Kolumne vom 02.11.2015 – Nr. 376
Elizabeth George
Bedenke, was du tust
Barbara Havers hat nach ihren letzten Alleingängen keinen guten Stand bei ihrer Chefin Isabelle Ardery. Ein falscher Schritt und sie könnte strafversetzt werden, doch sie will sich beweisen. Da kommt es ihr gerade gelegen, dass sich in Cambridge ein mysteriöser Todesfall ereignet hat: Die Bestsellerautorin Clare Abbott wurde tot in ihrem Hotelzimmer aufgefunden. Aber war es überhaupt ein Mord? Clares Freundin und Lektorin Rory Statham glaubt jedenfalls nicht an einen natürlichen Tod. Auch Barbara hat nach und nach eine Person besonders im Visier. Und dann geschieht auch Rory etwas …
Elizabeth George baut den Kriminalfall geschickt auf. Sie verbindet die einzelnen Stränge langsam und sauber, aber immer spannend. Sagenhaft gut! In „Bedenke, was du tust“ geht es um manische Mutterliebe, Söhne, die mehr auf ihre Mutter hören, als auf die Frau, die sie eigentlich lieben, um die Liebe im Allgemeinen, wie schwierig sie ist, und wie viele Hindernisse sie einem in den Weg stellt, ob man nun will oder nicht. Es dauert einige Zeit, bis der Mord geschieht, doch bei Elizabeth George macht das nichts, denn ihre Figuren und deren Leben beschreibt sie auf magische Weise. Da kommt nie Langeweile auf. Barbara Havers steht im Mittelpunkt der Ermittlungen, Inspector Lynley hat etwas weniger zu tut. Elizabeth George schreibt nicht nur Kriminalromane, sondern große Gesellschaftsromane. Ihr Blick auf die Menschen und die Details ist sagenhaft. Ihre Bücher sind immer ein herausragendes Ereignis! Elizabeth George hat einen spannungsgeladenen Kriminalroman geschrieben, der zeigt, warum sie zu den weltweit besten des Genres zählt!Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Mit Stefan Wilkenings Lesung taucht man wieder voll in die Welt von Inspector Lynley und Barbara Havers ab. 24,99 Euro.
Goldmann, 704 Seiten; 24,99 Euro
Åke Edwardson
Marconipark
In Göteborg wird ein Toter gefunden. Inszeniert für die Polizei, im Marconipark. Hände und Füße gefesselt, um den Kopf eine Plastiktüte, platzierte Hinweise. Alles deutet darauf hin, dass weitere Morde geschehen. Und tatsächlich – fünf Tage später wird eine zweite Leiche gefunden. Kommissar Erik Winter vermutet Rache als Motiv. Für etwas, das in der Vergangenheit geschehen ist. Der Täter geht mit einer besonderen Brutalität vor, doch auch die Opfer selbst waren alle auf die ein oder andere Art gewalttätig. Kommissar Winter wird plötzlich von Alpträumen gequält. Kindheitserlebnisse kehren zurück. Als eine weitere Leiche auftaucht, droht der Kommissar unter der Last der Erinnerung zu zerbrechen.
Ich schätze den Schweden Åke Edwardson und seinen Kommissar Winter sehr. Jeder neue Kriminalroman hat mich immer wieder gefesselt. Doch sein neuer Roman „Marconipark“ hinterlässt bei mir viele Fragezeichen. Was hat der Autor da nur geschrieben? Ein wirres Buch, eine wirrer Fall, eine wirre Erzählweise. Man weiß nicht wo vorne und hinten ist. So viel Belangloses, so viele Nebenschauplätze, die mit der eigentlichen Story nichts zu tun haben, und nicht weniger viele Dialoge, die nur Füllmaterial sind, aber nichts aussagen. Man verliert schnell die Lust auf diese Geschichte. Sie zu Ende zu lesen ist eine Kraftanstrengung. Ich hoffe, dieser Roman bleibt nur eine Ausrutscher von Åke Edwardson.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Der sehr gute Sprecher Stephen Benson kann aus der Story leider auch nicht mehr herausholen als drin ist. 19,99 Euro.
Ullstein, 395 Seiten; 19,99 Euro
Barbara Wood
Die Insel des verborgenen Feuers
1820 kommt die junge Amerikanerin Emily Stone mit ihrem Mann, Reverend Isaac Stone, nach Hawaii. Das wilde, exotische Land verzaubert und verunsichert sie zugleich. Darf sie ihren Gefühlen für Schiffskapitän Farrow nachgeben? Und wie tief geht die Freundschaft, die sie mit der hawaiianischen Hohepriesterin Mahina verbindet? Emily trifft eine tragische Entscheidung. Vierzig Jahre später kommt die junge Theresa als Missionsschwester nach Hawaii und trifft dort auf Captain Farrows Sohn Robert. Bald erkennt sie, dass ein dunkler Fluch auf seiner Familie und auf der ganzen Insel lastet – ein Fluch, den sie nur mit der Hilfe von Emily und Mahina lösen kann. Wie kann sie die drohende Katastrophe abwenden, ohne ihr eigenes Glück zu zerstören?
Barbara Wood lässt das Hawaii des 19. Jahrhunderts lebendig werden! Man erfährt, wie auch in Hawaii die Menschen und die Gebräuche des Westens einzogen. Wie Ureinwohner mit den Verlockungen des Westens konfrontiert wurden. Wie dann 40 Jahre später Hawaii immer mehr vom wirtschaftlichen Aufschwung profitierte und sich sehr veränderte. „Die Insel des verborgenen Feuers“ erzählt von Frauen, die ihren Weg gehen, trotz aller Widrigkeiten und Stürme, von Aufbruch, Veränderung, Liebe, Leidenschaft, Glaube, schweren Entscheidungen und großen Abenteuern. Ein echter Barbara Wood eben! Sie schreibt Romane die berauschen und fesseln.
