Kolumne vom 30.06.2014
Karen Rose
Todesschuss
Todesschüsse in Baltimore – ein Wahnsinniger versetzt die ganze Stadt in Angst und Schrecken. Seine eigentlichen Zielobjekte: Detective Stevie Mazzetti und ihre Tochter. Privatermittler Clay Maynard, der schon seit langem ein Auge auf die hübsche Polizistin geworfen hat, versucht die beiden in Sicherheit zu bringen. Stevie erlebt den Alptraum ihres Lebens ein zweites Mal. Denn vor acht Jahren wurden bereits ihr Mann und ihr Sohn Opfer eines Schusswechsels. Stevie und Maynard gelingt es nur langsam etwas herauszufinden. Doch ein Verdacht tut sich auf: Wurden ihr Mann und ihr Sohn damals womöglich nicht zufällig Opfer eines Verbrechens?
Nervenaufreibend. Dramatisch. Spannend. Leidenschaftlich. Karen Rose. Von Anfang an zieht Karen Rose das Tempo an. Sie lässt dem Leser keine Zeit viel Luft zu holen. Einen Thriller über fast 750 Seiten so spannend zu halten, da gehört ein großes Maß an Können dazu. Karen Rose scheint das reichlich zu besitzen. Anders ist es nicht zu erklären, dass sie auch in ihrem 15. Thriller, der in Deutschland erscheint, keine Ermüdungserscheinungen zeigt. „Todesschuss“ spielt wieder in Baltimore. Zuvor waren u. a. Chicago und Minneapolis die Städte, in der Karen Roses Thriller spielten. Karen Rose weiß, was zu tun ist, damit sie ihre Leser lange und gut unterhält.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Sabina Godec liefert wie immer eine leidenschaftlich gute Lesung ab. 19,99 Euro.
Knaur, 747 Seiten; 19,99 Euro
A. K. Benedict
Die Eleganz des Tötens
Seit Stephen Killigan als Philosophiedozent in Cambridge angefangen hat, ist ihm kalt bis auf die Knochen. Sind es die 700jährigen Steine der ehrwürdigen Universität, die ihn frösteln lassen? Als er eines Abends auf die Leiche eines vermissten Mädchens stößt, versteht er plötzlich, warum. Doch der wahre Horror beginnt erst – denn die Tote ist kurz darauf spurlos verschwunden. Seine fieberhaften Nachforschungen führen Killigan in eine Welt von tödlicher Schönheit – es ist die Welt des Killers, eines Wanderers zwischen den Zeiten, der ahnt, dass erstmals seit Jahrhunderten eine Herausforderung für ihn naht.
Auf „Die Eleganz des Tötens“ war ich sehr gespannt. Spannendes Cover, interessant klingende Geschichte und eine Autorin, die hervorsticht. Der Thriller beginnt, wie ein Thriller beginnen soll. Doch schon nach wenigen Seiten ist die große Vorfreude vorbei. A. K. Benedict studierte Englische Literatur in Cambridge, da hat sie leider nicht gelernt, wie man einen spannenden Thriller schreibt. Die Autorin erzählt so viel Banales und total Unwichtiges, das nervt bald sehr und man ist froh, wenn mal wieder ein spannendes Element auftaucht. Leider kommen die auf den 572 Seiten viel zu selten vor. Hätte der mystisch angehauchte Thriller 350 Seiten gehabt, hätte gar nichts an der ursprünglichen Geschichte gefehlt und es wäre wahrscheinlich etwas spannender geworden.
Droemer, 572 Seiten; 14,99 Euro
Jodi Picoult
Solange du bei uns bist
Edward Warren hat keinen Kontakt mehr zu seiner Familie, seit er wegen eines heftigen Streits nach Thailand ausgewandert ist. Eine schreckliche Nachricht führt ihn zurück in die USA: Sein berühmter Vater, ein Mann der mit den Wölfen lebt, liegt nach einem Unfall im Koma. Die Chancen auf seine Genesung sind minimal. Während seine Schwester Cara auf ein Wunder hofft und für das Leben ihres Vaters kämpft, will Edward ihn sterben lassen und seine Organe spenden. Wird er von Nächstenliebe oder von Rachegedanken angetrieben? Und wie weit wird Cara gehen, um das Leben ihres Vaters zu erhalten?
Jodi Picoult nimmt einen wieder mit auf eine dramatische, spannende und zu Tränen rührende Fahrt durch die Achterbahn des Lebens. Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Den Wolf-Flüsterer Luke, seiner Ex-Frau Georgie, seiner kämpfenden Tochter Cara, seinem rationalen Sohn Edward und einigen anderen Randpersonen. Jeder hat einen anderen Blick auf die Ereignisse, auf die Familie und auf das Leben. Man ist während des Lesens sehr gespannt, was diese einzelnen Erzählstränge am Ende für ein Gesamtbild ergeben. Was ist die Wahrheit, warum entschied sich jene Figur so und die andere so. „Solange du bei uns bist“ hat mich wie jeder Jodi-Picoult-Roman vom ersten bis zum letzten Wort gefesselt. Jodi Picoult ist ein Garant für hochklassige Literatur!
Lübbe, 461 Seiten; 22,99 Euro
Christian Eisert
Kim & Struppi – Ferien in Nordkorea
Wie viele Touristen jährlich Nordkorea besuchen? Eine Frage, mit einer leichten Antwort: wenige. Doch ein Urlaub in der Demokratischen Volksrepublik hält viele Überraschungen bereit: Autobahnen ohne Autos, Hotels, in denen der fünfte Stock fehlt und noch andere Merkwürdigkeiten.
