Kolumne vom 28.07.2014
Michael Robotham
Erlöse mich
Marnie Logan leidet unter dem Verschwinden ihres Mannes Daniel. Ein Jahr nun schon. Es ist gefühlsmäßig schon schwer zu verkraften, aber vor allem leidet sie finanziell. Ihre kleine Familie ist am Ende, da sie an keine Konten herankommt, und die Lebensversicherung nicht zahlt, so lange nicht der Beweise erbracht ist, das Daniel tot ist. Durch diese schwer Zeit soll ihr Psychologe Joe O’Loughlin helfen. Der hat aber schnell den Verdacht, dass Marnie ihm etwas verschweigt. Als eines Tages überraschend ein Album mit Fotos alter Freunde und Bekannter entdeckt wird, das Daniel seiner Frau zum Geburtstag schenken wollte, ist Marnie zunächst gerührt. Doch dann kommt die grausame Geschichte dahinter ans Tageslicht, die auch Joe zutiefst erschüttert.
Michael Robotham gefährdet Ihre Nachtruhe und das normale Leben. Denn seine Psychothriller sind Hochkaräter der Spannungsliteratur, die einen nicht mehr loslassen. Seine Psychothriller-Reihe um den außergewöhnlichen Psychologen Joe O’Loughlin ist absolut einzigartig auf dem Thriller-Markt! Der Australier Michael Robotham weiß, wie er seine Leser mit jedem neuen Buch begeistert. Das tut er nun auch mit „Erlöse mich“. Als Leser hofft man, dass man so schnell keine Erlösung findet, in Form, dass das Buch zu Ende geht. Leider ist es wie immer bei Robotham: viel zu kurz. Auch wenn es 600 Seiten wären.
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Johannes Steck liest, wie nicht anders zu erwarten, perfekt. Unterstützt wird er durch Hans Kremer, der den anderen Part in der Geschichte liest. 14,99 Euro.
Goldmann, 444 Seiten; 14,99 Euro
Peter Huth
Berlin Requiem
In Berlin ist ein rätselhafter Virus ausgebrochen. Die Infizierten fallen zunächst in ein Koma und erwachen dann wieder – regiert vom rasenden Instinkt, alles und jeden zu töten. Angeblich sind nur Mitbürger mit Migrationshintergrund betroffen, Kreuzberg und Neukölln gelten als kontaminiert. In einer Blitzaktion wird eine Mauer um das betroffene Gebiet errichtet, Innensenator Sentheim verhängt den Ausnahmezustand. In diesen Stunden erhält Journalist Robert Truhs einen politisch hochbrisanten Hinweis, der die noch bestehende Ordnung endgültig kippen könnte …
Dieser Roman ist ein Wagnis. Deutscher Zombie-Horror kombiniert mit Politik-, Medien-, und Gesellschaftskritik. „Berlin Requiem“ versucht diesen Balanceakt hinzubekommen – und scheitert. Der Autor Peter Huth, Chefredakteur der B. Z., hat in seinem Roman durchaus gute Ansätze. So kann er in manchen Teilen des Buches mit Spannung aufwarten, schleppt sich aber durch andere so durch. Auch ist der Zeigefinder manchmal zu erhoben. Und die Figuren sind wenig einladend. Keine hat bei mir solch Sympathien geweckt, dass man gerne mit ihr diesen Horrortrip durchlebt.
Heyne, 326 Seiten; 12,99 Euro
Michael Connelly
Black Box
Bei heftigen Rassenunruhen in Los Angeles wird 1992 eine junge dänische Journalistin brutal ermordet. Doch die Polizei hat alle Hände voll zu tun mit Plünderungen und gewalttätigen Auseinandersetzungen überall in der Stadt, so dass Detective Harry Bosch kaum Zeit bleibt. Der Mord wird nicht aufgeklärt. Zwanzig Jahre später jedoch hat Harry plötzlich eine heiße Spur und setzt alles daran, den Fall endlich zu lösen…
Michael Connelly gehört seit über zwei Jahrzehnten zu den besten Thriller-Autoren der Welt! In diesem illusteren Kreis gibt es nur sehr wenige. Egal ob knallharter Detective-Thriller oder nervenzerreißend spannende Gerichts-Thriller, Michael Connelly ist immer top! Mit „Black Box“ ist nun der neue Fall (Nr. 18) für den auch schon zwanzig Jahre lang tätigen Detective Harry Bosch erschienen. Wo Harry Bosch dabei ist, kommt nie Langeweile auf. So auch nicht in „Black Box“. Kein rasend schneller Thriller, sondern einer, der einem die mühsame Polizeiarbeit und die Recherche eindrucksvoll darstellt. Michael Connelly verbindet die Tiefe seiner Figuren mit immer spannenden Fällen.