Krüger, 494 Seiten; 19,99 Euro
Félix J. Palma
Die Landkarte des Chaos
Die Verlobte des Millionärs Gilmore kommt bei einem Unfall mit einem der neu erfundenen Automobile ums Leben, und um sie wiederzuerwecken, werden im viktorianischen London keine Mittel gescheut. Alte Bekannte und neue Freunde treten auf. Inspektor Clayton von Scotland Yard, H. G. Wells und seine Frau Jane, Charles Dodgon, alias Lewis Carroll, der Autor von „Alice im Wunderland“ und Arthur Canon Doyle, der literarische Vater des Detektivs Sherlock Holmes, tragen mit ihrer Fantasie ihren Teil bei, um die durch den Tod getrennten Liebenden zu vereinen.
Nach „Die Landkarte der Zeit“ und „Die Landkarte des Himmels“ ist „Die Landkarte des Chaos“ nun der Abschluss der „Landkarten“-Trilogie. Fabulierkunst auf höchstem Niveau! Was der Spanier Félix J. Palma aufs Papier zaubert, das ist wie eine Theateraufführung der man mit großen Augen folgt. Schier Unglaubliches tut sich in der Geschichte auf. Palma tobt sich literarisch aus – zur Freude der Leser!
Kindler, 860 Seiten; 24,95 Euro
Peter Orullian
Das Gewölbe des Himmels 3 – Der Ausgestoßene
Der Vergessene kehrt zurück und seine Kreaturen aus dem Born gewinnen stetig an Macht. Tahn Junell und seinen Gefährten bleibt nichts anderes übrig, als sich zu trennen. Andernfalls würden sie nicht rechtzeitig Unterstützung für ihr Bündnis gegen den Vergessenen um sich versammeln können. Doch so kämpfen sie an verschiedenen Fronten, und der Vergessene zögert nicht, diese Schwäche auszunutzen.
Nach „Der Vergessene“ und „Der Unrechte“ ist „Der Ausgestoßene“ nun der dritte Teil von „Das Gewölbe des Himmels“. Eine epische Fantasy-Saga, die mit jedem Buch fesselnder wird! Der Amerikaner Peter Orullian mixt klassische Fantasythemen mit neuen Ansätzen und begeistert so mit „Das Gewölbe des Himmels“. Und das gute: wenn man die 602 Seiten des dritten Teils gelesen hat, kann man sich gleich auf den vierten Teil „Die Verbündeten“ stürzen. Der ist soeben erschienen.
Blanvalet, 602 Seiten; 15,00 Euro
Hörbuch der Woche
Katharina Hartwell
Der Dieb in der Nacht
Zehn Jahre nachdem Felix verschwunden ist, sitzt Paul in einer Prager Kellerbar plötzlich seinem besten Freund gegenüber. Zumindest ist Paul sicher, ihn vor sich zu haben. Doch sieht der Mann Felix überhaupt ähnlich? Paul gerät in den Bann jenes Mannes, der sich Ira Blixen nennt, sich bewegt wie Felix, ihn anschaut wie Felix und ein Muttermal an der gleichen Stelle am Handgelenk hat. Kann es Zufall sein, dass Blixen vor Jahren bewusstlos aus dem Fluss gezogen wurde und keine Erinnerung an seine ersten 20 Lebensjahre besitzt? Blixen folgt Paul nach Deutschland, und es entwickelt sich ein Vexierspiel um Verlust, Sehnsucht und Angst.
Katharina Hartwell hat mit ihrem Debütroman „Das Fremde Meer“ einen starken Eindruck hinterlassen. Nun folgt ihr zweiter Roman „Der Dieb in der Nacht“. Ein Roman, der auf einer wahren Geschichte basiert. Katharina Hartwell baut die Story sehr gut auf. Das langsame Herantasten an den Fremden, das spüren, dass er der richtige ist, das Heranziehen an einen, das Bitten, mitzukommen, das unbedingte Wollen, dass er es ist. Ist er es? Und wenn ja, was dann? Und wenn nicht? Katharina Hartwell lässt es nie an Spannung vermissen und man fühlt sich auch immer selbst in die Figuren hinein. Was würde man selbst tun? Eine nachdenkliche und fesselnde Geschichte. Eine Geschichte voller Geheimnisse, Lügen und Wünschen. Samuel Weiss, Ensemblemitglied des Deutschen Schauspielhauses Hamburg, liest schnörkellos, klar und präzise.
Auch als Hardcover erhältlich bei Berlin Verlag, 20,00 Euro.
Osterwold Audio, 6 CDs, 475 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 09.11.2015 – Nr. 377
Jenny Erpenbeck
Gehen, ging, gegangen
Wie erträgt man das Vergehen der Zeit, wenn man zur Untätigkeit gezwungen ist? Wie geht man um mit dem Verlust derer, die man geliebt hat? Wer trägt das Erbe weiter? Richard, emeritierter Professor, kommt durch die zufällige Begegnung mit den Asylsuchenden auf dem Oranienplatz auf die Idee, die Antworten auf seine Fragen dort zu suchen, wo sonst niemand sie sucht: bei jenen jungen Flüchtlingen aus Afrika, die in Berlin gestrandet und seit Jahren zum Warten verurteilt sind. Richard lernt die Flüchtlinge kennen und bekommt einen anderen Blick auf die Menschen, auf die Welt.