Autor Christian Eisert und seine Journalistenkollegin trauen sich was, Urlaub in Nordkorea. Doch nach der Lektüre kann man nur sagen: Danke, dass die beiden sich das getraut haben. „Kim & Struppi“ ist ein Buch das wohl dosiert mit der Komik umgeht, die dieses Land ohne großes Zutun einfach so liefert. Dabei hat man aber immer vor Augen, was für ein Staat Nordkorea ist. Diesen Ritt auf der literarischen Rasierklinge meistert Christian Eisert sehr gut.
Ullstein, 315 Seiten; 14,99 Euro
Ayana Mathis
Zwölf Leben
USA. Anfang der 1920er Jahre zog die schwarze Bevölkerung aus den Südstaaten in den Norden, heraus aus der Sklaverei in die Freiheit. Doch das Leben wird nicht einfacher. Das Leben der Familie Shepherd ist ein Abbild dieser Zeit. Das Oberhaupt ist die Mutter, Hattie, die elf Kinder zur Welt bringt. Dies sind ihre Geschichten.
Ein Roman, der das Leben in all seinen Facetten zeigt! Ayana Mathis gibt jedem einzelnen Charakter eine eigene kleine Geschichte. Es beginnt 1925 – sehr traurig. Dann folgt 1948 Floyd, 1950 Six, 1951 Ruthie, 1954 Ella, 1968 Alice und Billups, 1969 Franklin, 1975 Bell, 1980 Cassie und 1980 Sala. Mit dieser Vielfalt an Figuren und den Jahrzehnten, in denen sie agieren, erlebt man einen besonderen Blick auf ganz besondere Menschen. „Zwölf Leben“ – zwölf Punkte von zwölf!
Auch als Hörbuch erhältlich bei GoyaLit. Regina Lemnitz gibt der Geschichte den stimmlich, edlen Touch den sie verdient.19,99 Euro.
dtv, 365 Seiten; 19,90 Euro
Hörbuch der Woche
Romain Puértolas
Die unglaubliche Reise des Fakirs, der in einem Ikea-Schrank feststeckte
Ayarajmushee Dikku Pradash, charmanter Hochstapler in Turban und Seide, fliegt eines Tages aus Indien nach Paris. Er ist von Beruf Fakir und möchte sich bei Ikea ein neues Nagelbett zulegen: Modell „Likstupiksta“, schwedische Kiefer, 15 000 Nägel, Farbe: Puma-rot. Kaum am Flughafen angekommen, handelt sich Ayarajmushee Ärger mit einem Taxifahrer ein, verliebt sich im Ikea-Bistro in die schöne Französin Marie, nistet sich über Nacht im Möbellager ein und versteckt sich in einem Ikea-Schrank. Prompt gerät er in diesem Schrank auf eine unglaubliche Reise, die ihn über England, Barcelona, Rom und Tripolis zurück nach Paris führt …
Eine ganz herrliche Komödie, die trotz ihrer Komik immer wieder mit ernsten Themen zu überzeugen weiß. Ein Roman der großen Überraschungen. Das ist diese Geschichte auch. Denn man kann nicht ahnen, was dem armen – in mehrfacher Hinsicht – Ayarajmushee Dikku Pradash als nächstes passieren wird. Auch das macht den Reiz dieses Romans aus. Und zu allem spielt auch noch Sophie Marceau eine Rolle in dem Buch. Alleine schon wegen dieser irrwitzigen Geschichte in der Geschichte mit der schönen Sophie ist dieses Buch lesenswert. Das Hörbuch bietet noch mehr. Nämlich den bekannten Schauspieler Matthias Koeberlin als Sprecher. Und er geht in der Figur des Ayarajmushee Dikku Pradash vollkommen auf. Das Hörbuch will man sich sofort nochmals anhören.
Auch als Hardcover erhältlich bei S. Fischer, 16,99 Euro.
Argon Hörbuch, 5 CDs, 333 Minuten; 19,95 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 23.06.2014
Philipp Meyer
Der erste Sohn
Eli McCullough ist der erste Sohn der neuen Republik Texas – Gründung 2. März 1836. Seine Familie, Siedler, werden bei einem Comanchenüberfall getötet. Eli wird verschleppt und wächst bei den Indianern auf. Als diese den Weißen unterlegen sind, kehrt er zurück in eine fremde Welt. Mit Cleverness, Skrupellosigkeit und Wagemut begründet er eine Dynastie, die durch Viehzucht und Öl zu großem Reichtum und politischer Macht kommt. Doch Elis Nachkommen drohen an seinem Vermächtnis zu zerbrechen.
Eine ganz große Geschichte virtuos erzählt! Ein literarisches Großereignis. In Amerika gefeiert. Schon jetzt ist klar, das wird mal ein Klassiker der amerikanischen Literatur. Philipp Meyer erzählt abwechselnd von Eli McCullough und seinen Nachkommen. So entsteht ein komplexes Bild der Familie McCullough. Die Geschichte reicht von 1849 bis 2012. Man erfährt viel von den Indianern, von dem Kampf der Indianer gegen die Weißen, vom Voranschreiten des Landes und die Umwälzungen, die damit verbunden waren. Der kernig aussehende Philipp Meyer erzählt das alles in einer klaren Sprache mit manchmal eiskalter Unterkühltheit. Aber das macht die Geschichte noch besser. „Der erste Sohn“ kann nur gefeiert werden!
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Für diesen großen und virtuosen Roman wurde auch eine Sprecherbestbesetzung engagiert: Jürgen Tarrach, Hans Peter Hallwachs und Regina Lemnitz. 24,99 Euro.
