Kolumne 27.10.2014
Peter Prange
Ich, Maximilian, Kaiser der Welt
Er wird einmal über halb Europa herrschen – doch als er seiner Lebensliebe Rosina von Krain begegnet, lebt er am verarmten Wiener Kaiserhof und sehnt sich nach Ruhm und Ehre. Angetrieben von seiner Idee, das alte römisch-deutsche Kaiserreich wiederaufzurichten, wirbt er um Maria, die Erbin von Burgund. Fortan wird er ein Zerrissener sein in der Liebe zu zwei ganz unterschiedlichen Frauen und im Zwiespalt zwischen Kalkül und Gefühl. Als Herrscher stößt er in seinem Reich das Tor zur Neuzeit auf – aber um welchen Preis?
Peter Prange ist einer der herausragendsten deutschen Autoren von historischen Romanen. Zu seinen großen Werken zählen „Die Principessa“, „Die Philosophien“ oder auch „Der letzten Harem“. Nun ist sein neues Werk „Ich, Maximilian, Kaiser der Welt“ erschienen. Peter Prange zeichnet den komplexen Lebensweg von Maximilian sehr fesselnd nach. Maximilians Weg war keinesfalls einfach, aber er schaffte es immer irgendwie alle Hindernisse zu überwinden, die ihm in den Weg gelegt wurden. Kriege, Intrigen, nichts kann ihn aufhalten. Doch bei Peter Pranges Romanen spielt auch die Liebe immer eine zentrale Rolle, so auch in „Ich, Maximilian, Kaiser der Welt“. Und die Liebe ist es, die Maximilian sehr beschäftigt. Bis zum letzten Atemzug. Ein historischer Roman von hoher Qualität. Peter Prange lässt Geschichte lebendig werden!
Scherz, 672 Seiten; 19,99 Euro
Thomas Melle
3000 Euro
Denise arbeitet im Discounter, ihre kleine Tochter Linda überfordert sie; eine langersehnte New-York-Reise bleibt ein Traum. Mit dem Lohn für einen Pornodreh will sie endlich weiterkommen, aber sie bekommt ihr Geld nicht. Immer öfter steht Anton an ihrer Kasse, der abgestürzte, verschuldete Ex-Jurastudent, der im Wohnheim schläft. Vorsichtig kommen sich die beiden näher. Während Denise um ihr Recht und für ihre Tochter kämpft, während Anton seiner Privatinsolvenz nahe kommt, entwickelt sich eine fast unmögliche Liebe. Beide versuchen, sich einander zu öffnen, doch als Denise endlich ihr Geld bekommen soll und Antons Gerichtstermin naht, müssen sie sich fragen, wie viel Nähe ihr Leben wirklich zulässt …
Eine Geschichte, die ein ehrliches und trauriges Gesellschaftsbild aufzeigt. Aber so ist die Realität heute in Deutschland. Eine Geschichte mit einer Menge Potenzial. Leider versenkt Autor Thomas Melle seinen 200-Seiten-Roman vollkommen. Er weiß praktisch zu keiner Zeit, das Potenzial der Geschichte zu nutzen. Das liegt bei dieser Art der Story vor allem bei den Figuren. Die müssen viel Leben haben, leider haben sie nur sehr wenig. Ich bekam nie richtig Bezug zu ihnen, daher war es dann auch egal, wie es ihnen ergeht. Ganz schlecht! Und dann die nicht vorhandene Spannung. Da hätte man einige Wendungen in die Story einbauen können, aber nichts da. „3000 Euro“ hat bei gewissen Kritikern und Preisverleihern Eindruck hinterlassen. Vielleicht war es der Titel, der Eindruck hinterlassen hat, die Geschichte kann es ja nun nicht sein.
Rowohlt, 203 Seiten; 18,95 Euro
Anne Fortier
Die geheimen Schwestern
Diana Morgan ist vom Mythos der Amazonen fasziniert. Bei Grabungen in der Wüste stößt sie auf die Spur der ersten Königin der Amazonen, Myrina. Um ihre Kriegerinnen, einst von griechischen Kämpfern entführt, zu befreien, stürzte Myrina sich mitten in den berühmtesten Konflikt der Antike – den Trojanischen Krieg. Nun macht sich Diana mit undurchsichtigen Nick Barran auf die Suche nach dem legendären Schatz, den die Amazonen beim Fall von Troja retten konnten. Aber sie wird dabei ausspioniert und gejagt. Ohne zu wissen, ob sie Nick trauen kann, folgt Diana der Spur der Amazonen von der Ägäis über Deutschland bis an den Rand der Welt.
