Dezember 25, 2024

Kolumne 21.03.2022 Nr. 709

709

BuchKolumne 21.03.2022 Nr. 709

Florian Schwiecker / Michael Tsokos – Der 13. Mann
Megan Miranda – Bad Dreams
David Lagercrantz – Der Mann aus dem Schatten
Thomas O. Höllmann – China und die Seidenstraße
Deborah O’Donoghue – Das Strandhaus

Florian Schwiecker / Michael Tsokos – Der 13. Mann

Rocco Eberhardt kann kaum glauben, was den unscheinbaren Timo Krampe in seine Anwaltskanzlei führt. Timo wollte mit seinem Freund Jörg einen Skandal von enormer Sprengkraft aufdecken, doch nun ist Jörg verschwunden. Ermordet, wie Rechtsmediziner Justus Jarmer angesichts der Wasserleiche auf seinem Tisch vermutet. Und auch Timos Leben scheint in Gefahr, denn seine Enthüllung ist wahrlich brisant: Im Rahmen des Granther-Experiments hatten Berliner Jugendämter noch bis 2003 Pflegekinder bewusst an pädophile Männer vermittelt – auch Timo und Jörg. Und die Verantwortlichen sitzen inzwischen an den Schalthebeln der Macht.

Die Justiz-Krimis um Strafverteidiger Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Justus Jarmer sind Hochgeschwindigkeitskrimis, die keine Haltestation kennen! „Der 13. Mann“, der zweite Fall Rocco Eberhardt und Justus Jarmer, ist ganz anders als der erste Fall „Die 7. Zeugin“. Spannend, ohne Frage, aber leider gibt es etwas wenig Gerichtsszenen, was schade ist. Doch der Fall hat natürlich Sprengkraft. Ein bedrückendes Thema, eine wegschauende Exekutive (wie man sie ja auch aus anderen Gesellschaftskreisen kennt) und ein Einblick in den Berliner Politikbetrieb machen aus „Der 13. Mann“ einen sehr eindringlichen Kriminalroman. Der Ruf an das Autoren-Team: Bitte weiter so!

Knaur, 334 Seiten; 12,99 Euro

 Megan Miranda – Bad Dreams

Megan Miranda-Bad Dreams

Arden Maynor ist sechs Jahre alt, als sie schlafwandelnd das Haus verlässt und in einer Sturmnacht verschwindet. Die Polizei und Feuerwehr, Freunde und Fremde suchen alles nach ihr ab. Der Fall wird zu einem nationalen Medienspektakel. Entgegen aller Wahrscheinlichkeit wird Arden Tage später gefunden, in einem unterirdischen Abwasserschacht – und am Leben. Die Rettung grenzt an ein Wunder, die Öffentlichkeit ist wie besessen von Arden. Viele Jahre später lebt sie unter dem Namen Olivia hunderte Meilen entfernt. Doch nun, wo der zwanzigste Jahrestag ihrer Rettung näher rückt, fühlt sie sich wieder beobachtet. Eines Nachts wacht sie plötzlich außerhalb ihres Bettes auf, wie damals. Und zu ihren Füßen liegt die Leiche eines Mannes, den sie aus ihrem früheren Leben kennt.

Die amerikanische Bestseller-Autorin Megan Miranda hat mit „Tick Tack“, „Little Lies“ und „Perfect Secret“ schon einige Thriller geschrieben, die wahrlich überraschend und spannend waren. Daher war ich auch sehr gespannt auf ihren neuen Thriller „Bad Dreams“. Die Geschichte hörte sich für mich jetzt nicht so an, als ob man daraus einen fast 400 Seiten umfassenden spannenden Thriller machen kann. Ich wollte mich eines Besseren belehren lassen. Doch daraus wurde nichts! „Bad Dreams“, der Titel ist Programm, denn das Buch verursacht tatsächlich schlechte Träume. Das Buch fängt zähe an, geht so weiter, setzt sich so fort und endet zumindest etwas überraschend, auch wenn die ganze Geschichte nicht richtig schlüssig wirkt. Auch die Hauptfigur Arden, aus deren Sicht die Geschichte geschildert wird, hat nicht meine Sympathien gewinnen können. Bei dieser Erzählweise ist das dann ein besonderes Manko. Auf diese „Bad Dreams“ kann man verzichten.

Penguin, 384 Seiten; 15,00 Euro

   David Lagercrantz – Der Mann aus dem Schatten

David Lagercrantz-Der Mann aus dem Schatten

Stockholm 2003: Der afghanische Schiedsrichter ??? der Fußballjugend wird erschlagen aufgefunden. Der Verdacht fällt sofort auf einen überengagierten Vater, doch es fehlen Beweise. Der neue Polizeichef holt daraufhin zwei Außenseiter ins Team: die junge Streifenpolizistin Micaela Vargas, die aus demselben Problemviertel wie der Verdächtige stammt, und den renommierten Psychologen Hans Rekke, ein brillanter Beobachter und Spezialist für Verhörtechniken. Rekke folgt bald einer ganz anderen Spur und gibt nicht nur Vargas Rätsel auf. Doch nur wenn beide an einem Strang ziehen, haben sie eine Chance gegen übermächtige Gegner. Denn dieser Fall ist weit größer, als anfangs angenommen.