Knaus, 606 Seiten; 22,99 Euro
Matthias Weik & Marc Friedrich
Der Crash ist die Lösung
Die Autoren dieses Buches gehen davon aus, dass der große Crash kommen wird. Nur sind sie sich nicht im Klaren, wann das sein wird. Morgen oder in 50 Jahren. Man weiß es nicht! Die Autoren sehen auch, dass alle Maßnahmen zur Banken-, Länder- und Eurorettung auf volkswirtschaftliche Schadensmaximierung hinauslaufen und am Ende der Staatsbankrott Deutschlands steht. Die Enteignung der Bürger für diesen Fall wird längst vorbereitet. Staatsanleihen, Renten- und Lebensversicherungen, Konten – das sind die großen Verlierer im Falle eines Crashs. Doch wenn Politik und Wirtschaft richtig handeln in den nächsten Jahrzehnten, dann muss es nicht soweit kommen. Die Autoren erläutern dies und noch mehr.
Vorneweg, das Buch hat sehr viele gute Ansätze, Erklärungen und Wahrheiten über Geld, das Finanzsystem und was alles kommen kann. Aber es steckt auch voller Polemik, bei der einem die Haare zu Berge stehen. Ein Beispiel: „Der DAX mag noch auf 10.000, 20.000 oder von uns aus auch 50.000 Punkte gehievt werden, bis er die maximale Fallhöhe erreicht hat.“ Jeder der sich etwas mit der Börse auskennt weiß, dass mindestens noch 40 oder 50 Jahre vergehen werden, bis der DAX bei 50.000 Punkten stehen wird. Und in dieser Zeit können hier noch 1.000 Prozent und mehr durch z. B. Fonds erwirtschaftet werden. Diese Art von Polemik ärgert bei der Lektüre. Sie stört sehr, weil doch viele sehr gute Analysen von Sachverhalten in dem Buch enthalten sind. Fazit: Viele Erläuterungen in dem Buch sind Gold wert, andere sind der Crash für die Autoren.
Eichborn, 381 Seiten; 19,99 Euro
Dunja Hayali
Is‘ was, Dog? – Mein Leben mit Hund und Haaren
Seit Jahren bildet Dunja Hayali mit ihrer Golden-Retriver-Hündin Emma ein unzertrennliches Team. Nun erzählt sie von ihrem Alltag als Hundebesitzerin und all den Kuriositäten, die damit zusammenhängen. Wer ist schuld, wenn Jogger über eine zwanzig Meter lange Flexi-Leine fallen? Wieso laufen intelligente Leute mehrmals pro Woche zum Hunde-Homöopathen, kümmern sich aber nicht um ihre eigene Gesundheit? Können Hunde Gedanken lesen? Dunja Hayali nimmt die Eigenheiten der Vierbeiner und die Macken der Hundebesitzer aufs Korn – eine ehrliche Liebeserklärung an den besten Freund des Menschen.
Oh ja, dieses Buch enthält viele Wahrheiten. Für Hundebesitzer ein Traum, das zu lesen! Natürlich erzählt Dunja Hayali auch immer wieder subjektiv, was man nicht auf jeden erwähnten Hundetyp ummünzen kann. Aber das nimmt nichts von den vielen witzigen Wahrheiten, die einem als Hundebesitzer im Hunde-Mensch-Leben so passieren, und die in diesem Buch geschildert werden. Ich habe ja selbst zwei Hunde und weiß, was man so erlebt – und das gleich doppelt. Köstlich an „Is‘ was, Dog?“ sind auch die Abschweifungen, wenn die Autorin auf verschiedene Hunderassen und Hundebesitzertypen eingeht. Für jeden der einen Hund an seiner Seite hat, wird mit „Is‘ was Dog?“ viel Spaß haben!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Dunja Hayali liest selbst. Und sie bringt ihre heiteren Erlebnisse pfiffig rüber. 14,99 Euro.
Ullstein, 253 Seiten; 14,99 Euro
Glenn Greenwald
Die globale Überwachung
Juni 2013. Glenn Greenwald veröffentlicht die ersten NSA-Dokumente aus dem Archiv von Edward Snowden. Seitdem werden immer mehr Details des globalen Spionagesystems der amerikanischen Geheimdienste aufgedeckt. In diesem Buch werden zuvor nicht publizierte Geheimdokumente veröffentlicht und bringen das ganze Ausmaß der Massenüberwachung ans Licht. Alles und jeder wird ausgespäht, die Bevölkerung steht unter Kollektivverdacht..
Ein Buch das gnadenlos offen legt, wie es um unsere Datensicherheit bestellt ist. Diese wurde bereits seit langem das Klo runtergespült. Was man hier erfährt, macht einem Angst. Was kann alles geschehen, wenn diese Daten missbraucht werden? Für jeden von uns kann das drastische Folgen haben. „Die globale Überwachung“ ist ein Doku-Thriller, der keinen unberührt lässt!
Droemer, 361 Seiten; 19,99 Euro
Moritz Matthies
Dumm gelaufen
Erdmännchen Ray und Rufus werden von Angel Eye, einer Rassestute, gebeten, den Tod ihres Geliebten Stardust zu untersuchen. Der ist beim Rennen in Berlin-Hoppegarten gestürzt und muss zum Pferdemetzger. Die tierischen Ermittler kommen einem Komplott auf die Spur …
Nach den Bestsellern „Ausgefressen“ und „Voll Speed“ folgt nun das dritte urkomische Knallerbuch „Dumm gelaufen“. Ray & Konsorten haben wieder heikle Abenteuer zu bestehen, bei denen der Leser fast am Dauerschmunzeln ist.
