Kolumne vom 24.02.2014
Lucinda Riley
Die Mitternachtsrose
Hollywood-Schauspielerin Rebecca Bradley soll im englischen Dartmoor einen Film drehen, der in den 1920er Jahren spielt. Als Kulisse dient ein altes Herrenhaus. Die Medien sind wegen eines Vorfalls hinter ihr her, doch in Astbury Hall kommt Rebecca etwas zur Ruhe. Dort erfährt sie, dass sie Lady Violet, der Großmutter des Hausherrn Lord Astbury, frappierend ähnlich sieht. Dann taucht der junge Ari Malik auf, den das Vermächtnis seiner Urgroßmutter Anahita nach Astbury Hall geführt hat. Rebecca taucht immer mehr in die Vergangenheit ein. Sie kommt nicht nur Anahitas Geschichte auf die Spur, sondern auch dem dunklen Geheimnis, das wie ein Fluch über der Dynastie der Astburys zu liegen scheint …
Die literarische Welt hätte ein Schwarzes Loch, würde es Lucinda Riley und ihre wunderbaren Romane nicht geben! Sie verführt, sie entzückt, sie reißt einen mit, sie nimmt einen an der Hand und führt einen elegant durch eine Geschichte, die nie enden sollte. Leider ist dann nach knapp 600 Seiten doch Schluss. Das ist der einzige, aber große Kritikpunkt an „Die Mitternachtsrose“, dass es nur knapp 600 Seiten und nicht mindestens 1000 Seiten sind. „Die Mitternachtsrose“ ist eine verwobenen Geschichte, die zwei Erzählstränge hat, die Vergangenheit und die Gegenwart, wie man es von Lucinda Riley gewohnt ist. Und beide Geschichten treibt sie spannungsmäßig auf die Spitze!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Der Hörverlag. Lucinda Riley verführt mit ihrer Geschichte, Simone Kabst verführt mit ihrer Stimme.19,99 Euro.
Goldmann, 572 Seiten; 19,99 Euro
Marilyn Yalom
Wie die Franzosen die Liebe erfanden
TNeurotisch, leidenschaftlich, höfisch: Die Franzosen kennen viele Spielarten der Liebe. Wurde die Liebe in Frankreich erfunden? Romanistin und Feministin Marilyn Yalom geht dieser Frage anhand berühmter Meisterwerke der Literatur nach. So Wörter wie Rendezvous, Tête-à-Tête, Ménage-à-trois, Amour fou sind überall auf der Welt ein Begriff. Von der raffiniert-bösartigen Erotik der Gefährlichen Liebschaften bis zur berechnenden Sinnlichkeit einer Madame Bovary, von der offenen Ehe zwischen Sartre und Beauvoir bis zum exotischen Liebhaber der Marguerite Duras – am Ende steht immer die uralte Frage: Was macht die Liebe aus? Trieb oder Gefühl? Seele oder Intellekt?
Ein durchaus interessantes Buch über die Liebe. In achtzehn Kapitel gibt das Buch das Spektrum der Liebe in Frankreich über die Jahrhunderte wider. Darunter „Galante Liebe“, „Komische Liebe, tragische Liebe“, „Liebesbriefe“, „Die Sehsucht nach der Mutter“, „Die Liebe zwischen Romantikern“, „Lesbische Liebe“, „Im Reich der Begierde“, „Die Liebe im 21. Jahrhundert“. Das Buch hat dabei aber viele langatmige Stellen und der richtige Funke wollte nie überspringen. Aber gerade bei diesem Thema sollte das so sein. Auch sollte man gerne alte Literatur mögen, denn darauf geht die Autorin intensiv ein.
Graf, 443 Seiten; 22,99 Euro
Simon Beckett
Der Hof
Ein abgelegener Hof in Südfrankreich. In der baufälligen Scheune liegt der junge Engländer Sean mit einem zerfetzten Fuß. Auf der Flucht vor der Polizei ist er in eine Eisenfalle getreten, aufgestellt von Arnaud, dem Besitzer des Hofs, der keine Fremden auf seinem Besitz duldet. Sean darf dennoch bleiben – wenn er mithilft, die maroden alten Wände des Gehöfts neu zu mauern. Er nimmt das Angebot an, denn eine Rückkehr nach England kann er nicht riskieren – und auch wegen Arnauds Tochter Mathilde, die ihn so hingebungsvoll pflegt. Aber deren verführerische kleine Schwester ist unberechenbar, ebenso wie der tyrannische Arnaud. Irgendetwas stimmt auf dem Hof nicht, und Sean will es herausfinden.
