November 21, 2024

April 2014

Kolumne vom 28.04.2014


Harlan Cobendaumen rauf

Ich finde dich

IchFindeDich

Jake und Natalie, das war die große Liebe. Doch plötzlich hat Natalie Jake einfach so verlassen, und wie aus dem Nichts einen anderen Mann geheiratet. Jake Fischer verstand die Welt nicht mehr. Bei ihrem Abschied auf Natalies Hochzeit musste Jake ihr zudem schwören, sie zu vergessen und nie mehr zu kontaktieren. Jake hielt sich daran – sechs Jahre lang. Dann geschieht etwas Unglaubliches geschieht, Jake bricht sein Versprechen, und macht sich auf die Suche nach Natalie. Eine Suche, die seine eigene gutbürgerliche Existenz für immer zerstört. Und die ihm offenbart, dass die Frau, die er zu lieben glaubte, nie wirklich existiert hat …

Ich habe „Ich finde dich“ angefangen zu lesen, und das erste Mal, als ich wieder von dem Buch aufblickte, hatte ich schon die Hälfte gelesen. Zuvor war es draußen hell, jetzt war es dunkel. Nach kurzer Pause ging es weiter. Und dann war auch die zweite Hälfte gelesen, ohne irgendetwas in meiner Umgebung wahrzunehmen. Wenn das ein Autor schafft, solch eine fesselnde Lektüre zu schreiben, dann ist das Harlan Coben. „Ich finde dich“ knüpfte an seine großartigsten Werke in Sachen Spannung und Tempo an. Entkommen – unmöglich!

Page & Turner, 415 Seiten; 14,99 Euro


Elly Griffithsdaumen runter

Aller Heiligen Fluch

Aller Heiligen Fluch

Ruth Galloway, forensische Archäologin und alleinerziehende Mutter, will nur bei der feierlichen Öffnung des Sarges des legendären Bischofs Augustin im Museum von King’s Lynn dabei sein. Doch dann findet sie neben dem Sarg die Leiche des Museumskurators. Schon steckt Ruth, die eigentlich die Geburtstagsparty für ihre kleine Tochter organisieren muss, mitten in den Ermittlungen. Auch ihre große Liebe DCI Harry Nelson ist auf den Fall angesetzt, den sie nach dem Willen seiner Frau eigentlich gar nicht mehr treffen darf. Bald verstricken sich die beiden in einem undurchdringlichen Geflecht aus Intrigen, Seilschaften und Legenden.

Die Engländerin Elly Griffiths schreibt ausgezeichnete Kriminalromane. Sie hatte in ihrer Reihe um die forensische Archäologin Ruth Galloway und DCI Harry Nelson mit „Totenpfad“, „Knochenhaus“ und „Gezeitengrab“ drei dieser Werke abgeliefert. Wenn man solch hohe Qualität bietet, fällt ein weniger gutes Werk schnell auf. So geschehen bei ihrem aktuellen „Aller Heiligen Fluch“. Hier dümpelt die Spannung etwas vor sich hin. Es passiert zu wenig Überraschendes. Elly Griffiths hat mit Ruth Galloway und Harry Nelson auch zwei sehr prägnante Figuren erschaffen, aber auch die können in diesem Werk nicht so überzeugen, wie in den vorherigen. Trotzdem ist „Aller Heiligen Fluch“ immer noch besser, als vieles andere auf dem Krimimarkt.

Wunderlich, 346 Seiten; 14,95 Euro


Richard Yatesdaumen rauf

Eine strahlende Zukunft

Eine strahlende Zukunft

Jung, frisch verheiratet und ehrgeizig, versucht Michael Davenport als Schriftsteller sein Auskommen zu finden. Das Millionenvermögen seiner Ehefrau Lucy will er nicht angreifen, aus Angst, es würde ihn als Künstler korrumpieren. Lucy, unsicher, was von ihr erwartet wird, stürzt sich in die Schauspielerei, die Malerei, um ihrem Leben so einen Sinn zu geben. Doch die Jahre vergehen, die Misserfolge häufen sich, und hinter den hochtrabenden Erwartungen lauert ein Leben in Durchschnittlichkeit. und dann setzen die Zweifel aneinander ein …

