Dezember 22, 2024

Kolumne vom 13.08.2018

Kolumne vom 13.08.2018 – Nr.521


Bettina Röhl

daumen rauf

Die RAF hat Euch lieb

Die RAF hat Euch lieb

Brauchte die Bundesrepublik die Revolte von 68? Ist 68 gar das Jahr einer „Neugründung“ der heutigen Bundesrepublik? Die APO-Bewegung – und ihre „Speerspitze“, die RAF – ist das wohl meist beschriebene Thema der neueren politischen Geschichte des Landes. Mit bisher unbekannten Fakten und den Stimmen neuer Zeitzeugen unterlegt, liefert Bettina Röhl, die als Kind die Gründung der RAF hautnah miterlebte, eine Analyse und erzählt die scheinbar bekannte Geschichte neu. Bei ihren Recherchen fand die Autorin zahlreiche bisher unveröffentlichte Briefe, Dokumente und Fotos, die den Leser die damalige Zeit miterleben und nachvollziehen lassen.

Ich habe bereits zahlreiche Bücher über die RAF-Geschichte in den letzten zehn Jahren auf denglers-buchkritik besprochen. Es ist schon viel gesagt zu dem Thema, und doch gewährt Bettina Röhls Buch „Die RAF hat Euch lieb“ einen etwas anderen Blick auf die damalige Zeit und ihre Akteure. Für Leser die es nicht wissen sollten, Bettina Röhl ist die Tochter von Ulrike Meinhof. Ulrike Meinhof, ein fanatischer Charakter durch und durch. Das wusste man zwar zuvor schon, doch Bettina Röhl zeigt eben doch noch einmal einiges Neues auf. „Die RAF hat Euch lieb“ verspricht dem Leser eine spannende Lektüre und einen interessanten Blick auf die 68er! Das Buch ist in drei Hauptthemen unterteilt: „Auf dem Höhepunkt von 68“, „Die Entstehung der RAF“ und „Mythos Meinhof“.

Heyne, 636 Seiten; 24,00 Euro


Bronnie Ware

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5 Dinge, die wir von unserer Krankheit lernen können

5 Dinge die wir von unserer Krankheit lernen können

Bronnie Ware erfüllte sich mit über 40 ihr größten Traum: Sie wurde Mutter. Doch dann begegnete ihr die größte Herausforderung ihres Lebens: Rheumatoide Arthritis – eine sehr schmerzhafte Autoimmunkrankheit, die weitreichende körperliche Einschränkungen mit sich bringt. Mit Mut und Hingabe nimmt sie ihr Schicksal an. Und sie zeigt von chronischer Krankheit Betroffenen, wie das Hier und Jetzt zum Lehrmeister werden kann.

Die Australierin Bronnie Ware landet mit ihrem Buch „5 Dinge, die Sterbende am meisten bereuen“ einen Bestseller. Nach so einem Erfolg möchte man als Autorin natürlich mehr, und so folgt nun ihr nächstes „5-Dinge“-Buch. Doch es handelt sich hierbei um ein Buch, mit der selbst erlebten Leidensgeschichte. Natürlich ein sehr ernstes Thema. Bronnie Ware ist zu bewundern, wie sie mit ihrem Schicksal umgeht, wie viele andere Menschen aber auch, die Ähnliches erleiden. Doch Bronnie Ware hat darüber ein Buch geschrieben, und das ist nicht besonders inspirierend zu lesen. Sie erzählt von sich, ihrem Alltag und ihrem Leben. Das ist manchmal interessant, aber meist langweilig. Dann driftet sie immer wieder in andere Sphären ab, was auf mich eher befremdlich wirkt. Man hofft mit ihr, dass sie für sich einen guten Weg findet, aber das Buch ist keine Hilfe für Menschen, die selbst in einer ähnlichen Lage sind.

Arkana, 314 Seiten; 20,00 Euro


Stefan Schweizer

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Die Akte Baader

Die Akte BaaderAndreas Baader wächst ohne Vater bei Mutter, Tante und Großmutter auf. Früh zeichnen sich trotz verzweifelter Bemühungen der Mutter schulische Probleme und berufliches Scheitern ab. Baader schlittert in die Kriminalität, bewegt sich gern in der halbseidenen Münchener Schickeria, um dann in Berlin einen Politisierungsschub zu erfahren. Mit der Kommune 1 und der Kaufhausbrandstiftung 1968 vollzieht sich sein Weg vom Rebell zum Revolutionär. Mit der Gründung der linksrevolutionären Roten Armee Fraktion (RAF) wird er zum Staatsfeind Nr. 1!

Nach „Die RAF hat Euch lieb“, bei der Ulrike Meinhof im Mittelpunkt stand, dreht sich in „Die Akte Baader“ alles um den anderen großen Namen der RAF, Andreas Baader. Autor Stefan Schweizer geht einen etwas anderen Weg. „Die Akte Baader“ ist ein biografischer Roman, kein Sachbuch. Realität und Fiktion gehen hier Hand in Hand. Aber das tut der Qualität keinen Abbruch, ganz im Gegenteil, „Die Akte Baader“ wird so zu einem fesselnden Krimi! Stefan Schweizer zeigt, dass Andreas Baader nicht der große „Terror-Popstar“ war, für den ihn viele hielten, sondern nur ein junger Mann mit einer Menge Probleme, einem starken Hang zur Gewalt und einer übergroßen Selbstüberschätzung war. Der Mythos Baader ist nach dieser Krimi-Bio keiner mehr.