David Hunter hat Ruhepause, aber das hält Simon Beckett nicht auf, einen Thriller zu schreiben, der unter die Haut geht. „Der Hof“ tastet sich langsam vor, aber der Leser weiß nicht, ob auf der nächsten Seite die große Gefahr lauert, oder ob nur ein weiterer Baustein dazukommt, zu der beklemmenden Atmosphäre, die den ganzen Roman durchzieht. Ein Kriminalroman, der einen nie in Sicherheit wiegt. Man muss ständig darauf gefasst sein, dass es zum großen Knall kommt. Und der wird nicht schön werden. „Der Hof“ wird sich in ihr Gehirn einbrennen!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Es liest Johannes Steck. Der Mann, der mit seiner Stimme große Geschichten noch größer erzählen kann. Er ist ja der Beckett-Stammvorleser. 19,99 Euro.
Wunderlich, 458 Seiten; 24,99 Euro
Arno Strobel
Das Rachespiel
Frank Geissler, bekommt einen USB-Stick mit einer Webesite, die er aufrufen soll. Er solle etwas tun, ansonsten wird jemand sterben. Frank glaubt an einen Marketinggag. Daher stirbt der Mann auf der Website – er wird von Ratten aufgefressen. Jetzt hat Frank Angst. Es geht um Leben und Tod – für ihn, seine Frau und seine Tochter …
Arno Strobel versteht es beängstigend gut, die Spannungsschraube immer fester anzuziehen. Bis der Leser den Schmerz fast selbst spürt, den Strobels Figuren durchleben müssen. „Das Rachespiel“ ist der fünfte Psychothriller aus Strobels Horror-Werkstatt. Seien Sie gewarnt, bevor Sie beginnen zu lesen!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Sascha Rotermund nimmt einen wieder mit, auf eine grausame Hörreise in die Tiefen der menschlichen Psyche. 19,95 Euro
Fischer, 348 Seiten; 9,99 Euro
Annekatrin Puhle / Jürgen Trott-Tschepe / Birgit Möller
Heilpflanzen für die Gesundheit
Dieses Buch umfasst 333 heimische Heilpflanzen und eingeführte Exoten. Es zeigt, wie man die Gesundheit stärken und Beschwerden heilen kann. Zudem wird auf die Gebiete Phytotherapie, Homöopathie, Aromakunde und Bach-Blüten eingegangen.
Ein Buch, das einem helfen kann, ein gesünderes und somit fröhlicheres Leben zu führen. Die Autoren haben mit diesem Buch großartige Arbeit geleistet. Dieses Nachschlagewerk wird ein ständiger Begleiter im Leben sein. Daher ein Buch mit einer hohen Langzweitwirkung!
Kosmos, 447 Seiten; 39,99 Euro
Hörbuch der Woche
Lauren Beukes
Shining Girls
Chicago, 1930. Lee Harper ist kaltblütig, hochgefährlich, von Wahnvorstellungen getrieben. Er findet den Schlüssel zu einem alten Haus, dessen Türen sich zur Zukunft öffnen. Im Schlafzimmer sind die Bilder von neun jungen Mädchen aufgereiht, die seltsam zu leuchten scheinen. Harper spürt, dass er dazu bestimmt ist, die Mädchen zu töten. Von nun an reist er durch die Zeit, um seine „Shining Girls“ aufzuspüren. Niemand kann ihn auf seinem mörderischen Feldzug stoppen, keiner vermag die Spuren zu deuten, die er am Tatort hinterlässt. Bis die junge Kirby seinen bestialischen Angriff überlebt und beginnt, ihn durch die Zeit zu jagen.
„Shining Girls“ schwankt zwischen großartig und grottenschlecht. Ein Roman, der spannend ist, einen verwirrt, einem einen Knoten im Gehirn verursacht. Lauren Beukes macht es dem Leser nicht einfach, mit ihren „Shining Girls“. Thriller, Zeitreiseroman, Fantasy, Drama, der Roman ist eine Ansammlung von Genres. Man hätte mehr daraus machen können. Aber die Lesung hat Klasse und das liegt an David Nathahn. Er verführt den Zuhörer wieder. Wenn er liest, wird alles um einen herum ruhig, man kann nur noch gebannt seiner Stimme lauschen.