Die DVA erfreut weiter die Leser und setzt die Veröffentlichung von Richard-Yates-Werken (1926 – 1992) fort. „Eine strahlende Zukunft“ ist eine Geschichte über die Ehe, erzählt wie ein stürmisches, liebevolles, trauriges, erschütterndes und so ehrliches Gedicht. Michael und Lucy versuchen eine Ehe zu führen, die ohne große Stürme bestehen kann. Das gelingt nur zu Anfang, dann beginnen die unterschiedlichen Ansichten der beiden, die Ehe zu entzweien. Michael will unbedingt selbst ein großes literarisches As werden und man spürt den Neid auf andere, die es künstlerisch geschafft haben, immer durchklingen. Lucy will sich als Schauspielerin und Malerin verwirklichen. Sie fühlt sich dazu berufen, durchaus auch ein Star zu werden. Aber es gelingt nicht. Und so gehen beide ihre Wege, die starke Einschnitte für beide bringen. Richard Yates lesen ist wie einen edlen Wein genießen. Literatur in seiner schönsten Form!

DVA, 492 Seiten; 19,99 Euro


Sasa Stanisicdaumen rauf

Vor dem Fest

Vor dem Fest

Fürstenfelde, Uckermark. Es ist die Nacht vor dem Fest. Das Dorf schläft. Bis auf den Fährmann – der ist tot. Dann ist da noch die nachblinde Malerin Frau Kranz, ein Glöckner und sein Lehrling, eine Füchsin und anderes unangepasstes Personal.

Leipziger Buchpreis. Hymnische Besprechungen. Bestseller. Das Buch „Vor dem Fest“ hat schon eine bewegte Geschichte. Aber bewegt auch die Geschichte im Buch? „Vor dem Fest“ ist nicht ganz einfach zu lesen. Schöne Sprache wechselt sich mit schöner Langeweile ab. Trotzdem hinterlässt die Geschichte dann doch Eindruck. Stil, Figuren, Umgebung, alles fügt sich schön zusammen.

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Der Autor liest selbst. Und er entführt den Hörer mit seiner eingängigen Stumme, in das Fest vor dem Fest. 19,99 Euro.

Luchterhand, 318 Seiten; 19,99 Euro


Margaret Atwooddaumen rauf

Die Geschichte von Zeb

Die Geschichte von Zeb

Eine Pandemie ist über die Erde hinweggegangen und hat die Menschheit ausgelöscht. Nur wenige Überlebende haben in einem Lehmhaus in einem Park zusammengefunden. Darunter ist Toby und Zeb. Während des Chaos hatten sie sich verloren, nun finden sie hier wieder zusammen.

Margaret Atwood schreibt starke Literatur! Wer sie einmal gelesen hat weiß, wie stark sie mit Worten sein kann. Nach „Oryx und Crake“ und „Das Jahr der Flut“ beendet sie mit „Die Geschichte von Zeb“ diese magisch-fantastische Trilogie. Es fordert einen, einen Atwood zu lesen, aber die Belohnung ist große Literatur!

Berlin Verlag, 475 Seiten; 22,99 Euro

 


Hörbuch der Wochedaumen_rauf

Martin Suter

Almen und die verschwundene Maria

martin-suter-allmen-und-die-verschwundene-maria

Eben noch haben sich Allmen und Carlos über die erfolgreiche „Wiederbeschaffung“ des wertvollen Dahlienbildes gefreut, dann ist es mit der Freude schon wieder vorbei. Die Gangster haben ihrerseits den Fall keineswegs vergessen und sich neuem zugewandt, sondern sie haben María Moreno entführt. Carlos‘ große Liebe gegen das Dahlienbild – so lautet ihre Forderung. Doch wo befindet sich das berühmte Gemälde? Und kann es ihnen überhaupt noch dabei helfen, Marías Leben zu retten? Noch wissen sie nicht, was mit dem Dahlienbild geschehen ist …

Martin Suter hat einen charismatischen Helden erschaffen und auch das übrige Personal weiß zu überzeugen. Das ist auch gut so, denn die Geschichte ist schon sehr dünn und die Spannung muss man verzweifelter suchen als Maria Moreno. Die Geschichte läuft gemütlich vor sich hin und endet völlig unspektakulär. Gert Heidenreich macht stimmlich aus der Geschichte aber mehr als drin ist. Und das verdient Anerkennung. Er bringt das kraftvoll und charmant rüber, so amüsiert man sich beim Hörbuch weit mehr, als beim Buch. Schmunzeln musste ich immer wenn er den Restaurator sprach.

Auch als Hardcover erhältlich bei Diogenes, 18,90 Euro.

