“ eine neue Thriller-Reihe. Gleich von Seite eins an schafft er es wieder, mit seinem unheimlich anziehenden Stil einen in die Story zu ziehen. Er lässt keine Zweifel aufkommen, dass man dieser entkommt, bevor man nicht die letzte Seite gelesen hat. Jonah und seine Suche nach der Wahrheit ist kein leichter Weg, der mit immer wieder neuen Überraschungen gespickt ist. Als sich die Wahrheit herausschält sieht man das mit staunendem Blick. Simon Beckett nimmt sich eines aktuellen und brennenden Themas an und verarbeitet es zu einem Kriminalroman. Unwiderstehlich spannend, Simon Beckett!
Wunderlich, 411 Seiten; 24,00 Euro
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Der große Geschichtenerzähler Johannes Steck liest auch diesmal wieder prägnant! 24,95 Euro.
Simon Beckett – Die Verlorenen – Hörprobe 5:00 Min
Jean Rémy – Die Rosen von Fleury
Ein Buch, auf das ich mich sehr gefreut hatte! Die Geschichte hörte sich spritzig und einladend an. Dann noch die bezaubernde Umgebung, und der schöne Bucheinband hat auch noch sein Übriges dazu getan. „Die Rosen von Fleury“ müssen unterhalten, dachte ich mir. Schon recht früh merkte ich, dass die Vorschusslorbeeren nicht gerecht waren. Die Umgebung ist bezaubernd, ja, aber ansonsten weiß die Geschichte nicht zu überzeugen. Sie plätschert müde vor sich hin, ohne große Höhepunkt oder nennenswerten Unterhaltungswert. Auch habe ich zu dem einen oder anderen Charakter nur wenig Sympathien aufbauen können. So freudig „Die Rosen von Fleury“ aufgeblüht haben, so schnell sind sie verwelkt und es bleibt kaum etwas zurück.
Wunderlich, 445 Seiten; 20,00 Euro
Elin Hilderbrand – Der beste Sommer aller Zeiten
Sommer 1969. Seit jeher verbringt die Familie Levin die schönste Zeit des Jahres auf der Insel Nantucket. Doch in diesem Sommer ist alles anders: Tochter Blair wartet zu Hause auf die Geburt ihres ersten Kindes, Sohn Tiger ist in Vietnam, und Tochter Kirby jobbt in einem Hotel auf der Nachbarinsel. Nur Jessie, die Jüngste, fährt wie immer mit den Eltern und der Großmutter auf die Insel. Ein öder Sommer voller Langeweile liegt vor ihr, befürchtet Jessie. Doch weit gefehlt! Noch ahnt keiner, wie turbulent dieser Sommer wird und welche Überraschungen er bereithält.
Ellin Hilderbrand ist für ihre einnehmenden Sommer- und Winterromane bekannte. Ihre Bücher sind reihenweise „New-York-Times“-Nr.-1-Bestseller. So auch ihr neuer Roman „Der beste Sommer aller Zeiten“. Eine Geschichte, die einen in den „Summer of ’69“ (der englische Originaltitel) zurückversetzt. Ellin Hilderbrand gelingt das hervorragend anhand ihrer Alltags- und Geschichtsbeschreibungen. Was hat die Menschen damals bewegt, was haben sie getan. Die Charaktere sind ihr gut gelungen. Man kann mit ihnen fühlen und den Sommer erleben. Freude und Leid spüren, das Lebensgefühl aufsaugen. Die drei Schwestern Jessie, Kirby und Blair erleben jede auf ihre Weise diese Zeit, diesen Sommer. Jessie, die jüngste, hat Probleme mit dem Sommerdomizil, Kirby, die mittlere, mit den Eltern und der politischen Stimmung, und Blair, die älteste, mit ihrer Ehe und ihrer Rolle als Ehefrau. Mit jeder der Schwestern fiebert man mit, dass sie ihren Weg finden und glücklich werden. Und natürlich mit Bruder Tiger, der in Vietnam sein muss, und dort jeden Tag sterben könnte. „Der beste Sommer aller Zeiten“, besser kann man sich nicht unterhalten lassen. Ein Buch zum Verlieben!
