Kolumne vom 2.09.2019 – Nr.576
Daniel Mason
Der Wintersoldat
Der hochbegabte Wiener Medizinstudent Lucius meldet sich beim Ausbruch des Ersten Weltkrieges freiwillig und landet im eisigen Winter 1914 in einem abgelegenen Dorf in den Karpaten, in einer zum Behelfshospital umfunktionierten Kirche, wo ihm die junge Nonne Margarete erst alles beibringen muss. Und als sie sich verlieben, auch das. Eines Tages bringt man ihnen einen bewusstlosen Soldaten, der äußerlich keine Verletzungen aufweist, aber so traumatisiert ist, dass er zu sterben droht. Ein bislang unbekanntes Krankheitsbild, Folge des ununterbrochenen Granatenbeschusses. Lucius entdeckt eine Heilungsmethode, auf die der Soldat anspricht. Aber als ein Aushebungskommando kommt und den Mann wieder an die Front schicken will, trifft Lucius gegen den Rat von Margarete eine folgenschwere Entscheidung.
„Der Wintersoldat ist absolut mitreißend! Daniel Mason seziert die damalige Zeit und den Krieg, die Menschen und die Verwundungen, die Liebe und die Gefühle. Er hat einen Erzählstil, den man sich nicht entziehen kann! „Der Wintersoldat“ zeigt auf erschreckende Weise, was nach dem Schlachtfeld im Großen Krieg folgte. Die zerfetzten Körper in den Gräben und dem Schlachtfeld waren das eine, die andere Seite waren die, die Arme, Beine und Füße verloren, die mit fußballgroßen Wunden angekarrt wurden, Wunden, die mit Läusen übersät waren. Dazu die psychischen Schäden, die die Soldaten erlitten. Es läuft einen fortwährend ein Schauer des Schreckens über den Rücken. Man erfährt aber auch viel über das, was damals in der Medizin möglich war, vor allem mit den wenigen Mitteln während der Kriegszeit, und was nicht. Ein interessanter Einblick in die Medizinwelt von damals. „Der Wintersoldat“ erinnert an „Doktor Schiwago“. Und das ist das allergrößte Lob, das man einem Roman machen kann!
C. H. Beck, 430 Seiten; 24,00 Euro
Wolf Biermann
Barbara
„Barbara« versammelt mehrere Erzählungen. Da ist Ruth Berlau, die tragische Geliebte Brechts, die sich ihre übermächtige Feindin Helene Weigel nicht kleinreden lassen will – und schon gar nicht kleinsingen! Der Autor erzählt die wahre Geschichte von der “beißwütigen Barbara“ und vom Mann, der sich für Rembrandt hält. Vom Ostberliner Stricher, dessen Frau Monika ihm das Brotmesser in den Rücken rammt, oder von seiner Liebesaffäre mit einer zerbrechlichen Geigen-Gitarre. Der nette alte SS-Mann in Ostberlin fragt: Bin ick’n Mensch? Erstmals erzählt der Autor von proletarischer Sexualaufklärung und warum seine Mutter ihn ohrfeigte, ein einziges Mal. In seinem Ostberliner Lotterbett liegt die traumhafte Geliebte Garance, die sich an der langen Leine der Stasi in Westberlin prostituieren muss.
Der 1936 geborene Dichter und Liedermacher Wolf Biermann war die Stimme des Widerstands in der DDR. Ich war gespannt auf seine „Liebesnovellen und andere Raubtiergeschichten“. Das Cover hatte auch ihren Reiz und versprach einiges. Doch leider hielten die 18 Kurzgeschichten nicht das, was man sich aus der Feder eines Wolf Biermann versprochen hatte, vor allem, wenn man noch seine klasse Autobiographie vor Augen hat. Manche Geschichten haben ihren Reiz, sie waren hintergründig und spannend verfasst, doch die meisten Geschichten sind literarisches Palaver. Und auch diesen Kurzgeschichten haftet an, dass teils spannende Stoffe kurz und lieblos abgehandelt wurden..
Ullstein, 287 Seiten; 20,00 Euro
Thomas Thiemeyer
Wicca – Tödlicher Kult
Archäologin Hannah Peters wird von einer Freundin um Hilfe gebeten: Leslie Rickert ist einem uralten Hexen-Kult auf der Spur, der für das Verschwinden mehrerer Jugendlicher verantwortlich sein könnte. Ihre Recherchen führen die beiden Frauen über die berühmte Felsenstadt Petra in Jordanien und die dort wurzelnde Sage vom Baum des Lebens bis an die Küste Südenglands, wo vor Jahrhunderten ein Samen jenes mythischen Baumes gepflanzt worden sein soll. Hannah und Leslie können nicht ahnen, dass nicht nur die Anhänger des Wicca-Kultes über Leichen gehen würden, um ihr Geheimnis zu wahren – sondern auch ein Wesen, für das die Wissenschaft nicht einmal einen Namen hat.
Nach „Medusa“, „Nebra“, „Valhalla“ und „Babylon“ ist „Wicca“ der fünfte Band um die findige Archäologin Hannah Peters. Thomas Thiemeyer lesen heißt großes Hollywood-Kino lesen! Wie eh und je begeistert der deutsche Bestsellerautor mit einem unwiderstehlichen Mix aus Wissenschaft, Action, Mystik und reichlich Spannung. Die Figur der Hannah Peters gibt dem Ganzen dann noch eine besondere Note, denn Hannah Peters hat Mumm und man will ihr immer auf den Fersen bleiben. Ein Hollywood-Produzent sollte dringend die Rechte an den fünf Romanen erwerben und daraus großes Kino machen. Thomas Thiemeyer hat die bestmöglichen Vorlagen dazu geliefert.
Knaur, 485 Seiten; 19,99 Euro
The Washington Post
Der Mueller Report
Die eminent wichtigen Untersuchungen Robert Muellers fokussieren sich auf Donald Trump, seinen Wahlkampf und die Einmischungen der Russen in die Wahl von 2016. Sie greifen zurück auf zahlreiche Zeugenaussagen und auf die Arbeit der erfahrensten Ermittler der USA. Die Untersuchungen des Sonderermittlers könnten einen entscheidenden Wendepunkt in der Geschichte Amerikas bedeuten.