Scherz, 302 Seiten; 14,99 Euro
Hörbuch der Woche
Martin Walker
Reiner Wein
Der neue Fall für Bruno hat wieder einige scheinbar unzusammenhängende Verbrechen zu bieten. Den Eisenbahnraub durch die französische Résistance und die Verwendung der Beute. Die Enthüllungsstory einer französischen Historikerin über Frankreichs Nuklearverteidigung. Und einen gestohlenen Weinkeller, dessen Besitzer sich als britischer Geheimdienst a. D. entpuppt, während der mutmaßliche Dieb zu Tode kommt. Viel Arbeit für Bruno, dessen Liebesleben wieder nicht ganz einfach ist.
Ein gemütlicher Kriminalroman, der die Unaufgeregtheit seines Helden literarisch sehr gut einfängt. Wer einen megaspannenden Krimi erwartet, bei dem jedes Kapitel nur so schreit, sofort das nächste zu lesen, für den ist „Reiner Wein“ die reinste Enttäuschung. Wer es hingegen gemütlich mag, einen leisen Krimi, der seine Helden auch bei viel kleinen Dingen des Lebens darstellt, der wird mit „Reiner Wein“ die reinste Freude haben. Johannes Steck passt sich der Gemütlichkeit der Geschichte an. Er bringt das Unaufgeregte von Bruno stimmlich fein rüber. Eben ein Hörbuch für gemütliche Stunden.
Auch als Hardcover erhältlich bei Diogenes, 22,90 Euro.
Diogenes Hörbuch, 8 CDs, 609 Minuten; 24,90 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 16.06.2014
Ross King
Leonardo und Das letzte Abendmahl
Jeder kennt „Das Letzte Abendmahl“ von Leonardo da Vinci. Doch kaum jemand kennt die Geschichte dieses legendenumwobenen Meisterwerks. Der große Kenner der italienischen Renaissance Ross King erzählt nicht nur alles über Leonardos Wandgemälde aus Santa Maria delle Grazie in Mailand. Er porträtiert zugleich den Künstler und seine für die europäische Kunstgeschichte so bedeutende Zeit.
Ein Buch, das mit der Kulturgeschichte Italiens überzeugt und zudem Leonardo da Vinci und sein Schaffen in einem besonderen Licht zeigt. Leonardo, 1452 geboren, Mutter wahrscheinlich ein 16-jähriges Dienstmädchen, konnte durch diesen Bruch nicht Richter oder Notar werden und wurde Künstler. Als der als schwierig und unzuverlässige Bildhauer und Maler später nach Mailand kam wollte er Kriegsmaschinen konstruieren, es kam aber anders. Und er war frustriert, weil er nichts ganz vollbrachte. Doch dann änderte sich alles – es kam „Das Letzte Abendmahl“. Über die Entstehung dieses Werkes zu lesen ist ein Abenteuer. Ross King macht Geschichte spannend. Er erzählt abwechselnd Leonardos Geschichte mit der Italiens Ende des 15. Jahrhunderts. So bekommt man ein umfassendes Bild von jener Zeit und dem Schaffen des großen Künstlers. Eine Lektüre, die mich gefesselt hat. Zudem ist von Ross King „Das Wunder von Florenz“ (Pantheon, 256 Seiten, 14,99 Euro) in neuer Auflage erschienen. Auch sehr zu empfehlen.
Knaus, 448 Seiten; 24,99 Euro Euro
Daniel H. Wilson
Das Implantat
Amerika, Zukunft. Neurale Implantate sind der letzte Schrei. Sie werden ins Gehirn gepflanzt und steigern die intellektuellen und körperlichen Fähigkeiten des Trägers ins unermessliche. Auch Krankheiten können damit bekämpft werden. Doch die Implantate sind teuer, und nur die Wohlhabenden können sie sich leisten. Es bildet sich eine Widerstandsgruppe von Nicht-Implantierten, die gegen die anderen eine Reihe von diskriminierenden Maßnahmen durchsetzen. In diesem aufgeheizten Klima würde der Lehrer Owen sein Implantat, das seine Epilepsie unter Kontrolle halten soll, am liebsten verheimlichen. Doch dann findet Owen heraus, dass sein Implantat viel mehr kann …
Der Amerikaner Daniel H. Wilson, Doktortitel für Robotik, weiß wovon er schreibt. Er kam vom Sachbuch zum Roman und hat auch schon einige erfolgreiche geschrieben. „Das Implantat“ hat auch das Zeug dazu. Zumindest die Idee. Die Umsetzung der Story lässt leider sehr zu wünschen übrig. Der Held des Romans, wie auch die Nebenfiguren, sind wenig einladend, auch die Erzählstränge und das Handeln der Figuren im Buch sind unausgereift und nicht richtig nachvollziehbar. Spannung kommt durchaus immer wieder auf, aber das reißt den Roman dann auch nicht mehr rum. „Das Implantat“ hätte viel mehr sein können, als das vorliegende Buch.
Droemer, 364 Seiten; 14,99 Euro
Evie Manieri
Blutstolz – Die zerschlagenen Reiche 1
Vor Jahrzehnten wurde das Wüstenreich Shadar von den kriegerischen Nordmännern erobert und das Volk der Shadari versklavt. Sie müssen das schwarze Gold fördern, welches die Eroberer zu ihren magischen Klingen verarbeiten. Doch Widerstand regt sich! Eine Gruppe von Rebellen wittert ihre Chance. Sie bitten eine legendäre Kriegerin um Hilfe – angeblich hat sie noch nie einen Kampf verloren. Doch welchen Preis wird sie verlangen?