Diogenes Hörbuch, 4 CDs, 290 Minuten; 19,90 Euro


Denglers-buchkritik.de

 

Kolumne vom 21.04.2014


Thomas Thiemeyerdaumen rauf

Valhalla

Valhalla

2015. Spitzbergen, nördlichster Siedlungspunkt der Menschheit. Eine Welt aus Eis und Schnee, überschattet von vier Monaten Polarnacht. Dort plant Archäologin Hannah Peters, geheimnisvolle Strukturen unter dem arktischen Eis zu untersuchen: Das Abschmelzen der Gletscher hat mutmaßlich Fundamente eines mythischen Nordreiches zutage gefördert. Doch Hannah ist nicht die Erste, die diese Ruinen erkundet … 1944. Im annektierten Norwegen, fernab jeder Siedlung, reift ein Projekt, das grauenvoller ist als alles, was Menschen je ersonnen haben. Eine biologische Zeitbombe, verborgen unter dem ewigen Eis. Ihr Codename: Valhalla.

Thomas Thiemeyer is back in Action! In „Valhalla“ ist wieder jede Seite pures Abenteuer-Adrenalin. „Valhalla“ ist nach „Medusa“ und „Nebra“ der dritte Roman um die Archäologin Hannah Peters. Thomas Thiemeyer lesen ist immer eine Grenzerfahrung. Unter den deutschen Autoren nimmt er in diesem Genre eine Ausnahmestellung ein. Der Abenteuer-Thriller „Valhalla“ bebt vor Spannung, man erfährt viel Historisches und erlebt eine Geschichte, die auch so ähnlich hätte passiert sein können. Das macht den Roman noch beängstigender und spannender. Thomas Thiemeyer, ran an die Tastatur, und den nächsten Abenteuer-Thriller dieser Art schreiben!

Knaur, 505 Seiten; 19,99 Euro


Grossbongardt / Klussmann / Mohr (Hg.)daumen runter

Der Erste Weltkrieg

Der Erste Weltkrieg

Am 1. August 1914 begann die deutsche Mobilmachung, der erste totale Krieg der Moderne begann. Gekämpft wurde im Atlantik und Pazifik, in Europa, Asien und in Afrika. 38 Staaten zogen gegeneinander in die Schlacht und nutzten dabei eine industrialisierte Kriegsführung, die mit neuen Waffen die Todesrate und das Leid dramatisch erhöhte. Maschinengewehr, Panzer, Giftgas, U-Boote und Luftwaffe forderten letztlich mehr als 15 Millionen Tote, unzählige Verstümmelte, zerbombte Städte, verwüstete Regionen; Hunger und Elend grassierten. Als der Erste Weltkrieg im November 1918 endete, waren alte Ordnungen zerstört, stabile neue kaum in Sicht. Weitere Krisen und Umwälzungen folgten.

Mit diesem Buch hat der renommierte „Spiegel“ ein blamables und sehr ärgerliches Eigentor geschossen. Dieses Buch ist identisch mit dem Magazin „Spiegel Geschichte“ Heft 5/2013. Das steht zwar im Vorblatt, aber das hätte große auf das Cover gehört, damit der Leser weiß, was er da kauft – eine gebundene Kopie des Heftes mit praktisch keinem Fotomaterial. Wenn man dieses Ärgernis außen vor lassen würde, muss man auch feststellen, dass es sich unter den gebundenen Ausgaben, die jetzt über den Ersten Weltkrieg erscheinen, um das schmalste und schlechteste Buch handelt. Mit großem Abstand besser sind da „Die Schlafwandler“ von Christoper Clark und „Der Große Krieg“ von Herfried Münkler.

DVA, 302 Seiten; 19,99 Euro


Franka Potentedaumen rauf

Allmählich wird es Tag

Allmählich wird es Tag

Atwater, Los Angeles, ist eines der besseren Viertel der Stadt. Hier hat Tim Wilkins, 49, Banker, die meiste Zeit seines Lebens verbracht. Hier hat er sein Haus gebaut und mit seiner Frau Liz die Geburt ihres Sohnes Derek gefeiert. Das ist lange her. Inzwischen ist Tim am Tiefpunkt seines alten Lebens angekommen, denn er hat soeben seinen Job und seine Frau verloren. Mit zwei Koffern ist sie wortlos zu einem anderen ins Auto gestiegen. Er will vergessen, was er nicht kann, und hat Sex mit der 23jähirgen Sue. Auch die sexuell freizügige Nachbarin Aida hilft ihm, sein dunkles Tal zu durchschreiten. Tim denkt nach, was alles geschehen ist, und wie es weitergehen soll.