Die Ausgabe der „Washington Post“ beinhaltet den Bericht, eine Einführung über den seit 2017 geführten Kampf um die Bewahrung der amerikanischen Demokratie, eine Chronik mit den wichtigsten Ereignissen der Sonderermittlungen, ein Glossar der beteiligten Personen und Institutionen, darunter der Stab des Sonderermittlers, das Justizministerium, das FBI, das Wahlkampfteam von Donald Trump, das Weiße Haus, Trumps Anwaltsteam und die russischen Akteure. Muellers Schlüsseldokumente der Untersuchung, darunter Dokumente zu General Michael T. Flynn, Paul Manafort, Michael Cohen, Roger Stone und zur russischen Internet-Operation. Jedes Dokument wird von den Journalistinnen und Journalisten der „Washington Post“ eingeleitet und erläutert. Der Bericht ist sachorientiert verfasst, daher manchmal etwas zäh, das aber schmälert keinesfalls das Gesamturteil. Die zahlreiche Schwärzung muss man hinnehmen, lassen den Leser aber trotzdem nicht im Dunkeln stehen. Ein politisch höchst interessantes Buch! Es wird als ungeheuer wichtiges zeithistorisches Dokument in die amerikanische Geschichte eingehen.
Ullstein, 1.176 Seiten; 50,00 Euro
Reinhold Messner
Der Eispapst
Wilhelm Welzenbach ist der beste Bergsteiger seiner Zeit. Er durchsteigt viele der großen Eiswände der Alpen, ein Dutzend davon als Erster. Seine farbigen Vorträge darüber fesseln Tausende von Menschen. 1929 fasst er den Entschluss, den 8125 Meter hohen Nanga Parbat im Himalaya zu ersteigen. Aber sein Plan wird von seinen Konkurrenten im Alpenverein, angeführt von Paul Bauer, hintertrieben. Dessen nationale Gesinnung zählt jetzt mehr als Welzenbachs Können und Charakter. Erst 1934 kann Welzenbach an einer deutschen Expedition zum Nanga Parbat teilnehmen. Sie steht allerdings nicht unter seiner Leitung, folgt nicht seinem Plan – und scheitert katastrophal.
Mit „Der Eispapst“ hat Reinhold Messner ein ganz besonderes Buch geschrieben! Es hat etwas von einem Doku-Roman, einem Krimi, einem Drama, ist Bergsteigerroman und zeigt ein historisch interessantes Bild der damaligen Zeit. Gut, dass Reinhold Messner „Die Akte Welzenbach“ nochmals geöffnet hat. Er hat daraus ein spannendes Buch gemacht!
S. Fischer, 416 Seiten; 24,00 Euro
Hörbuch der Woche
Marie Lamballe
Café Engel – Schicksalhafte Jahre
Wiesbaden, 1951. Das Café Engel hat Konkurrenz bekommen. Neben dem Traditionscafé der Familie Koch hat sich das modernere Café König niedergelassen. Während Hilde Koch vergeblich versucht, ihre Eltern von einer Modernisierung des Cafés zu überzeugen, droht auch ihre hart erkämpfte große Liebe zu scheitern. Um das Glück ihres Bruders August steht es nicht besser. Nach seiner Rückkehr aus russischer Kriegsgefangenschaft fällt seine Wahl ausgerechnet auf eine junge Russin, deren Ankunft die Familie zu spalten droht.
„Café Engel“ ist eine Nachkriegssaga, die berührt, begeistert und einen in das langsam aufflammende Wirtschaftswunder-Deutschland entführt! Nach dem Krieg ging es wieder bergauf in Deutschland, Marie Lamballe macht sich das zum Thema und verlegt ihre Geschichte in ein Café in Wiesbaden, was ein guter Erzählkniff ist. Man erlebt dort mit, wie es den Menschen ergeht, ihre Wünsche, Träume und die Aussicht auf Veränderung. Nach dem ersten Teil „Eine neue Zeit“ setzt Marie Lamballe die Saga in „Schicksalhafte Jahre“ mitreißend fort. Gelesen wird dieser Roman von Irina Scholz, Sprecherin von Hörbüchern, Radio- und Fernsehbeiträgen. Irina Scholz findet den richtigen Ton für die Zeit und die Figuren! Hörprobe 17:06 Min.
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Bastei Lübbe, 10,00 Euro.Lübbe Audio, 6 CDs, 437 Minuten; 16,00 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 9.09.2019 – Nr.577
Rita Falk
Gugelhupfgeschwader
»Du, Franz, ich brauch dringend deine Hilfe«, flüstert der Lotto- Otto dem Eberhofer ins Ohr und versaut ihm den Samstagabend mit der Susi. Dabei könnte er sich so schön feiern lassen, hat man doch in Niederkaltenkirchen beschlossen, dem erfolgreichen Dorfgendarm zu Ehren den Kreisverkehr auf den Namen ›Franz-Eberhofer-Kreisel‹ zu taufen! Stattdessen muss er sich nun darum kümmern, dass den brutalen Verfolgern vom Lotto-Otto rasch das Handwerk gelegt wird. Bevor er die Ermittlungen aufnehmen kann, geht allerdings der gesamte Lotto-Laden in die Luft – und der Eberhofer hat es jetzt auch noch mit einem Mord zu tun.
Das Lesen eines Eberhofer-Krimis sollten Sie in der Öffentlichkeit unbedingt vermeiden! Ansonsten kann es sein, dass Sie wegen ständigen lauten Lachen von der Polizei abgeführt werden. „Gugelhupfgeschwader“ ist das neueste bayerische Krimiwitzgeschoss von der genialen Rita Falk! Die Bestsellerautorin zeigt sich wieder bestens aufgelegt und erzählt köstlich deftige, zum schießen komische und zum grübeln spannende Krimikost.
Auch als Hörbuch erhältlich bei DAV. Christian Tramitz liefert wie immer eine kinoreife Vorstellung für die Ohren! 19,99 Euro. Hörprobedtv, 318 Seiten; 15,90 Euro
Cixin Liu
Jenseits der Zeit
Ein halbes Jahrhundert nach der Entscheidungsschlacht hält der Waffenstillstand mit den Trisolariern immer noch stand. Die Hochtechnologie der Außerirdischen hat der Erde zu neuem Wohlstand verholfen, auch die Trisolarier haben dazugelernt, und eine friedliche Koexistenz scheint möglich. Der Frieden hat die Menschheit allerdings unvorsichtig werden lassen. Als mit Cheng Xin eine Raumfahrtingenieurin des 21. Jahrhunderts aus dem Kälteschlaf erwacht, bringt sie das Wissen um ein längst vergangenes Geheimprogramm in die neue Zeit. Wird die junge Frau den Frieden mit Trisolaris ins Wanken bringen – oder wird die Menschheit die letzte Chance ergreifen, sich weiterzuentwickeln?