Nach dem sensationellen Bestseller „Julia“, bei dem Shakespeares Romeo & Julia als Vorbild galt, nimmt Anne Fortier mit ihrem neuen Roman „Die geheimen Schwestern“ Homers „Ilias“ als Vorbild. Ein packender Roman, der einen mit seiner großartigen und vielfältigen Geschichte in ihren Bann zieht. Abenteuer, Liebe, Historie, Krimi, der Roman nimmt sich vielen Genres an. Anne Fortier versteht es gut, das Gleichgewicht hinzubekommen. Da sind auch die fast 700 Seiten nicht zu lang. Der Roman lebt durch seine dynamischen Figuren und die lebendige Geschichte.
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Die ungekürzte Lesung, über 22 Stunden, wird hervorragend interpretiert von Tanja Fornaro, Suzanne von Borsody und Jacob Weigert. 19,99 Euro.
Krüger, 663 Seiten; 19,99 Euro
Elizabeth Strout
Bleib bei mir
West Annett, eine Kleinstadt in Main. Pastor Tyler Caskey hadert nach dem tragischen Tod seiner Frau nicht nur mit sich und der Welt, sondern zweifelt auch an Gott und seinem Glauben. Und in der Gemeinde, in der er bisher geliebt und geachtet war, schlägt die Stimmung um …
Elizabeth Strout hat mit ihren Bestsellern „Mit Blick aufs Meer“ und „Das Leben, natürlich“ dem Leser schon leise und schöne Geschichten erzählt. So auch mit ihrem neuen Buch. Ein feinfühliger und wunderbarer Roman! „Bleib bei mir“ stellt wichtige Fragen des Lebens und zeigt die Menschen, wie sie sind. Der trauernde Pastor und die quasselnde Gemeinde. Dieser Gegensatz macht das Buch auch sehr spannend.
Luchterhand, 334 Seiten; 19,99 Euro
Ingeborg Haffert
Eine Polin für Oma
Immer mehr Angehörige wissen sich nicht mehr anders zu helfen und heuern für ihre alten Eltern eine Pflegekraft aus Osteuropa an. Die Pflegekräfte arbeiten rund um die Uhr, für etwa 1000 Euro im Monat. Mehr als 200.000 Pflegebedürftige werden so bereits betreut. Dieses Buch zeigte alle Seiten, und beichtet von gravierenden Missständen und Problemen.
Bücher, die sich mit einem so extrem wichtigen gesellschaftlichen Thema beschäftigen, sollten unbedingt gelesen werden und entscheidende Personen sollten dann auch handeln. Denn die Pflege geht uns alle an. Ingeborg Haffert beleuchte das Thema aus mehreren Blickwinkeln, was einen dramatischen Einblick in die Welt der Pflegekräfte und der zu Pflegenden gibt. „Eine Polin für Oma“ – ein Buch von großer Wichtigkeit!
Econ, 249 Seiten; 16,99 Euro
Hörbuch der Woche
Chris Chibnall / Erin Kelly
Der Mörder unter uns
Danny Latimer wurde elf Jahre alt. Seine Leiche fand man unten am Kliff. Bei ihren Ermittlungen stoßen Ellie Miller und Alec Hardy in dem kleinen Ort Broadchurch an der englischen Südküste auf mehr Verdächtige, als ihnen lieb ist. Dannys Vater hat kein Alibi für die Tatzeit. Wo war er in dieser Nacht? Dannys Freund hat sämtliche Nachrichten von seinem PC und Handy gelöscht. Worum ging es da? Der Zeitungsverkäufer, die unfreundliche Frau im Trailerpark, der Postbote – sie alle haben etwas zu verbergen. Aber was? Doch die Wahrheit ist dort zu finden, wo man sie nicht vermutet …
Ein intensiver Kriminalroman! Er baut sich langsam auf, und entfaltet nach und nach sein ganzes Potenzial. Das Ermittlerduo Ellie Miller und Alec Hardy hat sehr viele Reibungspunkte, so dass es schon spannend ist, ihren Weg zu verfolgen. Aber auch in alle anderen Figuren kann man sich gut hineindenken, das macht den Fall beim hören und lesen noch intensiver. Auch die Umgebung, in der der Fall angesiedelt ist, ist bestechend gut beschrieben. Das Autorenduo hat mit „Der Mörder unter uns“ ein beachtliches Krimidebüt hingelegt. Peter Lontzek, Synchron- und Hörbuchsprecher, weiß mit seiner männlich einfühlsamen Stimme die unterschiedlichen Schwingungen der Geschichte gut einzufangen. Krimi und Drama, Lontzek versteht es den richtigen Ton zu finden.
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Fischer, 9,99 Euro.