Ein Fantasy-Spektakel mit kühnen Ideen, einer fantastischen Welt und heldenhaften Figuren. Die in New York lebende Evie Manieri versteht es, mit ihrer Fantasy-Trilogie „Die zerschlagenen Reiche“ aus der Masse an Fantasy-Veröffentlichungen herauszustechen. Schon der Einstieg ins Buch nimmt einen sofort mit. Und man kann es vergessen, dass das aufhört! Evie Manieri entführt einen in ihre Welt und lässt einen nicht mehr daraus entrinnen. „Blutstolz“ – Hervorragend! Eine Story, die schon im ersten Teil der Trilogie seine Mannigfaltigkeit zeigt.
Bastei Lübbe, 476 Seiten; 14,00 Euro
Wolf Schneider
Der Soldat – Ein Nachruf
Die Ära des Soldaten, wie wir ihn kennen, geht zu Ende. Drei Jahrtausende lang hat er blutige Weltgeschichte geschrieben, heute entscheiden Drohnen, Partisanen und Computer über Sieg und Niederlage. Er hat Leid zugefügt, meist selbst sehr gelitten. Das ist seine Geschichte.
Bestsellerautor Wolf Schneider beleuchtet den Soldaten aus allen Blickwinkeln. Von seinen Anfängen, über die zahlreichen Kriege, und was heute noch von ihm übrig ist. Fast nichts mehr. Er zeigt, wie der Soldat, so wie man ihn aus den vergangen Kriegen kennt, immer mehr verschwunden ist. Ersetzt durch Drohnen, Elitekämpfer und Selbstmordattentäter. Ein Buch, das spannend geschrieben ist, viele Details enthält und fundiert erklärt.
Rowohlt, 543 Seiten; 24,95 Euro
Michelle Haimoff
Die besten Tage unseres Lebens
Hailey und ihre Freunde genießen ein privilegiertes Leben in Manhattan. Sie sind Mitte 20, haben die besten Unis besucht und feiern in den angesagtesten Bars. Doch 9/11 liegt erst ein halbes Jahr zurück, die Stadt trauert. Während Hailey erfolglos ein Bewerbungsgespräch nach dem nächsten absolviert gerät sie in eine schwere Lebenskrise …
Der Debütroman der jungen Amerikanerin Michelle Haimoff ist ein Porträt einer Generation, die sich auf der Suche befindet. Es ist auch das Porträt einer Stadt, New York, nach 9/11. „Die besten Tage unseres Lebens“ ist ein modernes Drama, dass das Zeug hat, auch in zehn Jahren noch in Erinnerung zu sein.
Manhattan, 334 Seiten; 17,99 Euro
Hörbuch der Woche
Geoffrey Girard
Verdorbenes Blut
Aus einer Einrichtung für gewalttätige Jugendliche sind sechs Jungen ausgebrochen. Ex-Militär Shawn Castillo wird eingeschaltet, um sie zu finden und zurückzubringen. Schnell entdeckt er, dass hinter der Fassade der „therapeutischen Einrichtung“ ein fragwürdiges Projekt steht und die Ausreißer keine gewöhnlichen Jungen sind: Sie tragen Namen wie Ted Bundy, Jeffrey Dahmer, Dennis Rader – und sind die exakten genetischen Kopien dieser berüchtigten Serienmörder. Sie sollen das Böse in Reinform in sich tragen. Sie sollen den sicheren Tod bringen. Sind sie wirklich so gefährlich? Schnell wird Castillo klar, wie gefährlich. Über das ganze Land sind nun Killer verteilt, die Blut sehen wollen …
Für Thrillerliebhaber ist diese Story eine echte Abwechslung. Serienkiller klonen um sie zu erforschen, und dann sind diese plötzlich frei und morden sich durch das Land. Ein Horror! Horrorelemente bietet diese Geschichte nicht wenige. Blut und noch mehr Blut ist hier reichlich zu finden. Und die Idee hinter dem Buch macht einem mit jeder Seite mehr Angst. Denn aus Fiktion kann Wirklichkeit werden. Dietmar Wunder liest beängstigend gut. Die „James-Bond“-Stimme macht aus dem schon beängstigenden Thriller noch mehr. Zum fürchten gut gelesen!
Auch als Paperback erhältlich bei Lübbe, 14,99 Euro.
Lübbe Audio, 6 CDs, 424 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 09.06.2014
Jörg Friedrich
14/18 – Der Weg nach Versailles
Was unterschied Deutschlands Verhalten im Krieg von dem der Versailler Siegermächte – von den kolonialistischen Briten, den revanchistischen Franzosen oder den rassistischen Amerikanern? Führten sie Krieg, um die Menschheit mit Völkerrecht und Demokratie zu beglücken? Achteten sie die Neutralität ihrer Nachbarn? Prüften sie ernsthaft Deutschlands Kompromissangebote oder setzten sie von Anfang an auf einen Unterwerfungsfrieden? Das Buch berichtet davon, wie Europa über Nacht in ein Schlachtfeld verwandelt wurde. Recht, Humanität, christliche Werte, politisches Augenmaß und wirtschaftliche Vernunft wurde auf allen Seiten mit Füßen getreten.
Unglaublich! Faszinierend! Sensationell! Jörg Friedrich hat mit „14/18“ mit eines der besten Bücher über den 1. Weltkrieg geschrieben. Es reiht sich ein in die erstklassigen Bücher zu diesem Thema, Christopher Clarks „Die Schlafwandler“ und Herfried Münklers „Der Große Krieg“. Aber es ist ganz anders als die genannten. Der Autor stellt streitbare Thesen auf, diese unterfüttert er aber mit klaren Erklärungen. Jörg Friedrich versteht es ausgezeichnet, Szenen romanhaft darzustellen und dann sofort wieder auf die Details und Zusammenhänge der Sachlage einzugehen. Mit dieser Art des Erzählens ist „14/18“ weit von einem trockenen Sachbuch entfernt. Dieses Buch ist für alle Interessierten des Themas ein echter Gewinn, um noch tiefer in die Materie einzutauchen.
