Oktober 14, 2024

Kolumne vom 09.07.2018

Kolumne vom 09.07.2018 – Nr.516


Michael Appel

daumen rauf

Die letzte Nacht der Monarchie

Die letzte Nacht der Monarchie

Am 7. November 1918 wurden in Bayern die Wittelsbacher gestürzt. In kurzer Zeit folgten alle anderen deutschen Fürstenhäuser. Noch bevor am 9. November die Republik ausgerufen wurde, gründete Kurt Eisner die bayerische Republik als Freistaat. Mit diesem Elementarereignis beginnt der Aufstieg des Nationalsozialismus. Das Buch schildert den Ausgangspunkt eines zeitgeschichtlichen Dramas anhand plastischer Erinnerungen und Tagebücher der Zeitgenossen. Es vermittelt die Vorgeschichte der Revolution, die letzte Nacht der Monarchie und die entscheidenden Tage danach sowie die Zeit des Freistaates Bayern bis zur Ermordung Kurt Eisners, die Räterepublik und die ersten Schritte Hitlers auf dem Weg zur Gegenrevolution.

„Die letzte Nacht der Monarchie“ ist eine besondere Betrachtung der damaligen, historisch unglaublichen Zeit. Michael Appel erzählt nicht von oben oder aus der Sicht des großen Ganzen, oder auf politischer Ebene, sondern er lässt diese Zeit, die so viel veränderte, den Leser vorwiegend anhand von den „kleinen“ Leuten erleben. So ist man mittendrin und erfährt wie die „normalen“ Bürger über die den 1. Weltkrieg dachten, dass, was er mit ihrem Land und ihren, vor allem, Männern gemacht hat, wie das Leben immer schwer wurde, kaum Essen, wie die Monarchie von heute auf morgen von den Bürgern des Landes einfach hinweggespült wurde. „Die letzten Tage der Monarchie“ ist eine hochinteressante Lektüre und Betrachtung des großen historischen Ereignisses!

dtv, 384 Seiten; 28,00 Euro


Leonard Christina Skov

daumen runter

Das Inselhaus

Das Inselhaus

Sieben Menschen, die einander noch nie getroffen haben, werden aus den unterschiedlichsten Gründen zu einem Arbeitsaufenthalt auf eine Insel eingeladen. Wie sich herausstellt: auf eine einsame Insel. In ein Haus aus Glas. Doch warum gerade sie? Und wer ist überhaupt derjenige, der ihnen anonym die Einladung hat zukommen lassen? Wer lässt extra ein Haus für sie bauen? Und warum? Während ihres Aufenthalts geschehen seltsame und unerklärliche Dinge auf der Insel. Immerhin gibt es keine Toten. Zumindest noch nicht …

Ich hatte mich sehr auf diesen Krimi gefreut. Die Story hört sich bekannt, aber nicht weniger vielversprechend an. Daraus kann man als guter Autor eine Menge machen. So viel, dass der Leser von Anfang bis Ende gefesselt ist von der Geschichte. Doch leider macht die Dänin Leonora Christina Skov genau das Gegenteil. Sie hat von Anfang bis Ende große Langeweile in das Haus aus Glas einziehen lassen. Das liegt auch an den zahlreichen Rückblenden. Was gar kein Fehler wäre, wenn man die denn spannend gestalte würde, doch das tut Skov nicht. Im Grunde hätte man die Story auf 200 Seiten erzählen können, dann wäre sie, in dieser Art, zumindest etwas spannend gewesen, aber durch Skovs Erzählweise wird jede aufkeimende Spannung sofort wieder abgewürgt.

btb, 416 Seiten; 10,00 Euro


Rüdiger Barth und Hauke Friederichs

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Die Totengräber

Die TotengräberNovember 1932, die Weimarer Republik taumelt. Die Wirtschaft liegt am Boden und auf den Straßen toben Kämpfe zwischen Linksextremisten und Rechtsradikalen. Wenige Männer entscheiden in den kommenden Tagen über das Schicksal der Deutschen. Hitler will die ungeteilte Macht, Goebbels spuckt Gift und Galle, Reichskanzler Franz von Papen zögert zurückzutreten, General Kurt von Schleicher sägt an dessen Ast. Sie alle fintieren, drohen, täuschen und umgarnen den greisen Reichspräsidenten Paul von Hindenburg. Es beginnt ein dramatischer Kampf um die Macht.

Mit „Die Totengräber“ ist dem Autorenduo Rüdiger Barth und Hauke Friederichs ein Doku-Krimi gelungen, der einen von der ersten Seite an fesselt! Ich habe schon zahlreiche Werke über die Zeit vor dem Beginn des 2. Weltkriegs in den letzten zehn Jahren auf denglers-buchkritik.de besprochen, aber bei keinem war dieses Zeitfenster so detailliert und spannend geschildert wie in „Die Totengräber“. Und wer genau liest wird feststellen, dass das aktuelle politische Klima nicht wenige Überschneidungen mit der damaligen Zeit aufzuweisen hat. Das Buch ist aufgeteilt in fünf große Kapitel: „Der Sturz“ (17. November bis 1. Dezember 1932), „Der Plan“ (2. bis 15. Dezember), „Stille Nacht“ (16. Dezember bis 1. Januar 1933), „Im Strudel“ (2. bis 29. Januar 1933) und „An die Macht“ (30. Januar 1933).

