BuchKolumne 16.10.2023 Nr. 791
Stephen King – Holly
Ilija Trojanow – Tausend und ein Morgen
Jörg Maurer – Kommissar Jennerwein darf nicht sterben
Sherko Fatah – Der große Wunsch
Friedrich Lenger – Der Preis der Welt
Stephen King – Holly
Privatermittlerin Holly Gibney steckt in einer Lebenskrise, da erhält sie einen Anruf: „Meine Tochter Bonnie ist vor drei Wochen verschwunden, und die Polizei unternimmt nichts.“ Ihre Nachforschungen führen Holly zu einer weit zurückreichenden Liste ungelöster Vermisstenfälle. Alle spielen im Umfeld eines inzwischen emeritierten Ernährungswissenschaftlers mit dem Spitznamen „Mr. Meat“. Holly hat schon gegen grausame Gegner bestanden, aber hier begegnet sie dem schlimmsten aller Ungeheuer: dem Menschen in seinem Wahn.
Stephen King hat in den letzten Jahren eine große literarische Liebe gefunden – Privatermittlerin Holly Gibney. Schon in einigen Romanen konnte man sie erleben. Doch Großmeister Stephen King wollte sie einfach nicht gehen lassen und widmet ihr nun einen eigenen Roman: „Holly“. Mit „Holly“ ist Stephen King ein durch und durch durchtriebener und düsterer Thriller gelungen, der Sie bis in Ihre Träume verfolgen wird! „Holly“ gehört sicher nicht zu den besten Büchern von Stephen King, aber es ist eben ein Stephen King. Und da bekommt man immer eine gute Geschichte geboten, die herausragend erzählt ist. Was man in diesem Buch merkt, ist, wie Stephen King sich mit dem Corona-Virus, dem Impfen und den politischen Umständen in den USA auseinandersetzt. So gesehen ist „Holly“ auch ein sehr politisches Buch, was zahlreiche LeserInnen auf die Palme bringt. Zum Ende noch; und wie köstlich ist das, Stephen King zitiert in einem Dialog seinen eigenen Kult-Roman „Carrie“: „Miss America wird sie nicht werden, aber auf der Highschool war sie mal Ballkönigin. Wobei ihr glücklicherweise niemand einen Eimer Blut über den Kopf gekippt hat.“
Heyne, 640 Seiten; 28,00 Euro
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Wie immer liest David Nathan den aktuellen Roman von Stephen King. David Nathan ist eine der besten männlichen Hörbuchstimmen Deutschlands! 28,00 Euro.
Stephen King – Holly – Hörprobe 4:12 Min
Ilija Trojanow – Tausend und ein Morgen
Unter Piraten in der Karibik, mitten in der Russischen Revolution – Zeitreisen sind voller Überraschungen. Fest entschlossen betritt Cya die fremden Welten. Inspiriert von der friedlichen und selbstbestimmten Gesellschaft der Zukunft, in der sie lebt, reist sie von Zeit zu Ort und versucht, die Vergangenheit von ihren Fesseln zu befreien – mit unterschiedlichem Erfolg.
Ilina Trojanow ist ein vielseitiger und gescheiter Autor! Umso gespannter war ich auf seinen neuen Roman. Mein Interesse steigerte sich noch, als ich die Handlung des Romans las. Ich hatte eine ganz große Geschichte vor Augen. Trojanows Ideen für „Tausend und ein Morgen“ sind ja riesig. Ein ganz großer Lese-Film würde mich erwarten, dachte ich. Wow! Und dann las ich die ersten Seiten, und dachte, ich bin im falschen Film. Ich las weiter und weiter und es wurde immer schlimmer. Was ich da zu lesen bekam, las sich wie ein nicht fertig gestellt Schulaufsatz. Absolut schrecklich! Absolut unlesbar! Hätte Disney „Fluch der Karibik“ als Film-Reihe so erzählt wie Trojanow seine Geschichte als Buch, hätten die Filme an den Kinokassen nicht über 4,5 Milliarden Dollar eingespielt, sondern nicht einmal 10 Dollar. Wie kann man eine solch großartige Idee nur so in den Sand setzen? Der Autor hat bei diesem Roman wohl an gewaltiger Selbstüberschätzung gelitten.
S. Fischer, 521 Seiten; 30,00 Euro
Jörg Maurer – Kommissar Jennerwein darf nicht sterben
Kaum zu glauben, Kommissar Jennerwein macht Urlaub! In einem Sporthotel. Beim Wassertreten, Bouldern und Kräuterwandern soll er sich erholen – und ahnt nicht, dass er sich in höchster Gefahr befindet. Ein Auftragskiller, gemeinschaftlich engagiert von allen Schwerverbrechern, die der Kommissar im Lauf der Zeit hinter Gitter gebracht hat, ist auf ihn angesetzt. Während des Urlaubs bekommt er dann ein fragwürdiges Angebot von einem undurchsichtigen Mitarbeiter eines auf künstliche Intelligenz spezialisierten Großkonzerns: Jennerwein soll helfen, einen spurlos verschwundenen Manager zu finden – eine Suche, auf der er in den vollautomatisierten Werkhallen des Konzerns in einen Hexenkessel aus Bosheit, Verrat und Eifersucht gerät. Kommt Jennerwein mit heiler Haut davon?