Der Chinese Cixin Liu ist durch seine „Trisolaris“-Trilogie zum Weltbestsellerautor geworden. Mit „Jenseits der Zeit“ schließt er diese Trilogie nun ab. Begeistert habe ich die beiden Vorgänger „Die drei Sonnen“ und „Der dunkle Wald“ gelesen und gehört. Außergewöhnliche Science-Fiction-Literatur! Somit war die Vorfreude auf den Abschlussband natürlich groß. Doch leider enttäuscht Cixin Liu mit „Jenseits der Zeit“ über weite Strecken. Zu Anfang ist man noch angetan, auch weil man ja darauf gewartet hat, dass es weitergeht, doch mit zunehmender Seitenzahl dreht sich die Geschichte immer mehr um ihren eigenen Kosmos. Es wiederholt sich, es geht nichts vorwärts, die literarische Ödnis breitet sich aus. Ich hätte mir für den Abschluss der Trilogie mehr erhofft, trotzdem bleiben die ersten beiden Bände unantastbar.
Heyne, 990 Seiten; 17,99 Euro
Sally Rooney
Gespräche mit Freunden
Frances und ihre Freundin Bobbi, Studentinnen in Dublin, lernen das gut zehn Jahre ältere Ehepaar Melissa und Nick kennen. Sie treffen sich bei Events, zum Essen, führen Gespräche. Persönlich und online diskutieren sie über Sex und Freundschaft, Kunst und Literatur, Politik und natürlich, über sich selbst. Während Bobbi von Melissa fasziniert ist, fühlt sich Frances immer stärker zu Nick hingezogen.
Die junge Irin Sally Rooney, Jahrgang 1991, ist für ihren Debütroman „Gespräche mit Freunden“ gefeiert worden. Zurecht? Ja! „Gespräche mit Freunden“ hat den gewissen Beat, die Ruhe, die Aufmüpfigkeit, das pralle Beziehungsleben und alles was es mit sich bringt. Erzählt wird die Geschichte aus der Sicht von Frances. Sally Rooneys Stil ist nüchtern und analysierend, aber nicht weniger intensiv. Es passt zu den Charakteren und dem Geschehen. Die Charaktere strahlen – zu Anfang – alle keine große Wärme aus, aber trotzdem ist man angetan von ihnen, will immer mehr von ihnen erfahren. Und auch was passiert hat wenig romantische Züge, sondern vielmehr zeigt Sally Rooney eine Realität weit weg von der Gänseblümchen-Romantik. Beziehungen „sterben“ und „leben“ woanders wieder neu auf. Die Liebe und die Abneigung der Figuren untereinander, das Näherkommen, das Entfernen, das Aufflammen von Gefühlen und das Abflauen. Das ist alles spannend zu lesen, auch die Konstellation: eine jüngere Frau liebt eine jüngere Frau, eine ältere Frau liebt einen jüngeren Mann, ein älterer Mann liebt eine jüngere Frau, eine jüngere Frau liebt einen älteren Mann, eine jüngere Frau liebt eine ältere Frau. Obwohl Liebe eigentlich unangebracht ist, es ist die sexuelle, die magische Anziehungskraft, die über die Geschichte bestimmend ist. Sally Rooney ist die weibliche moderne Ausführung eines Richard Yates, der mit seinen zeitlosen Eheromanen Weltliteratur erschaffen hat. Mit „Gesprächen mit Freunden“ hat Sally Rooney einen sehr guten Anfang gemacht. Vielleicht gelingt ihr es mit weiteren Werken diesen Ruf nachhaltig zu bestätigen.
Luchterhand, 384 Seiten; 20,00 Euro
Stuart Turton
Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle
Familie Hardcastle lädt zu einem Ball auf ihr Anwesen Blackheath. Alle Gäste amüsieren sich, bis ein fataler Pistolenschuss die ausgelassene Feier beendet. Evelyn Hardcastle, die Tochter des Hauses, wird tot aufgefunden. Unter den Gästen befindet sich jemand, der mehr über diesen Tod weiß, denn am selben Tag hat Aiden Bishop eine seltsame Nachricht erreicht. Tatsächlich wird Evelyn nicht nur ein Mal sterben. Bis der Mörder entlarvt ist, wiederholt sich der dramatische Tag in Endlosschleife. Doch damit nicht genug: Immer, wenn ein neuer Tag anbricht, erwacht Aiden im Körper eines anderen Gastes und muss das Geflecht aus Feind und Freund neu entwirren.
„Die sieben Tode der Evelyn Hardcastle“ ist definitiv kein Kriminalroman von der Stange! Ein ausgebuffter und unglaublich kluger Krimi, der die Gehirnzellen ins schwitzen bringt. Abschalten dürfen Sie bei dieser Geschichte nicht, sonst könnte es sein, dass sie in einer ganz anderen Geschichte wieder ankommen. Stuart Turton hat mit seinem Debüt mächtig Eindruck hinterlassen. Das Buch erscheint in 25 Ländern.
Klett-Cotta, 603 Seiten; 24,00 Euro
Andreas Föhr
Tote Hand
Kommissar Clemens Wallner von der Kripo Miesbach und Polizeiobermeister Leonhardt Kreuthner bekommen alle Hände voll zu tun, als ausgerechnet der Schafkopf-Held Johann Lintinger durch eine Schrottschere seiner rechten Hand beraubt wird. Ein würdiges Begräbnis muss her für diese legendäre Rechte, beschließt Polizeiobermeister Leonhardt Kreuthner, und so wird gleich neben einer alten Kapelle ein Grab ausgehoben. Doch der Ruheplatz ist bereits belegt: von einer männlichen Leiche. DNA-Untersuchungen ergeben, dass es sich um den seit einem Jahr vermissten Vermögensberater Daniel Ulrich, ansässig in Frankfurt, handelt. Er soll in Miesbach einen Wagen gestohlen haben. Doch warum? Und wo sind seine Frau und sein Sohn?
Wenn Bestsellerautor Andreas Föhr sein Ermittlerduo Wallner & Kreuther zum Einsatz schickt ist großartige Krimiunterhaltung garantiert! Wie kaum ein anderer Krimiautor in Deutschland mischt Andreas Föhr eine ansprechende Krimihandlung mit bissigem Humor. „Tote Hand“ ist mittlerweile der achte Band des Ermittlerduos und reiht sich qualitativ nahtlos bei den bisherigen Bänden ein. Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Michael Schwarzmaier liest gewohnt pointiert und schwungvoll. Schwarzmaier & Föhr – eine gute Kombination! 19,95 Euro. HörprobeKnaur, 380 Seiten; 14,99 Euro
Hörbuch der Woche
Thomas Herrmanns
Netter is better
„You better be nice, da hast du was davon“, sagt Thomas Hermanns, erfolgreicher Moderator, Regisseur, Entertainer und Gründer des Quatsch Comedy Clubs – und das berühmteste Lächeln im deutschen Fernsehen. In Deutschland gerät gute Laune schnell unter den Verdacht von Oberflächlichkeit oder sogar Dummheit. Wer Erfolg haben will, muss sich eher durchbeißen, als gut gelaunt seine Ziele zu erreichen „All das völlig zu Unrecht!“, sagt Thomas Hermanns. Der Mann, der das unbeschwerte Lachen nach Deutschland importierte, gilt als einer der nettesten Menschen der Unterhaltungsindustrie. Er war schon immer überzeugt davon, dass man freundlich viel besser durchs Leben kommt – und seine Geschichte ist der beste Beweis dafür.