Argon Hörbuch, 6 CDs, 472 Minuten; 19,95 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne 20.10.2014
Klüpfel / Kobr
Grimmbart
Kluftinger wird ins Schloss in Bad Grönenbach gerufen, dort erwartet ihn dann allerlei Merkwürdiges. Die Frau des Barons wurde nicht nur ermordet, sondern auch noch wie auf einem uralten Familienporträt hergerichtet. Auf dem Gemälde ist ein Mann mit seltsam gelben Augen zu sehen. Und der Baron verschwindet immer wieder im schlosseigenen Märchenwald. Auch privat geht es bei Kluftinger hoch her, denn sein Sohn heiratet, und zur Feier haben sich die Schwiegereltern aus Japan angesagt. Kluftingers Intimfeind Langhammer lässt nicht lange auf sich warten, um dem Kommissar bei dieser kulturellen Herausforderung zu helfen.
Das Autorenduo hat einen märchenhaft guten Kriminalroman geschrieben! Das gewählte Umfeld trägt zum Charme der ganzen Geschichte bei. Das haben die Autoren gut gemacht. Kluftinger so urkomisch wie eh und je. Vor allem die bayerisch-japanische Hochzeit seines Sohnes stiehlt dem Krimi die Show. Denn hier kommt das Talent zum gut getimten Humor des Autorenduos besonders gut zur Geltung. „Grimmbart“ wird Sie nicht grimmig zurücklassen, sondern Sie werden fast froh sein, wenn der Roman zu Ende ist, damit sich Ihre Lachmuskeln wieder entspannen können. Kluftingers neuer Fall ist auf jeden Fall wieder eine Mordsgaudi!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. Die Autoren lesen wie gewohnt selbst. Und das ist ein wahrer Hörerlebnispark. Mit dabei diesmal der charismatische Schauspieler Christian Berkel. 19,99 Euro.
Droemer, 476 Seiten; 19,99 Euro
Marina Barth
Blutspur unter fetten Hennen
Kommissarin und Ex-Punkrin Eva Balsereit kann im Mordfall der im Rhein aufgefundenen Prostituierten schnell einen Hauptverdächtigen dingfest machen, doch bald nach der schönen Isabella wird Dieter Renders, Chef der Kölner Verkehrsbetriebe, in einer der vielen U-Bahn-Baustellen in der Stadt aufgefunden. Seine Leiche ist in Beton eingebettet. Spätestens bei der nächsten Leiche wird für Eva Balsereit und ihren Assistenten unübersehbar, dass es einen Zusammenhang zwischen den Fällen geben muss.
Das Cover ist ein Hingucker, aber der Qualität des Covers kann der Roman nicht folgen. Originell. Humorvoll. Spannend. Das habe ich von der Geschichte erwartet. Als Leser bekommt man aber wenig Originelles geboten, dazu noch platte Witze und kaum Spannung. Der Geschichte fehlt der Plan. Nun wäre noch die Möglichkeit gewesen, dass die Figuren das Ruder etwas herausreißen. Aber mit der Hauptfigur Eva Balsereit konnte ich mich nie so richtig anfreunden. Und auch die Nebenfiguren bleiben blass. „Blutspur unter fetten Hennen“ ist ein Kriminalroman, den man ganz schnell wieder vergisst.
Knaus, 256 Seiten; 14,99 Euro
Joy Fielding
Sag, dass du mich liebst
Bailey Carpenter ist eine erfolgreiche Privatermittlerin in Miami, doch eines Nachts wird sie von einem Unbekannten brutal überfallen. Von da an quälen Bailey Panikattacken und Alpträume, sie ist besessen von dem Gedanken, verfolgt zu werden, und zieht sich völlig in sich zurück. Einzig ihrer Halbschwester Claire, die sich liebevoll um sie kümmert, vertraut sie sich zunehmend an. Und dann entdeckt sie eines Tages, dass ihr Nachbar im Hochhaus gegenüber sie beobachtet. Dieser scheint ein makabres Spiel mit ihr zu treiben. Doch niemand will ihr Glauben schenken – selbst dann nicht, als sie sieht, wie dieser Mann in seiner Wohnung einen kaltblütigen Mord begeht …
„Sag, dass du mich liebst“ ist ein Psychothriller, der unter die Haut geht! Joy Fielding baut die Geschichte sehr langsam auf. Man bekommt so einen guten Einblick in die Innenwelt der Hauptfigur. Der Schmerz, die Unsicherheit, die Angst. Man fühlt mit Bailey. Hier hat Joy Fielding aber das Spannungspotenzial nicht ganz ausgeschöpft. Doch mit jeder Seite nimmt die Geschichte mehr an Fahrt auf und man ist immer mehr gefesselt von Baileys unheimlichem Weg. Und zum Ende hin kommt dann der richtige Kracher. Den neuen Joy Fielding: Lesen!
