BuchKolumne 15.11.2021 Nr. 691
Kathy Reichs – Der Code der Knochen
Mary L. Trump – Das amerikanische Trauma
Samira El Ouassil & Friedemann Karig – Erzählende Affen – Mythen, Lügen, Utopien
Paul McCartney – Lyrics
Verschiedene Autoren – Mode – Die visuelle Geschichte
Kathy Reichs – Der Code der Knochen
Die forensische Anthropologin Tempe Brennan durchlebt stürmische Zeiten. Ein schwerer Hurricane nimmt Kurs auf ihre Heimatstadt Charlotte. Sie leitet die Untersuchung zweier Skelette, die in einem Container an der Küste gestrandet sind. Die Art des Todes dieser jungen Frauen erinnert Tempe an einen fünfzehn Jahre alten Cold Case – ein grausamer Doppelmord. Und in Charlotte geht die Angst vor einem hochansteckenden Bakterium um, gegen das bestimmte Gene angeblich schützen sollen. Ihre Ermittlungen führen Tempe auf die Spur eines Mannes, der dubiose Geschäfte mit Gen-Analysen macht. Als Tempe und Ex-Detective Andrew Ryan knapp einem Mordanschlag auf offener Straße entkommen, wird klar: Jemand will um jeden Preis verhindern, dass die Forensikerin den Code dieses Falls entschlüsselt.
„Der Code der Knochen“ ist nach „Das Gesicht des Bösen“ bereits der 20. Fall für die beliebte „Bones“-Heldin, die forensische Anthropologin Tempe Brennan. Kathy Reichs spielt wieder alle ihre Stärken aus. Sie erzählt einen spannenden Fall mit interessanten Details zu Tempes Arbeit und gewährt auch wieder humorvolle Einblicke in Tempes Privatleben. Der trockene Humor, den Kathy Reichs oft einsetzt, ist für das Genre wahrlich eine Seltenheit. Diese Mischung macht es wieder zu einem echten Spitzenbuch. Auch die knackigen Dialoge zeigen wieder Kathy Reichs Können. Sie erzählt, das die LeserInnen Spaß haben, und nicht vor Langeweile einschlafen. Denn eines ist „Der Code der Knochen“ garantiert nicht: langweilig.
Blessing, 379 Seiten; 20,00 Euro
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Britta Steffenhagen liest die Tempe Brennan wieder in gekonnt guter Manier! 20,00 Euro.
Kathy Reichs – Der Code der Knochen – Hörprobe 3:00 Min.
Mary L. Trump – Das amerikanische Trauma
Das Trauma der USA, tief verwurzelt in der amerikanischen Geschichte, gärt seit Jahrzehnten unter der Oberfläche der einstigen Vorbild-Demokratie. Die korrupte und unmoralische Führung des Trump-Regimes war zugleich Symptom und Verstärker der nationalen Krise. Sie versetzte der Gesellschaft einen vernichtenden Stoß: Die Katastrophe der Corona-Pandemie traf auf ein zutiefst gespaltenes, geschwächtes Land. Durch das fatale Versäumnis, das Trauma als solches zu erkennen oder es gar zu behandeln, wuchs es wie ein Krebsgeschwür. Ausbrüche von Wut und Hass, aber auch Hoffnungslosigkeit und Apathie sind die Folge. Offenkundig belastet der Stress, in einem Land zu leben, das kaum noch als das eigene wiederzuerkennen ist, alle US-Amerikaner.
Mary L. Trump ist die Nichte von Donald Trump und Psychologin und Expertin für posttraumatische Belastungsstörungen. Mit ihrem Bestseller „Zu viel und nie genug: Wie meine Familie den gefährlichsten Mann der Welt erschuf“ erzählte sie ausführlich vom Leben ihres Onkels. Nun legt sie mit einem zweiten Buch nach: „Das amerikanische Trauma“. Mary L. Trump erläutert, ganz nach ihrem Beruf, die posttraumatischen Belastungsstörung der Vereinigten Staaten. Donald Trump wollte spalten, das ist ihm gelungen. Joe Biden wollte heilen, das ist ihm nicht gelungen, weil eine Heilung der USA über Jahrzehnte hinaus kaum mehr möglich ist. Vielleicht verändert die neue Generation etwas, aber die alte, da lässt sich kaum mehr etwas heilen. Auch dieses Buch trägt nicht dazu bei. Mary L. Trump verliert sich oft in Plattitüden und macht mit ihrer oft einseitigen Betrachten das Ganze nicht besser. Alle Seiten sehen, das tut auch Mary L. Trump nicht. Einen großen Mehrwert zum Thema bietet dieses Buch nicht.
Heyne, 254 Seiten; 22,00 Euro
Samira El Ouassil & Friedemann Karig – Erzählende Affen – Mythen, Lügen, Utopien
Eine starke Geschichte kann die Welt retten – oder sie zerstören. Sie kann Wahlen entscheiden, Menschenleben retten, aber auch Kriege auslösen und Ungerechtigkeit zementieren. Wie gelingt es, den Klimawandel so zu erzählen, dass er zum Handeln drängt? Aus welchen Überlegenheitsmythen entstehen Rassismus und Antisemitismus? Mit welchen Storys manipulierte Trump seine Anhänger, und weshalb verfangen die Lügen der Querdenker und Verschwörungsideologen? Was erzählen wir seit jeher über uns selbst ‒ als Deutsche, als Europäer, über unsere Republik? Gibt es Alternativen dazu? Wie könnte eine wirkungsmächtige neuen Erzählung der Aufklärung aussehen? Geschichten sind ein maßgeblicher Teil unserer Sozialisation. Sie durchdringen Politik, Medien und Kultur, lehren uns, unterhalten uns, verführen uns, beeinflussen unsere Wirklichkeitswahrnehmung – vom griechischen Drama bis zur Netflix-Serie.