Eine der erfolgreichsten deutschen Schauspielerinnen, die mittlerweile in den USA lebt und in Hollywood keine Unbekannte mehr ist, hat mit ihrem Debüt, dem Erzählband „Zehn“ einen literarischen Fußdruck hinterlassen. Nun hat sie ihren ersten Roman geschrieben „Allmählich wird es Tag“. Und dieser Roman hat ein Prädikat verdient: Außergewöhnlich! Franka Potentes Stil ist kurz, klar, glänzend. In diesem Stil eine tragische und emotional aufgeladene Liebes- und Lebensgeschichte zu erzählen, das alles ist außergewöhnlich. Franka Potente ist zudem eine glänzende Beobachterin. Sie sieht kleine Dinge, die um uns herum geschehen, und fängt sie literarisch ein. Sie fügt sie passend in ihre Geschichte ein. Mit der Figur des Tim Wilkins geht man als Leser seinen steinigen Weg der Erkenntnis mit.

Auch als Hörbuch erhältlich bei DAV. Der bekannte Schauspieler Heikko Deutschmann gibt der Geschichte den richtigen Ton. Leise, melancholisch, aber auch stürmisch.19,99 Euro.

Piper, 297 Seiten; 19,99 Euro


Manfred Lützdaumen rauf

Der blockierte Riese

Der blockierte Riese

Die moderne Psychotherapie hat einen Koloss als Patient, die katholische Kirche. Dieses Buch geht nach dem Motto vor: Was Sie immer schon über die katholische Kirch wissen wollten, aber nicht zu fragen trauten.

Kann man Wissenswertes und Fundiertes über die katholische Kirche auch unterhaltsam präsentieren? Ja! Das schafft Manfred Lütz in „Der blockierte Riese“. Dieses Buch ist eine überarbeitete Neuausgabe von Lütz‘ Bestseller aus dem Jahre 1999. Seitdem ist bei der Kirche ja einiges geschehen.

Pattloch, 317 Seiten; 19,95 Euro

 


Katharina Petersdaumen rauf

Klippenmord

Katharina peters klippenmord

Der Anwaltsgehilfe Holge Bruhlstedt ist ermordet worden. Der Tote galt als freundlicher Einzelgänger, der aber aus der rechten Szene ausgestiegen ist. Ein Fall für Kommissarin Romy Beccare.

Katharina Peters schreibt feine Krimis vor einer schönen Kulisse. Nach „Hafenmord“ und „Dünenmord“ liegt nun der dritte Fall für Kommissarin Romy Beccare vor. Der Rügen-Krimi „Klippenmord“ überzeugt durch seine dichte Schilderung und gutes Personal.

Aufbau, 315 Seiten; 8,99 Euro

 


Hörbuch der Wochedaumen_rauf

Arne Dahl

Neid

dahl-neid-hoerbuch

Während das Opcop-Team die Hintermänner eines internationalen Menschenhändlerrings, der Bettler-Mafia, observiert, begegnet Paul Hjelm der Französin Marianne Barrière. Sie bittet ihn um Hilfe in einem Kriminalfall von europäischer Tragweite: Einem Professor wird auf offener Straße die Kehle durchgeschnitten, und ein blinder Bettler flieht mit den sensiblen Daten, die sich auf dem Smartphone des Professors befinden. Paul Hjelm sieht keine andere Möglichkeit, als all seine Prinzipien über Bord zu werfen. Und deshalb kann ihm nur sein alter Freund Gunnar Nyberg, der sich längst auf eine griechische Insel zurückgezogen hat, bei seinem Plan behilflich sein.

Ein europäischer Kriminalroman der Güteklasse A! Arne Dahl setzt seine erfolgreiche Reihe um Opcop-Gruppe nach „Zorn“ und „Gier“ mit „Neid“ fort. Geschickt eingefädelt präsentiert Arne Dahl einen aktuellen Thriller aus dem heutigen politischen und gesellschaftlichen Europa. Wolfram Koch hat bei dem Hörbuch eine Menge zu tun. Vielen Charakteren muss er einen unterschiedlichen Ausdruck verleihen. Ohne zu übertreiben, gelingt ihm das. Und er verliert dabei nie die Spannung aus den Augen, und betont diese auch noch in gutem Maß. Viel zu tun, aber geschafft.

Auch als Paperback erhältlich bei Piper, 16,99 Euro.