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Die bezaubernde Petra Schmidt-Schaller verursacht Gänsehaut mit ihrer Lesung. 19,99 Euro.
Goldmann, 443 Seiten; 19,99 Euro
Peter Scholl-Latour
Der Fluch der bösen Tat
Syrien, Irak und die anderen Länder des Vorderen Orients. Krieg, Mord, Grausamkeiten und das Durcheinander ethnischer, religiöser und ideologischer Konflikte, all das lässt die Völker zwischen Levante und Golf nicht zur Ruhe kommen. Dieses Buch zeigt auf, warum das alles so ist. Zudem beleuchtet Scholl-Latour ausführlich den Ukraine-Russland-Konflikt.
Dieses ausgezeichnete Sachbuch zu Themen, mit denen wir derzeit täglich konfrontiert werden, ist der letzte Vorhang für einen der größten Weltkenner – Peter Scholl-Latour. Es hat mich sehr traurig gemacht, als der einmalige Peter Scholl-Latour mit seinem großen Wissen gestorben ist. Von ihm haben viele Menschen sehr viel lernen können. Er hat einem die Länder der Welt und ihre Politik verständlich nahe gebracht. Danke, Peter Scholl-Latour, für all das und noch viel mehr!
Propyläen, 351 Seiten; 24,99 Euro
Sabine Thiesler
Versunken
Malte ist auf der Flucht. Er wird wegen Mordes gesucht. Und er hat nichts mehr zu verlieren. Im Hafen von Nizza lernt er Werner kennen, der mit seiner Luxusyacht im Mittelmeer Urlaub macht. Werner bietet Malte an, mit ihm zusammen nach Korsika überzusetzen. Malte könnte mit dieser Yacht ein neues Leben beginnen. Doch dazu muss er töten …
Sabine Thiesler hat wieder einen hochkarätigen deutschen Thriller in der ihr eigenen Thiesler-Manier geschrieben. Sie bleibt ihrem Thema und auch Figuren treu. Bei Sabine Thiesler weiß man, was man bekommt. „Versunken“ verspricht verdammt viel Spannung!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Die ungekürzte Lesung bekommt den Ritterschlag, denn sie wird gelesen von David Nathan. 19,99 Euro..
Heyne, 496 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Paulo Coelho
Untreue
„Ich will dir treu sein und dich ewig lieben. In guten wie in schlechten Zeiten. Bis dass der Tod uns scheidet.“ Es bleibt nicht immer so, wie man es sich verspricht. Das trifft auch auf die Journalistin Linda zu, die ein privilegiertes Leben in der Schweiz führt. Sie hat alles, doch das Entscheidende fehlt. Die Liebe ist abhanden gekommen in der Ehe. Als plötzlich ein Jungendfreund, mittlerweile ein angesehener Politiker, Lindas Lebensweg kreuzt, beginnt sie zu zweifeln an ihrer Ehe. Sie will Leidenschaft, sie will Sex. Doch ist sie bereit, alles aufs Spiel zu setzen? Denn Liebe ist so viel mehr als nur Leidenschaft und Sex.
Eines von Paul Coelhos besten Büchern! Vor allem dank des Hörbuchs. Denn das ist grandios gelesen. „Untreue“ ist ein moderner und frischer Coelho. Trotz der Moderne bedient er ein Thema, das die Menschen so lange beschäftigt, seitdem es sie gibt. Die Liebe, die Untreue, die Gefühle, die bei beiden entstehen. Zum Ende hin wird es dann wieder sehr spirituell, was die Geschichte etwas abflachen lässt. Die Liebe ist das größte Gut. Ohne Liebe ist der Mensch nichts. Das, was es zu bewahren gilt, das ist die Liebe. Ist die Liebe da, dann kommt alles andere von ganz alleine. Das ist Lindas Erkenntnis und auch die des Lesers und Hörers von „Untreue“. Luise Helm liest kühl und präzise. Genau passend zu der Figur der Linda. Eine äußerst packende Lesung, dank Luise Helm.
Auch als Hardcover erhältlich bei Diogenes, 19,90 Euro.