S. Fischer, 410 Seiten; 24,00 Euro


Pierre Lagrange

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Mörderische Provence

Mörderische ProvenceCommissaire Albin Leclerc bekommt einen Anruf. Ein alter Freund bittet ihn um Hilfe, denn dessen Tochter Isabelle ist verschwunden. Albin begibt sich gemeinsam mit seinem Mops Tyson auf Spurensuche. Hinweise führen ihn zu einem provenzalischen Schlosshotel. Undercover bei einem berühmten Sternekoch, kommt Albin im Hotel einem fiesen Komplott auf die Schliche. Bald schon findet er eine siedend heiße Spur. Dabei macht er eine grauenhafte Entdeckung.

 

Nach den prächtigen ersten beiden Fällen für Commissaire Albin Leclerc „Tod in der Provence“ und „Blutrote Provence“ lässt Pierre Lagrange nun den dritten Band seiner Reihe folgen. „Mörderische Provence“ hat alles, was man sich von dieser Provence-Krimireihe verspricht – einen sehr spannenden Fall, tolle Charaktere, eine berauschende Umgebung und einen eigenwilligen Charme. Wie kann man diesem Krimi widerstehen?

Scherz, 423Seiten; 14,99 Euro


Guadalupe Nettel

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Nach dem Winter

Nach dem Winter

Claudio ist Lektor in einem Verlag und lebt seit vielen Jahren in New York, nachdem ihn der tragische Verlust seiner ersten großen Liebe aus seiner Heimatstadt Havanna vertrieben hat. Cecilia studiert in Paris. Seit ihrer Kindheit in Mexiko hat sie ein besonderes Faible für Friedhöfe und liebt es, zwischen den Gräbern des Père-Lachaise spazieren zu gehen. Als Claudio und Cecilia sich über gemeinsame Freunde in Paris kennenlernen, verlieben sie sich ineinander, obwohl sie beide in andere Beziehungen verwickelt sind. Über die Distanz hinweg tauschen sie E-Mails, Gedanken, selbst zusammengestellte Musikcompilations aus. Doch als Cecilia nach New York fliegt, um Claudio zu besuchen, entwickelt sich ihre Beziehung ganz anders als erwartet …

Es gibt so Liebesgeschichten, die verzaubern einen. „Nach dem Winter“ von der mexikanischen Autorin Guadalupe Nettel ist so eine davon. Sie verzaubert, weil sie so nah am Leben, so ehrlich, unprätentiös, so ohne die große Romanik ist, denn das Leben hält einfach oft andere Gradmesser bereit, als das, was man sich erträumt, oder in rosagefärbten Liebesromanen zu lesen und in lustigen Liebeskomödien zu sehen bekommt.

Blessing, 348 Seiten; 22,00 Euro


Hörbuch der Woche

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Nina Laurin

Escape – Wenn die Angst dich einholt

Escape mp3

Eigentlich hat Laine Moreno längst aufgegeben. Seit zehn Jahren versucht die 23-Jährige zu vergessen, was man ihr angetan hat: Wie sie als Kind entführt und drei Jahre lang missbraucht wurde, bis ihr hochschwanger die Flucht gelang. Dass man ihren Peiniger nie gefasst hat, weil sie sich nicht erinnern konnte. Dass ihre Tochter zur Adoption freigegeben wurde. Doch eines Tages sieht Laine auf einem Vermisstenplakat der Vergangenheit mitten ins Gesicht: Die Gesuchte – Olivia Shaw, 10 Jahre alt – ist praktisch ihr Ebenbild. Um Olivia zu retten, muss Laine sich ihren Dämonen stellen – und einer Wahrheit über die Entführung, die sie zerstören könnte.

Die Kanadierin Nina Laurin hat mit „Escape“ einen Psychothriller geschrieben, der nicht dem Mainstream folgt! „Escape“ konzentriert sich praktisch komplett auf die Hauptfigur Laine Moreno, das, was ihr als Kind zugestoßen ist, das, was sie danach hat alles verarbeiten müssen, wie sie heute lebt und wie sie mit dem neuen Schock umgeht, das wieder ein kleines Mädchen entführt worden ist. Ihre Tochter, die sie mit ihrem nie gefunden Entführer gezeugt hatte. Das alles klingt sehr intensiv, ist es auch. Die großen Thrillermomente darf man nicht erwarten, aber dafür eine perfekt ausgearbeitete Frauenfigur, dessen Seele einen Balanceakt zwischen Hölle und Himmel beschreitet. Dieser außergewöhnlichen Psychothriller wird außergewöhnlich gut gelesen von Julia Nachtmann. Sie geht voll in der Figur der Laine Moreno auf. Sie wird zu der Figur und als Zuhörer ist man davon fasziniert. Hörprobe

Escape

Auch als Paperback erhältlich bei Knaur, 14,99 Euro.

Der Hörverlag, 1 MP3 CD, 530 Minuten; 14,99 Euro


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