Geht es aktueller? Wohl kaum. Ein literarisch kunstvoll verfasster Roman über das Leben, das vergeht, und über die Flüchtlinge in unserem Land, und wie man mit ihnen menschlich umgeht. Wenn man mit den Flüchtlingen spricht werden sie zu Menschen mit einer Geschichte, und es sind dann nicht mehr nur noch die Flüchtlinge. Jenny Erpenbeck erzählt sozusagen aus erster Hand, denn sie hat für diesen Roman mit vielen Geflüchteten gesprochen. Dieses Buch ist so auch ein grausamer Fundus an Geschichten, warum Menschen ihre Heimat verlassen und ihr Leben riskieren, um ein besseres, ein normales Leben führen zu können. Ein Roman der hinter die Menschen blickt. Auch die Geschichte des Witwers Richard zeigt eine Flucht auf – nach vorne. Das Leben, das einem noch bleibt, noch zu leben, auch wenn man dies alleine tun muss. Oder auch nicht, denn die Flüchtlinge werden zu Richards Freunden. „Gehen, ging, gegangen“ ist Jenny Erpenbecks Meisterstück! Das Buch war auch für den deutschen Buchpreis nominiert.Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Friedhelm Ptok (geboren 1933), u. a. Synchronsprecher bei einigen „Star-Wars“-Filmen, gibt Richard eine deutliche, eine passende Stimme. Eine gute Sprecherwahl für Erpenbecks Meisterstück. 19,99 Euro.
Knaus, 348 Seiten; 19,99 Euro
Leanne Shapton, Sheila Heti, Heidi Julavtis und andere
Frauen und Kleider
Unser Leben, unsere Kleider: Warum der alte übergroße Mantel, warum der rote Angora-Pullover, warum die silbernen Doc Martens? Welchen Einfluss haben Freundinnen, Männer, verflossene Lieben und der Kleiderschrank der Mutter? Welche Rituale gibt es beim Anziehen, mit welchen Kleidern hüllt man sich in eine neue Identität? Die drei Autorinnen dieses Buches interessieren sich dafür, warum Frauen anziehen, was sie anziehen und was sie uns damit erzählen.
„Frauen und Kleider“ ist ein New-York-Times-Bestseller! Das muss man mit Nachdruck erwähnen, denn man fragt sich, wie das Buch das geschafft hat. Die Idee des Buches ist sehr gut. Lass Frauen aus dem Nähkästchen plaudern und erzählen, was sie anziehen. Wieso? Weshalb? Warum? Klasse! Nein, das Buch ist eine Katastrophe. Und man weiß gar nicht, wo man anfangen soll. Zuerst fehlen die Fotos zu der Mode, die angesprochen wird. Mode, Fotos, hallo, das gehört doch zusammen. Die paar Bildchen die abgebildet sind, kommen einem vor wie aus dem Überraschungsei. Dann ist viel Text extrem klein gedruckt, sehr unangenehm zu lesen. Und über allem schwebt die Langeweile. Denn das, was so erzählt wird, über das was die Frauen anziehen, ist wenig anziehend!
S. Fischer, 446 Seiten; 24,99 Euro
Zeruya Shalev
Schmerz
Vor zehn Jahren ist Iris bei einem Terroranschlag schwer verletzt worden. Zwar ist sie in ihr altes Leben zurückgekehrt, sie leitet eine Schule, ihr Mann steht ihr treu zur Seite, die Kinder sind fast erwachsen, doch quälen sie Tag für Tag Schmerzen. Als sie Eitan wiederbegegnet, der Liebe ihrer Jugend, der sie vor Jahren jäh verlassen hat, wirft sie das völlig aus der Bahn. Die Wunde, die er ihr damals zufügte, ist tief, und doch fühlt sich Iris erneut zu ihm hingezogen Sie ist versucht, ihrer Ehe zu entfliehen, die ersten Lügen zu stricken, alles aufs Spiel zu setzen.
Hätte man einen besseren Romantitel als „Schmerz“ für dieses Buch finden können? Nein! Die israelische Bestsellerautorin Zeruya Shalev beschreibt das Leben von Iris so plastisch schmerzvoll, das man beim Lesen selbst leidet. Zeruya Shalev schreibt betörend und in einer Sprache, die voller Geheimnisse ist. Die Geschichte fließt dahin wie ein ruhiger Bach, der immer mehr zu einem reißenden Fluss wird. „Schmerz“ zeigt ein körperliches und seelisches Trauma, das ein ganzes Leben verändert, eine Ehe, die immer brüchiger wird, aufgezehrt vom Alltag, aber vor allem durch Iris‘ schockierenden Lebenseinschnitt, Kinder, die nicht mehr Kinder sind, sondern Erwachsene sein wollen, nicht mehr hören, nicht mehr so wollen, wie es eigentlich sein sollten. Und dann kommen da neue Gefühle: Sex, ja, aber vor allem das Spüren des anderen. „Schmerz“ ist schmerzvoll – durch und durch.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. Die bekannte deutsche Schauspielerin Maria Schrader gibt sich wieder die Ehre als Vorleserin. Eine beeindruckende Lesung, so beeindruckend wie der Roman. 24,99 Euro.
Berlin Verlag, 381 Seiten; 24,00 Euro
Alessandra Mattanza
Zu Hause in New York: 20 Prominente zeigen ihre Stadt
Robert de Niro, Woody Allen, Siri Hustvedt, Daniel Libeskind, Taylor Swift, Candace Bushell, Spike Lee, Al Pacino, Martin Scorsese und noch andere mehr. Diese berühmten New Yorker zeigen dem Leser ihre Stadt. Die Autorin Alessandra Mattanza hat bedeutende Köpfe aus Kunst, Kultur und Show Business getroffen und ihnen ihre ganz persönlichen Geschichten zum Big Apple entlockt.
New York intim! Genau das ist dieses Buch. Nicht eine Person gibt ihre Eindrücke der Megacity wieder, sondern viele unterschiedliche Stimmen mit ganz unterschiedlichen Ansichten und Herangehensweisen an die Stadt kommen zu Wort. Ein Buch zum dahinschwelgen! New-York-Liebhaber dürfen sich das nicht entgehen lassen. Sehnsüchte werden geweckt, nicht nur durch die Texte, sondern auch durch die zahlreichen schönen Fotos dieser so einzigartigen Stadt.