Jörg Maurer hat Kultstatus erreicht! Seine Krimis um Kommissar Jennerwein ebenso. Seine Bücher, seine Hörbücher und seine Lesungen lassen die LeserInnen jubilieren. Nun geht die Kommissar-Jennerwein-Reihe in die 15. Runde. „Kommissar Jennerwein darf nicht sterben“, der Titel spricht wohl vielen Fans aus dem Herzen. „Nehmt uns nicht unseren Jennerwein weg!“ Ob es so kommt, dass erfahren sie im neuen Buch von Jörg Maurer. Kommissar Jennerwein ist der bayerische Superman der Ermittlungsarbeit! Ein weltweit agierender Konzern rekrutiert ihn privat in seinem Urlaub, um das Verschwinden einer Person aufzuklären. Jennerwein sträubt sich, aber macht sich dann doch ans Werk. Und was er da alles aufdeckt, das ist spannend zu lesen. Zum Ende kommen wir noch einmal zurück zum Buchtitel, denn Jennerwein soll ausgeschaltet werden. Nicht nur ein Killer, ein Täter hat es auf ihn abgesehen. Also alle Hände voll zu tun, für Kommissar Jennerwein!
Fischer, 366 Seiten; 22,00 Euro
Eine Tochter verschwindet. Sie ist aufgebrochen, um sich in Syrien mit einem Glaubenskrieger zu verheiraten, den sie im Internet kennengelernt hat. Zurück bleibt ein Vater, der sich Vorwürfe macht. Hätte Murad seiner Tochter Naima nur mehr von seinem Herkunftsland erzählt, von dem er sich hier in Deutschland endlich gelöst hat. Hätte er ihren Fremdheitsgefühlen nur mehr Beachtung geschenkt. Vielleicht wäre sie dann nicht im Namen der Religion in eine Welt heimgekehrt, die ihr vollkommen unvertraut ist. Murad sieht nur eine Lösung: Er muss Naima finden. Und so nimmt er Kontakt zu Schleusern auf, reist in das Kurdengebiet an der türkisch-syrischen Grenze und stellt sich dabei auch seiner eigenen Vergangenheit. Als ihm die Schleuser ein Audiotagebuch präsentieren, das von einer Frau in Rakka aufgenommen wurde, mit großer Wahrscheinlichkeit Naima, entscheidet Murad, die gefährliche Reise in das Herrschaftsgebiet des Islamischen Staates auf sich zu nehmen.
Der Konfliktherd Naher Osten heruntergebrochen auf eine mitreißende und dramatische Vater-Tochter-Geschichte! Sherko Fatahs „Der große Wunsch“ ist ein Roman, der bei der aktuellen Lage im Nahen Osten ungewollte Aktualität bekommt. So erschütternd die Geschichte, so fein und mit zarter Feder erzählt Sherko Fatah diesen Roman. „Der große Wunsch“ ist für den Deutschen Buchpreis 2023 nominiert.
Luchterhand, 382 Seiten; 25,00 Euro
Friedrich Lenger – Der Preis der Welt
Der Kapitalismus hat in den letzten 500 Jahren eine Welt hervorgebracht, die ökonomisch hochgradig verflochten ist und zugleich hochgradig asymmetrisch. Das Buch erklärt seine Dynamik, die immer nur von außen begrenzt wurde, seine Krisen und die Ungleichheiten, die er in den vergangenen 500 Jahren produziert hat. Dazu gehören auch der ungleiche Verbrauch fossiler Ressourcen sowie Umweltzerstörungen, die in den Regionen dieser Welt sehr unterschiedlich zu spüren sind. Und so gleichgültig sich Handels- und Industriekapitalisten gegenüber der Natur erwiesen, so gleichgültig waren sie gegenüber menschlichem Leid. Millionen von Sklaven, die bis tief ins 19. Jahrhundert hinein auf den Plantagen Amerikas arbeiteten, sind nur ein Beispiel für die Vereinbarkeit von unfreier Arbeit und kapitalistischer Wirtschaft.
Wer den Kapitalismus von heute verstehen will, wer die Probleme der Welt von heute verstehen will, der sollte dieses Buch lesen! „Der Preis der Welt – Eine Globalgeschichte des Kapitalismus“ wird Ihnen die Augen öffnen und vieles, was Sie darin lesen, wird Sie sicher nachdenklich zurücklassen. Die Hauptkapitel sind: „Handelskapitalismus und europäische Expansion – Vom späten 15. Jahrhundert bis ins frühe 18. Jahrhundert“, „Handelskapitalismus, Plantagensklaverei und Kolonialismus – Von der Mitte des 17. bis in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts“, „Vom Handels- zum Industriekapitalismus – Die industrielle Revolution in globaler Perspektive“, „Zweite industrielle Revolution und Globalisierung im Zeichen des Imperialismus – ca. 1870 – 1930“, „Planung und Entwicklung: Kapitalismus in Krise, 2. Weltkrieg und Kaltem Krieg – Von der Weltwirtschaftskrise bis die die frühen 1970er Jahre“ und „Neue globale Wertschöpfungsketten, Expansion des Welthandels und Aufstieg des Finanzmarktkapitalismus – Von den 1970er Jahren bis zur Gegenwart“.
C. H. Beck, 669 Seiten; 38,00 Euro