Gmeiner, 313 Seiten; 15,00 Euro


Alexander von Humboldt

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Das Buch der Begegnungen

Das Buch der BegegnungenWagemut und Wissbegier, ein feines Beobachtungs- und Differenzierungsvermögen und vor allem die unbändige Lust an immer neuen Begegnungen machten Alexander von Humboldt vor 200 Jahren zu einem epochalen Weltentdecker. Das Buch zeigt einen warmherzigen Menschen ohne Berührungsängste. Auf seiner Reise in die amerikanischen Tropen von 1799 bis 1804 hielt der preußische Kosmopolit eine Vielzahl exotischer Physiognomien fest und sah die Welt, wie sie vor ihm noch keiner gesehen hatte. Als einer der ersten Europäer überhaupt kritisierte er Kolonialismus, Sklavenhandel und christlichen Bekehrungseifer. Dagegen betonte er die Würde und den kulturellen Reichtum vermeintlich primitiver Völker.

2018/2019 sind die großen Humboldt-Jahre. Es erscheinen zahlreiche Werke mit unterschiedlichen Ansätzen. „Das Buch der Begegnungen“ ist eines davon, und sicher eines der schönsten Exemplare. Manesse präsentiert dem Leser aber nicht nur eine edle Ausführung, sondern das Buch um Alexander von Humboldts „Amerikanischen Reisetagebücher“, eine Auswahl aus 4.500 Seiten, bietet viel Lesenswertes und Überraschendes. Man taucht ein in die Welt, so wie Humboldt sie damals erlebte. Eine Abenteuergeschichte, die man selbst vielleicht nicht unbedingt erleben wollte – aber lesen tut man das Erlebte mit Erstaunen. Und man erkennt, dass das Universalgenie seiner Zeit weit voraus war. Im denken, fühlen und handeln.

Manesse, 395 Seiten; 45,00 Euro


Lucy Cooke

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Die erstaunliche Wahrheit über Tiere

Die erstaunliche Wahrheit über Tiere

Aale, die aus Sand entstehen; Schwalben, die unter Wasser Winterschlaf halten; und Bären, die gestaltlose Klumpen auf die Welt bringen, die erst von ihren Müttern in Form geleckt werden müssen – die Geschichte wimmelt von abstrusen Behauptungen über Tiere, erfunden von den hellsten und einflussreichsten Köpfen ihrer Zeit. Diese Erklärungsversuche offenbaren nicht nur Interessantes über die Tiere, sondern auch über uns und die Dinge, an die wir glauben. Die Autorin deckt zahlreiche Mythen und Irrtümer auf, verrät faszinierende und höchst unterhaltsame Fakten, die sie gesammelt hat, während sie Hyänen hinterherjagte, Fledermäuse ausspionierte und betrunkene Elche stalkte. Sie erklärt, warum Faultiere ihr Leben riskieren, wenn sie ihren Darm entleeren; Pinguine manchmal unter Depressionen leiden; und dass sogar die bizarrste Theorie einen wahren Kern haben kann.

Ein Fest von einem Buch- über Tier und Menschen! Was tun Tiere und was denken Menschen. Ganz unterschiedlich sehen wir so manches Phänomen. Einen wunderbaren Einblick in die Tierwelt bietet die Engländerin und studierte Zoologien Lucy Cooke mit „Die erstaunliche Wahrheit über Tiere“. Ein Buch, das man einfach liebhaben muss! Folgende Tiere sind Geschichten in diesem Buch gewidmet: Aal, Biber, Faultier, Hyäne, Geier, Fledermaus, Frosch, Storch, Flusspferd, Elch, Panda, Pinguin und Schimpanse.

Malik, 365 Seiten; 22,00 Euro


Hörbuch der Woche

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Corina Bomann

Die Frauen vom Löwenhof – Agnetas Erbe

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Agneta wird mit einem Telegramm vom geliebten Stockholm zurück aufs Land gerufen. Ihr Vater und ihr Bruder sind bei einem Brand ums Leben gekommen. Dabei hatte sie sich schweren Herzen von ihrer mächtigen Familie losgesagt, um in der Stadt ein freies Leben als Malerin führen zu können. Jetzt werden ihr Titel, Glanz und Vermögen zu Füßen gelegt, sie soll das Erbe ihres Vaters antreten als Gutsherrin vom Löwenhof. Ihre Wünsche und Träume sind andere, sie sehnt sich nach einem Leben an der Seite von Michael, einem aufstrebenden Anwalt. Selbstlos stellt Agneta sich der Pflicht und Familientradition. Ihr Herz jedoch kann nicht vergessen und sehnt sich nach Liebe.

Corina Bomann hat mit ihrer Familiensaga „Die Frauen vom Löwenhof“ ganz großes, spannendes und dramatisches Hollywood-Kino Made in Germany verfasst! „Agnetas Erbe“ macht den Anfang und der alleine hat schon Höchstnoten verdient. Agneta ist eine starke und moderne Frauenfigur in unruhigen Zeiten. Die deutsche Bestsellerautorin Corina Bomann stellt diese Frauenfigur in eine historisch interessante Zeit und lässt sie Glück, Freude, Trauer durchleben, schickt sie auf eine Reise, die sie und auch die Leserinnen und Leser verändern wird. Diese starke Frauenfigur der Agneta braucht auch eine starke weibliche Stimme, und die hat Hörbuch Hamburg in Nora Jokhosha gefunden. Sie hat Kraft in der Stimme und verleiht Agneta aber auch weiche Akzente. Hörprobe

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Auch als Taschenbuch erhältlich bei Ullstein, 10,00 Euro.

Hörbuch Hamburg, 2 MP3 CDs, 912 Minuten; 14,99 Euro


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