Auch als Paperback erhältlich bei Rowohlt Polaris, 14,99 Euro.
DAV, 5 CDs, ca. 384 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 17.02.2014
Camilla Läckberg
Die Engelmacherin
Im alten Schulhaus auf der Insel Valö wird ein Mordanschlag auf die junge Ebba Stark verübt. Kommissar Patrik Hedström vernimmt die verstörte Frau, die gerade erst nach Fjällbacka zurückgekehrt war, um über den tragischen Tod ihres kleinen Sohnes hinwegzukommen. Schriftstellerin Erica Falck, Patriks Frau, vermutet einen Zusammenhang zwischen dem Anschlag auf Ebba und der Geschichte ihrer Eltern. Die Elvanders verschwanden Ostern 1974 ohne jede Spur. Sollte dieser ungeklärte Fall der Grund für den Mordversuch gewesen sein?
Camilla Läckberg gehört zu den europäischen Top-Autorinnen des hochwertigen Kriminalromans! In Schweden ist sie soundso die Nr. 1. Mit „Die Engelmacherin“ legt sie den 8. Fall von Patrik Hedström und Erica Falck vor. Spannend und überzeugend! Ein leiser Aufbau bei dem die Spannungsschraube mit jeder Seite angezogen wird. Läckberg erzählt aus der Vergangenheit und der Gegenwart und führt diese beiden Stränge langsam zusammen. Die Figuren haben wie immer viel Tiefe und eine große Authentizität. „Die Engelmacherin“ ist ein besonderer Kriminalroman, wie man das von Camilla Läckberg gewöhnt ist.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Krimi-Stimme Nina Petri und Anne Weber erzählen diese spannende Geschichte gekonnt. 19,99 Euro.
List, 455 Seiten; 19,99 Euro
Sophie Kinsella
Das Hochzeitsversprechen
Lottie will heiraten. Aber ihr Angebeteter will das nicht. Lottie braucht einen Plan, um trotzdem heiraten zu können. Als sich der Jungendurlaubsflirt Ben meldet geht alles ganz schnell. Denn Ben erinnert Lottie an einen vor Jahren geschlossenen Pakt, wonach die beiden einander heiraten wollten, sollten sie mit dreißig noch Single sein. Lottie zögert nicht lange und marschiert mit Ben zum Altar. Von dort geht es in die Flitterwochen auf Ikonos, jene griechische Insel, auf der sie sich einst kennengelernt hatten. Freunde und Familien der beiden sind entsetzt. Und schließlich machen sich Lotties Schwester Fliss und Bens Freund Lorcan auf nach Ikonos, um Flitterwochen und Hochzeitsnacht nach Kräften zu sabotieren
Auch bei einer romantischen Komödie gibt es Grenzen, und die sind bei „Das Hochzeitsversprechen“ überschritten. Denn Lottie hat ein Denken, da kann man nur den Kopf gegen die Wand schlagen. Ich will jetzt heiraten, ich will jetzt Sex, ich will jetzt Kinder, scheiß doch auf echte Gefühle und Liebe, nimm den nächsten und ab dafür. Was ist das für ein Frauenbild, selbst bei einer Komödie? In „Das Hochzeitsversprechen“ ist aber alles maßlos überspitzt, auch Fliss wirkt nicht sympathisch. Und die Männer? Die sind halt da, aber haben keinen Charakter und sind austauschbar. Ein wirklich gruseliges Buch!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Der Hörverlag. So grausig die Figuren in diesem Buch sind, so viel ungewöhnlich Gutes holen die Sprecherinnen Nana Spier und Sandra Schwittau aus Lottie und Fliss heraus. Sie leisten wirklich ganze Arbeit, um mit ihrer Sprecherleistung aus dem schlechten Buch zumindest noch ein anständiges Hörbuch zu machen. Mit als Sprecher dabei ist auch Norbert Gastell. 12,99 Euro.
Goldmann, 444 Seiten; 9,99 Euro
Klaus-Peter Wolf
Ostfriesenfeuer
Das traditionelle Osterfeuer fiel in diesem Jahr etwas anders aus als sonst. Denn aus den verkohlten Resten ragten am nächsten Morgen menschliche Knochenreste. Und auf dem Osterfeuerfest waren auch noch viele Zuschauer, auch die Polizei. Wie konnte die Leiche also in das Feuer gelangen, bei den vielen Menschen? Als eine weitere Leiche auf einem Spielplatz gefunden wird, ahnt Ann Kathrin Klaasen, dass dieser Mörder nicht einfach nur tötet. Er inszeniert seine Morde regelrecht und will die Welt daran teilhaben lassen. Wer ist der Nächste? Außerdem wird auf Chef Ubbo Heide ein Anschlag verübt. Klaasen und ihr Team haben viel zu tun.