National Geographic, 256 Seiten; 39,99 Euro
Nina Garcia
Der perfekte Look
Egal ob es um den ersten Tag am neuen Arbeitsplatz, das Treffen mit den Schwiegereltern in spe oder die eigene Hochzeit geht – immer stellt sich die Frage „Was zieh ich nur an?“. Fashion-Ikone Nina Garcia weiß Rat: Sie erläutert die richtige Strategie, schlägt Kleidungsstücke und Accessoires vor und hilft so, für jede Lebenslage den perfekten Look zu kreieren.
Ein Buch, bei dem einer Frau das Herz aufgeht – wenn es um, eben, den perfekten Look geht. Das Buch ist wunderschön schick gestaltet! Und das Buch deckt sieben Themenbereiche ab: Liebe, Der Tag, Der Abend, Festtage, Besondere Anlässe, Hochzeiten, Traumreise. Und zu jedem Hauptpunkt gibt es viele Unterpunkte. Vom ersten Date, über das Rockkonzert, die Oper, der Shoppingtrip, Weihnachten, Ostern, der Elternsprechtag und so weiter. Ein Buch zum lieb haben. Wo bleibt die Ausgabe für den Mann?
Mosaik, 317 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Mel Wallis de Vries
Da waren’s nur noch zwei
Kim, Feline, Abby und Pippa: Die vier jungen Freundinnen wollen gemeinsam ein paar Tage Urlaub in einem einsam gelegenen Ferienhaus machen. Doch dann hört es nicht mehr auf zu schneien und die vier sitzen fest. In dem Haus werden die Spannungen zwischen den Mädchen immer deutlicher, denn die vier sind in Wirklichkeit sehr unterschiedlich. Dann lernen sie ein paar Jungs kennen, mit denen sie dann im Haus feiern. Am nächsten Morgen ist Kim verschwunden. Sie soll mit einem der Jungs nach Amsterdam zurückgefahren sein. Doch stimmt das wirklich?
„Da waren’s nur noch zwei“ hat mich von Anfang bis Ende gefesselt! Die Niederländerin Mel Wallis de Vries beschreibt die vier unterschiedlichen Mädchen sehr gut und aussagekräftig. Man kann verstehen, warum die eine das und die andere das tut. Sehr realitätsnah. Pippa drängt sich da besonders in den Vordergrund. Ein Mädchen, das man auf den Mond schießen könnte, so nervig ist sie. Jedes der vier Mädchen hat etwas zu verbergen, etwas, das sie nicht mit ihren Freundinnen teilt. Nach und nach decken sich diese Dinge auf und sorgen für noch mehr Spannungen unter den Mädchen. Ein fesselnder Spannungsroman der zeigt, wie wertlos angebliche Freundschaften sind, wenn es hart auf hart kommt. Der Roman ist eben nicht nur spannend, sondern auch ein Spiegel unserer Zeit. Das trifft auf Jugendliche wie Erwachsene zu. Die vier Sprecherinnen Merte Brettschneider (Kim), Maximiliane Häcke (Feline), Nana Spier (Abby) und Annina Braunmiller-Jest (Pippa) liefern eine Lesung mit Suchtfaktor ab. Jede von ihnen gibt den Mädchen eine eigene, deutliche Stimme.
Auch als Hardcover erhältlich bei One, 10,00 Euro.
Lübbe Audio, 4 CDs, 304 Minuten; 16,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 16.11.2015 – Nr. 378
Sebastian Fitzek
Das Joshua Profil
Der einst erfolgreiche Schriftsteller Max Rhode ist ein gesetzestreuer Bürger. Anders als sein Bruder Cosmo, der in der Sicherheitsverwahrung einer psychiatrischen Anstalt sitzt, hat sich Max noch niemals im Leben etwas zuschulden kommen lassen. Wirklich niemals? Doch in wenigen Tagen wird er eines der entsetzlichsten Verbrechen begehen, zu denen ein Mensch überhaupt fähig ist. Nur, dass er heute noch nichts davon weiß … im Gegensatz zu denen, die ihn töten wollen, bevor es zu spät ist.
Er hat einen schnell wieder. Nach ein paar Seiten ist man schon wieder im unbändigen Fitzek-Sog gefangen. Er peitscht einen in einem unerhörten Tempo durch das Buch. Luftholen unmöglich. Max ist eine Figur mit der man mitfühlen kann. Er, der Autor (mehr dazu beim Hörbuch der Woche), ist wie der Nachbar von nebenan und daher ist man mit ihm bei der Jagd nach Wahrheit und Gerechtigkeit voll dabei. „Minority Report“ Reloaded! Oder auch: Philip K. Dicks visionäres Science Fiction Meisterwerk heruntergebrochen auf unsere heutige Zeit, das ist „Das Joshua Profil“. Dazu kommt dann noch das Thema Kindesmissbrauch, und wie aus Opfern Täter werden. Der neue Thriller von Sebastian Fitzek hat wieder viel Sprengstoff zu bieten! Was ich einst über Sebastian Fitzek geschrieben habe trifft immer noch zu: Sebastian Fitzek ist das German-Psychothriller-Wunderkind!Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Sebastian Fitzek Stammvorleser Simon Jäger lies wie der Autor schreibt. Man kann sich nicht entziehen. 19,99 Euro.
Lübbe, 417 Seiten; 19,99 Euro
Elizabeth Gilbert
Big Magic
Elizabeth Gilbert nennt es „Big Magic“, den magischen kreativen Impuls in uns allen. Dann haben wir den Mut, die in uns verborgenen Schätze hervorzubringen, überwinden wir die Angst vor dem Scheitern. Dann werden unser Blick und unser Herz weiter und ein erfülltes Leben liegt vor uns. So sieht es Elizabeth Gilbert. Sie schreibt über DEN Moment der Inspiration, der alles auf den Kopf stellen kann. Wenn wir nur wollen.