Droemer, 439 Seiten; 19,99 Euro
Billy Crystal
65
Billy Crystal wird 65. Das Alter lässt sich nicht mehr leugnen, leider. Aber auch andere Männer leiden. Ein Trost. Hier erzählt Billy Crystal sein Leben. Einer der besten Lachmomente des Buchs: 1973: Er: Wie schön du bist; Sie: Ahhhh. – 2013: Er: Diese Titten sind einfach unglaublich; Sie: Hör auf, dich im Spiegel zu begutachten, und komm ins Bett.
Komiker- und Hollywood-Veteran Billy Crystal schreibt ein Buch. Alleine das setzt einem schon ein Grinsen auf, da man ahnen kann, was einen erwartet. Herrliche Komik, absurde Momente, echtes Leben. Billy Crystal erzählt von sich, vom Älterwerden, und wie Schrecklich das ist, von seinem Leben und von Hollywood. „65“ ist ein großer Spaß, aber auch mit vielen ernsten Momenten, die aber auf leichte, auf Crystal-Art, niedergeschrieben sind.
Ullstein, 343 Seiten; 19,99 Euro
Ross Raisin
Unter der Wasserlinie
Glasgow. Mick Little verliert seinen Job als Werftarbeiter, als auch noch seine Frau nach langer Krankheit stirbt, geht es mit ihm bergab. Er lässt alles hinter sich, seine Söhne und das Haus, und will in London neu anfangen. Er findet einen neuen Job, aber auch dort gibt es Schwierigkeiten. Der Abstieg setzt sich fort, Mick landet auf der Straße …
Ein Roman voller kleiner und großer Momente eines normalen Lebens, der dokumentiert, wie ein herber Schicksalsschlag dieses normale Leben in den Abgrund führen kann. Dem Schotten Ross Raisin ist mit „Unter der Wasserlinie“ wieder ein beeindruckendes Werk gelungen.
Blessing, 367 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Paula Daly
Die Schuld einer Mutter
Lisa Kallisto ist verzweifelt: Lucinda, eine Freundin ihrer Tochter, ist spurlos verschwunden – dabei hätte sie in Lisas Obhut sein sollen. Die Polizei vermutet, dass Lucinda einem Vergewaltiger in die Hände fiel, der zuvor bereits eine Schülerin in seine Gewalt gebracht hatte. Um ihr Versagen wieder gutzumachen, macht sich Lisa auf die Suche nach Lucinda. Ohne zu ahnen, welch brisanten Geheimnissen ihrer englischen Kleinstadtidylle sie auf die Spur kommt …
Die Engländerin Paul Daly hat mit ihrem Debütroman einen fein gestrickten Psychokrimi vorgelegt. Dabei überzeugen vor allem ihre Figuren. Die kommen sehr normal rüber, was das, was passiert noch intensiver macht. Der Krimi lebt nicht von dauerhaften Spannungsmomenten, sondern von einem Spannungsbogen, der sich immer mehr spannt. Bis zum überraschenden Ende. Für dieses Psychodrama wurde ein passendes Sprechtrio gefunden: Bibiana Beglau, Nina Petri und Thomas M. Meinhardt. Alle mit großer Erfahrung im Schauspiel- und Hörbuchfach. Das merkt man ihren Interpretationen an.
Auch als Hardcover erhältlich bei Manhattan, 19,99 Euro.