Wieder eine steife Brise auf dem deutschen Krimi-Markt, die einem mit Klaus-Peter Wolfs „Ostfriesenfeuer“ um die Nase weht. Der achte Fall für Ann Kathrin Klaasen und ihr Team ist wieder unglaublich spannend und intensiv aufgebaut. Der Kriminalfall ist gut, die privaten Leben von Klaasen & Co. sind sehr gut. Ein Krimi, bei dem man jede Seite genießt, egal was gerade passiert. Das hat man nicht so oft in der Krimiliteratur. „Ostfriesenfeuer“ – nicht entgehen lassen. Unwiderstehlich und mit dem Wow-Effekt! Das ist Klaus-Peter Wolfs Krimiliteratur.
Fischer, 522 Seiten; 9,99 Euro
Jorge Molist
Am Horizont die Freiheit
1484. Bei einem Piratenangriff auf sein Dorf verliert der 12-jährige Joan fast die ganze Familie. Joan gelingt die Flucht nach Barcelona. Dort verliebt er sich in Ana, Tochter eines Goldschmieds. Dann wütet die Inquisition in der Stadt, Ana flieht nach Italien. Joan gerät in Gefangenschaft. Aber er kämpft um seine Freiheit und will seine große Liebe Ana wieder finden.
Ein wuchtiger, bunter, dramatischer und spannender historischer Roman! Der Spanier Jorge Molist hat mit „Am Horizont die Freiheit“ einen Roman aus diesem Genre geschrieben, der aufhorchen lässt. Er kommt zwar nicht an die ganz Großen des Genres heran, aber man darf hoffen, dass dieser Geschichte eine ähnlich nachfolgt.
Scherz, 685 Seiten; 19,99 Euro
Anthony Burgess
Clockwork Orange
Alex ist Anführer einer Londoner Jugendband und Beethoven-Fan. Das Leben der Gang lebt von Schlägereien mit anderen Gangs, Raubüberfällen und Vergewaltigungen. Dann gerät alles außer Kontrolle, bei einem Überfall lassen Alex‘ Freunde ihn im Stich, die Polizei nimmt ihn fest. Und dann soll ein Experiment Alex zu eine guten Bürger umerziehen. Die Urfassung des Klassikers in neuer Übersetzung.
Als Buch wie als Film von Stanley Kubrick ein großer Erfolg. Erschütternd, aufwühlend, spaltend. Ein Roman, der einem einen tiefen Schlag in die Magengrube versetzt. Das Buch enthält auch noch einigen Zusatztext zum Buch selbst, zum Film und dem Theaterstück
Klett-Cotta, 346 Seiten; 21,95 Euro
Hörbuch der Woche
Paolo Giordano
Der menschliche Körper
Eine Truppe junger Soldaten bricht nach Afghanistan auf. Sie chatten und telefonieren mit ihren Freundinnen und Frauen zu Hause, sehnen sich nach dem Vertrauten und sind gespannt auf den Krieg. Da ist Militärarzt Alessandro Egitto, die Soldaten: René, der verantwortungsbewusste Zugführer, der naive Ietri, der politisch unkorrekte Cederna, Di Salvo, der sich vom Übersetzer mit Marihuana versorgen lässt, der Sarde Torsu, der mit der Unbekannten Tersicore89 im Chat Erotik sucht, die Soldatin Zampieri, die ihre Forschheit nur vorgibt. Sie alle treffen Entscheidungen, deren Folgen sie ihr Leben lang nicht mehr loslassen werden.
Ein Liebesroman, nein, das ist „Der menschliche Körper“ nicht. Es geht um die Liebe, am Rande, aber vor allem geht es um den Krieg. Wie verhält sich der Menschen, der menschliche Körper im Krieg. Ein Auslandseinsatz im Kriegsgebiet, in dem es in diesem Roman geht, zeigt, wie schwer es die Männer und Frauen haben, wenn sie weit weg sind von der Heimat und mit was sie sich noch alles herumschlagen müssen, außer mit dem Krieg.
