Dezember 22, 2024

Kolumne vom 13.05.2019

Kolumne vom 13.05.2019 – Nr.560


Walter Moers

daumen rauf

Der Bücherdrache

Der Bücherdrache

In den Katakomben von Buchhaim erzählt man sich eine alte Geschichte vom sprachmächtigen Drachen Nathaviel. Angeblich besteht er aus lauter Büchern, die von der mysteriösen Kraft des Orms durchströmt sind. Die Legende besagt, der Bücherdrache habe auf jede Frage die richtige Antwort. Der Buchling Hildegunst Zwei, benannt nach dem zamonischen Großschriftsteller Hildegunst von Mythenmetz, macht sich eines Tages auf den Weg in den Ormsumpf, wo Nathaviel hausen soll. Dabei wagt er sich in Bereiche der Katakomben, in denen es von Gefahren wie den heimtückischen Bücherjägern nur so wimmelt. Und er ahnt nicht, dass die größte Gefahr, die ihm droht, vom Bücherdrachen selber ausgeht.

Walter Moers ist einer von Deutschlands kultigsten Kultautoren! Seine Werke um Zamonien und mit Hildegunst von Mythenmetz sind Klassiker der modernen Literatur. Jedes seiner Bücher ist ein Ereignis, das aus der Masse an Neuerscheinungen turmhoch heraussticht. So auch sein neues Werk „Der Bücherdrache“. Leider ist es mit 187 Seiten etwas dünn geraten, aber das ist schon das einzige Manko. Wie immer hätten es auch gut und gerne 500 Seiten sein dürfen. „Der Bücherdrache“ beginnt mit einem wunderbar gezeichneten Comic, der dann in die Geschichte übergeht, die dann auch noch mit einigen, von Walter Moers bekannten und geliebten Zeichnungen, geschmückt ist. „Der Bücherdrache sprudelt nur so über vor Fantasie und fantastischen Einfällen! Eine Geschichte, die die Bücher liebt und die jeder Buchliebhaber ebenso lieben wird.

Der Bücherdrache hoerbuch

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Ein Roman von einem Kultautor schreit auch nach einem Kultsprecher. So viele gibt es davon nicht in Deutschland. Einer davon ist aber gewiss Andreas Fröhlich. Wie immer ein Genuss ihn zu hören! 20,00 Euro. Hörprobe  5 Min.

Penguin, 187 Seiten; 20,00 Euro


Rita Mae Brown

daumen runter

Die Maus zum Gärtner machen

Die Maus zum Gärtner machen

Mary Minor „Harry“ Harristeen ist gerade mit ihrem Pick-up und ihren tierischen Beifahrern – allen voran Katze Mrs. Murphy – unterwegs, als vor ihnen ein Wagen ins Schlingern gerät und im Graben landet. Die Fahrerin Barbara Leader ist tot – angeblich ein Herzinfarkt. Doch Harry ist sich sicher, da hat jemand nachgeholfen. Barbara hatte als Krankenschwester den ehemaligen Gouverneur Samuel Holloway gepflegt. Hat ihr Tod womöglich etwas mit ihm zu tun? Oder liegt die Lösung des Falls schon seit langer Zeit auf dem Friedhof begraben? Unversehens sind Harry und ihre gewiefte Tigerkatze Mrs. Murphy einem alten Familiengeheimnis aus dem 18. Jahrhundert auf der Spur.

Jedes Jahr auf Neue veröffentlicht die Bestsellerautorin Rita Mae Brown einen neuen Kriminalroman aus ihrer „Ein-Fall-für-Mrs-Murphy“-Reihe. Jedes Jahr auf Neue gebe ich ihr eine Chance, vielleicht wird die Reihe ja doch wieder besser, und kehrt zur Meisterhaftigkeit ihrer Anfänge zurück. Jedes Jahr auf Neue werde ich enttäuscht, so auch dieses Jahr. „Die Maus zum Gärtner machen“, mittlerweile der 24. Band der Reiche, hält das Niveau der letzten Romane – gleichbleibend schlecht, Tendenz weiter absteigend. Einen richtigen Krimi sucht man auch diesmal vergebens, genauso wie Spannung und Überraschungen. Zu Anfang der Reihe konnten die Tierauftritte richtig begeistern, doch auch diese sind nur noch ein Schatten vergangener Tage.

Ullstein, 339 Seiten; 19,99 Euro


Frank Bösch

daumen rauf

Zeitenwende 1979

Zeitenwende 19791979 gilt als „das Schlüsseldatum des 20. Jahrhunderts“ (Peter Sloterdijk) und wird als der „Beginn der multipolaren Welt von heute“ (Claus Leggewie) bezeichnet. Die iranische Revolution brachte den fundamentalistischen Islam auf die weltpolitische Agenda, während der sowjetische Einmarsch in Afghanistan auf die Krisenherde des 21. Jahrhunderts vorauswies. Der Papstbesuch in Polen, der von Millionen gefeiert wurde, beschleunigte den Untergang des Sozialismus. Und die vietnamesischen Boat People konfrontierten die Deutschen erstmals mit weltweiten Flüchtlingsströmen. Der Autor schildert, wie diese Ereignisse 1979 aufkamen und welche Folgen sie für Deutschland hatten.