Diogenes Hörbuch, 5 CDs, 394 Minuten; 19,90 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne 13.10.2014
Ken Follett
Kinder der Freiheit
Ostberlin, 1961. Rebecca Hoffmann erfährt, dass der eigene Mann sie seit Jahren im Auftrag der Stasi bespitzelt. Als sie ihn zur Rede stellt, begeht sie einen verhängnisvollen Fehler, den sie und ihre Familie ihr Leben lang bereuen sollen. – In den USA erlebt George Jakes als Vertrauter von Justizminister Robert Kennedy hautnah den Kampf der Bürgerrechtsbewegung – und bekommt am eigenen Leib zu spüren, was es heißt, ein Farbiger zu sein. – Cameron Dewar ist Republikaner, aber auch er kämpft unbeirrt für seine Überzeugungen. Ähnlich geht es Dimka Dworkin, dem jungen Berater von Nikita Chruschtschow, als sich Sowjetunion und USA in einen Konflikt stürzen, der die Welt an den Rand des Atomkriegs führt. Seine Schwester Tanja begibt sich als Journalistin an die Brennpunkte des Geschehens, von Moskau über Kuba bis nach Prag und Warschau – dorthin, wo Weltgeschichte geschrieben wird.
Der Jahrhundertautor schließt seine Jahrhundert-Trilogie mit einem fulminanten Finale ab! „Kinder der Freiheit“ ist ganz großer und fesselnder Geschichtsunterricht. Ken Folletts geschichtliche Bandbreite ist wieder erstaunlich. Seinen Figuren hat er sehr viel Leben eingehaucht und lässt sie spielerisch leicht in dramatischen und ereignisreichen Zeiten der Weltgeschichte wandeln. Kaum etwas historisch Relevantes, was zwischen 1961 bis 1989 geschah, wird von Ken Follett nicht aufgegriffen. Was fehlt ist ein richtiger Spannungsbogen, der sich durch das Buch zieht. Die Spannung kommt eher aus den geschichtlichen Ereignissen, weniger aus der Story, die Ken Follett darum entwirft. Aber der Lesegenuss wird dadurch nicht zu sehr gemindert, da in dem 1.200-Seiten-Werk einfach viel passiert. Diese großartige Trilogie „Sturz der Titanen“, „Winter der Welt“ und „Kinder der Freiheit“ ist Stoff für eine große Verfilmung. Die Fülle des Stoffs schreit regelrecht nach einer Serie.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Der große Geschichtenerzähler Johannes Steck liest auch den letzten Teil der Trilogie meisterhaft! 29,99 Euro.
Lübbe, 1209 Seiten; 29,99 Euro
Arne Dahl
Der elfte Gast
Jahre sind vergangen seit der Auflösung der A-Gruppe. Jahre, in denen Gunnar Nyberg sein Leben als Schriftsteller genossen hat, ohne mit dem Übel der Welt konfrontiert zu sein. Nur seine Ex-Kollegen hat er vermisst: Paul Hjelm, Kerstin Holm, Arto Söderstedt und all die anderen. Das hat ihm dieser Brief gezeigt, der sie zu einem letzten Treffen zusammenruft. Doch was will der unbekannte Absender von ihnen? Auch der Treffpunkt wirft Fragen auf: ein verlassenes Herrenhaus, eine festlich gedeckte Tafel und eine Speisefolge wie im 18. Jahrhundert. Hinter all dem steckt ein ausgeklügelter Plan – und den kennt nur der mysteriöse elfte Gast …
Arne Dahl gehört zu den innovativsten Krimiautoren. Seine zehn Romane um die A-Gruppe waren fast immer großartige Krimiliteratur. Und nun hat Arne Dahl einen Abschluss finden wollen mit „Der elfte Gast“. Die Story hört sich für die Reihe ganz ungewöhnlich an, macht aber richtig Lust. Vielleicht etwas Agatha Christie. Weit gefehlt! Denn in diesem Buch muss man den Krimi suchen. Arne Dahl hat vergessen ihn zu schreiben. „Der elfte Gast“ kann ja nicht ernst gemeint sein. Ein Buch mit einer Überdosis Langeweile. Was die zehn sich im Herrenhaus alles erzählen, puh, wie kann man nur auf die Idee kommen, aus diesen Erzählungen ein Buch zu machen? Man erfährt wohl so mehr über die Protagonisten, aber das ist kein Krimi. Das zu erzählen ist unnötig, wird der Reihe nicht gerecht. Arne Dahl hat wohl eine ganz schlechte Ideenzeit durchlaufen, damit er diesen Quark geschrieben hat.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. Achim Buch holt aus der ermüdenden Geschichte stimmlich heraus was geht, aber selbst beim Hörbuch verzweifelt man schon ab der zweiten CD. 19,99 Euro.
Piper, 353 Seiten; 19,99 Euro
Anthony Ryan
Das Lied des Blutes
Vaelin Al Sorna, der berühmteste Gefangene des Reichs und sein größter Kämpfer, erzählt die Geschichte seines Lebens. Er ist auf einem Schiff unterwegs, das ihn zu dem Ort bringen soll, an dem es für ihn um Leben und Tod geht. Noch jung war er schon reich mit Titeln beschenkt worden: „Schwert des Königs“ hieß er für den wahnsinnigen Herrscher, der ihn als Geißel zu uns sandte; „Junger Falke“ für die Männer, die ihm in die Wirrnisse des Krieges folgten; „Dunkelklinge“ für seine cumbraelischen Feinde und „Rabenschatten“ für die geheimnisvollen Stämme des großen Nordwaldes.