Osterwold Audio, 8 CDs, 600 Minuten; 19,99 Euro


Denglers-buchkritik.de

 

Kolumne vom 07.04.2014


Donna Tarttdaumen rauf

Der Distelfink

Der Distelfink

Theo Decker ist dreizehn Jahre alt, als er mit seiner Mutter ein New Yorker Museum besucht. Ein Unglück geschieht, er verliert seine Mutter und bleibt allein auf sich gestellt zurück. Sein Vater hat ihn schon früher im Stich gelassen. Theo trauert lange, versucht aber alles, was auf ihn zukommt zu meistern. Auch das Gemälde, das seit dem Ereignis verbotenerweise in seinem Besitz ist und ihn an seine Mutter erinnert, kann ihm keinen Trost spenden. Mit jedem Jahr, das vergeht, kommt er immer weiter von seinem Weg ab und droht, in kriminelle Kreise abzurutschen. Und das Gemälde, das ihn auf merkwürdige Weise fasziniert, scheint ihn geradezu in eine Welt der Lügen und falschen Entscheidungen zu ziehen.

Donna Tartt gehört zu den Autorinnen, die gefühlt alle einhundert Jahre einen Roman schreiben. Aber wenn dann ein neuer erscheint, nun ihr dritter nach „Die geheime Geschichte“ und „Der kleine Freund“, dann ist es nicht weniger als ein geniales literarisches Meisterstück! Donna Tartt erzählt leidenschaftlich, bei ihr ist jede Beschreibung des kleinsten Gegenstands, jeder eigentlichen Unwichtigkeit, jedes kleinen und großen Gedankens etwas, das man in sich aufsaugt. Das über 1000 Seiten durchzuhalten, das ist die Kunst. Den Werdegang von Theo Decker nach dem Tod seiner Mutter ist beängstigend gut dargestellt. Man fühlt, leidet und freut sich mit ihm. „Der Distelfink“ ist große literarische Erzählkunst!

Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Der bekannte Schauspieler Matthias Koeberlin liest den „Distelfink“ voller Frische und trotzdem ernst und schmerzvoll gut. 24,99 Euro.

Goldmann, 1022 Seiten; 24,99 Euro


Elisabeth Kabatekdaumen runter

Ein Häusle in Cornwall

Ein Häusle in Cornwall

Emma steht kurz vor dem Burn-out, da begegnet ihr Sir Nicholas Reginald Fox-Fortescue. Der trägt die falschen Klamotten (ausgebeulte Cordhosen und Gummistiefel) und spricht die falsche Sprache (Englisch statt Schwäbisch) und wohnt auf einer Insel: Großbritannien. Dorthin lädt er Emma ein, auf seinen frisch geerbten Landsitz. Klingt schick, aber leider ist Fox Hall nicht mehr das, was es mal war. Nicholas will es schnell loswerden. Emma dagegen würde er gerne behalten. Emma wiederum will den Landsitz behalten, den Baronet dagegen will sie schnell wieder loswerden. Denn Liebe und so ein Zeug kann sie nun wirklich nicht gebrauchen.

Elisabeth Kabatek schreibt einen komödiantischen Bestseller nach dem anderen. Zuletzt „Spätzleblues“. Nun verschlägt es die Schwäbin Kabatek auf die Insel. „Ein Häusle in Cornwall“ ist manchmal schon arg übertrieben und nur gezwungen komisch. Die Autorin hat einen teils witzigen Schreibstil, aber der blitzt zu selten auf. Kabatek erzählt auch gerne etwas ausschweifend, das zu viele Blabla stört, die Story tritt zu oft auf der Stelle. Und Emma ist nun auch nicht die große Sympathiekanone. Sie hat nette Züge, aber das war es auch.

Droemer, 351 Seiten; 14,99 Euro


Nick Harkawaydaumen rauf

Der goldene Schwarm

Der goldene Schwarm

Joe Spork, meisterhafter Uhrmacher und Sohn der Londoner Gangsterlegende Mathew „Tommy Gun“ Spork, führt ein ruhiges Leben weit weg vom kriminellen Erbe seines Vaters. Edie Banister, neunzigjährige Spezialagentin im Ruhestand, führt ebenfalls ein ruhiges Leben und verabscheut jede Sekunde davon. Doch dann setzt Joe eine Weltuntergangsmaschine in Gang, und ihre Wege kreuzen sich. Plötzlich müssen sie sich gegen zwielichtige Regierungsvertreter, wenig fromme Mönche und einen diabolischen asiatischen Diktator verbünden. Um die drohende Katastrophe abzuwenden, muss Edie eine alte Rechnung begleichen, und Joe sich seiner Vergangenheit stellen.