Der Hörverlag, 1 MP3 CD, 575 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 21.07.2014
Eirikur Örn Norddahl
Böse
Als Ómar seinen Abschluss schafft, steuert die Beziehung mit Agnes auf eine Katastrophe zu: Sie ist schwanger und weiß nicht, welcher der beiden der Vater des Kindes ist – Arnór oder Ómar. Die Beziehung zu Ómar wird immer angespannter, bis dieser zufällig dahinterkommt, dass Agnes ihn betrogen hat. Er dreht durch, steckt das Haus in Brand und nimmt den nächsten Flieger ins Ausland. Die leidenschaftliche Dreiecksbeziehung zwischen einer jüdischen, in Island aufgewachsenen Litauerin, einem antriebslosen Geisteswissenschaftler und einem selbstherrlichen Neonazi bietet reichlich Zündstoff.
„Böse“ ist ein wahrlich ganz böses Buch! Hier gibt es so viele unglaublich gute Lacher, das einem diese aber vom Grund her im Halse stecken bleiben. Denn der Isländer hat nicht einfach einen intelligenten und komischen Roman geschrieben, über Themen, die man bei dieser Art Buch vermuten würde. Sondern er schreibt über Nazis, die Liebe, den Holocaust, Island, das Gute und das Schlechte im Menschen, und noch über so vieles andere. „Böse“ ist abgedreht, verrückt, eigenwillig, unverschämt gut. Wenn Sie Literatur schätzen, die ganze weit weg ist von dem, was man sonst so kennt, dann müssen Sie „Böse“ lesen. Ansonsten werden Sie es böse bereuen. 2012 wurde „Böse“ mit dem isländischen Literaturpreis ausgezeichnet.
Tropen, 638 Seiten; 24,95 Euro
Margo Lanagan
Seeherzen
Rollrock Island ist eine raue Insel irgendwo im Norden, betäubt vom Geschrei der Möwen, dem Brüllen der Robben und dem Rauschen der Wellen, bevölkert von armen Fischern und ihren streitsüchtigen Frauen. Doch Rollrock Island ist auch ein Ort voller Magie: Unten auf dem windigen Strand, wo die Robbenherden lagern, wirft das ungeliebte Mädchen Miskaella ihre Zauber aus und lockt wunderschöne Frauen aus den Robbenkörpern. Die schönsten Frauen, die die armen Fischer je gesehen haben. Und mit ihnen nimmt Miskaellas Rache ihren Lauf.
Ein Roman, der eigentlich viel bietet. Ein modernes Märchen, das Themen enthält, die bewegen. „Seeherzen“ hätte das Zeug dazu gehabt, ein Roman zu werden, der heraussticht. Leider hapert es an der Umsetzung der hochgepriesenen australischen Autorin. Sie hat ein spannendes Umfeld entworfen, dem aber von der Geschichte her, jede Spannung fehlt. Auch die Erzählweise ist anstrengend. Der Roman fließt leise und ruhig dahin, ohne große Höhen und Tiefen. Die Geschichte hat zwar einen Nachhall, aber man ärgert sich vor allem über die nicht vorhandenen Spannungsmomente.
Rowohlt Polaris, 331 Seiten; 16,99 Euro
John Kenney
American Dreamer
Finbar Dolan ist Ende dreißig, Angestellter in einer renommierten New Yorker Werbeagentur und erfindet Tag für Tag die ideale Wirklichkeit – nicht nur für seine Kunden, sondern auch für sein eigenes Leben. Doch schließlich muss er sich sein Scheitern eingestehen. Seine Hochzeit hat er abgesagt, seine Vergangenheit umgedichtet, und in der Gegenwart fühlt er sich verloren. Als er erfährt, dass sein Vater im Sterben liegt, wird dies zum Wendepunkt. Mitten in der Arbeit an einer vom Unglück verfolgten Kampagne für Babywindeln muss er sich seiner Vergangenheit stellen. Es ist seine Chance, zu sich selbst zu finden …
Wollen Sie die Werbebranche hautnah erleben? Dann lesen Sie „American Dreamer“, und Sie werden sehen, wie verrückt, kurios und abfällig es dort zugeht. John Kenney arbeitete 17 Jahre lang als Werbetexter in New York. Er weiß, wie der Hase läuft. Und das spürt man diesem Buch durchweg an. Doch auch die andere Geschichte, die der Vater-Sohn-Beziehung, schildert Kenney anrührend und glaubwürdig. Man geht mit Finbar Dolan den Weg durch die Werbung und durch sein Leben. „American Dreamer“ ist ein literarischer „Mad Men“ der Gegenwart.