Die Amerikanerin Elizabeth Gilbert hat mit ihrem Buch „Eat, Prey Love“ einen Weltbesteller gelandet, der später auch mit Julia Roberts verfilmt wurde. Danach hat sie noch einige andere Bücher geschrieben. Nun erzählt Elizabeth Gilbert in „Big Magic“ kleine Geschichten aus ihrem Leben und ihrem Umfeld. Die Geschichten sind in Hauptgruppen unterteilt: Mut, Verzauberung, Erlaubnis, Beharrlichkeit, Vertrauen, Göttlichkeit. Elizabeth Gilbert schreibt dass man Mut haben soll im Leben, nicht die Angst gewinnen lässt, das man kreativ sein soll, dass man einfach alles aus seinem Leben herausholen soll, dass man die große Magie, „Big Magic“, des Lebens leben sollte. Soweit so gut. Einige Anekdoten sind nett zu lesen, geben auch Denkanstöße, aber ansonsten sind die Erlebnisse aus Elizabeth Gilberts Leben langweilig. Sie versucht ihr doch eher unkonventionelles Leben auf andere zu übertragen. Nur leben nur wenige so wie die selbstverliebte Mrs. Gilbert.
Fischer, 310 Seiten; 14,99 Euro
Dennis Lehane
Am Ende einer Welt
Amerika,1943. Joe Coughlin, geachteter Bürger von Tampa, Florida, und Consigliere des Bartolo-Syndikats, hat seine kriminelle Vergangenheit hinter sich gelassen wie Amerika die Prohibition. Doch seine Vergangenheit holt ihn ein. Er erhält eins Tages die Nachricht, dass ein Killer auf ihn angesetzt ist. Und keine noch so respektable Fassade und kein Geld der Welt können Joe davor bewahren, dass ein Leben auf der falschen Seite nun einen hohen Tribut fordert.
Die Fortsetzung von dem ganz starken Kriminal- und Gesellschaftsromans „In der Nacht“. Es gibt wohl nur noch einen modernen Schriftsteller der das Gangstermilieu der 1930er und 1940er Jahre so hart, klar und eindringlich beschreibt wie Denis Lehane, nämlich James Ellroy. Und das ist für Denis Lehane in diesen Sphären des Genres ein Ritterschlag. Die Zeit der 1940er Jahre fängt er atemberaubend gut ein. Böse Gangster, herumpfeifende Kugeln, schöne Frauen – in diesem Roman brodelt es. Denis Lehane beschreibt seine Figuren kraftvoll und er schafft mit wenig ganz, ganz viel zu erzählen. Joe und sein Weg, seine Familie, die Freunde und Feinde, die Angst, die Macht, die Unabhängigkeit, das Gangsterleben kann schöne Seiten haben, doch viel mehr dunkle. Und von denen erfährt man hautnah in diesem Roman. Der Showdown ist dann ganz großes Hollywood-Kino. Oscarverdächtig. „Am Ende einer Welt“ – eine Story wie ein Faustschlag!
Diogenes, 394 Seiten; 22,99 Euro
Anthony Ryan
Rabenschatten 2 – Der Herr des Turmes
Vaelin al Sorna kehrt aus den Schlachten zurück. Nie wieder will er töten. Zu viele haben in König Janus‘ Krieg ihr Leben gelassen. Nicht nur, dass er für viele, die überlebt haben, das Ziel ihrer Rachegelüste ist. Zum Turmherrn der Nordlande ernannt, möchte er fern aller Intrigen Ruhe finden. Doch der neue König ist schwach und die Feinde des Reiches schmieden ein Bündnis, das mehr und mehr an Macht gewinnt. Wird Vaelin al Sorna doch wieder zum Schwert greifen?
Der Schotte Anthony Ryan setzte seine Rabenschatten-Saga nach „Das Lied des Blutes“ mit „Der Herr des Turmes“ fort. Die Rabenschatten-Saga ist sensationell eingeschlagen! Der erste Band löste große Begeisterungsstürme aus. Der zweite Band kann daran anknüpfen – auch wenn nicht ganz die Qualität des ersten erreicht wird. Anthony Ryan hat eine großartige Fantasy-Saga erschaffen, mit so viel Saft und Kraft, mit einer Welt, für die man als Leser brennt, genauso wie für die Figuren.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Detlef Bierstedt, die deutsche Stimme von George Clooney, liest wieder großartig. Eben passend für dieses epische Werk. 24,99 Euro.
Klett-Cotta, 857 Seiten; 24,95 Euro
Helen Macdonald
H wie Habicht
Der Tod ihres Vaters trifft Helen unerwartet. In der Trauer wird der Kindheitstraum in ihr wach, ihren eigenen Habicht aufzuziehen und zu zähmen. Und so zieht das stolze Habichtweibchen Mabel bei ihr ein. Durch die intensive Beschäftigung mit dem Tier entwickelt sich eine Nähe zwischen den beiden, die tröstend und heilend wirkt. Doch Mabel ist nicht irgendein Tier. Mabel ist ein Greifvogel. Mabel tötet.
Die Engländerin Helen Macdonald erzählt in „H wie Habicht“ ihre eigene Geschichte. Das Buch wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Ein Buch, das einem die Wunder der Natur und das Wesen der Tiere und der Menschen zeigt. „H wie Habicht“ ist eine elektrisierende und berührende Geschichte. Man leidet und fühlt intensiv mit. Wahrlich, das Buch greift nach einem.