Ein Buch bzw. Hörbuch, das an die Substanz geht. Schauspieler Alexander Fehling, der nur wenige Hörbücher spricht, bringt bei der Geschichte die Emotion, die Trauer, die Wut leise und bedacht rüber.
Auch als Hardcover erhältlich bei Rowohlt, 19,95 Euro.
Random House Audio, 6 CDs, 403 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 10.02.2014
Graeme Simsion
Das Rosie-Projekt
Don Tillman will heiraten. Allerdings findet er menschliche Beziehungen oft höchst verwirrend und irrational. Aber Don hat einen Plan, er entwickelt einen 16-seitigen Ehefrau-Fragebogen. Damit will er auf wissenschaftlich exakte Weise die ideale Frau finden. Also keine, die raucht, trinkt, unpünktlich oder Veganerin ist. Und dann kommt Rosie. Unpünktlich, Barkeeperin, Raucherin. Offensichtlich ungeeignet. Aber Rosie sucht auch, und zwar ihren biologischen Vater. Dafür braucht sie Dons Kenntnisse als Genetiker. Ohne recht zu verstehen, wie ihm geschieht, lernt Don staunend die Welt jenseits beweisbarer Fakten kennen und stellt fest: Gefühle haben ihre eigene Logik.
Selten hat man sich so intelligent schlapp gelacht. Der Roman ist eine liebevolle Spielwiese für alle die, die Unterhaltungsliteratur schätzen, die die Liebe als zentralen Mittelpunkt einer Geschichte hat, aber auf eine Weise gelebt wird, wie man sie so bisher kaum gelesen hat. Die Liebe als Forschungsprojekt? Eine herrliche Idee für einen skurrilen Roman. „Das Rosie-Projekt“ ist eine berauschende Liebeskomödie, die aber immer einen gewissen Ernst zwischen den Zeilen erkennen lässt. Hier ist nichts albern, sondern die Komik entsteht Situationsbedingt. Don ist ein Liebes-Held. Die Liebe ist für ihn eine Mission mit vielen Einsätzen, sozusagen ein 007 der Liebe.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Der junge Schauspieler Robert Stadlober gibt dem Roman den stimmlichen Esprit, den er verdient. 19,95 Euro. .
Krüger, 347 Seiten; 18,99 Euro
Peter Mattei
Der große Blowjob
Eric ist von seiner Werbeagentur angestellt worden, weil er so gut Leute rausschmeißen kann. Er liebt diese Aufgabe. Er macht sie zur Kunst. Alle hassen ihn. Aber Eric bleibt cool. Bis zu der Party, von der er die Praktikantin mitnimmt. Dumme Idee, und sie haben noch nicht mal Sex. Die Kleine ist echt gestört, vielleicht auch von seinen Feinden auf ihn angesetzt. Aber Eric befällt ein unbekanntes Gefühl: Liebe. Am nächsten Tag heißt es, die Praktikantin sei im Krankenhaus. Hat Eric ihr wirklich mit der Faust ins Gesicht geschlagen? Wer lügt denn hier jetzt? Das Mädchen? Erics Chef? Eric selbst? Eric sieht plötzlich seine Felle davonschwimmen.
Der Titel ist groß, die Verheißung auf das Buch auch. Das, was am Ende dabei herausgekommen ist, ist kein Flop, aber eine Story, die ihr Potenzial nicht ausschöpft. Eric ist eine Figur, die einem durchaus noch etwas im Kopf herumschwirrt, aber eigentlich will man das gar nicht. Hier hatte Peter Mattei nachhaltige Arbeit geleistet. Aber die Geschichte ist jetzt nicht gerade gespickt mit Spannung und Momenten, die einen unbedingt weiterlesen lassen wollen. Die ruchlose Werbebranche bringt Mattei dabei wieder gut rüber. Der in Brooklyn lebende Autor hinterlässt mit „Der große Blowjob“ am Ende nur ein kleines Lüftchen.
Rowohlt Polairs, 256 Seiten; 14,99 Euro
Haruki Murakami
Die Pilgerjahre des farblosen Herrn Tazaki
Mit 36 Jahren blickt Tsukuru Tazaki auf ein Leben zurück, dem er nicht viel Schönes abgewinnen kann. Eine langjährige Freundschaft zu zwei Frauen und zwei Männern, wird plötzlich von den Vieren beendet. Ohne Tsukuru einen Grund zu nennen. Das wirft ihn vollkommen aus der Bahn. Tsukuru baut Bahnhöfe, das ist seine große Leidenschaft, Beziehung zu Menschen weniger. Als er Sara kennenlernt öffnet er sich zum ersten Mal seit langem einer anderen Person. Wenn ihre Beziehung eine Chance haben soll, beschwört sie Tsukuru, dann muss er in seine Vergangenheit reisen, um zu klären, warum die vier Freunde damals die Freundschaft beendet haben.