Goldmann, 621 Seiten; 10,00 Euro
Hermann Stresau arbeitet als Bibliothekar in Berlin, als 1933 die Machtergreifung durch die Nationalsozialisten erfolgt. In seinen Tagebüchern, die der in Amerika geborene Intellektuelle mit der Machtergreifung wieder aufnimmt, entfaltet sich ein intimes Bild der Vorkriegszeit. Er schildert, wie die neuen Machthaber mit der ihnen eigenen Mischung aus geschickt eingesetzter Propaganda, inszenierten Machtdemonstrationen, der skrupellosen Ausübung von Gewalt und einer gut organisierten Bürokratie die Herrschaft absicherten und Stück für Stück ausweiteten. Stresau interessiert sich aber auch für sein Umfeld. Er beschreibt das Verhalten derjenigen, die sich aus Überzeugung oder Karrieregründen dem System andienen, schildert das Mitläufertum ebenso wie die Gedanken der ihm Gleichgesinnten, die sich den neuen Verhältnissen verweigern.
Hermann Stresaus „Von den Nazis trennt mich eine Welt – Tagebücher aus der inneren Emigration 1933 – 1939“ sind eine literarische Wiederentdeckung, die einem einen offenen, ehrlichen und ungeschönten Blick eines Intellektuellen auf die Jahre 1933–1939 während der Naziherrschaft in Deutschland zeigt. Der Autor meinte einst: „Es war vor allem nicht leicht, inmitten eines grandios aufgeblähten Machtsystems zu leben, inmitten eines geistigen Terrors, einer phantastischen Lügenhaftigkeit, innerlich abseits, bemüht, sich nicht blenden zu lassen, auch nicht von scheinbaren Vorzügen und Erfolgen.“ Wer einen wahrhaftigen Blick auf diese Zeit haben möchte, der bekommt mit diesem persönlichen Buch über diese Zeit einen Blick auf die politische und alltägliche Welt von damals. Die Tagebücher wurden von den Herausgebern Peter Graf und Ulrich Faure wiederentdeckt und reichen von 1933–1945. Ein zweiter Band, der die Kriegsjahre umfasst, erscheint im Herbst 2021.
Klett-Cotta, 439 Seiten; 24,00 Euro
Preston & Child – Old Bones – Das Gift der Mumie
Der Wind fegt Sandschwaden und einen rollenden Busch durch die Straßen der Geisterstadt High Lonesome – und über eine mumifizierte Leiche, die seit mindestens 50 Jahren unentdeckt dort lag. Weil der Tote der örtlichen Polizei Rätsel aufgibt, nehmen sich FBI-Agentin Corrie Swanson und ihre Freundin, die Archäologin Nora Kelly, des Falls an. Bei der Untersuchung des Leichnams finden die beiden Frauen nicht nur heraus, dass der Mann eines entsetzlichen Todes starb – er trug auch ein unschätzbar wertvolles Goldkreuz aus dem 16. Jahrhundert bei sich. Nur warum hat sein Mörder das Kleinod nicht an sich genommen?
Nach „Old Bones – Toten lügen nie“ ist „Old Bones – Das Gift der Mumie“ der zweite Fall für Nora Kelly und Corrie Swanson vom Erfolgsduo Douglas Preston und Lincoln Child. Die Bestseller-Autoren haben es einfach drauf! Auch mit ihrer neuen Serie, die neben der von Agent Pendergast besteht, überzeugen sie mit mystischen Elementen, einer Menge Spannung und zum Nägel kauenden Thrill. Eine Mischung, die Gift ist für alle LeserInnen, denn einmal in die Story vertieft, gibt es kein Entrinnen mehr!
Knaur, 413 Seiten; 14,99 Euro