Manhattan, 396 Seiten; 14,99 Euro
Cecelia Ahern
Der Ghostwriter
Herman Banks hat es vom armen Farmersjungen zum Multimillionär gebracht. Einen Wunsch hat er noch, den großen, vollendeten Roman zu schreiben. Er bezieht dazu mit seiner Frau das abgelegene Anwesen eines verstorbenen Autors in Südengland. Dort findet Hermann etwas Unheimliches vor …
Für alle Cecelia-Ahern-Leser, hier muss man umdenken. „Der Ghostwriter“ ist keine Lovestory, wie man sie von ihr kennt, sondern eine mystische, verstricke Geschichte, die aber spannend zu unterhalten weiß. Wie schon in „Solange du mich siehst“ beweist Ahern mit diesem Buch, dass sie schriftstellerisch auch eine andere Seite hat. Eine, die hoffentlich auch noch mehr Geschichten hervorbringt.
Krüger, 159 Seiten; 12,99 Euro
Reginald Hill
Der Tod heilt alle Wunden
DS Andy Dalziel weilt nach einem Anschlag zur Kur im feinen Seebad Sandytown. Dort soll ein großes Gesundheitszentrum entstehen. Die vermögende und skrupellose Witwe Lady Daphne treibt das Projekt voran. Auf dem Gemeindefest wird sie dann ermordet aufgefunden. Dalziel muss nach diesen Geschehnissen einfach ermitteln …
Reginald Hill (1936 – 2012) ist einer von Englands besten Krimiautoren! Seine Werke um Chief Inspector Peter Pascoe und Detective Superintendent Andy Dalziel werden weit über seinen Tod hinaus ihren Platz auf der ewigen Krimibestenliste sicher haben. Den nun auf Deutsch vorliegenden „Der Tod heilt alle Wunden“ hat er 2008 geschrieben. Wieder ein großes und spannendes Krimivergnügen, das auch die englische Gesellschaft detailliert darstellt.
Droemer, 636 Seiten; 22,99 Euro
Hörbuch der Woche
Nora Roberts
Spuren der Hoffnung
Iona verlässt Baltimore Richtung Irland. Sie will sich im sagenumwobenen County Mayo auf die Suche nach ihren Vorfahren machen. In Irland trifft sie ihre Verwandten Branna und Connor. Das Geschwisterpaar heißt sie auf seinem alten Anwesen willkommen. Als Iona den attraktiven Boyle trifft, Besitzer des benachbarten Pferdehofs, bietet er ihr an, auf seinem Gestüt zu arbeiten. Schnell spüren beide, dass sie mehr verbindet als die gemeinsame Leidenschaft für Pferde. Doch dann droht ein dunkles Familiengeheimnis das Glück der beiden zu zerstören.
„Spuren der Hoffnung“ ist der 1. Teil der O’Dwyer-Trilogie. Nora Roberts entführt auch hier den Leser und Hörer in eine Welt voller Liebe, Leidenschaft, magischer Momente und Spannung. Wobei Nora Roberts auf den „magischen“ Teil viel Wert legt. Die Protagonisten (Hexen) kämpfen gegen das Böse. Mit Hilfe der vier Elemente. Daher sollte man keine reine Nora-Roberts-Lovestory erwarten, sonst könnte man am Ende enttäuscht sein. Synchronsprecherin Elena Wilms zeigt stimmlich volle Hingabe an die Figuren. Auch fängt sie das Mystische der Geschichte stimmlich gut ein.
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Heyne, 9,99 Euro
Random House Audio, 5 CDs, 391 Minuten; 14,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 14.07.2014
Jojo Moyes
Weit weg und ganz nah
Einmal angenommen, dein Mann hat sich aus dem Staub gemacht. Du (Jess) schaffst es kaum, deine Familie über Wasser zu halten. Deine hochbegabte Tochter (Tanzie) bekommt eine einmalige schulische Möglichkeit. Und du bist zu arm, um ihren Traum zu verwirklichen. Plötzlich liegt da ein Bündel Geldscheine. Auf einen Schlag wäre dein Leben so viel einfacher. Und einmal angenommen, du strandest mitten in der Nacht mit deinen Kindern am Straßenrand – und genau der Mann (Ed), dem das Geld gehört, bietet an, euch mitzunehmen. Würdest du einsteigen? Würdest du ihm irgendwann während eures Roadtrips gestehen, was du getan hast? Was, wenn du dich in diesen Mann verliebst?