Ein Buch, das voller emotionaler Spannung steckt. Der japanische Bestsellerautor lotete wieder in bestechender Manier die Gefühle seiner Figuren aus. Wie schwer ist es, Freunde zu gewinnen und Freundschaften aufrecht zu erhalten, und wie leicht ist es, diese zu verlieren. Genau so ist es in der Liebe. Murakami zeigt die Falschheit der Menschen oder auch den Willen, den einen für den anderen zu opfern. Murakami schreibt: „Die tiefe Verbindung der Menschen war nicht nur die Harmonie, sondern viel tiefer war die Verbindung von Wunde zu Wunde, von Schmerz zu Schmerz und von Schwäche zu Schwäche.“ Ein Buch, das Erleuchtung, Einsicht, Wahrheit und Weisheit bringt. Haruki Murakami hat wieder ein Werk voll großer Eleganz und Breite verfasst.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Wanja Mues liest mit eleganter Stimme und lotete damit die Gefühle der Menschen aus, so wie Murakami sie geschrieben hat. 22,99 Euro.
DuMont, 318 Seiten; 22,99 Euro
Bernard Cornwell
1356
1356. In Europa wütet der Hundertjährige Krieg. Die englische Armee will unter dem „Schwarzen Prinzen“ Frankreich erneut angreifen. Thomas of Hookton führt eine Gruppe von englischen Söldnern an. Er soll im Auftrag des Königs das verlorene Petrusschwert finden. Es besitzt große Macht. Aber auch andere wollen das Schwert.
Der Engländer Bernard Cornwell gehört weltweit zu den Königen des Historischen Romans! So viele Bücher, so viele Bestseller, so viele aufregende Geschichten hat Cornwell geschrieben. Sein neuestes Werk „1356“ reiht sich hier nahtlos ein. Spannung, Intrigen, Kämpfe, Liebe, das große Los eben, wenn man historische Romane schätzt.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Audiobuch. Sprecher Reinhard Kuhnert geht voll in Cornwells Stoff auf. 24,95 Euro.
Propyläen, 446 Seiten; 26,99 Euro
Chuck Palahniuk
Verflucht
Die junge Madison hat ein Problem, sie ist in der Hölle gelandet. Was sie dort soll, weiß sie nicht. Sie arbeitet daran, gleich wieder den Weg nach oben anzutreten. Doch so leicht ist das nicht. Zusammen mit ein paar anderen armen Seelen versucht sie, sich ihren Weg durch die Unterwelt zu bahnen.
Ein verflucht guter Roman! Scharfzüngig, klug, hinterhältig. Madison wickelt einen um den Finger, und das gleich auf der ersten Seite. Kult-Autor Chuck Palahniuk (Fight Club) hat nun wieder mal einen Roman vorgelegt, den man trotz des höllischen Inhalts nicht wieder aus der Hand legen will.
Manhattan, 300 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Agatha Christie
Hercule Poirot ermittelt
In „Der Wachsblumenstrauß“ stirbt plötzlich Richard Abernethie. Sein Ableben kommt den Verwandten gerade recht. Es gibt ein Erbe aufzuteilen. Doch war es nicht ein Mord? Was dann? In „Das Böse unter der Sonne“ macht Hercule Poirot Urlaub vor der Küste Devons. Aber dann geschieht ein Mord, und fast alle Hotelgäste haben ein gewisses Motiv. In „Rendezvous mit einer Leiche“ wird während einer Orientreise Mrs. Boynton tot aufgefunden. Herzversagen? Nein sagt Poirot, es war Mord. Und Porirot bleiben nur 24 Stunden um den Mörder zu finden. In „Dreizehn bei Tisch“ stirbt Lord Edgware in seiner Bibliothek. War es seine Gattin Lady Jane? Poirot meint, das man ihn auf eine falsche Fährte locken will. In „Tod in den Wolken“ wird eine Tote in einem Flugzeug gefunden und es gibt keine Tatwaffe. Zum Glück ist Poirot an Bord, er wird den Mörder finden.