Sei freundlich zu deinen Mitmenschen, dann wird es auch dir besser gehen. Würden alle nach Thomas Herrmanns Credo leben, oh was wäre unsere Welt für ein Paradies! In „Netter is better“ erzählt Thomas Herrmanns von einem Leben, das aus Nettigkeit besteht, aber ohne dabei seine Ziele aus den Augen zu verlieren. Denn man kann Erfolg haben und nett dabei sein. Vor gut dreißig Jahren brachte er uns Karaoke bei und einige Jahre später fing er ganz klein mit dem Quatsch Comedy Club an. Dort traten alle Größen der deutschen Comedian-Szene auf – als sie noch ganz unbekannt waren. Man kann Thomas Herrmanns wahrlich als Wegbegleiter der guten Laune in Deutschland ansehen. Ohne ihn würde man im ernsten Deutschland sicher weniger zu lachen haben. Thomas Herrmanns liest „Netter is better“ natürlich selbst. Und man merkt ihm die Freude an seinem Text, an seiner gelebten Geschichte an. Das ist ansteckend! Hörprobe 12:13 Min.
Lübbe Audio, 5 CDs, 332 Minuten; 18,00 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 16.09.2019 – Nr.578
Fredrik Backman
Wir gegen euch
Die Menschen von Björnstadt haben erlebt, was es heißt, wenn ein ganzer Ort auseinanderbricht. Weil der junge Kevin die junge Maya vergewaltigt hat. Und sie wollen nur eines: wieder zusammenfinden. Um eine Zukunft zu schaffen für alle. Dafür braucht es etwas, an das sie glauben können. Etwas, das sie zusammenbringt. Das ist der Sport, das ist Eishockey. Doch der Kampf darum wird einer auf Leben und Tod. „Dies ist die Geschichte unserer Stadt. Einige von uns werden sich verlieben, und andere werden verzweifeln. Wir werden unsere schönsten Tage erleben und zugleich unsere allerschlechtesten. Diese Stadt wird jubeln, aber sie wird auch brennen.“
Der Schwede Fredrik Backman schreibt einen Bestseller nach dem anderen! Mit Büchern wie „Ein Mann namens Ove“, „Oma lässt grüßen und sagt, es tut ihr leid“ und „Kleine Stadt der großen Träume“ hat er sehr viele Leser weitweit begeistert. Nun erscheint sein neues Buch „Wir gegen euch“, es ist die Fortsetzung von „Kleine Stadt der großen Träume“. Vordergründig geht es bei „Wir gegen euch“ um Eishockey, genauer um die Mannschaften von Björnstadt und Hed. Nach den dramatischen Ereignissen aus dem Vorgängerband hat sich einiges verschoben in der Stadt, auch in den Eishockeymannschaften. Doch vor allem in den Köpfen und den Leben der Menschen aus Björnstadt. Fredrik Backman hat ein einzigartiges Gespür für seine Figuren und deren Gefühle. Selbst wenn er darüber schreiben würde, wie fünf Frauen in einer Schneelandschaft einfach nur Spazierengehen, wäre das literarisch atemberaubend. Sein Stil macht süchtig! „Wir gegen euch“ zeigt das Bild einer seelisch verwundeten Kleinstadt und wie ein Ereignis nachhaltig alles verändern kann – in den Köpfen der Menschen, in ihren Herzen, in ihrem Verhalten. „Wir gegen euch“ ist aber auch ein Gesellschaftsroman, der auf kleinem Raum abbildet, wie die Menschen ticken. Zeitgleich zu diesem Roman erscheint von Fredrik Backman auch die Novelle „Und jeden Tag wird der Weg nach Hause länger und länger“.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Der bekannte Schauspieler Heikko Deutschmann gibt der starken, menschlichen Geschichte eine starke, feinfühlige Stimme. 19,95 Euro. HörprobeKrüger, 539 Seiten; 19,99 Euro
Doris Dörrie
Leben, schreiben, atmen
Schreiben heißt für Doris Dörrie, das eigene Leben bewusst wahrzunehmen. Wirklich zu sehen, was vor unseren Augen liegt. Oder wiederzufinden, was wir verloren oder vergessen haben. Es ist Trost, Selbstvergewisserung, Anklage, Feier des Lebens. Doris Dörrie denkt in diesem Buch über das autobiographische Schreiben nach, gibt Tipps und kreative Anleitungen. Und sie erzählt selbst von ihrem eigenen Leben.
Als jemand, der auch selbst erfolgreich Romane schreibt, und sie seit über 17 Jahren als Kritiker bewertet, war ich gespannt, wie die bekannte Bestsellerautorin und Regisseurin Doris Dörrie sich dem Thema Schreiben widmen würde. Wenn ich noch nichts geschrieben hätte, und dieses Buch mir als erste Anleitung dazu gekauft hätte, würde ich sehr wahrscheinlich nicht mit dem Schreiben beginnen. Die Einlassungen von Doris Dörrie sind wenig originell und hilfreich. Sie beruhen eher auf das, was sie selbst erlebt und gefühlt hat. Doch über so etwas könnte jeder schreiben, nur würde es sich dann nicht verkaufen, weil man nicht Doris Dörrie hieß. Ohne den großen Namen Doris Dörrie würden von diesem Hardcover keine 100 Stück verkauft werden. Mit zahlreichen Werken hat mich Doris Dörrie als Romanautorin überzeugt, mit diesem Buch nicht!