Anthony Ryan nimmt sich große Werke wie die Weltbestseller-Reihe von George R. R. Martin als Vorbild, aber er hat seinen eigenen Stil. „Das Lied des Blutes“ ist ein wuchtiges Werk mit packenden Szenen, dramatischen Ereignissen und einem spektakulären Storyverlauf. Vaelins Weg vom Jungen zum Kämpfer ist hart und steinig, aber er bringt dem Leser die Entwicklung der Figur nah, mit der man dann mit in den Kampf zieht. Ein Roman, der einen mit seiner erzählerischen Wucht in den Lesesessel drückt! Anthony Ryan beginnt seine Trilogie so, dass man kaum die Veröffentlichung des zweiten Teils erwarten kann.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Mit Detlef Bierstedt, die deutsche Stimme von George Clooney, kann man voll in die Welt abtauchen. Die Lesung ist ungekürzt und dauert über 28 Stunden. 24,99 Euro.
Klett-Cotta, 774 Seiten; 24,95 Euro
Karin Slaughter
Bittere Wunden
Eine Studentin verschwindet spurlos. Will Trent möchte ermitteln, ihm wird der Fall aber entzogen. Seine undurchschaubare Vorgesetzte Amanda Wagner will verhindern, dass Will sich in die Ermittlungen einschaltet. Warum? Will muss ein grausames Netz aus Verrat, Korruption und bitterem Hass entlarven.
Ich schrieb einmal: Slaughter ist die Thriller-Queen. Mit ihrem neuen Thriller stellt sich es mal wieder unter Beweis, dass sie zum Hochadel der Thriller-Autorinnen gehört. Eine packende Story, die mit viel Tiefe der Figuren zu überzeugen weiß.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Nina Petri liest gekonnt und gewohnt gut. Sie kann Thriller perfekt. 19,99 Euro.
Blanvalet, 564 Seiten; 19,99 Euro
Anna Romer
Das Rosenholzzimmer
Die Fotografin Audrey Kepler erbt das verlassene Thornwood House. Sie will der Hektik entkommen und dort auf dem Land einen Neustart wagen. Audrey entdeckt in dem Haus eine verblasste Fotografie des Vorbesitzers, Samuel Riordan. Er wurde des Mordes beschuldigt. Sie taucht in seine Geschichte ein und erfährt Unglaubliches …
Die Australierin wandelt auf den Spuren von Lucinda Riley! Ganz kommt sie an die unübertroffene Riley nicht heran, da manche unnötige Beschreibungen von Romer ausufern und es langweilig wird, aber als großes Ganzes kann „Das Rosenholzzimmer“ dann doch überzeugen. Eine Geschichte, die in Erinnerung bleibt.
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Der Hörverlag hat für die fast 10-stündige Hörbuchproduktion drei außergewöhnliche Stimmen verpflichtet: Jessica Schwarz, Eva Gosciejewicz und Jacob Weigert. 19,99 Euro.
Goldmann, 574 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Sabine Weigand
Das Buch der Königin
Es ist die berühmteste Geburtsszene des Mittelalters: Konstanze, Frau des deutschen Kaisers Heinrich VI., vierzigjährig, als unfruchtbar verschrien, hochschwanger. Um jeden Preis muss sie die Legitimität ihres Kindes sicherstellen. Und so bringt sie ihren Sohn öffentlich, auf dem Marktplatz von Jesi, zur Welt. Die Nachwelt kennt sie als Mutter des Stauferkaisers Friedrich II. Aber welcher Weg liegt wirklich hinter Konstanze von Sizilien? Wem gehört ihre Treue: ihrer Heimat Sizilien oder ihrem Mann, dessen Grausamkeit sie entsetzt? Dies ist ihre Geschichte.
Sabine Weigand gehört in Deutschland zum Establishment des historischen Romans. Mit Werken wie „Die Seelen im Feuer“ und „Die silberne Burg“ hat sie große Erfolge gefeiert. Nun ist ihr neuer Roman „Das Buch der Königin“ erschienen. Ein historischer Roman, der nicht mit reißerischer Spannung, sondern durch einen sorgfältigen Storyaufbau überzeugt. Als Leser und Hörer bekommt man eine ganz besondere Bindung zu Konstanze und ihrem Werdegang. Eine starke Frau in einer dramatischen Zeit. Aber auch die anderen, von Sabine Weigand erschaffenen Figuren, können durchweg überzeugen. Brigitte Assheuer, Sprecherin in Hörfunk und Fernsehen, liest die tragische Geschichte fesselnd. Sie gibt den Figuren Charakter.
