Kolumne vom 27.04.2015 – Nr. 349
Claire Kendal
Du bist mein Tod
Rafe ist ein Mann, der Clarissa die Welt zu Füßen legen will. Doch für Clarissa ist es ein Alptraum. Denn sie will seine Geschenke, seine Blumen, seine Nähe nicht. Nirgends ist sie mehr sicher. Er lauert ihr auf, Tag und Nacht. Aber keiner erkennt die Gefahr. Für alle sieht es aus wie die große Liebe. Die Polizei kann nichts unternehmen, solange Rafe sie nicht verletzt hat. Die psychischen Verletzungen zählen nicht. Was sie auch macht, sie kann sich nicht wehren, er kommt ihr näher und näher. Dann erfährt sie, dass seine Exfreundin seit Jahren vermisst wird. Clarissa fürchtet um ihr Leben. Zu recht.
Ein beängstigender Thriller, der einem die Hilflosigkeit zeigt, wenn man gestalkt wird! Claire Kendal baut die Spannung langsam, aber stetig auf. Sie lässt Clarissa viel Zeit für ihre Angst, die auf den Leser übergeht. Man leidet mit Clarissa mit, und denkt nahezu in jeder Situation, was würde man selbst tun? In einer zweiten Geschichte im Roman wird Clarissas Weg als Geschworene erzählt. Hier geht es um den Fall einer Vergewaltigung und das berührt Clarissa zusätzlich. „Du bist mein Tod“ ist ein Thriller, der leise in die Psyche der Leser schleicht. Und da bleibt er dann erstmal.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Schauspielerin Vera Teltz lässt einen den Nervenkitzel hören. 19,99 Euro.
List, 360 Seiten; 14,99 Euro
Belinda Bauer
Mädchenbeute
Die zehnjährige Ruby lebt mit ihren Eltern in Limeburn, einem beschaulichen Ort an der Küste von Devonshire. Dann werden zwei junge Frauen kurz hintereinander überfallen. Der Unbekannte zwingt sie, sich auszuziehen und ihre Mütter anzurufen, um Lebewohl zu sagen. Bald schon folgt das erste Todesopfer – doch die Polizei tappt im Dunkeln. Rubys Vater beschließt, auf eigene Faust für Ordnung zu sorgen. Für Ruby klingt es wie ein großes Abenteuer: Sie darf ihn begleiten auf seiner Mörderjagd. Doch was, wenn der Killer schneller ist?
Eigentlich eine gute Idee, die die Britin Belinda Bauer für „Mädchenbeute“ hatte. Sie lässt einerseits die 10-Jährige Ruby mit ihrer kindlichen Naivität erzählen, anderseits kommt der harte Thriller zur Geltung. Zu Anfang wirkt dieser Mix noch sehr anziehend, aber schon bald verplappert sich Belinda Bauer mit Ruby und auch der andere Erzählstrang verfügt nur über ein gewisses Maß an Spannung. Und so köchelt der „Psychothriller“ auf Sparflamme vor sich hin, ohne den großen Anfangsschwung noch einmal zurückzuerhalten.
Manhattan, 381 Seiten; 14,99 Euro
Petros Markaris
Zurück auf Start
Der Deutschgrieche Andreas Makridis wird erhängt in seiner Athener Wohnung aufgefunden. Kurz darauf behauptet ein Schreiben von „Die Griechen der fünfziger Jahre“, es handle sich um Mord. Kann man das Schreiben ernst nehmen? Weitere Tote folgen. Wer verbirgt sich hinter dieser ominösen Gruppierung? Verrückte Leute, die eine Rückbesinnung auf die Werte von damals fordern? Kommissar Charitos ermittelt quer durch die Stadt, die von Tag zu Tag gefährlicher wird. Dort wo der labile soziale Frieden von radikalen Splittergruppen gefährdet wird, nicht zuletzt auch von der „Goldenen Morgenröte“.
Petros Markaris legt erneut die Finger in die Wunde der griechischen Gesellschaft. „Zurück auf Start“ ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Analyse Griechenlands in Zeiten der großen Krise. Der Kriminalfall verläuft etwas konfus, hat aber trotzdem seine Spannungsmomente. Zudem überzeugt Markaris erneut mit seinem Personal. Auch zeigt der Grieche Markaris wieder das angespannte Verhältnis zwischen Griechenland und Deutschland auf. Er sagt aber auch: „… jetzt begreife ich, wie sich die deutsche von der griechischen Arbeitsmoral unterscheidet. Die Deutschen haben eine Liebesbeziehung zu ihrer Arbeit. Für die Griechen hingegen ist sie ein Fluch“. Das sitzt.