Diogenes, 277 Seiten; 18,00 Euro
Eva Garcia Saenz
Die Stille des Todes
Es sterben immer zwei. Sie sind immer gleich alt. Und sie kennen sich nicht. Eine Stadt ist in Angst. In der Kathedrale von Vitoria liegt ein totes Paar, völlig nackt, die Hände auf der Wange des anderen. Das alles gleicht exakt einer Serie von Verbrechen vor zwanzig Jahren, die die Stadt in Atem hielt. Doch der Fall gilt als gelöst, der Täter sitzt in strenger Einzelhaft. Hat man damals einen Unschuldigen verurteilt? Inspector Ayala, genannt Kraken, und seine Kollegin Inspectora Gauna läuft die Zeit davon, denn der Killer hat einen Plan, und der fordert weitere Opfer …
„Die Stille des Todes“ ist der Beginn einer Thrillerreihe um den charismatischen Inspector Ayala, die in Spanien für Furor gesorgt hat! Und auch bei uns schlägt diese Thrillerreihe ein. Mehrere Auflagen sind gedruckt, die Leser sind begeistert. Ich kann dieses positive Echo nur teilen. „Die Stille des Todes“ ist ein extrem spannender Thriller mit vielen Besonderheiten! Ein spektakulärer Fall, ein Inspector, der selbst eine große Schau ist, die Nebendarsteller, die alle durch Tiefe und Eigenarten überzeugen, dazu der Schauplatz Spanien, der über die Geschichte hinaus noch viel Interessantes zu vermitteln hat. Sie werden bei der „Stille des Todes“ auch ganz still werden, und sich nur noch diesem Buch widmen! Lange warten muss man auf den zweiten Fall für Inspector Ayla „Das Ritual des Wassers“ auch nicht, dieser erscheint bereits im Oktober 2019.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Uve Tescher verleiht den Figuren Kraft und lässt einen den Thrill durch seine Stimme spüren. 19,95 Euro. Hörprobe auf argon-verlag.deScherz, 566 Seiten; 15,00 Euro
Ildikó von Kürthy
Es wird Zeit
„Was soll jetzt noch kommen?“ Judith ist fast fünfzig, und auf diese Frage fällt ihr leider keine zufriedenstellende Antwort ein. Die Kinder sind groß, ihr Mann ist in die Jahre gekommen und das Leben auch. Dann stirbt ihre Mutter, und Judith kehrt nach zwanzig Jahren in die alte Heimat zurück, wo sie ein gut gehütetes Geheimnis, ein leeres Grab und einen Haufen Hoffnungen, Träume und Albträume zurückgelassen hat. Und plötzlich gerät alles aus den Fugen. Eine lebenslange Lüge stellt sich als Wahrheit heraus. Eine wiedergefundene Freundin hofft, den nächsten Sommer noch zu erleben, und will endlich wissen, was damals wirklich passiert ist.
Nach einigen schwächeren Büchern in letzter Zeit hat Bestsellerautorin Ildikó von Kürthy mit „Es wird Zeit“ wieder einen Volltreffer gelandet! Es ist eine Geschichte, die einen auf so vielen Ebenen des Lebens anspricht. Wie ist das mit dem Älterwerden, wenn man eigentlich doch noch jung ist im Kopf? Wie verhält es sich mit den Veränderungen der Liebe mit fortschreitender Zeit? Es geht um Freundschaft, um den Tod, einfach um das Leben. Und der Witz kommt dabei auch nie zu kurz. „Es wird Zeit“ ist wohl eines der besten, wenn nicht das beste Buch aus der Feder der Bestsellerautorin Ildikó von Kürthy!
Wunderlich, 382 Seiten; 20,00 Euro
Inge Löhnig
Unbarmherzig
Gina Angelucci, Spezialistin für Cold Cases bei der Münchner Kripo, ist aus der Elternzeit in den Dienst zurückgekehrt. Ihr Ehemann und Kollege Tino Dühnfort betreut die kleine Tochter. Als in dem idyllischen Dorf Altbruck zwei Leichen gefunden werden, die mehrere Jahrzehnte verscharrt gewesen waren, übernimmt Gina die Ermittlungen. Die Identität der Toten nach so langer Zeit zu klären, erscheint zunächst als unlösbare Aufgabe. Dann wird klar, dass das weibliche Opfer aus dem Baltikum stammt. War sie eine Zwangsarbeiterin? Während Gina einen Mörder sucht, der vielleicht selbst nicht mehr am Leben ist, bemerken sie und Tino nicht, dass ihnen jemand ihr privates Glück missgönnt und es zerstören will.
Inge Löhnig ist bekannt geworden durch ihre überragende Kommissar-Dühnfort-Reihe. Nun hat sie mit der Gina-Angelucci-Reihe eine neue an den Start gebracht. Schon Band 1 „Gedenke mein“ erfüllte voll und ganz die hohen Erwartungen an die Bestsellerautorin. Gina Angelucci ist die deutsche weibliche Ausgabe des dänischen Phänomens aus dem „Sonderdezernat Q“, „Cold-Case”-Ermittler Carl Mørck! Psychologische Spannung mit Kick.
Ullstein, 384 Seiten; 12,99 Euro
Hörbuch der Woche
Leo Born
Brennende Narben
Die Vergangenheit lässt der eigenwilligen Frankfurter Kommissarin Mara Billinsky keine Ruhe. Der Mörder ihrer Mutter wurde nie gefunden. Zudem hält der Mord an einer Edel-Prostituierten und ein Bombenanschlag auf der Autobahn das gesamte Kripo-Team in Atem. Eines Tages erhält Mara eine anonyme Warnung: Der „Wolf“ sei in der Stadt und im Visier habe er: – sie! Als Mara endlich erkennt, dass sie und ihre Kollegen nur Spielfiguren in einem kaltblütigen Krieg sind, ist es fast zu spät.
Nach „Blinde Rache“ und „Lautlose Schreie“ ist „Brennende Narben“ nun der dritte Thriller aus der Mara-Billinsky-Reihe. Nachdem schon die beiden Vorgänger überzeugen konnten, überzeugt nun auch das neue Buch aus der Reihe. Eine spannende Großstadtstory, die einem den Atem von Frankfurt spüren lässt. Mara Billinsky ist unkonventionell, unangepasst und hart. Ein tougher Frankfurt-Thriller mit einer starken Kommissarin! Gelsen wird dieses starke Gemisch von Sabina Godec. Sabina Godecs Stimme passt zum Genre Thriller perfekt. Mit ihr geht man auf eine Reise durch das düstere Frankfurt mit noch düsteren Charakteren. Hörprobe 10:00 Min.
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Bastei Lübbe, 11,00 Euro..Lübbe Audio, 6 CDs, 478 Minuten; 16,00 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 23.09.2019
Claire Lombardo
Der größte Spaß, den wir je hatten
Vierzig glückliche Ehejahre: Für die vier erwachsenen Sorenson-Schwestern sind ihre Eltern Marilyn und David ein nahezu unerreichbares Vorbild. Wendy, früh verwitwet, tröstet sich mit Alkohol und jungen Männern. Violet mutiert von der Prozessanwältin zur Vollzeitmutter. Liza, eine der jüngsten Professorinnen des Landes, bekommt ein Kind, von dem sie nicht weiß, ob sie es will. Und Grace, das Nesthäkchen, bei dem alle Rat suchen, lebt eine Lüge, die niemand ahnt. Was die vier ungleichen Schwestern vereint, ist die Angst, niemals so glücklich zu werden wie die eigenen Eltern. Dann platzt Jonah in ihre Mitte, vor fünfzehn Jahren von Violet zur Adoption freigegeben. Und Glück ist auf einmal das geringste Problem.