„Weit weg und ganz nah“ ist ein Roman der einem ganz nah geht. Er berührt, er geht einem zu Herzen, er lässt einen nachdenken über sich und die Welt. Glücklich sein, traurig sein, lachen. Alles das gibt einem der neue Bestseller von Jojo Moyes. Ihr neues Buch ist anders als „Ein ganzes halbes Jahr“ und ihrem letzten Bestseller „Eine Handvoll Worte“, der etwas abfiel. Die Geschichte wird aus unterschiedlichen Blickwinkeln erzählt. Jess, Ed und Tanzie geben ihren Blick auf die Sicht der Dinge wider. Dadurch bekommt der Roman mehr Leben eingehaucht und er wird abwechslungsreicher. Soundso baut Jojo Moyes einige Wendungen ein, mit denen man nicht gerechnet hat.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Luise Helm gibt dieser schönen Geschichte eine schöne Stimme. 19,99 Euro.
Rowohlt Polaris, 508 Seiten; 14,99 Euro
George Soros / Gregor Peter Schmitz
Wetten auf Europa
George Soros ist einer der legendärsten und umstrittensten Investoren unserer Zeit. Während er für seine erfolgreichen Finanzgeschäfte und sein philanthropisches Engagement von vielen bewundert wird, kritisieren ihn andere als Krisengewinnler und rücksichtslosen Spekulanten. Durch seine Biographie ist Soros eng mit Europa verbunden. Aufgewachsen in Ungarn, hat Soros als Überlebender des Holocausts früh erfahren, was Krieg bedeutet und weshalb Friedenssicherung einen so zentralen Pfeiler der europäischen Einigungsidee darstellt. Im Gespräch äußert sich Soros über seine Verantwortung als Investor sowie die Chancen und Risiken der aktuellen Krise für die Europäische Union.
Wetten auf Europa, unbedingt. Das Europa zusammenhält ist das Wichtigste überhaupt. Die Geschichte lehrt uns, dass wir alle Anstrengungen unternehmen müssen, dass Europa eins bleibt. Darauf geht auch Autor Gregor Peter Schmitz ein. Was durchaus interessant ist zu lesen, auch wenn vieles schon bekannt ist, wenn man sich etwas mit Europa und dem aktuellen politischen Geschehen beschäftigt. Was aber das dreiste an dem Buch ist, dass auf dem Titel steht, Gespräch George Soros über Europa. Das Buch hat 192 Seiten. Man geht davon aus, dass das Gespräch dann so 170 Seiten umfassen wird. Weit gefehlt! Es sind gerade mal 70 Seiten. Hier erfährt man dann, wie Soros Europa sieht, dessen Zukunft, dass man sinnvolle Europapolitik braucht und natürlich etwas über das Investieren. Die Gespräche bieten nichts großartig Neues, als Europäer und Anleger kann man hier wenig rausziehen, was man nicht schon wusste.