Agatha Christe ist eine Bank, wie eh und je. Ihre Kriminalromane sind seit Jahrzehnten zeitlos und werden es immer sein. Der Hörverlag hat nun wieder eine Hercule-Poirot-Edition mit „Der Wachsblumenstrauß“, „Das Böse unter der Sonne“, „Rendezvous mit einer Leiche“, „Dreizehn bei Tisch“ und „Tod in den Wolken“ herausgebracht. Ganz großartig! Gelesen werden diese famosen Krimis von Oliver Kalkofe, Stefan Wilkening, Klaus Dittmann, Ben Hecker und Rainer Bock. So großartig die Krimis sind, mit so viel Hingabe und Spaß werden die Geschichten auch vorgelesen.
Der Hörverlag, 15 CDs, ca. 18 Stunden; 29,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 03.02.2014
Christa Bernuth
Das Falsche in mir
Lukas Salfeld, 50, führt ein ganz normales Leben. Niemand ahnt, dass er als Jugendlicher im Gefängnis saß, weil er seiner damaligen Freundin Marion die Kehle durchgeschnitten hatte. Viele Jahre gelingt es ihm, seinen Trieb zu bekämpfen. Eines Tages begegnet er einem Mädchen, das seiner toten Freundin ähnlich sieht. Seine kranken Fantasien werden stärker. Zeitgleich wird ein totes Mädchen aufgefunden, das auf dieselbe Weise wie damals Marion ermordet wurde. Die ermittelnden Kommissare entdecken schnell die Parallelen zum früheren Mordfall. Um einer Verhaftung zu entgehen, taucht Salfeld unter. Er will die Spur des Mörders aufnehmen. Doch was, wenn er dabei sich selbst überführt? Denn an die Mordnacht hat Salfeld keinerlei Erinnerung.
Christa Bernuth schreibt kontinuierlich, seit über einem Jahrzehnt, Kriminalromane, die weit weg sind, vom Einheitsbrei. Sie überrascht einen immer wieder. So auch in ihrem neuen Krimi „Das Falsche in mir“. Ein Mörder jagt einen Mörder, weil sich doch keiner besser in die Psyche genau dieses Mannes versetzten kann, der genauso fühlt wie man selbst. Der eine versucht schon seit Jahrzehnten seinen Trieb unter Kontrolle zu halten, der andere mordet. Oder ist alles doch ganz anders? „Das Falsche in mir“ ist dass richtige Buch für Sie, wenn Sie spannende, ungewöhnliche und wendungsreiche Krimiromane schätzen.
dtv, 350 Seiten; 14,90 Euro
Sera
Ich liebe dich, gefällt mir
Berlin. Mit elf entdeckt Sera die Clubs und soziale Netzwerke, mit zwölf besucht sie Homes, mit dreizehn konsumiert sie Alkohol, Zigaretten und Cannabis. Auch die Pille nimmt sie nicht zum ersten Mal. Nach einem Streit mit ihrer Mutter zieht sie zu ihrem Vater, tauscht das bürgerliche Berlin-Mitte mit dem wilden Kreuzberg, Für Sera ist das Wandeln in den Welten kein Problem. Auf Facebook hält sie ihr Leben zusammen, hier baut sie ihren Freundeskreis auf. Die dort gültige Währung ist Aufmerksamkeit. Heute ist Sera fünfzehn und besucht eine Privatschule in Berlin.
Die Frage nach dem Sinn dieses Buches stellt man sich von Anfang an. Warum muss ein Mädchen bzw. ihr Autor Lukas Lessing das alles aufschreiben und in einem Buch veröffentlichen. Was Sera erlebt, ist die Jugend in einer Großstadt, mal sehr ausschweifend, mal bieder. Aber dem Buch fehlen vollkommen die Handlung und der rote Faden. Spannung? Fehlanzeige. In 37 Geschichten erzählt sie vom ersten Freund, vom zweiten Freund, von ihrem Lieblingsclub, vom Kiffen, vom Sex, von der Liebe und noch von viel mehr Belanglosigkeiten. Nur wenige der kleinen Geschichten haben etwas Anziehendes. Daher gibt es für „Ich liebe dich, gefällt mir“ kein Gefällt mir!