Allegria, 408 Seiten; 20,00 Euro
Hörbuch der Woche
Max Rhode
Die Blutschule
Die Teenager Simon und Mark sind nicht gerade erfreut, als sie aus der Metropole Berlin in die Einöde Brandenburgs ziehen. Das Einzige, worauf sie sich freuen, sind sechs Wochen Sommerferien, doch auch hier macht ihnen ihr Vater einen Strich durch die Rechnung. Er nimmt sie mit auf einen Ausflug zu einer ganz besonderen Schule. Gelegen mitten im Wald auf einer einsamen Insel. Mit einem grausamen Lehrplan, nach dem sonst nur in der Hölle unterrichtet wird …
Das ist schon ein genialer Schachzug von PR-Stratege Sebastian Fitzek und auch dem Lübbe Verlag. Der Held aus Fitzeks neuem Thriller „Das Joshua Profil“ ist Max Rhode. Max Rhode ist der „Autor“ von „Die Blutschule“. Da hat sich Sebastian Fitzek dann wohl einen kleinen Traum erfüllt, mal einen ganz anderen Roman zu schreiben. Und man merkt, dass Sebastian Fitzek viele Bücher von Stephen King gelesen haben muss. Denn „Die Blutschule“ erinnert sehr an die frühen Werke von Stephen King. Sebastian Fitzek hat als Max Rhode nun auch noch das Zeug dazu, ein deutscher Stephen King zu werden. Wenn er denn weiter so gute Ideen hat wie für „Die Blutschule“ und ihm die Zeit bleibt, Horrorromane und Psychothriller zu schreiben. Stephen King Stammvorleser David Nathan liest diesen Roman. Mit diesem Detail, dem Sprecher, wird das ganze Doppelprojekt passend abgerundet. David Nathan sorgt wie immer für Gänsehaut beim Zuhörer!
Auch als Paperback erhältlich bei Lübbe, 12,99 Euro.
Lübbe Audio, 4 CDs, 266 Minuten; 12,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 23.11.2015 – Nr. 379
Francois Roux
Die Summe unseres Glücks
Frankreich, 1981: Politisch ist die Nation in Aufbruchstimmung. Der siebzehnjährige Rodolphe feiert mit, er sieht seine Zukunft in der Politik, hier möchte er seine Ideale verwirklichen. Auch seine Freunde Paul, Benoît und Tanguy haben große Pläne, das ganze Leben liegt vor ihnen. Als sie sich Jahre später treffen, hat Rodolphe es ins Parlament geschafft, eine kluge Frau, einen einflussreichen Schwiegervater. Doch wie seine drei Freunde hat er Opfer gebracht, um sein Ziel zu erreichen – war der Preis zu hoch? Was ist übrig von den Träumen ihrer Jugend?
Ein beeindruckender Gesellschaftsroman! Ein versiertes Porträt über drei Jahrzehnte beobachtete, sehr unterschiedliche Lebensläufe. Ein Entwicklungsroman, der vier Jungs begleitet wie sie zu Männern werden und ihren Platz in der Gesellschaft finden. Das liest man gerne. Man kann das Handeln der Figuren nachvollziehen, man kann sich mit ihnen identifizieren. Was ist wichtiger, mehr Geld zu verdienen und unglücklich zu sein, weil man gefangen ist im System, oder weniger zu haben, und dafür das zu tun, was man liebt. Das ist eine Grundausrichtung des Romans. Die vier Freunde sind: der schwule Paul, der Medizin studieren soll, aber lieber Schauspieler werden will; der forsche Tanguy, der kein Mädchen, keine Frau auslässt, wo wird er später landen?; der selbstherrliche Rodolphe, der Politiker werden will und alles dafür tut, seine Ziele zu erreichen; der freiheitsliebende Benoît, der Fotograf werden will, und nichts von den engen Zügeln der Gesellschaft hält. Es werden die Jahre von 1981 bis 1984 und 2009 bis 2012 im Leben der Hauptfiguren geschildert. Jeder der vier Freunde entwickelt sich in eine ganz andere Richtung. Was ist noch übrig von dem, was sie einst zu Freunden machte? Ein Roman, der einen nicht mehr loslässt!Piper, 635 Seiten; 24,00 Euro
Astrid Rosenfeld
Zwölf Mal Juli
Jakob und Juli, das klang wie ein Versprechen. Doch nun ist es schon Jahre her, dass er es gebrochen hat und Juli Knall auf Fall verlassen hat. Juli, eine Schriftstellerin mit Stapeln unbezahlter Rechnungen, exzentrischen Freunden und einer Neigung zu überlebensgroßen Träumen. Nun kündigt Jakob per E-Mail seine Rückkehr an. In zwölf Tagen kommt er wieder. Da soll sie Jakob wiedersehen – den Mann, der ihr das Herz gebrochen hat. In diesen zwölf Tagen trifft sie auf zwölf sehr unterschiedliche Menschen. Es soll das Porträt einer eigenwilligen jungen Frau entstehen.
Ein Roman, der Spannung durch die kluge Idee erzeugen sollte. Ein Roman, der eine Aussage haben sollte. Der Roman hat viele „sollte“. Leider erfüllt er kaum eine Erwartung, die man in ihn setzt. Die Geschichte ist nicht nur relativ kurz, sondern auch mehr als nur relativ langweilig. Mau, ohne die eigentlich gedachten großen Höhepunkte. Denn die Begegnungen mit u. a. Mutter, Zahnarzt, Nachbarn, Literaturagent, Polizist, Cousine ähneln eher Kurzgeschichten, und Juli hält das alles irgendwie zusammen. Zugang bekommt man zu keiner der Figuren. So schnell wie sie kommen, sind sie auch schon wieder weg. Und für den Roman gilt auch: schnell weg damit.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Diogenes Hörbuch. Luis Helm zeigt ihr Können, wie beim neuen Roman von Jojo Moyes. Doch wenn die Story mau ist, tut sich auch die Sprecherin schwer. 19,99 Euro.