Eine herrlich skurrile, fantastische und abenteuerliche Spionage-Krimi-Weltrettungs-Komödie! Ein Roman, bei dem Sätze, ja manchmal ganze Seiten, Purzelbäume schlagen vor großartigen Ideen. Der Engländer Nick Harkaway fabuliert sich durch über 600 Seiten und immer wieder denkt man: Wie ist ihm das nun wieder eingefallen? „Der goldene Schwarm“ ist eine Geschichte, wild, konfus, dramatisch, so wunderbar anders. Auch die Dialoge haben es in sich. Sie lassen einen mit der Zunge schnalzen. „Der goldene Schwarm“ ist ein intelligenter Spaß, der garantiert keine Langeweile aufkommen lässt.

Knaus, 605 Seiten; 19,99 Euro


Markus Heitzdaumen rauf

Die Legenden der Albae

heitz albae tobender sturm

Die Albae sind besiegt. Aiphatón, Sohn der Unauslöschlichen und einstiger Kaiser der Albae, macht sich auf die Suche, die Letzten seines Volkes aufzuspüren und zu vernichten. Dabei gerät er im Grauen Gebirge an eine rätselhafte Magierin. Erst der Beginn eines neuen Strudels an Ereignissen …

„Tobender Sturm“ ist der fünfte Band aus der Reihe „Die Legende der Albae“. Markus Heitz brennt wieder ein Fantasy-Feuerwerk ab, bei dem man als Leser Feuer und Flamme ist! „Tobender Sturm“ setzt die hohe Qualität der Fantasy-Reihe fort. Langweile gibt’s hier nicht.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. Der große Geschichtenerzähler Johannes Steck entführt mit großer Stimmpräsenz wieder in Heitz‘ fantastische Welten! 29,99 Euro.

Piper, 553 Seiten; 16,99 Euro


Toni Morrisondaumen rauf

Heimkehr

Heimkehr

Frank Money aus Lotus, Georgia kehrt aus dem Korea-Krieg zurück und erlebt wieder den Rassismus des weißen Amerika. Er kommt nur langsam wieder in der Gesellschaft an, da erreicht ihn die Nachricht, dass seine Schwester in Gefahr sei. Die Sorge um sie führt ihn zurück nach Lotus …

Amerikas literarische Grand Old Lady erzählt wieder eine aufwühlende Geschichte in ganz feinem Ton. Das Amerika der 1950er Jahre mit ihren ganzen Anfeindungen gegenüber Schwarzen, den Kampf gegen Windmühlen, dem einfachen Leben in dieser Zeit, und dem Aufarbeiten der Vergangenheit. Schnörkellos schön und spannend erzählt.

Rowohlt, 156 Seiten; 19,95 Euro


Hörbuch der Wochedaumen_rauf

Frank Schätzing

Breaking News

Breaking News

Reporter Tom Hagen ist an vorderster Front, zu jedem Risiko bereit. Bis er in Afghanistan den Bogen überspannt. In einer einzigen, mörderischen Nacht verliert er alles, Renommee, Geld, Zukunft. Drei Jahre später bietet sich in Israel die Gelegenheit zum Comeback. Doch was ein journalistischer Coup zu werden verspricht, entwickelt sich unversehens zu einer Hetzjagd durch die explosivste Region der Welt. Auf der Flucht vor Geheimagenten und Killern kämpft Hagen ums Überleben – gegen eine Verschwörung, deren Anfänge ins koloniale Palästina zurückreichen, in eine von Mythen durchzogene Epoche, als die Saat für den Nahostkonflikt gelegt wurde.

Frank Schätzing hat mit „Der Schwarm“ sicher eines der besten einhundert Bücher des letzten Jahrzehnts geschrieben. Es war ein Koloss von einem Buch, so auch sein neues, „Breaking News“. Der neue Megaseller von Frank Schätzing wird schon kontrovers diskutiert. Megaflop oder Megabuch? Auf jeden Fall spannender Stoff mit Zündstoffcharakter! Wer Schätzing kennt, weiß aber auch, dass er es mit dem roten Faden und der strickten Erzählweise nicht so hat. Das ist auch in seinem neuen Werk vorzufinden. Wäre das Hörbuch um 1 MP3 CD kürzer, als rund 12 Stunden, man würde nichts vermissen. Hervorragend gelesen wird der Stoff von Oliver Stritzel. Er bringt seinen Part rüber wie ein taffer Nachrichtensprecher. Hansi Jochmann, die deutsche Stimme von Hollywoodstar Jodie Foster, bringt Ruhe und Feuer rein.