Auch als Hardcover erhältlich bei Krüger, 19,99 Euro
Argon Hörbuch, 6 CDs, 471 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne 06.10.2014
Dora Heldt
Wind aus West mit starken Böen
Katharina arbeitet seit Jahren für ein Bremer Recherchebüro. Den Auftrag eines holländischen Bestsellerautors, der für seinen nächsten Roman Informationen über alteingesessene Sylter Familien braucht, will sie eigentlich nicht, denn sie ist auf der Insel aufgewachsen und hat dort schon oft recherchiert. Nichts Neues mehr. Doch der Autor stimmt sie um. Auf der Insel angekommen trifft sie auf ihre Vergangenheit. Nicht nur, dass sie sich mit ihrer chaotischen Schwester Inken auseinandersetzen muss, nein, auch Hannes ist auf der Insel, ihre erste große Liebe, der gerade die Wohnung seiner verstorbenen Mutter auflöst. Was wird aus der alten Liebe?
Wollen Sie abschalten und entspannen? Dann lesen Sie den neuen Roman von Dora Heldt. Sie nimmt einen gleich auf der ersten Seite mit und führt einen gekonnt schwungvoll durch das ganze Buch. Liebe, Beruf und Berufung, Lust und Frust, Alltag und etwas anderes wagen. Geh deinen Weg, auch wenn der „Wind aus West mit starken Böen“ kommt. Das vermittelt einem diese wunderbare Geschichte. Zugleich gewährt Dora Heldt einen Blick hinter die Kulissen bei der Entstehung eines Romans, bei dem viel Recherche notwendig ist. Die Autoren die bereits Geld haben, beschäftigen dafür ein Recherchebüro und arbeiten nicht mehr selbst. Das ist Katherinas Aufgabe, die aber auch für Filmproduktionen, Verlage, usw. arbeitet. Bei dieser Geschichte passt alles gut zusammen. Dora Heldt – die deutsche Königin der Unterhaltungsliteratur!
Auch als Hörbuch erhältlich bei GoyaLit. Gelesen von der Autorin und den Schauspielern Christian Rudolf und Jürgen Uter. Eine Lesung, die mit ihrer Interpretation nicht weniger unterhält, als das Buch selbst. 15,99 Euro.
dtv, 492 Seiten; 15,90 Euro
Bernhard Schlink
Die Frau auf der Treppe
Das Bild einer Frau, lange verschollen, taucht plötzlich wieder auf. Überraschend für die Kunstwelt, aber auch für die drei Männer, die diese Frau einst liebten – und sich von ihr betrogen fühlen. In einer Bucht an der australischen Küste kommt es zu einem Wiedersehen: Die Männer wollen wieder haben, was ihnen vermeintlich zusteht. Nur einer ergreift die Chance, der Frau neu zu begegnen, auch wenn ihnen nicht mehr viel Zeit bleibt.
Der deutsche Weltbestsellerautor Bernhard Schlink hat mit „Der Vorleser“ Literaturgeschichte geschrieben. Mit seinen anderen Werken konnte er nie wieder an die Qualität seines berühmten Werkes anknüpfen. So auch nicht mit seinem neuen Roman „Die Frau auf der Treppe“. Der Titel könnte auch lauten: „Die Langeweile ist gestolpert“. Und genau in dieses Buch hinein. Denn Schlinks Plot ist schon sehr schlank, es gibt wenig Höhen, dafür viele Tiefen. Das gilt auch für die Figuren der Geschichte. Spannung will auch nie so recht aufkommen. Auch wenn Schlink zahlreiche Themen anspricht, die zum nachdenken anregen, so kann dies nicht über das vorgenannte hinwegtrösten.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Diogenes Hörbuch. Besser als das Buch ist das Hörbuch. Das hat einen Grund: Charles Brauer. Der John-Grisham-Stammleser macht mit seiner Lesung mehr aus der Geschichte, als drinsteckt. 19,90 Euro.
Diogenes, 244 Seiten; 21,90 Euro
Richard Powers
Orfeo
Peter Els ist Professor der Musik an der Ostküste. In den wilden Siebzigern waren seine Stücke Avantgarde. Jetzt will er der DNA ihre musikalische Struktur ablauschen und mit Molekülen komponieren. Dann stirbt seine geliebte Hündin, zuerst kommt die Polizei, dann die Homeland Security in sein Heimlabor aus dem Internet. Er flieht. Während das Internet von dem „Bioterroristen Bach“ überquillt, versucht er auf einer Reise quer durch die USA der Gegenwart zu entkommen, indem er sich seiner Vergangenheit stellt. Mithilfe seiner Ex-Frau, seiner Tochter und einem Freund versucht er alles zu klären und den Menschen trotzdem das Wunder der Klänge und Töne zu vermitteln.