Propyläen, 1072 Seiten; 34,99 Euro
Michel Houellebecq
Gestalt des letzten Ufers
In Frankreich gab es zum Erscheinen der Gedichte Spekulationen darüber, ob dies der Schwanengesang des meistgelesenen, aber auch umstrittensten Autors des Landes sei. Doch wenngleich es in ihnen auch um die letzten Dinge des Lebens geht, sind diese Gedichte Michel Houellebecqs literarische Rückkehr nach seinem drei Jahre zurückliegenden, mit dem Prix Goncourt ausgezeichneten Bestseller „Karte und Gebiet“ .Michel Houellebecq will seinen Vorbildern Mallarmé und Baudelaire nacheifern. Mit Gedichten wie „In einen blauen Mantel gekleidet, Wirkte sie krank; Den Himmel am Grunde ihrer Augen.“
Michel Houellebecq ist einer der streitbarsten Autoren Frankreichs. Nun hat er einen Gedichtband geschrieben. Natürlich ganz in Houellebecq-Manier. Von normalen Gedichten sind seine Zeilen weit entfernt. Auch mal sehr kurz und wieder sehr lang. Leider selten überzeugend. Um den Gedichten viel abgewinnen zu können, müsste man schon in Houellebecqs Gehirn schauen können. Am schönsten ist noch „Die Liebe, die anderen.“ (Seite 39). Ein anderes Beispiel außer oben: „Geschminkt wie ein naiver Fisch, Im Aquarium unserer Leiden, Gingen Sie einher, und ich war ein Gefangener, Ihrer fernen Erscheinung.“ Der Gedichtband ist in fünf Sparten unterteilt: „Die graue Fläche“, „Verlängertes Wochenende in Zone 6“, „Erinnerungen eines Schwanzes“, „Die Gefilde der Leere“ und „Plateau“.
DuMont, 175 Seiten; 18,00 Euro
Sharon Bolton
Ihr Blut so rein
Ein Kindermörder hält London in Atem. Fünf tote Jungen in fünf Wochen. Da kommt der 11-jährige Barney ins Spiel. Er erkennt Muster, wo andere nichts sehen. Er weiß, dass der Killer bald wieder zuschlagen wird. Das Opfer wird wieder ein Junge sein, wie er. Er wird ihm die Kehle durchschneiden, ihn verbluten lassen und die Leiche am Ufer der Themse ablegen. Die Polizei wird keinen Hinweis auf den Täter finden und keine Warnung, wen es als nächstes treffen könnte. Doch Barney hat etwas gesehen, und sammelt akribisch jeden Hinweis, um den Fall zu lösen. DC Lacey Flint, Ermittlerin in Sonderurlaub, könnte den Fall guten Gewissens ihren Kollegen überlassen. Wenn Barney Roberts nicht ausgerechnet ihr Nachbar wäre …
Die Engländerin Sharon Bolton hat schon zahlreiche Thriller geschrieben, die allesamt von hoher Qualität und sehr intensiv waren. Zuletzt „Dunkle Gebete“ und „Dead End“. Nun liegt ihr neuer Thriller vor, „Ihr Blut so rein“. Ein neuer Fall für DC Lacey Flint. Diesmal mit einem kleinen, schlauen und fleißigen Ermittler. „Ihr Blut so rein“ ist ein wendungsreicher Thriller bei dem man starke Nerven braucht. Für zarte Gemüter ist diese Geschichte nicht zu empfehlen. Auch führt Sharon Bolton ihre eingeführten Figuren stark fort. Eine starke Story mit diesen Figuren, Sharon Bolton hat wieder einen meisterlichen Thriller vorgelegt.
Manhattan, 447 Seiten; 14,99 Euro
Al Gore
Die Zukunft
Al Gore, der ehemalige Vizepräsident der USA, Friedensnobelpreisträger und Bestsellerautor, wagt in diesem Buch den Blick in die Zukunft. Er identifiziert diejenigen Kräfte, die unser Leben in den kommenden Jahrzehnten am stärksten verändern werden. Er zeichnet so ein Bild der Welt von morgen.
Große Gedanken, große Zusammenhängen, wichtige Aussagen – dafür steht Al Gore. In seinem neuen Buch „Die Zukunft“ widmet er sich nun dieser in unserer sich so schnell drehenden Welt. Seine Schwerpunktgebiete sind: „Die Welt AG“, „Das Weltgehirn“, „Machtfragen“, „Auswüchse“, „Die Neuerfindung von Leben und Tod“. Ein sehr komplexes und allumfassendes Buch. Al Gore hat wirklich kein Thema ausgelassen, das derzeit auf der Welt Fragen aufwirft. Eine erstaunliche Wissensreise!
Siedler, 624 Seiten; 26,99 Euro
A. S. A. Harrison
Die stille Frau
In Jodis und Todds Ehe kriselt es. Viel steht auf dem Spiel, vor allem das angenehme Leben das sie sich in Chicago aufgebaut haben. Er, charmanter Architekt und Fremdgänger, sie, erfolgreiche Psychotherapeutin und stillschweigende Verletzte. Doch wie lange bleibt das noch so …
Ein feiner Roman, der tiefe Abgründe einer Ehe aufzeigt. Was passiert, wenn es dann mal passiert? Wenn Rache ein Mittel ist, zu dem man nur zu gerne greift. Die Autorin fängt „Die stille Frau“ ruhig an, steigert sich aber von Kapitel zu Kapitel, sodass eine Geschichte entsteht, der man verfällt. Gefährlich! Leider ist die Autorin A. S. A. Harrison Anfang 2013 verstorben. Mit diesem Roman hat sie einen großen literarischen Fußabdruck hinterlassen.