Geschichten sind für die Menschen essentiell um leben, um überleben zu können. Seit Anbeginn der Menschheit, der Entstehungsgeschichte ist das so, das Autorenduo bringt es in „Erzählende Affen“ immer wieder auf den Punkt. Das Buch hat schon eine geniale Anfangsphase, in der plausibel die Helden Frodo (Herr der Ringe), Alice (im Wunderland), Ellen Ripley (Alien), Neo (Matrix) und Jesus und deren Geschichten miteinander verglichen werden. Schnell wird klar, worauf das Autorenduo im weiteren Verlauf des Buches hinauswill. Das Geschichten unser Leben massiv beeinflussen. Ob nun in der Literatur, in Filmen und Serien, in TV-Shows, in sozialen Medien, in der Politik, in der Presse, im Freundes- und Bekanntenkreis, sie sind der Stoff, der unseren Geist auf Trab hält. Positiv, aber auch negativ. Und am Ende ist unser Leben selbst eine Geschichte, mit allen Spannungsbögen, von Anfang bis Ende. Ein Zitat aus dem Buch: „Lassen Sie uns mit dem Ende Ihrer Geschichte anfangen: Sie werden sterben. Und das wissen Sie. Der Tod ist, narrativ gesprochen, kein Spoiler“. Nachdem Sie ja das Ende Ihrer Geschichte kennen, ohne zu spoilern, machen Sie eine unvergessliche Geschichte daraus.
Ullstein, 522 Seiten; 22,00 Euro
Paul McCartney betrachtet sein Leben und sein Werk im Prisma von 154 eigenen Songs. In alphabetischer Reihenfolge angeordnet, bilden diese Songs von den frühesten musikalischen Gehversuchen über Klassiker der Popgeschichte wie „Hey Jude“, „Yesterday“ oder „Let it Be“ bis hin zu jüngsten Kompositionen ein autobiografisches Kaleidoskop, in dem McCartney die Entstehungsgeschichten seiner Songs schildert, Menschen und Orte, die ihn beeinflusst haben, und was er heute über seine Lieder denkt.
Was für ein fantastisches Werk! Zwei Bücher (von A – K und von L – Z) in einem sehr dekorativen Schuber, die vollgepackt sind mit privaten Einblicken und Erinnerungen in ein aufregendes Leben von einem der erfolgreichsten Musiker des 20. Jahrhunderts. Ich bin wie in einem Rausch in das Leben von Paul McCartney und den Beatles eingetaucht. Ein Leben für die Musik in 154 Songs. Die beiden Bücher enthalten viele private Fotos und Notizen, und machen die Bücher dadurch noch lebendiger. Man kann Musikgeschichte förmlich einatmen. „Lyrics“ sollte sich kein Beatles-Fan entgehen lassen!
C. H. Beck, 874 Seiten; 78,00 Euro
Verschiedene Autoren – Mode – Die visuelle Geschichte
Lernen Sie die Sprache der Kleidung! Denn Mode ist Ausdruck der Persönlichkeit, kann gesellschaftlichen Status widerspiegeln, Ambitionen zeigen oder Skandale verursachen. Sie erhalten in diesem Buch einen Überblick über die kulturgeschichtlichen Zusammenhänge zwischen modischen und gesellschaftlichen Entwicklungen. Vom griechischen Leinen-Chiton über barocke Taftkleider, lässige Anzüge der 1920er- Jahre bis zu den Laufsteg-Sensationen des neuen Jahrtausends.
Sind Sie modeverrückt? Oder interessieren Sie sich einfach nur für die Geschichte der Mode von der Antike bis heute? Dann gönnen Sie sich diesen Prachtband „Mode – 3000 Jahre Trends, Stile, Designer“. Hier werden auf über 2.500 detailreiche Bilder nicht nur Alltagsmode und elegante Repräsentations- und Abendkleider präsentiert, sondern auch Arbeits- und Freizeitkleidung sowie Accessoires. Enthalten sind die prägendsten Modedesigner und Stilikonen: Von Chanel, Dior, Gaultier über Nofretete und Marie-Antoinette bis Twiggy. Die Hauptthemen sind: „Die antike Welt (bis 600 v. Chr.)“, „Kleidermode im Mittelalter (600 – 1449)“, „Der Glanz der Renaissance (1450 – 1624)“, „Barock und Rokoko (1625 – 1789)“, „Von Revolution bis Jugendstil (1790 – 1900)“, „Belle Èpoque und Jazz Age (1901 – 1928)“, „Glamour und Krisenzeiten (1929 – 1946)“, „Optimismus und Jugend (1947 – 1963)“, „Swinging Sixties bis Glam Rock (1964 – 1979)“ und „Zeitgenössische Designer (ab 1980)“. Wer Mode liebt, wird dieses Buch lieben! Bei dieser Ausgabe handelt es sich um eine Neuauflage, in neuem Design, der Ausgabe aus dem Jahr 2013.
Dorling Kindersley, 480 Seiten; 59,95 Euro