Ein so wundervolles Buch! Ich habe während des Lesens mit den Charakteren gelebt, war an ihrer Seite, erlebte ihre Dramen hautnah mit. Die vier Schwestern, mit ihren unterschiedlichen Leben, zeigen vor allem in Sachen Liebe und Beziehungen, dass es dort keine große Romantik mehr gibt, sondern akute Realität. Vor allen ist man mit dem Partner und seinem Verhalten unzufrieden. Aber auch das eigene Leben läuft nicht immer so, wie erträumt und geplant. Die Geschichte blickt auch immer wieder auf die jungen Jahre des Ehepaars Marilyn und David zurück. So erfährt man, wie sie sich verliebten, wie ihre Töchter geboren wurden. Und es zeigt, das auch die in die Jahre gekommenen Eltern einmal jung waren und herrlichen Sex hatten. Wie die Töchter erwachsen wurden und dass auch ihr Beziehungsleben auf eine harte Probe stellte. „Der größte Spaß, den wir je hatten“ ist eine so lebensnahe und wunderbare Geschichte! Und ich hatte wirklich sehr großen Spaß beim Lesen dieses Buches.
dtv, 719 Seiten; 25,00 Euro
Alexander Osang
Die Leben der Elena Silber
Russland, Anfang des 20. Jahrhunderts. In einer kleinen Provinzstadt östlich von Moskau wird der Revolutionär Viktor Krasnow hingerichtet. Wie eine gewaltige Welle erfasst die Zeit in diesem Moment Viktors Tochter Lena. Sie heiratet den deutschen Textilingenieur Robert Silber und flieht mit diesem 1936 nach Berlin, als die politische Lage in der Sowjetunion gefährlich wird. In Schlesien überleben sie den Zweiten Weltkrieg, aber dann verschwindet Robert in den Wirren der Nachkriegszeit, und Elena muss ihre vier Töchter alleine durchbringen. Sie sollen den Weg weitergehen, den Elena begonnen hat zu gehen – hinaus aus einem zu engen Leben, weg vom Unglück. Doch stimmt diese Geschichte, wie Elena sie ihrer Familie immer wieder erzählt hat? 2017, mehr als zwanzig Jahre nach Elenas Tod, macht sich ihr Enkel, der Filmemacher Konstantin Stein, auf den Weg nach Russland. Er will die Geschichte des Jahrhunderts und seiner Familie verstehen.
Ein Roman, auf den ich mich sehnsüchtig gefreut hatte! Die Geschichte hörte sich sehr fesselnd an, dazu ein spannendes Cover und der Titel stand auf der Longlist zum Deutschen Buchpreis, obwohl das eigentlich ein Negativkriterium ist. „Die Leben der Elena Silber“ besteht aus zwei Erzählsträngen, dem der Vergangenheit, und dem der Gegenwart. Nach starkem Einstieg verflacht die Geschichte zusehends, was vor allem an dem Strang in der Gegenwart liegt. Daran merkt man schnell, dass Alexander Osang kein großer Romanautor ist, sondern ein selbstverliebter literarischer Autor, der seine Leser vollkommen aus dem Blick verliert. Denn hält er den fesselnden Part in der Vergangenheit bei, so verquatscht und zerdenkt er den Part in der Gegenwart vollkommen.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Gelesen vom genialen Stefan Kaminski. An den vielen Stellen, an denen die Geschichte durchhängt, rettet der geniale Stefan Kaminski mit seiner Sprachgewalt zumindest etwas über die Tiefs hinweg. Ungekürzte Lesung, 1.031 Minuten. 24,00 Euro.. Hörprobe 5:34 Min.S. Fischer, 620 Seiten; 24,00 Euro
Hakan Nesser
Der Verein der Linkshänder
Kommissar Van Veeteren – mittlerweile im Ruhestand – hat den 75. Geburtstag vor Augen, als ein früherer Kollege auftaucht, um ihn von einem alten Fall zu berichten. Damals waren in einer Pension in Oosterby vier Menschen ums Leben gekommen, die nur eines gemeinsam hatten: die Mitgliedschaft im „Verein der Linkshänder“. Da das fünfte am Treffen teilnehmende Mitglied verschwunden war, wurde der Mann schnell als Täter identifiziert, aber niemals gefunden. Nun ist überraschend nach Jahren seine Leiche aufgetaucht, offensichtlich wurde er zur selben Zeit ermordet wie die anderen. Mit anderen Worten: Van Veeteren und seine Kollegen haben damals versagt, der Mörder ist weiter auf freiem Fuß. Bald danach wird eine weitere Männerleiche gefunden – mit den Ermittlungen hier betraut: Inspektor Barbarotti.
Hakan Nesser in Bestform! „Der Verein der Linkshänder“ ist weit mehr als ein Kriminalroman von höchster Güte. Er ist zugleich ein Entwicklungs- und Gesellschaftsroman, der sich über fünf Jahrzehnte erstreckt. Gepaart mit Kultfiguren des Genres und einem ausgezeichneten Personal. Die Entwicklung der Figuren untereinander ist fesselnd. Die Geschichte wird in drei Erzählsträngen erzählt, die in den 1960er Jahren spielen, 1991 und 2012. Jeder einzelne Strang hat seine Stärken. So erzeugt Hakan Nesser schon dadurch viel Spannung. Van Veeteren hat deutlich mehr Platz in der Geschichte, Barbarotti tritt erst relativ spät auf. Mit „Der Verein der Linkshänder“ ist Hakan Nesser ein echtes Highlight gelungen!
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Wie immer liest der großartige Dietmar Bär den aktuellen Hakan-Nesser-Roman. Dietmar Bär, mit seiner nordisch-bärigen Stimme, ist die perfekte Sprecherwahl für eine Geschichte von Hakan Nesser! 24,00 Euro. Hörprobe 6:53 Min.btb, 606 Seiten; 24,00 Euro
Volker Reinhardt
Die Macht der Schönheit
Aus dem jahrhundertelangen Wettstreit von Städten, Fürsten und Päpsten um die vollkommensten Kunstwerke entstand in Italien eine beispiellose Vielfalt und Innovationskraft. Das Buch blickt auf tausend Jahre italienischer Kulturgeschichte zurück und lässt verstehen, was die unverkennbare „Italianità“ und die unwiderstehliche Anziehungskraft so vieler eigenwilliger Künstler und Werke ausmacht.