Der Magier der amerikanischen Literatur Richard Powers hat wieder eine Geschichte zwischen die Buchdeckel gezaubert, die einen mit der Zunge schnalzen lässt. Die Komposition von Musik, Biologie, Leben. Liebe, Krimi und dem Blick auf die aktuelle Gesellschaft machen aus „Orfeo“ einen spektakulär klugen Roman. Mit der Erschaffung der Figur des Peter Els ist Richard Powers etwas Außergewöhnliches gelungen. Solche Figuren trifft man nur selten in Büchern. „Orefo“ ist ein literarisches Highlight! Das Buch steckt voller schöner und kluger Sätze, aber mir haben diese am besten gefallen; als Els‘ Golden Retriever stirbt, kommt es zu einem Gespräch bei dem Els sagt: „Der Hund hat die ganze Welt geliebt. Ein Wunder, dass er das vierzehn Jahre lang ausgehalten hat.“
S. Fischer, 492 Seiten; 22,99 Euro
Fredrik Backman
Ein Mann namens Ove
Ove ist ein Nachbar, der alles sehr genau nimmt. Für die Nachbarschaft die Hölle. Doch Ove hat auch ein großes Herz. Seit seine Frau Sonja verstorben ist und man ihn vorzeitig in Rente schickte, sieht er keinen Sinn mehr im Leben. Doch dann zieht im Reihenhaus nebenan eine junge Familie ein und stellt alles auf den Kopf …
Zum brüllen komisch, herzlich süß und bitter, ehrlich, traurig, nachdenklich. Ein Roman, der einen viele Gefühlswelten durchleben lässt. Der Schwede Fredrik Backman hat mit ein „Ein Mann namens Ove“ einen weltweiten Erfolg gelandet, der auch noch verfilmt wird. Dieses Buch wird auch Sie mitreißen!
Krüger, 363 Seiten; 19,99 Euro
Andreas Franz / Daniel Holbe
Die Hyäne
Julia Durant hat als Kommissarin in Frankfurt schon viel erlebt, doch nun hat sie es mit einem Mörder zu tun, der ohne erkennbares Muster und ohne System tötet – und die Polizei mit makaberer Post täuscht. Julia und ihr Team recherchieren auf Hochtouren. Ein Verdächtiger wird festgenommen, aber es geschehen weitere Morde.
Daniel Holbe, der das Erbe von dem grandiosen Krimiautor Andreas Franz übernommen hat, tritt immer mehr in die Fußstapfen des Großmeisters. Der 15. Fall, „Die Hyäne“, ist wieder einer, der sehr nah an das Original herankommt. Ein Krimi, den Sie nicht mehr aus der Hand legen werden!
Knaur, 412 Seiten; 9,99 Euro
Hörbuch der Woche
Hila Blum
Der Besuch
Es ist der Sommer der nicht so fernen Katastrophen. Eine hartnäckige Hitze liegt über Jerusalem, ein Wohnhaus stürzt ein, ein Junge verschwindet. Nili und Nataniel haben eine Woche ohne Kinder vor sich, als ein Anruf aus Paris die empfindliche Balance ihres Lebens stört. Duclos, ein französischer Millionär, kommt nach Israel und will sie treffen. Jahre zuvor war er ihnen bei einem geldlichen Problem in einem Pariser Sternerestaurant zu Hilfe gekommen. Nie haben sie einander eingestanden, was an jenem Abend wirklich geschah.
„Der Besuch“ wird hochgelobt von der israelischen Bestsellerautorin Zeruya Shalev. Eine Geschichte über die Liebe und was daraus wird, wenn sie von taufrisch zu alltagsnormal übergeht. Wie sich Menschen verändern, wie sich Umstände verändern, wie kleine Dinge im Leben große Wirkungen haben können. Es ist auch ein Roman über Familienbanden und andere Geheimnisse. Und es ist natürlich auch eine Geschichte über Israel. Das alles ist in einem ruhigen Ton erzählt. Diese Ruhe und Langsamkeit nimmt Maria Schrader als Vorleserin gut auf. Sie spricht ruhig, gelassen, dramatisch. Sie gibt den Figuren Kraft mit ihrer Stimme.
Auch als Hardcover erhältlich bei Berlin Verlag, 22,99 Euro.
Osterwold Audio, 6 CDs, 400 Minuten; 22,99 Euro
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