DVA, 192 Seiten; 19,99 Euro
Linwood Barclay
Nachts kommt der Tod
Griffon, eine Kleinstadt in der Nähe der Niagarafälle. Cal Weaver, Ex-Polizist und nun Privatdetektiv, nimmt in einer regnerischen Nacht eine minderjährige Anhalterin mit. Die junge Frau, Claire, ist eine Freundin seines Sohnes, der vor kurzem unter ungeklärten Umständen ums Leben gekommen ist. Cal verspricht Claire, sie nach Hause zu fahren. Dann will Claire noch einen Zwischenstopp einlegen. Sie geht bei einer Kneipe auf die Toilette. Doch dann steigt nicht Claire wieder in den Wagen ein, sondern ein Mädchen, das Claire ähnlich sieht. Was wird hier gespielt? Am nächsten Morgen ist das andere Mädchen tot. Und der Verdacht fällt auf Cal …
Fangen Sie ja nicht an, dieses Buch zu lesen. Denn Sie werden es bereuen. Ihre Umgebung um sie herum verschwindet, nichts werden Sie mehr wahrnehmen. Sie können Ärger bekommen. Ist Ihnen das egal? Dann werden Sie es nicht bereuen, dieses Buch zu lesen begonnen zu haben. Linwood Barclay legt wieder viele Spuren, die den Leser rätseln lassen, fesseln und das dunkle Tal der menschlichen Psyche offen legen. „Nachts kommt der Tod“ ist eine Wucht! Ein Thriller, der auf leisen Sohlen daherkommt, aber immer lauter wird, bis zum wendungsreichen Showdown.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Audiobuch. Frank Arnold liest ruhig und voller Power, wenn es darauf ankommt. Eine Thriller-Lesung die zündet. 19,95 Euro
Knaur, 559 Seiten; 14,99 Euro
Madeleine Thien
Flüchtige Seelen
Montreal. Janie, eine aus Kambodscha geflohene Wissenschaftlerin, erfährt, dass ihr Mentor Hiroji Matsui verschwunden ist. Das verstört Janie so, dass sie ihren Mann und ihren kleine Sohn verlässt und nach ihrem väterlichen Freund sucht …
Ein bewegender Roman mit Figuren, die sich ins Gehirn einbrennen. Die Kanadierin Madeleine Thien hat mit „Flüchtige Seelen“ vor allem eine Geschichte über Kambodscha in den 1970er Jahren geschrieben, als dort die Roten Khmer wüteten. Ein Roman, der auf vielen Ebenen überzeugt.
Luchterhand, 251 Seiten; 19,99 Euro
Colum McCann
Transatlantik
Dublin, 1845 – Der Amerikaner Frederick Douglass reist durch ein von der Hungersnot gepeinigte Irland. Neufundland, 1919 – Die beiden Flieger Jack und Arthur machen den ersten Nonstopflug über den Atlantik mit Kurs Irland. New York, 1998 – Senator George Mitchell verlässt Frau und Baby, um in Belfast die Friedensgespräche zu einem Abschluss zu führen
Bestsellerautor Colum McCann (Der Tänzer) ist mit „Transatlantik“ eine großartige Geschichte gelungen, die ihre Geschichten verwebt und über die Jahrhunderte reicht. Man erkennt, die Menschen streben immer nach dem Gleichen, egal in welcher Zeit, manchmal gelingt es ihnen, manchmal nicht.
Rowohlt, 381 Seiten; 22,95 Euro
Hörbuch der Woche
Ernst Jünger
In Stahlgewittern
Die Erlebnisse Ernst Jüngers vom Januar 1915 bis zum August 1918 an der Westfront im 1. Weltkrieg spiegeln sich in diesem Hörbuch wieder: vom Grabenkrieg in der Champagne und der Schlacht bei Cambrai bis hin zu den Stoßtruppunternehmen in Flandern und zuletzt der Verleihung des Ordens Pour le mérite nach seiner Verwundung. „In Stahlgewittern“ machte Ernst Jünger zum Helden einer Generation junger Offiziere, die alles gegeben hatten und am Ende bestenfalls das Eiserne Kreuz davontrugen.
Die eiskalte Realität des Krieges, des Soldaten an der Front im 1. Weltkrieg. Dafür ist Ernst Jüngers Klassiker „In Stahlgewittern“ bekannt. Er erzählt von seinen Fronteinsätzen, von den vielen Verwundungen bei sich selbst, und von den seiner Kameraden, von den vielen Toten, dem Gemetzel. Auch von der Tortur, um sich durch den Krieg an der Front zu schleppen, wenn man tatsächlich überlebte. Diese erstklassige Schilderung wurde nun als Hörbuch aufgelegt. Der junge Schauspieler Tom Schilling bringt die eiskalte Klarheit von Jüngers Erzählung in bestechendem Ton rüber. Am Ende des Hörbuchs ist Ernst Jünger bei einer Rede noch im Original zu hören.