„Die Macht der Schönheit“ erzählt die Kulturgeschichte Italiens. Also eine schöne Seite des Landes, das in letzter Zeit vor allem durch seine unbesonnene Politik auffällt. Doch Italien hat ja so viel Schönes zu bieten, eben auch kulturell. „Die Macht der Schönheit“ ist wahrlich ein schönes und ansprechendes Buch! Die Hauptthemen sind: „Die Macht der Städte 11. bis 14. Jahrhundert“, „Der Hof und die feinen Leute 15. und 16. Jahrhundert“, „Harmonien und Dissonanzen 16. und 17. Jahrhundert“, „Ausgrabungen und Aufklärung 18. Jahrhundert“, „Der Traum von der nationalen Wiedergeburt – Das lange 19. Jahrhundert“ und „Futurismus, Faschismus, Fashion und Film 20. und 21. Jahrhundert.“
C. H Beck, 651 Seiten; 38,00 Euro
Cornelia Funke / Guillermo del Toro
Das Labyrinth des Fauns
Spanien, 1944: Ofelia zieht mit ihrer Mutter in die Berge, wo ihr neuer Stiefvater mit seiner Truppe stationiert ist. Der dichte Wald, der ihr neues Zuhause umgibt, wird für Ofelia zur Zufluchtsstätte vor ihrem unbarmherzigen Stiefvater: ein Königreich voller verzauberter Orte und magischer Wesen. Ein geheimnisvoller Faun stellt dem Mädchen drei Aufgaben. Besteht sie diese, ist sie die lang gesuchte Prinzessin des Reiches. Immer tiefer wird Ofelia in eine phantastische Welt hineingezogen, die wundervoll ist und grausam zugleich. Kann Unschuld über das Böse siegen?
Inspiriert von Guillermo del Toros mit dem Oscar prämierten Film „Pans Labyrinth“ erschafft Bestsellerautorin Cornelia Funke eine neue Welt. Schnell wird man mitgerissen von der fantastischen Geschichte und der fantastischen Welt. Hinter der Geschichte stehen ja auch zwei Namen, die für große Qualität auf ihrem Gebiet stehen. Auch Sie werden sich im „Labyrinth des Fauns“ schnell verlieren, und erst, wenn Sie die letzte Seite gelesen und das Buch zugeschlagen haben, wieder ins Jetzt zurückkehren.
Sauerländer, 318 Seiten; 20,00 Euro
Hörbuch der Woche
Linda Castillo
Brennendes Grab
Der 18-jährige Sohn der Familie Gingerich wurde bei lebendigem Leib verbrannt. Er starb eingeschlossen in einer brennenden Scheune. Daniel galt als tüchtig, freundlich und zuverlässig. Doch die Ermittlungen bringen auch eine dunkle Seite von ihm ans Licht. Eine Seite, von der die amische Gemeinde nichts wissen will. Als Kate Burkholder den Dingen auf den Grund geht, finden sich plötzlich mehr Verdächtige, als ihr lieb ist. Jemand muss Daniel Gingerich grenzenlos gehasst haben. So sehr, dass er ihn in die Scheune lockte und sie anschließend anzündete.
„Brennendes Grab“ ist der 10. Kriminalroman aus der großartigen Kate-Burkholder-Reihe. In Linda Castillos erschaffenen Amischgemeinde wird weiter gemordet was das Zeug hält! Ganz davon abgesehen, dass bei den eher friedlichen Amischen wohl bei weitem weniger Morde passieren, wie die Reihe es suggeriert, ist diese einfach nur großartig. Linda Castillo schafft es immer wieder, dass man bei ihren Büchern von Anfang an mitfiebert. Man ist gespannt auf den Fall und die Auflösung, aber genauso, was man wieder Neues aus der amischen Gemeinde erfährt. Mit dieser Mischung hat Linda Castillo im Genre ein Alleinstellungsmerkmal. „Brennendes Grab“ ist sehr spannend, überzeugt wieder mit gut gezeichneten Charakteren und wartet mit einem überraschenden Ende auf!. Hörprobe 5:00 Min.
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Fischer, 10,99 Euro.Argon Hörbuch, 6 CDs, 456 Minuten; 19,95 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 30.09.2019 – Nr.580
Rebecca Gablé
Teufelskrone
England 1193: Als der junge Yvain of Waringham in den Dienst von John Plantagenet tritt, ahnt er nicht, was sie verbindet: Beide stehen in Schatten ihrer ruhmreichen älteren Brüder. Doch während Yvain und Guillaume of Waringham mehr als die Liebe zur selben Frau gemeinsam haben, stehen die Brüder John Plantagenet und Richard Löwenherz auf verschiedenen Seiten – auch dann noch, als John nach Richards Tod die Krone erbt. Denn Richards Schatten scheint so groß, dass er John schon bald zum Fluch zu werden droht.
„Teufelskrone“ ist der sechste Band aus der sensationellen „Waringham“-Saga. Ein Historienroman wie ein bildgewaltiges Gemälde! Man entdeckt darin in jedem noch so kleinen Winkel eine eigene spannende Geschichte. Rebecca Gablé ist nicht nur die Königin des historischen Romans, sondern sie schafft es auch mit jedem neuen Roman sich selbst zu übertreffen. Ein fast unmögliches Unterfangen, das ihr jedes Mal wieder aufs Neue gelingt. Rebecca Gablè hat mit der „Waringham“-Saga Klassiker des historischen Romans erschaffen! Auch in Jahrzehnten werden diese Romane noch genauso prägend für das Genre sein wie heute.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Detlef Bierstedt liest erneut mit großer Klasse. Seine große Stimme ist wie gemacht für Rebecca Gablés große historische Romane! 28,00 Euro. Hörprobe 5:34 Min.
Lübbe, 928 Seiten; 28,00 Euro
Esi Edugyan
Washington Black
Barbados, 1830. Der schwarze Sklavenjunge Washington Black schuftet auf einer Zuckerrohrplantage unter unmenschlichen Bedingungen. Bis er zum Leibdiener Christopher Wildes auserwählt wird, dem Bruder des brutalen Plantagenbesitzers. Christopher ist Erfinder, Entdecker, Naturwissenschaftler – und Gegner der Sklaverei. Das ungleiche Paar entkommt in einem selbst gebauten Luftschiff von der Plantage. Es beginnt eine abenteuerliche Flucht, die die beiden um die halbe Welt führen wird.
Ein Buch, das bisher weltweit große Wellen schlug. Nominiert für den Booker Prize, den PEN-Preis und viele mehr. Ausgezeichnet mit dem wichtigsten Literaturpreis Kanadas. Bei dieser vielen Ehre und der gut klingenden Geschichte, muss mich Großes erwarten, dachte ich. Es kam anders. Das Schlimmste, die Geschichte hat keinen richtigen roten Faden und schon gar keinen Spannungsbogen. Auch wenn der Wert der Geschichte als hoch einzuschätzen ist, so sollte dieser doch auch mit genügend Spannung und vor allem nicht auch noch mit einer Menge an Langeweile verbunden sein. Esi Edugyan muss noch viel lernen, wie man einen wirklich guten Roman schreibt. „Washington Black“ erfüllt somit nur in kleinen Teilen meine hohen Erwartungen, die ich an dieses wellenschlagende Buch hatte.