Bloomsbury Berlin, 382 Seiten; 14,99 Euro
Hörbuch der Woche
Karen Perry
Bittere Lügen
Harry und Robin haben bei einem schrecklichen Erdbeben in Marokko ihren dreijährigen Sohn Dillon verloren. Auch fünf Jahre später überschattet der schmerzliche Verlust, das Gefühl der Ohnmacht und Schuld jede Minute ihres Zusammenlebens. Bis zu dem Wintertag, als Harry denkt, Dillon in Dublin auf der Straße gesehen zu haben. Seither ist er von dem Gedanken besessen, dass sein Sohn noch leben könnte. Und er ist bereit, bis zum Äußersten zu gehen, um die ganze Wahrheit ans Licht zu bringen. Mit unvorstellbaren Folgen …
Falsche Spuren, psychologisch ausgefeilte Charaktere, eine Story, die zwar sehr ruhig verläuft, aber trotzdem selten an Spannung verliert. Wer lügt? Was ist die Wahrheit? Lebt Dillon? Ist er tot? Alles nur Einbildung von Harry? Mit diesen Elementen spielt das Autorenpaar Karen Perry recht geschickt. Nachdem die Geschichte eher ruhig verläuft, überschlagen sich zum Ende hin die Ereignisse. „Bittere Lügen“ ist Spannungsliteratur vom Feinsten! Die beiden bekannten Schauspieler Anna Thalbach und Roman Knizka verleihen Robin und Harry ihren ganz eigenen Charakter. Die Geschichte hat ja viele stille Momente, diese wissen die beiden gut zu gestalten. Aber als sich zum Ende hin das Tempo immer mehr steigert, finden sie auch hier genau die richtige Stimme. Sehr gute Vorstellung!
Auch als Paperback erhältlich bei Scherz, 14,99 Euro.
Argon Hörbuch, 6 CDs, 449 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 02.06.2014
Chimamanda Ngozi Adichie
Americanah
Die große Liebe von Ifemelu und Obinze beginnt im Nigeria der neunziger Jahre. Dann trennen sich ihre Wege. Die selbstbewusste Ifemelu ging in die USA und studierte in Princeton. Obinze strandete als illegaler Einwanderer in London. Nach dreizehn Jahren kehrt Ifemelu als bekannte Bloggerin von Heimweh getrieben in die brodelnde Metropole Lagos zurück, wo Obinze mittlerweile mit seiner Frau und Tochter lebt. Sie treffen sich wieder und stehen plötzlich vor einer Entscheidung, die ihr Leben auf den Kopf stellt.
Die in Nigeria geborene und in Amerika lebende Chimamanda Ngozi Adichie hat mit ihren Romanen schon literarisch begeistert. Zuletzt mit dem Erzählband „Heimsuchungen“. Mit ihrem neuen Roman „Americanah“ legt sie noch mal an Qualität zu. Auch hat sie nach „Die Hälfte der Sonne“ wieder einen richtig großen Roman geschrieben. „Americanah“ ist ein Roman, der viele Aspekte unserer heutigen Gesellschaft beinhaltet. Diese großen Themen mixt die Autorin mit dem alltäglichen und einer schönen Liebesgeschichte, die in einer Zeit wie dieser nicht mehr selten ist. Chimamanda Ngozi Adichies „Americanah“ gehört mit Donna Tarts „Der Distelfink“ zu den großen literarischen Ereignissen in diesem Halbjahr!
S. Fischer, 605 Seiten; 24,99 Euro
Yolande Duran-Serrano / Laurence Vidal
Die Frau, die an einem ganz normalen Sommertag plötzlich keine Gedanken mehr im Kopf hatte
Im Grunde hat sich Yolande Duran-Serrano nicht für Spiritualität interessiert, geschweige denn meditiert. Ohne jede Vorbereitung trifft es sie an einem ganz normalen Tag mitten im Sommer. Der tiefgreifende Prozess, der sich daraufhin bei ihr entfaltet, wird von ihr ehrlich und direkt geschildert. Weil Yolande Duran-Serrano ohne große Fachbegriffe spricht, spiegelt sie die Essenz spiritueller Traditionen in ihrer einfachen Sprache wider. Dieses Buch ist aus einem Gespräch entstanden. Es beschreibt die Freiheit der Erfahrung jenseits unseres normalen Alltagsbewusstseins.
Wie oben schon erwähnt, ist dieses Buch keine erzählte Geschichte, sondern ein Interview. Flüssig zu lesen ist dieses Buch nicht, da auch bei den Fragen Sprünge kommen, die man als Leser wohl nicht verstehen muss. Und um das Interview noch etwas aufzublähen, damit man am Ende auf gut 120 Seiten Interview kommt, wurden manche Fragen immer wieder gestellt. Etwas anders, aber mit dem gleichen Sinn. Wenn man diese ganzen negativen Punkte abhakt, kommt man zum Kern des Interviews und auch dort fand ich jetzt keine Erleuchtung. Bei mir blieb es eher dunkel, da Yolande Duran-Serrano ihr Erlebtes nicht so in Worte fassen kann, dass man total begeistert wäre. Das Buch hat aber dann auch eine gute Seite. Eine „Erleuchtung“ zu erfahren, wie auch immer, ist eine wunderbare Sache. Aber man muss dann nicht so ein langweiliges Buch darüber schreiben.