Der Hörverlag, 10 CDs, 733 Minuten; 34,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 07.07.2014
Mary Kay Andrews
Sommer im Herzen
Grace Stanton, erfolgreiche Lifestyle-Bloggerin, wird von ihrem Ehemann betrogen. Mit ihrer Assistentin! Grace flippt aus. Kurze Zeit später passt ihr Haustürschlüssel nicht mehr, ihre Kreditkarten sind gesperrt und auch der Zugang zu ihrem Blog ist gelöscht. Sie reicht die Scheidung ein, doch der Richter verdonnert sie zu einer Therapie. Am Anfang denkt Grace noch, dass sie mit den anderen vier Teilnehmern absolut nichts gemeinsam hat. Doch dann verhält sich die Therapeutin so seltsam, dass die fünf beschließen, ihre eigene Gruppensitzung jeden Mittwochabend abzuhalten. Dabei stellen sie schnell fest, dass sie doch mehr verbindet, als sie dachten …
Der Sommer kommt und auch ein neuer Roman der Amerikanerin Mary Kay Andrews. Nach „Die Sommerfrauen“ und „Sommerprickeln“ ist „Sommer im Herzen“ nun ihr dritter Roman. Und wieder einer zum dahinschmelzen. Ein Roman zum Mitfühlen, Wohlfühlen, träumen, lachen und glücklich sein. Mary Kay Andrews versteht es, ihre Charaktere so lebensnah darzustellen, dass sie einen nicht mehr loslassen. Auch haben ihre Geschichten etwas ganz Großes – man kann sich einfach fallen lassen beim lesen. Leichte und lockere Sommerlektüre!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Rike Schmid macht mit ihrer weichen Stimme etwas ganz Besonderes aus diesem Hörbuch. Sie hat auch schon die ersten beiden Bücher eingelesen. 14,99 Euro.
Fischer, 638 Seiten; 9,99 Euro
Donna Leon
Das goldene Ei
Für Patta ermittelt Commissario Brunetti diesmal nur pro forma. Er soll den Ruf des Bürgermeisters schützen, dessen künftige Schwiegertochter die Gesetzte übertreten hat. Paola hingegen ist unerbittlich: Sie will wissen, was für ein Mensch der Tote war, der bei den Brunettis in der Nachbarschaft umgekommen ist. Dabei sieht alles – zunächst – nach einem Unfall aus. Niemand will etwas gewusst haben. Doch je mehr Brunetti sich umhört, desto mehr Widersprüche kommen ans Licht, ja am Ende sogar ein Mord. Niemand will etwas gewusst haben. Doch auch Nichtstun kann zum Verhängnis führen.
Steigert sich Donna Leon nach diesem Kriminalroman? Nach ihren letzten sehr schwachen, geht es doch kaum mehr schlechter. Daher, ja, es ist eine kleine Steigerung zu sehen. Aber was eigentlich das Wichtigste für alle Leser dieses und der letzten Bücher ist: Donna Leon schreibt schon lange keine Kriminalromane mehr. Davon ist sie vollkommen abgekommen. Spannung? Fehlanzeige! Sympathische Figuren? Durchaus. Das Aufzeigen der aktuellen italienischen Gesellschaft? Treffer. Wer also diesen Roman unter anderen Gesichtspunkten liest, wird Gefallen daran finden. Als Krimi ist er aber ein absoluter Flop!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Diogenes Hörbuch. Joachim Schönfeld liest geschmeidig und weiß, wie er die unterschiedlichen Elemente der Geschichte zu betonen hat. 24,90 Euro..
Diogenes, 367 Seiten; 22,90 Euro
Tatiana de Rosnay
Drei Tage in der Sonne
Nicolas Kolt hat seinen Roman Millionenfach verkauft. Er ist reich, berühmt, fliegt für Lesungen um die halbe Welt. Seine Leser verfolgen jede Meldung über ihn – und warten auf den neuen Roman. Doch die Arbeit daran hat nicht einmal begonnen. Mit seiner Freundin Malvina entflieht Nicolas auf eine abgeschiedene italienische Insel, in eines der exklusivsten Hotels der Welt. Dort will er die ersten Worte zu Papier bringen. Doch die erste Ruhe ist trügerisch. Plötzlich tauchen Fotos von Kolt auf Facebook auf. Jemand scheint ihn zu beobachten. Malvina ist ungewöhnlich gereizt. Und sein bester Freund beantwortet seine Anrufe nicht. Völlig unerwartet holen ihn in dieser Idylle die Schatten seiner Vergangenheit ein.