Eichborn, 509 Seiten; 24,00 Euro
Rob Hart
Der Store
Paxton und Zinnia lernen sich bei Cloud kennen, dem weltgrößten Onlinestore. Paxton hat dort eine Anstellung als Security-Mann gefunden, nachdem sein Unternehmen ausgerechnet von Cloud zerstört wurde. Zinnia arbeitet in den Lagerhallen und sammelt Waren für den Versand ein. Das Leben im Cloud-System ist perfekt geregelt, aber unter der Oberfläche brodelt es. Die beiden kommen sich näher, obwohl sie ganz unterschiedliche Ziele verfolgen. Bis eine schreckliche Entdeckung alles ändert.
„Der Store“ sprich „Cloud“ oder auf die Realität bezogen, dann ist unschwer zu erkennen, dass der Autor Onlinegigant „Amazon“ damit meint, ist ein Roman der einschlägt! Rob Hart beschreibt das System des alles wissenden und übermächtigen Onlinegiganten messerscharf zugespitzt und verlegt es noch einige Jahre in eine für uns düstere Zukunft. Was passiert, wenn einer der amerikanischen Onlinekonzerne in Zukunft tatsächlich mal so viel Macht und Wissen angehäuft hat, dass er gar ganze Regierungen und Staaten ersetzen und stürzen kann? Das man daraus einen so spannenden Roman machen kann, der neben der vielen Fantasie (oder ist es einfach nur Zukunftswissen?) so viel an Realität enthält, dazu kann man dem Autor nur staunend applaudieren. Und gleichzeitig gruselt man sich auch vor dieser marktbeherrschenden Zukunft eines einzelnen Konzerns, die nur vermeintlich den Kunden als den König ansieht. Denn dafür müssen Menschen bluten – in allen Bereichen. Psychisch wie physisch. „Der Store“ ist ein dystopischer Gesellschaftsroman mit hoher Sprengkraft!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Abwechslungsreich und intensiv gelesen von dem Sprecherensemble Anna Carlsson, Janin Stenzel, Simon Jäger und Frank Arnold. 22,00 Euro. Hörprobe 10:00 Min.Heyne, 586 Seiten; 22,00 Euro
Elena & Michela Martignoni
Borgia – Die Verschwörung
Rom 1497. Rodrigo Borgia, besser bekannt als Papst Alexander VI., wird von einer schrecklichen Nachricht überrascht: Sein Lieblingssohn Juan, Herzog von Gandìa, wurde ermordet. Seine mit Stichwunden übersäte Leiche wurde wie Unrat in einen Abwasserkanal geworfen. Außer sich vor Schmerz setzt Rodrigo alles daran, den Schuldigen zu finden. Doch die Liste der möglichen Täter ist lang. Denn Juan war so attraktiv wie gewissenlos, so galant wie egoistisch. Und durch seine Skrupellosigkeit hatte er sich schließlich jeden zum Feind gemacht.
Die „Borgia“-Trilogie wird Sie in Ihren Bann ziehen! Die Geschichte ist für einen historischen Roman flott erzählt und den Figuren kommt man dabei trotzdem nah. Das was alles rund um die Borgias passiert ist interessanter Lesestoff. Die Schwestern Martignoni haben mit der „Borgia“-Trilogie in Italien einen Bestseller gelandet.
Goldmann, 373 Seiten; 12,00 Euro
Riley Sager
Schwarzer See
Emma Davis ist Künstlerin und steht am Beginn einer großen Karriere. Niemand ahnt, dass sie in ihren Bildern eine traumatische Erinnerung verarbeitet. Vor 15 Jahren hat sie im Sommercamp in den Wäldern am Lake Midnight etwas Furchtbares erlebt: Ihre drei Freundinnen verschwanden eines Nachts, man fand keinerlei Spuren. Jetzt kehrt Emma zurück an den schwarzen See. So schön die Umgebung, so beklemmend ist die Atmosphäre im Camp. Und dann scheint sich die Geschichte zu wiederholen: Erneut verschwinden drei Mädchen. Doch Emma ist fest entschlossen, sie zu finden − und endlich herauszubekommen, was damals geschah.
Riley Sager hatte schon mit den „Final Girls“ für Thriller mit großer Spannung gesorgt. Und sein Nachfolger, ein „New-York-Times“-Bestseller, steht dem in nichts nach. „Schwarzer See“ ist geheimnisvoll, überraschend, atmosphärisch dicht – ein Thriller-Hochgenuss!
dtv, 413 Seiten; 9,95 Euro
Hörbuch der Woche
Leigh Bardugo
King of Scars – Thron aus Gold und Asche
Niemand weiß, was der junge König von Ravka, während des blutigen Bürgerkrieges durchgemacht hat. Und wenn es nach Nikolai selbst geht, soll das auch so bleiben. Jetzt, wo sich an den geschwächten Grenzen seines Reiches neue Feinde sammeln, muss er einen Weg finden, Ravkas Kassen wieder aufzufüllen, Allianzen zu schmieden und eine wachsende Bedrohung für die einstmals mächtige Armee der Grisha abzuwenden. Doch mit jedem Tag wird in dem jungen König eine dunkle Magie stärker und stärker und droht, alles zu zerstören, was er aufgebaut hat. Schließlich begibt Nikolai sich mit einem jungen Mönch und der legendären Grisha-Magierin Zoya auf eine gefährliche Reise zu jenen Orten in Ravka, an denen die stärkste Magie überdauert hat. Denn nur dort besteht eine Chance, sein dunkles Vermächtnis zu bannen.
Leigh Bardugo, die in Jerusalem geboren wurde und in Los Angeles aufwuchs, konnte mit ihren Fantasy-Bestsellern „Das Lied der Krähen“ und „Das Gold der Krähen“ viele Leserinnen und Leser begeistern. Sie hatte damit die Meßlatte für ihr neues Werk selbst sehr hochgelegt. Aber sie hat nicht enttäuscht. „King of Scars“ ist atemberaubend, berauschend, mitreißend – ein Fantasy-Highlight! Die Welt, die sie erschaffen hat, die Figuren, die darin wandeln, alles saugt man als Leser bzw. Zuhörer auf. Und das Zuhören macht großen Spaß! Robert Frank liest „King of Scars“ nicht nur, sondern er lebt jede der Figuren. Ein Gänsehaut-Hörbuch! Leigh Bardugo erzählt in „King of Scars“ die Geschichte der beliebtesten Figur ihrer „Grisha“-Trilogie weiter: Nikolai Lantsov. Dieses Buch und Hörbuch kann man auch ohne Vorkenntnisse genießen. Hörprobe 5:00 Min.
Auch als Paperback erhältlich bei Knaur, 16,99 Euro.Argon Hörbuch, 2 MP3 CDs, 1.027 Minuten; 19,95 Euro
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