Lübbe, 237 Seiten; 14,99 Euro
Patrick Flanery
Absolution
Der junge Journalist Sam Leroux erhält seinen ersten großen Auftrag: Er soll Clare Wald, betagte Autorin von Weltrang, zu ihrem Leben befragen und ihre Biografie schreiben. Doch die erste Begegnung ist entmutigend, denn die Grande Dame der südafrikanischen Literatur lässt ihn abblitzen, als er vorsichtig seine Fragen platziert. Einige Ereignisse ihres Lebens scheinen für ihn tabu zu sein, Ereignisse von politischer Resonanz. Und Sam, der nach vielen Jahren zum ersten Mal wieder in seiner Heimat Südafrika ist, hat seine eigene Vergangenheit, mit der er sich auseinandersetzen muss – eine Vergangenheit, von der er weiß, dass sie mit Clares verbunden ist.
Patrick Flanery ist mit „Absolution“ ein beeindruckender Debütroman gelungen. Mit Spannung, Eleganz, Hingabe und Weisheit, so schreibt Flanery. Er fordert den Leser durch unterschiedliche Erzählstränge, aber das Buch lebt durch diese Unterteilungen. „Absolution“ lebt aber vor allem durch seine Figuren, Sam, Clare und Laura. Hier hat Flanery Figuren gezeichnet, die einen hin- und herziehen. „Absolution“ ist eine dramatische Geschichte über das Leben, über das Erkunden, das Finden, das Versagen, über ein Land, das sich finden muss und dabei Menschen verliert. Verschlungen und vielschichtig geschrieben.
DVA, 490 Seiten; 22,99 Euro
Klaus-Rüdiger Mai
Die Bachs
Die Chronik der Familie Bach vor dem Hintergrund des aufstrebenden Bürgertums, das in Sachsen und Thüringen, wo die Bachs lebten und wirkten, ein geistiges Zentrum hatte. Man erfährt vom Leben und Wirken der Vorfahren, Geschwister und Nachkommen des großen Johann Sebastian über zwei Jahrhunderte hinweg.
Die große deutsche Musiker- und Künstlerfamilie wird in „Die Bachs“ in voller Breite dargestellt, ohne dabei langweilig zu sein. Das Buch verrät einem Details, die für Bach-Liebhaber bisher wahrscheinlich im Verborgenen lagen. Eine lohnenswerte Lektüre! Und mit dem Cover hat sich Propyläen etwas einfallen lassen. Das alleine ist schon ein kleines Buchkunstwerk
Propyläen, 446 Seiten; 26,99 Euro
Lisa O’Donnell
Bienensterben
Die 15-jährige Marnie und ihre kleine Schwester Nelly haben ihre toten Eltern im Garten begraben. Nur sie wissen davon. Niemand wird es erfahren, aber sie müssen jetzt so über die Runden kommen. Und irgendwann wird es für die Geschwister eng, das Lügengebäude bekommt Risse.
Eigenwillig, anziehend, charmant und mit schrägem Humor. Der Debütroman der Amerikanerin Lisa O’Donnell überzeugt auf ganzer Linie. Marnie und Nelly haben ein freches und liebreizendes Mundwerk, und die Geschwister haben einiges erleben müssen. In „Bienensterben“ kommt zudem die Spannung auch nicht zu kurz.
DuMont, 319 Seiten; 14,99 Euro
Hörbuch der Woche
Sandra Brown
Böses Herz
Vor zwei Jahren verlor Honor Gillette ihren Ehemann Eddie bei einem tragischen Unfall. So die Annahme. Plötzlich taucht aber ein fremder Mann blutüberströmt in ihrem Vorgarten auf. Honor ahnt nicht, dass es sich um Lee Coburn handelt, der wegen Mordes an sieben Menschen gesucht wird – bis er sie und ihre kleine Tochter als Geiseln nimmt und behauptet, Eddies Tod sei kein Unfall gewesen und Honor selbst sei in großer Gefahr. Honor hat keine andere Wahl: Um sich und ihre Tochter zu schützen, muss sie Coburn vertrauen und tun was er verlangt …
Sandra Brown bringt wieder einen eiskalten Thriller aufs Papier, der mit Leidenschaft und Lust nicht geizt. „Böses Herz“ hat durchaus einige überraschende Wendungen und eine der heißesten Schatzkarten der Literaturgeschichte zu bieten. Und Honor Gillette und Lee Coburn sind zwei ausdrucksstarke Charaktere, die Brown gut rüberbringt. Martina Treger verführt den Leser mit ihrer herb-erotischen Stimme. Spannendes Höhrkino wird einem geboten.
Auch als Hardcover erhältlich bei Blanvalet, 19,99 Euro.
Random House Audio, 6 CDs, 430 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de