Diogenes, 156 Seiten; 20,00 Euro
Val McDermid
Der lange Atem der Vergangenheit
Edinburgh. In einem baufälligen viktorianischen Gebäude wird eine skelettierte Leiche mit einem Einschussloch im Schädel gefunden. Detective Chief Inspector Karen Pirie und ihre Cold Cases Unit sollen den rätselhaften Fall aufklären. Um wessen sterbliche Überreste handelt es sich? Karen hat kaum Anhaltspunkte, doch ihre Nachforschungen führen sie dann zurück in die neunziger Jahre, in die Zeiten der Balkankriege. In einem Labyrinth aus persönlichen und politischen Konflikten, aus falschen Identitäten und sorgsam gehüteten Geheimnissen droht sich die Spur zu verlieren …
Ein Kriminalroman der Art unwiderstehlich, eben Val McDermid! „Der lange Atem der Vergangenheit“ – ein Kriminalroman, bei dem der deutsche Titel sehr gut passt. Eine böse Tat kennt kein Vergessen. Denn die Vergangenheit ruht nie. Sie ist immer präsent und kann einen immer einholen. Der Roman thematisiert die Jugoslawien-Kriege und wie sie bis ins Heute reichen, und er behandelt auch aktuelle politische Themen. Val McDermid erzählte die Geschichte in unterschiedlichen Erzählsträngen. Zahlreiche Figuren ergeben zusammen ein Geflecht, die den ambitionierten Kriminalroman rasch vorantreiben. Trotz der mehreren Hauptdarsteller sind die Figuren alle mit viel Leben ausgestattet. Man hat schnell Zugang zu ihnen. Ein spannender und aufwühlender Kriminalroman!
Droemer, 439 Seiten; 19,99 Euro
Jojo Moyes
Ein ganz neues Leben
Louisa Clark hat sich verändert, aber sie führt ein anderes Leben, als dass Will Traynor sich für sie gewünscht hat. Denn wie lebt man weiter, wenn man den Menschen verliert, den man am meisten liebt? Eine Welt ohne Will, das ist für Lou immer noch schwer zu ertragen. Lou existiert nur. Bis es eines Tages an der Tür klingelt – und sich eine Verbindung zu Will auftut, von der niemand geahnt hat. Endlich schöpft Lou wieder Hoffnung. Hoffnung auf ein ganz neues Leben.
„Ein ganz neues Leben“ ist die Fortsetzung vom Weltbestseller „Ein ganzes halbes Jahr“. Eine Story, die einen zu Tränen rührte und Millionen begeisterte Leser fand. Die Fortsetzung kann qualitativ nicht mit dem Vorgänger mithalten. Es fehlt das Besondere, das „Ein ganzes halbes Jahr“ ausgemacht hat. Aber trotzdem lässt sich der Roman schön lesen. Auch ist es schön, die bekannten Figuren wieder zu erleben. Die Magie des Vorgängers wird dadurch aber trotzdem etwas entzaubert. „Ein ganz neues Leben“ – eine lebhafte und bewegende Geschichte.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Luis Helm ist bekannt für ihre einfühlsamen und frischen Lesungen der Roman von Jojo Moyes. Auch bei „Ein ganzes Leben bringt sie ihre Stärken wieder voll zur Geltung. 19,99 Euro.
Wunderlich, 521 Seiten; 19,95 Euro
Kerstin Gier
Silber – Das dritte Buch der Träume
Liv Silber steht vor drei Problemen. Erstens: Sie hat Henry angelogen. Zweitens: Die Sache mit den Träumen wird immer gefährlicher. Arthur hat Geheimnisse der Traumwelt ergründet, durch die er unfassbares Unheil anrichten kann. Er muss unbedingt aufgehalten werden. Drittens: Livs Mutter Ann und Graysons Vater Ernest wollen im Juni heiraten. Auch hier gibt es Probleme. Liv hat alle Hände voll zu tun, um die drohenden Katastrophen abzuwenden …
Die „Silber“-Trilogie von Bestsellerautorin Kerstin Gier ist spannend, überraschend, einfallsreich und hinterlässt einen bleibenden Eindruck! Schade, dass mit dem „dritten Buch der Träume“ nun alles zu Ende geht. Im Abschlussband überschlagen sich dann auch noch einmal die Ereignisse. Die kecke Liv Silber wird man vermissen.
FJB, 464 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Andrea Camilleri
Der ehrliche Dieb
Ein Duell auf hoher See mit rätselhaftem Motiv. Ein Eifersuchtsdrama, in dem ein Pfirsichkern eine besondere Rolle spielt. Eine Serie von Diebstählen, bei denen der Täter einen Teil der Beute zurücklässt. Schon bei der Lösung seiner ersten Fälle zeigt sich Commissario Montalbanos unbestechlicher Blick für das allerkleinste, noch so unwichtig erscheinende Detail – immer um die Wahrheit bemüht, mit viel Herz für die Nöte kleiner Sünder, und stets auf der Suche nach Zeit für seine Verlobte Livia.
Die fünf Kriminalgeschichten haben einen gewissen Charme, wie fast immer bei Andrea Camilleri. Er bietet einem vergnügliche und spannende Stunden. Wirklich schön zum abschalten! Wobei mir der Kriminalfall mit dem Pfirsichkern am besten gefallen hat. Da hätte man fast einen eigenen Roman daraus machen können. Auf dem Cover steht: fünf „neue“ Kriminalgeschichten. Das stimmt nicht so ganz, denn die Geschichten sind nicht mehr ganz taufrisch. Hier gab es noch Lira, Gadaffi war noch Präsident und „Alleine gegen die Mafia“ lief gerade neu im italienischen Fernsehen. Das ändert aber nichts an der Qualität, denn Andrea Camilleris Krimis sind zeitlos. Wie immer liest auch diesen Montalbano Bodo Wolf. Commissario Montalbano und Bodo Wolf sind schon zusammengewachsen. Man mag sich gar keine andere Stimme mehr vorstellen, die Montalbano auf Ganovenjagd vorliest.
Auch als Hardcover erhältlich bei Lübbe, 18,00 Euro.
Lübbe Audio, 4 CDs, 242 Minuten; 12,00 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 30.11.2015 – Nr. 380
Cecelia Ahern
Der Glasmurmelsammler
Fergus wächst mit sechs Brüdern in schwierigen Verhältnissen in Dublin auf. Schon als Kind liebt er Glasmurmeln. Für ihn sind sie schillernde Schätze, die ihn sein ganzes Leben lang begleiten. Über Jahrzehnte baut er sich eine Sammlung auf, von der jedoch niemand etwas weiß. Als Fergus einen Schlaganfall hat, beginnt er zu vergessen. Da findet seine Tochter seine Murmelsammlung. Sabrina ist überrascht, dass ihr oft distanzierter Vater sich so für Murmeln begeistert hat. Als sie feststellt, dass ausgerechnet die wertvollsten Stücke aus der Sammlung fehlen, macht sie sich auf die Suche danach – ohne zu ahnen, dass es ihr ganzes Leben verändern wird.