Diogenes, 356 Seiten; 23,90 Euro
Eva Almstädt
Ostseefeuer
Der Pastor eines Dorfs wird tot in der Sakristei aufgefunden. Kommissarin Pia Korittki und ihr Team vom K1 in Lübeck übernehmen den Fall. Der Pastor hatte anscheinend keine Feinde. Erst als ein zweiter Mord geschieht, beginnen die Fassaden zu bröckeln.
„Ostseefeuer“ ist der zehnte Fall für Kommissarin Pia Korittki. Wie Klaus-Peter Wolf ist auch Eva Almstädt mittlerweile zu einer festen Instanz für Krimis geworden, die an Ost- und Nordsee spielen. Ihre Fangemeinde wächst mit jedem neuen Buch. Und auch mit dem neuen Fall „Ostseefeuer“ wird das wieder so sein. Das Gleichgewicht zwischen spannendem Fall und Privatleben der Akteure, vor allem Pia Korittki, stimmt.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Eva Almstädts Stammvorleserin Anne Moll interpretiert auch den neuen Fall wieder prima. 12,99 Euro.
Bastei Lübbe, 381 Seiten; 9,99 Euro
Bart Smith / Karen Berger
Wandern in den USA
Der Foto- und Textband beschäftigt sich mit den legendären Hiking Trails. Wanderträume werden wahr: Pfade, die sich durch uralte Wälder, steile Canyons und weites Grasland schlängeln, vorbei an Wasserfällen und klaren Seen. Dieses Buch zeigt die legendären Wege wie den Appalachian Trail oder den vielfältigen Pacific Crest Trail. Tausende Kilometer Fernwanderwege.
Wer sich bisher nicht fürs Wandern begeistern konnte, der wird nach diesem Buch sofort die Wanderstiefel schnüren wollen, um loszulaufen. Das einzige Problem ist, dass die Strecken in den USA sind. Aber da hilft dieses Buch über die Sehnsucht hinweg. Die Fotos sind atemberaubend schön, die ausführlichen Texte verraten viel Wissenswertes und zahlreiche Geheimnisse. Man „läuft“ die Wege so aus der Ferne mit. Mit großer Begeisterung!
National Geographic, 336 Seiten; 34,99 Euro
Hörbuch der Woche
Heino
Mein Weg
Als Heino 2013 sein Rock-Album „Mit freundlichen Grüssen“ veröffentlichte, eroberte die Platte über Nacht die Spitze der Charts. Plötzlich hörten ihn nicht nur Fans klassischer Volksmusik, sondern auch junge Menschen. Und alle fragten sich: Wie ist dieser Imagewandel zu erklären? In seinem Buch blickt er nun zurück auf sein turbulentes Leben. Dabei wird deutlich: Heino ist schon immer modern gewesen. Egal, ob als alleinerziehender Vater, als Volkssänger, der eine Prinzessin heiratet, oder als Oldie, der Popsongs covert – Heino ist traditionell und aufgeschlossen, herzlich und cool.
Das Hörbuch zu Heinos Autobiographie ist frisch und lebendig! Das liegt auch daran, dass das Buch nicht einfach von ihm vorgelesen wird, sondern Max Schautzer Heino über sein Leben befragt. Und so entsteht eine lockere und offene Atmosphäre. Man erfährt u. a. von den Anfängen von Heino, wie er in der Backstube probte, sich dann als Zeitschriftenverkäufer die Abos ersang, von der Überraschung seines ersten großen Hits, von seinen zahlreichen Frauen, von den ganzen Menschen, die ihm während seiner Karriere begegnet sind, von den zahlreichen privaten Schicksalsschlägen und wie er eigentlich alles was er machte, zu Gold wurde. Auch seine Frau Hannelore kommt zu Wort. Sie erzählt das Kennenlernen der beiden – mit viel österreichischem Charme. Wer es vorher nicht wusste, nach diesem Hörbuch weiß er es – Heino ist ein musikalischer Tausendsassa. Von der Volksmusik zum Rap, von der Kirchenmusik zum Rock, Heino hat alles drauf. Das alles wird abgerundet mit den Hits wie z. B. „Jenseits des Tals“, „Enzian Rap“, „True Love“, „Blauer Enzian“, die zwischen den Lebensstationen von Heino auf dem Hörbuch enthalten sind.
Auch als Hardcover erhältlich bei Lübbe, 19,99 Euro.
Lübbe Audio, 4 CDs, 256 Minuten; 16,99 Euro
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