Der Schwede David Lagercrantz ist weltweit bekannt geworden durch das Fortführen von Stieg Larssons „Millennium“-Trilogie. Nun widmet er sich mit „Der Mann aus dem Schatten“ einem eigenen Projekt. Die Geschichte hat manch Länge, aber David Lagercrantz schafft es trotzdem, diese nicht langweilig wirken zu lassen. Ansonsten bietet die Story einiges Überraschungspotenzial. Da die Geschichte nur relativ kurz nach 9/11 angesiedelt ist, ist das Thema Afghanistan noch ein ganz anderes, als es heute ist. Und auch wieder nicht, denn die Taliban sind ja wieder an der Macht. Doch bildet das ja nur den Rahmen, für eine Geschichte um Flucht, Verrat, religiöser Hass und Rache. David Lagercrantz hat mit Hans Rekke und Micaela Vargas zwei sehr unterschiedliche und sehr anziehende Persönlichkeiten entworfen. Von den beiden will man unbedingt mehr lesen!

Heyne, 476 Seiten; 24,00 Euro

Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Dietmar Wunder, die Stimme von Ex-007-Darsteller Daniel Craig, liest gewohnt gekonnt und kantig! 24,00 Euro.

David Lagercrantz – Der Mann aus dem Schatten – Hörprobe 10:00 Min.

Thomas O. Höllmann – China und die Seidenstraße

Die Seidenstraße, die Ostasien mit dem Mittelmeerraum verbindet, ist zum Inbegriff einer frühen Globalisierung geworden. Seit der Antike nutzten Gesandte, Händler, Missionare und Abenteurer die Seidenstraße. Auf dem Landweg passierten sie dabei lebensfeindliche Wüsten wie die Taklamakan, überwanden hoch aufragende Gebirge wie den Pamir und verweilten in betriebsamen Oasenstädten wie Buchara, Samarkand oder Turfan. Davon künden zahllose archäologische Zeugnisse, von denen viele erst in den letzten Jahrzehnten erschlossen wurden. Ein Ausblick macht deutlich, warum China mit der „Neuen Seidenstraße“ auf das symbolische Kapital der alten Verbindungen setzt.

Thomas O. Höllmann geht den ökonomischen Grundlagen, politischen Motiven und kulturellen Rahmenbedingungen des Austauschs nach und führt vor Augen, was Globalisierung in einem Zeitraum von rund zwei Jahrtausenden bedeutete. Sich mit China zu beschäftigen ist aus heutiger Sicht wichtiger als je zuvor! Dabei Chinas Geschichte einen Blick zu schenken, ist immer sehr interessant. So auch der auf die Seidenstraße und ihrer Bedeutung, damals und heute. Aber vor allem auf das damals richtet sich Thomas O. Höllmanns Blick. Eine spannende Zeitreise in Chinas Geschichte und in die der Globalisierung!

C. H. Beck, 454 Seiten; 34,00 Euro

Deborah O’Donoghue – Das Strandhaus

Für die einflussreiche Politikerin Juliet bricht eine Welt zusammen, als sie die Nachricht vom Tod ihrer Nichte erhält: Die talentierte, lebensfrohe Beth soll sich beim Sommerhaus der Familie im Meer ertränkt haben? Trotz eines Abschiedsbriefs kann Juliet das einfach nicht glauben. Obwohl ihre Partei, die sich für Frauenrechte einsetzt, mitten im Wahlkampf steckt, fährt Juliet zum Strandhaus an der schottischen Küste, um selbst ein paar Nachforschungen anzustellen. Schnell fallen ihr einige Merkwürdigkeiten auf. Doch um der Wahrheit auf die Spur zu kommen, braucht Juliet nicht nur die Fähigkeiten einer mit allen Wassern gewaschenen Politikerin, sondern vor allem das, was ihre Jugend an Schottlands rauer Küste und seinem tückischen Meer sie gelehrt hat.

Deborah O’Donoghue ist eine vielseitige und kluge Frau. Keine ganz schlechte Voraussetzung für einen Debütroman. „Das Strandhaus“ ist Deborah O’Donoghue erster Roman. Roman trifft auf das Buch dann auch eher zu, als Thriller, als der er auf dem Cover beschrieben wird. Die Geschichte hat ihre Schwächen, da manchmal eine gewisse Langsamkeit herrscht, aber auch ihre Stärken. Besonders überzeugt haben mich die Figuren und der Plot im Allgemeinen. Auch atmosphärisch konnte „Das Strandhaus“ punkten. Fesselnd, atmosphärische, starkes Personal – Deborah O’Donoghue versteht es, die LeserInnen bei der Hand zu nehmen und nicht mehr loszulassen!

Droemer, 441 Seiten; 14,99 Euro