Ein großartiges Buch, das sehr anschaulich zeigt, wie prägend das 1979 für die folgenden Jahre und Jahrzehnte sein sollte. Wie die Ereignisse die Welt, aber auch ganz speziell das Leben der Deutschen beeinflussen sollten. Frank Bösch vermittelt in „Zeitenwende 1979“ spannende Geschichtsstunden! Folgende Kapitel sind unter anderem enthalten: „Die Revolution im Iran“, „Papst Johannes Paul II. in Polen“, „Die Revolution in Nicaragua“, „Chinas Öffnung unter Deng Xiaoping“, „Die Boat People aus Vietnam“, „Der sowjetische Einmarsch in Afghanistan“, „Thatchers Wahl und die Gründung der Grünen“, „Die zweite Ölkrise“, „Der AKW-Unfall bei Harrisburg“.

C. H Beck, 512 Seiten; 28,00 Euro


Stephan Orth

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Couchsurfing in China

Couchsurfing in China

Drei Monate lang erkundet Couchsurfer Stephan Orth das Reich der Mitte: vom Spielerparadies Macau im Süden bis nach Dandong an der Grenze zu Nordkorea, von Shanghai bis in die Krisenprovinz Xinjiang. Er besucht Hightech-Metropolen, die mit totaler Überwachung experimentieren, und abgeschiedene Dörfer, in denen fürs Willkommensessen der Hund geschlachtet wird. Er wird als Gast einer Live-Fernsehshow zensiert und tritt fast einer verbotenen Sekte bei. Dabei wird immer deutlicher, wie sich das Leben hinter den Kulissen der neuen Supermacht gestaltet, welche Träume und Ängste die Menschen bewegen.

Stephan Orth hat seine Leser mit „Couchsurfing im Iran“ und „Couchsurfing in Russland“ begeistert. Nun nimmt er sich der aufstrebenden neuen Weltmacht China an. Wie ticken die ganz normalen Menschen in einem Land zwischen Überwachung und wirtschaftlichem Dauerwachstum? Stephan Orth lässt einen hinter sonst verschlossene Türen blicken. Gibt Einblicke in das Seelenleben der Menschen, in Bräuche und überrascht mit so manch skurriler Begebenheit. Als Leser „surfen“ Sie mit – von Couch zu Couch.

Malik, 250 Seiten; 16,00 Euro


Pierre Lagrange

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Schatten der Provence

Schatten der Provence

Commissaire Albin Leclerc kommt nicht zu seinem wohlverdienten Ruhestand. Denn der Überfall auf einen Kunsttransport mit wertvollen Gemälden findet ausgerechnet kurz vor Carpentras statt. Der Coup geht schief, die Polizei entdeckt im Versteck der Räuber einen unbekannten Cézanne und einen Van Gogh. Alles weist darauf hin, dass sie aus einem geheimen Depot mit Nazi-Raubkunst stammen. Zum Ärger der beiden Polizisten Theroux und Castel mischt sich Albin mit seinem Mops Tyson in ihre Ermittlungen ein. Dabei ist er ihnen immer einen Schritt voraus. Als es Tote gibt, gerät Albin ins Visier der Täter. Plötzlich geht es für ihn um Leben und Tod…

Pierre Lagrange schreibt Provence-Krimis mit hohem Wiedererkennungswert! Commissaire Albin Leclerc ist ein großer Sympathieträger, dessen Fälle oft nicht weniger spannend sind als sein Privatleben. „Schatten der Provence“ ist der vierte Band der erfolgreichen Reihe. Und wieder überzeugt Pierre Lagrange, das Pseudonym eines deutschen Autors, mit viel Lokalkolorit und einem spannenden und interessanten Fall.

Scherz, 403 Seiten; 14,99 Euro


Hörbuch der Woche

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Camilla Läckberg

Golden Cage

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Faye und Jack sind das absolute Traumpaar. Sie haben das erfolgreichste Unternehmen Stockholms aufgebaut, wohnen in einem luxuriösen Apartment und sind umgeben von den Reichen und Schönen. Die gemeinsame Tochter Julienne ist die Krönung ihres Glücks. Doch der Schein trügt. Fayes Leben dreht sich nur noch um den verzweifelten Versuch, Jack zu gefallen. Seine Verachtung ist in jeder seiner Gesten spürbar. Was verbirgt ihr einst liebevoller Mann vor ihr? Als Jack und Julienne von einem Bootstrip nicht zurückkehren und die Polizei eine Blutlache im Apartment entdeckt, fällt der Verdacht schnell auf Jack. Hat er seine eigene Tochter ermordet?

Das Buch wurde als erster Thriller der schwedischen Bestseller-Queen angekündigt. Das Buch ist vieles, aber keinesfalls ein Thriller. Was aber nicht die Qualität des Buches betrifft. „Golden Cage“ ist ein spannender und intensiver Ehe- und Racheroman! Er führt einen vor Augen, wie eine Frau sich fühlt, die intelligent ist, aber aus Rücksicht auf ihren Mann in einem goldenen Käfig lebt und eigentlich nur für ihn und die Tochter da zu sein hat. Als sie dann von ihrem Mann wegen einer Jüngeren vor die Tür gesetzt wird, sinnt die weibliche Hauptfigur auf Rache. Eine durchtriebene Rache, die Rache einer klugen und fest entschlossenen Frau. Wer eine Frau wie Faye an seiner Seite weiß und sie betrügt, der braucht danach keine weiteren Feinde mehr im Leben. „Golden Cage“ glänzt golden! Vera Teltz wird zu Faye. Sie geht voll in der Figur auf, so wird die Lesung noch intensiver. So gut das Buch, so gut die Lesung. Hörprobe 5:18 Min.

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Auch als Paperback erhältlich bei List, 17,99 Euro.

Hörbuch Hamburg, 2 MP3 CDs, 480 Minuten; 19,00 Euro


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