„Drei Tage in der Sonne“ ist ein passender Titel für dieses Buch, denn man kann damit drei fesselnde Tage in der Sommersonne verbringen. Die Hauptfigur Nicolas Kolt ist der, um den sich alles dreht. Das nimmt er nicht nur persönlich so wahr, sondern die Autorin tut das auch. Mit dieser zentralen Figur, die man mit jeder Seite besser kennenlernt, lernt man auch immer mehr über die verborgenen Winkel seiner Persönlichkeit. Daraus ergeben sich viele Stränge, die geklärt werden müssen. Eine Geschichte, die einen gefangen nimmt! Tatiana de Rosnay hat es geschafft, dass man die Figur Nicolas Kolt so schnell nicht mehr vergisst.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Steinbach Sprechende Bücher. Der junge Schauspieler Leonard Hohm verleiht der Figur des Nicolas Kolt eine große stimmliche Präsenz. 24,99 Euro.
Bloomsbury Berlin, 302 Seiten; 19,99 Euro
Simona Toma
Mein filmreifer Sommer
Die junge Toni, eigentlich Antonia, ist verliebt in Filippo. Er weiß davon nichts. Durch Zufall begegnen sie sich wieder. Filippo ist Regieassistent und auf der Suche nach Komparsen. Und so verbringen Toni und ihre Freundinnen Matilde und Clementina ihre Sommerferien am Filmset.
„Mein filmreifer Sommer“ ist eine frische und absolut bezaubernde Lovestory! Die Italienerin Simona Toma hat mit ihrer Heldin Antonia eine Figur erschaffen, die immer einen kessen Spruch auf den Lippen hat und bei der Liebe so herrlich jung und verspielt ist. Man hat das Buch mit einem Lächeln auf den Lippen gelesen.
Baumhaus, 333 Seiten; 14,99 Euro
Mia March
Sommerblau
Boothbay Harbor, Main. Veronica arbeitet dort in einem kleinen Diner. Richtig glücklich ist sie nicht, da sie vor vielen Jahren ihre Tochter zur Adoption freigeben musste. Erst die Begegnung mit zwei Besucherinnen des Küstenstädtchens hilft ihr, wieder nach vorne zu blicken.
Mia March wusste schon mit ihrem Debüt „Der Sommer der Frauen“ zu überzeugen. Nun liegt ihr zweites Buch vor – „Sommerblau“. Wieder eine gekonnte Mischung aus Liebe, Drama und Humor. Wie auch mit den anderen drei Sommerbücher, ab in den Strandkorb und lesen.
Rowohlt, 377 Seiten; 9,99 Euro
Hörbuch der Woche
M. J. Arlidge
Eene Meene
Ein perfider Killer kidnappt Paare. Die Opfer wachen orientierungslos auf, gefangen in einem Raum, niemand hört ihre Schreie. Es gibt keine Fluchtmöglichkeit, nur eine Waffe und die Botschaft des Entführers: Entweder sterben beide einen langsamen, qualvollen Tod – oder einer bringt den anderen um und ist frei. Ein Spiel des Grauens. Detective Inspector Helen Grace und ihr Team kommen kaum voran, nichts scheint die Fälle zu verbinden. Die Entführungen sind aber so akribisch vorbereitet und konsequent durchgeführt, dass es einen Plan geben muss. Und dann tut sich etwas auf. Kann es das geben? Für Helen Grace entwickelt sich ein Fall, in dem sie eine entscheidende Rolle spielt …
Nach so viel Sommerlektüre gibt es jetzt noch einen knallharten Thriller. „Eene Meene“ – ein guter Titel für einen Thriller, vor allem bei dem Inhalt. Die Ausgangslage der Opfer ist jedes Mal besonders drastisch. Psychologisch greift dieser Thriller das Nervenkostüm schon stark an. Dem Engländer M. J. Arlidge ist ein Thriller gelungen, der nachwirkt. Negativ ist, dass die Opferspiele zu oft vorkommen, was mit der Zeit langweilig wirkt, und die Ermittlungsarbeit etwas schwammig ist. „Eene Meene“ ist der erste Thriller der Reihe um DI Helen Grace. Man darf sich auf neue Fälle freuen! Uve Teschner liest gnadenlos. Wie der Thriller in Teilen ist. Er fängt die drastischen Situationen stimmlich gut ein.
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Rowohlt, 9,99 Euro.
Argon Hörbuch, 6 CDs, 434 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de