Der Hörverlag 3 MP3 CDs, ca. 35 Stunden; 26,99 Euro


Denglers-buchkritik.de

 

Kolumne vom 14.04.2014


Jörg Maurerdaumen rauf

Felsenfest

Felsenfest Jörg Maurer

Ein maskierter Mann bringt brutal eine Wandergruppe nahe dem Gipfel in seine Gewalt. Er stößt Drohungen aus, verlangt nach Informationen. Kurz danach stürzt eine Geisel den Abgrund hinunter. Als Kommissar Jennerwein alarmiert wird, merkt er, dass er alle Opfer persönlich kennt – aus der Schulzeit. Kennt er womöglich auch den Mörder? Hat der Fall etwas mit seiner eigenen Vergangenheit zu tun? Während sein Team Geocacher jagt, macht das Bestatterehepaar a. D. Grasegger in Grabgruften und Grundbüchern eine brisante Entdeckung. Jetzt muss Jennerwein alles anzweifeln, woran er felsenfest geglaubt hat.

Einer von Deutschlands witzigsten Kult-Kommissaren ist wieder im Einsatz! Da ist was los in „Felsenfest“. Jörg Maurer macht gleich mehrere Erzählstränge auf und bietet dem Leser so einiges an Abwechslung. Langeweile kommt so nicht auf, auch wegen dem komödiantischen, aber nicht abstrakten Hubertus Jennerwein. Er wandelt durch die Story wie gemalt. „Felsenfest“ – ein Lesefest! Bayerischer Smalltalk, kriminalistische Nadelstiche und a ausgeklügelte Gschicht. Ein Krimi, so lecker wie eine zünftige Weißwurst mit einer gscheiden Brezn!

Scherz, 432 Seiten; 16,99 Euro


Anna Hopedaumen runter

Abgesang

abgesang

London, 1920. Die englische Regierung lässt die Überreste eines unbekannten Soldaten exhumieren. In fünf Tagen soll er mit allen militärischen Ehren in der Westminster Abbey bestattet werden. Feierlich wird der Leichnam von den Schlachtfeldern an der Somme nach London gebracht. In den fünf Tagen der Überführung versuchen drei Frauen, mit ihrem Verlust fertigzuwerden. Adas achtzehnjähriger Sohn gilt als verschollen. Nie hat sie erfahren, ob und wie er gestorben ist. Die beinahe dreißigjährige Lady Evelyn müsste nicht arbeiten. Doch seit dem Tod ihres Geliebten hat sie dem Leben den Rücken zugewandt. Die neunzehnjährige Hettie ist in einem glamourösen Tanzpalast für einen Sixpence als Tanzpartnerin zu mieten. Sie muss damit seit der Traumatisierung ihres Bruders im Krieg einen Teil des Familienunterhalts verdienen.

Eine ganz edle Geschichte, die berührt, bewegt und einen mitnimmt. Sie spielt in einer Zeit von großer historischer Bedeutung. Dem England nach dem 1. Weltkrieg. Anna Hope hat somit eigentlich einen guten Roman geschrieben. Nur weiß sie leider oft nie, wann Schluss ist. Viele Szenen in dem Buch sind einfach zu lang. Sie bringt selten was auf den Punkt, verliert sich in ihren Beschreibungen. Die Frauenschicksale hat sie wiederum sehr gut dargestellt. Man fühlt mit Ada, Evelyn und Hetti. So ist „Abgesang“ ein Auf und Ab. Eine literarische Lobeshymne kann man auf „Abgesang“ aber nicht singen.

Kindler, 412 Seiten; 19,99 Euro


Leila Meachamdaumen rauf

Land der Verheißung

Land der Verheißung

JSouth Carolina 1835. Im Herrenhaus der Baumwollplantage Queenscrown lebt die verwitwete Elizabeth Toliver mit ihren Söhnen Morris und Silas. Da der ältere Morris Alleinerbe von Queenscrown ist, will Silas ins entfernte Texas auswandern und dort eine eigene Plantage gründen. Doch ihm fehlen die finanziellen Mittel für einen Treck in das verheißungsvolle Land. Da kommt ihm ein Angebot der reichen Nachbarsfamilie Wyndham gerade recht, deren Tochter Jessie in Ungnade gefallen ist: Heiratet Silas Jessie Wyndham, obwohl er seiner großen Liebe Lettie Sedgewick die Ehe versprochen hat, zahlen ihm die Wyndhams die Auswanderung. Silas ist hin und her gerissen.