Knaur Menssana, 189 Seiten; 14,99 Euro
Béla Réthy
Live – Die Länderspiele meines Lebens
Er ist der bekannteste Fußballreporter Deutschlands. Seit über 20 Jahren kommentiert Béla Réthy auf seine unnachahmliche Weise alle wichtigen Spiele des ZDF. Ob das Golden Goal von Oliver Bierhoff, der Patzer von King Kahn im WM-Finale 2002 oder der spektakuläre Bildausfall während des deutschen Halbfinals bei der EM 2008: Wenn deutsche Fußballgeschichte geschrieben wird, ist Béla Réthy immer hautnah dabei. In seiner Autobiografie erzählt er von dramatischen Spielen auf, und bemerkenswerten Begegnungen neben dem Platz. Aber das ist noch nicht alles …
Béla Réthy gehört mit den unten genannten Wolff-Christoph Fuss, Marcel Reif und Kai Dittmann zu den Kommentatoren, denen man einfach sehr gerne zuhört, weil sie so wortgewandt, gescheit und reaktionsschnell sind. Béla Réthy ist der Weltmann unter den Kommentatoren. Ungarische Eltern, in Österreich geboren, in Brasilien aufgewachsen und später in Deutschland zum Star am Mikrofon geworden. Dieses bewegende Leben außerhalb des Platzes und auf dem Kommentatorenstuhl zeigt Béla Réthy auch in seinem Buch. Man bekommt Einblick in seine Gefühlswelten. Aber dann kommt der Fußball, und hier weiß Béla Réthy wunderbare Geschichten zu erzählen. Wie man an seinen Lippen hängt, wenn er kommentiert, so ist man auch hier auf jede neue Zeile gespannt, was er zu berichten hat. Dieses Buch stimmt einen prächtig auf die kommende Fußball Weltmeisterschaft in Brasilien ein.
Lübbe, 239 Seiten; 19,99 Euro
Sebastian Brettschneider
Wer hinten so offen ist, kann nicht ganz dicht sein
Fußball ist ein schwieriges Spiel, und dieses Buch zeigt, dass Reporter am Mikrofon es selten einfacher, häufig aber lustiger, kurioser, unterhaltsamer und manchmal unvergesslich machen. Dieses Buch präsentiert schöne O-Töne aus den Fußballstadien dieser Welt.
Wolff-Christoph Fuss, Marcel Reif und Kai Dittmann sind sicher die besten Kommentatoren, aber es gibt noch andere, die es auch drauf haben. Hier mal ein kleiner Einblick in die Sprüche dieses Buches: „Er spielt ohne Tal und Fehdel“, „Auswärts sind die Greuther stärker als in der Fremde“, „Das Tor war leer, bis auf den Torhüter“, „Ich hoffe, dass die deutsche Mannschaft auch in der 2. Halbzeit eine runde Leistung zeigt, das würde die Leistung abrunden“. Dieses Buch ist eine sichere Bank. Zum ablachen und immer wieder lesen!
Thommie Bayer
Die kurzen und die langen Jahre
Es ist 1974, ein Verbrechen geschieht. Sylvie verliert ihren Mann, Simon seinen Vater. Nicht nur die Trauer verbindet die beiden. Simon empfindet mehr für die ältere Sylvie. Er glaubt warten zu müssen, ihr das zu sagen. Bis zu viel Zeit verstrichen ist …
Sie wollen eine romantische Liebesgeschichte lesen mit vielen roten Rosen und einem schönen Happy End? Das alles erwartet sie in „Die kurzen und die langen Jahre“ nicht. Sondern hier spielt das reale Leben die Hauptrolle und das kann so hart sein. Eine ganz andere Liebesgeschichte von einem ganz besonderen Autor – Thommie Bayer.
Piper, 203 Seiten; 17,99 Euro
Hörbuch der Woche
Andrea Camilleri
Der Tanz der Möwe
Der Todestanz einer Möwe als Vorbote düsterer Ereignisse? Leider nur zu wahr, denn kurze Zeit später ist Commissario Montalbanos Lieblingsmitarbeiter Fazio verschwunden. Als Montalbano ihn unter abenteuerlichen Umständen wiederfindet, ist die Freude nur von kurzer Dauer. Denn Fazio kann sich an nichts erinnern, auch nicht an die beiden Toten neben ihm. Montalbano weiß schon bald, dass er sich hier auf dem Terrain der Mafia befindet, und merkt zu spät, dass er eine bedeutsame Verabredung verpasst hat. Zudem hat Montalbano noch kreative Ausreden für seinen Chef parat.
Commissario Montalbano wieder mal in Höchstform! Ein Italienkrimi der richtig viel zu bieten hat. Humor und Spannung reichen sich die Hand. Montalbano bekommt es nicht nur mit kriminellen Seilschaften zu tun, sondern auch die eine oder andere Frau kommt ihm wieder unter die Nase. Und bei einer wird er dann so richtig zum „Killer“. „Der Tanz der Möwe“ unterhält einen prächtig! Kann man was anderes von einem Commissario Montalbano Kriminalroman erwarten? Nein. Es liest wieder Bodo Wolf. Er ist mittlerweile schon die Stimme von Commissario Montalbano geworden. Ihm zuzuhören ist schon der halbe Italienurlaub.
Auch als Hardcover erhältlich bei Lübbe, 19,99 Euro.
Lübbe Audio, 4 CDs, 241 Minuten; 19,99 Euro
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