Leila Meacham hat spät in ihrem Leben mit „Die Erben von Somerset“ einen großen Bestseller gelandet. Eine Geschichte, die einen nicht mehr losließ. Nun ist der zweite Roman von ihr erschienen. Vom Verlag als der wahre Nachfolger von „Vom Winde verweht“ angepriesen. Soweit würde ich jetzt nicht gehen, aber die Vorgeschichte von „Die Erben von Somerset“ hat es in sich. „Land der Verheißung“ ist ein richtiger Südstaaten-Klassiker wie man ihn von Margaret Mitchell kannte oder auch von der unvergessenen Alexandra Ripley. Leila Meacham haucht ihren Figuren viel Leben ein, lässt sie viel durchleiden und lässt die ganz großen Gefühle nicht zu kurz kommen.

Page & Turner, 633 Seiten; 14,99 Euro


Tania Carverdaumen rauf

Jäger

Tania Caver-Jäger

Marina Esposito macht mit ihrer Familie Urlaub am Meer. Plötzlich geht das Cottage in Flammen auf. Ihr Mann fällt ins Koma, von ihrer Tochter fehlt jede Spur. Als die Entführer sich melden, ist Marina auf sich allein gestellt. Hinter der Entführung steckt ein perfider Plan

Das Autorenpaar Tania Carver legt mit „Jäger“ den 4. Band aus der Marina Esposito und Phil Brennan Reihe vor. „Jäger“ überzeugt mit starken Charakteren und einer spannenden, rasanten Story! Manchmal wird der rasante Zug etwas durch unnötige Längen gebremst, aber „Jäger“ überzeugt am Ende trotzdem.

List, 477 Seiten; 14,99 Euro


Jamie Forddaumen rauf

Die chinesische Sängerin

Die chinesische Sängerin

Seattle, 1934. William End lebt im Waisenhaus. Als er auf der Kinoleinwand die schöne Sängerin Willow Frost sieht, ist er überwältigt. Sie sieht seiner toten Mutter sehr ähnlich. Er macht sich auf die Suche nach dem Filmstar. Er weiß, dass sie seine Mutter ist, und will wissen, was damals geschehen ist ..

Amerikas literarische Grand Old Lady erzählt wieder eine aufwühlende Geschichte in ganz feinem Ton. Das Amerika der 1950er Jahre mit ihren ganzen Anfeindungen gegenüber Schwarzen, den Kampf gegen Windmühlen, dem einfachen Leben in dieser Zeit, und dem Aufarbeiten der Vergangenheit. Schnörkellos schön und spannend erzählt.

Bloomybury Berlin, 397 Seiten; 19,99 Euro


Hörbuch der Wochedaumen_rauf

Kathryn Taylor

Colours of Love – Verloren

Taylor-Colours-of-Love-Verloren-4CD-norm

Ein Besuch in Rom ist für die junge Britin Sophie Conroy immer etwas ganz Besonderes. Doch nie hätte sie gedacht, was in der Ewigen Stadt diesmal auf sie wartet. Die Begegnung mit dem attraktiven Kunstprofessor Matteo Bertani erschüttert ihr ganzes Leben, zeigt ihr neue Dimensionen der Lust. Bald droht Sophie sich in ihren Gefühlen zu verlieren – und ignoriert alle Bedenken. Aber als Matteo trotz ihrer gemeinsamen Leidenschaft seltsam distanziert bleibt, muss Sophie sich fragen, ob sein Herz wirklich frei für sie ist.

Kathryn Taylor hat mit ihrer ersten „Colours-of-Love“-Reihe mit den Protagonisten Grace und Jonathan die Bestsellerlisten und die Herzen der Leserinnen und Leser gestürmt. Nun legt sie eine neue Reihe mit neuen Protagonisten vor, Sophie und Matteo. Sophie ist ganz lieb, Matteo fand ich wenig reizvoll, aber Sophie entscheidet sich für ein erotisches Abenteuer mit ihm. Und da knistert es dann schon, vor allem wenn es Yara Blümel vorliest. Aber ansonsten ist die Geschichte doch sehr dünn. Es passiert kaum etwas, zieht sich hin, bis das Eigentliche dann endlich passiert. Yara Blümel sei dank, denn sie holt mit ihrer samtweichen Stimme viel mehr aus der Geschichte heraus, als drin ist.

Auch als Taschenbuch erhältlich bei BasteiLübbe, 9,99 Euro

Lübbe Audio, 4 CDs, 276 Minuten; 9,99 Euro


Denglers-buchkritik.de