Die Weltbestsellerautorin Cecelia Ahern verzaubert und berührt einen mit ihren Geschichten! Jeder Moment während des Lesens ist ein besonderer Moment. „Der Glasmurmelsammler“ verrät einem, warum das Leben eine Murmel ist. Dieser Roman flüstert einem auch zu, wie glücklich und stark einen Murmeln machen können. Die Murmeln stehen aber auch für etwas anderes: sich an etwas im Leben festhalten zu können, sich damit beschäftigen zu können, sein Leben damit sinnvoll gestalten zu können, das macht einen glücklich und stark. In „Der Glasmurmelsammler“ geht es auch um das Altsein, das Vergessen und Verschweigen, um das, was das Leben aus einem macht, um große und kleine Geheimnisse und natürlich um die Liebe. Man findet sich in Cecelia Aherns Geschichten einfach immer wieder.Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Eva Gosciejewicz und Till Hagen, die deutsche Stimme von Kevin Spacey, verzaubern mit ihren Stimmen den Hörer. 19,95 Euro. .
Krüger, 343 Seiten; 19,99 Euro
Ralf König
Pornstory
Wenn das kein cooles Geburtstagsgeschenk ist: Eberhard Schlüter schenkt seinem besten Kumpel Fritte die Eintrittskarte zu einer Gangbang-Party! Ein paar geile Frauen, jede Menge rollige Typen und immer die Kamera drauf! Nach drei Monaten steht der Film in sämtlichen Videotheken. Alles cool, hätte Eberhard nicht an intimer Stelle ein sehr exklusives Tattoo. Doch das ist nur ein Teil der Geschichte, denn die beginnt schon viel früher, zu Zeiten der Super-8-Filme.
Der Weg der Pornographie von den Zeiten der Super-8-Filme, über das VHS-System bis ins neue DVD-Zeitalter und dem Internet. Durch den Titel „Pornstory“ vermutet man vielleicht zahlreiche Sexszenen in dem neuen Comicbuch von Ralf König, aber dem ist nicht so. Es wird vielmehr über den Porno an sich gesprochen und wie er sich in unserer Gesellschaft ausgebreitet und weiterentwickelt hat. Das ist manchmal witzig, manchmal nachdenklich, aber meist einfach nur langweilig. Die Dialoge sind wenig erhellend und die Schwarzweißzeichnungen, nur das Cover ist farbig, beglücken einen auch nicht mit großem Einfallsreichtum.
Rowohlt, 160 Seiten; 19,95 Euro
Robert Harris
Dictator
Marcus Tullius Cicero, 48, größter Redner seiner Zeit, weilt mit seinem Sekretär Tiro im Exil im östlichen Mittelmeerraum. Von Frau und Kindern getrennt und seiner Besitztümer beraubt. Indem er seinen politischen Feind Caesar zu unterstützen verspricht, gelingt es ihm nach Italien zurückzukehren. Dort kämpft er sich wieder nach oben: Von den Gerichtshöfen zum Senat, bis er kraft seines Wortes abermals zur prägenden Figur in Rom wird, wenn auch nur für eine kurze Zeit.
Robert Harris schließt nach „Imperium“ und „Titan“ mit „Dictator“ seine Cicero-Trilogie ab. Es ist ein literarisches Spektakel zu lesen, was in der Römischen Republik für Intrigen, Feindschaften, Machthunger und Gier ihr Unwesen trieben. Mord gehört natürlich auch dazu. Robert Harris beschreibt vieles sehr eindringlich. Besonders sticht die Szene der Ermordung Caesars heraus. Vor und nach diesem tragisch bedeutenden Moment spinnt er eine höchst lesenswerte Geschichte. Robert Harris schreibt nicht staubtrocken über Cicero und das dekadente Rom, er schreibt prachtvoll, rasant und spannend.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Frank Arnold liest ganz prächtig. Man möchte, dass das Hörbuch gar nicht mehr endet. 19,99 Euro.
Heyne, 519 Seiten; 22,99 Euro
Peter F. Hamilton
Der Abgrund jenseits der Träume
Was liegt hinter der Leere, der gefährlichsten Anomalie der Galaxis, die niemand zuvor durchquert hat? Die Leere ist ein gewaltiges, machtvolles Gebilde, mysteriöser und gefährlicher als alles im Universum. Als ein selbsternannter Prophet von dort Traumbilder empfängt, die auf eine bevorstehende Katastrophe hindeuten, wird Nigel Sheldon beauftragt, zur Leere zu reisen. Was er entdeckt, wird über das Schicksal aller Zivilisationen entscheiden …
Peter F. Hamilton kehrt mit „Der Abgrund jenseits der Träume“ zu seinem „Commonwealth“-Zyklus zurück. Eine fantastisch neue Welt, die der britische Autor da erschaffen hat. Millionen Fans können gar nicht genug davon bekommen. Sein neuer Roman knüpft an großartige vergangene Werke an. Ein wuchtiger Science-Fiction-Knüller!
Piper, 809 Seiten; 17,99 Euro
Jan Becker
Du kannst schaffen, was du willst
Wir glauben oft, wir sind ein logisch, rational denkender Mensch, aber in Wirklichkeit werden wir von unseren Gefühlen angetrieben. In der Hypnose haben wir direkten Zugriff auf unsere rechte Hirnhemisphäre. Dies verschafft uns Zugang zu emotionalen Erinnerungen, unserer Vorstellungskraft, Kreativität und Gefühlswelten. Und somit Zugriff auf die automatischen Kontrollzentren unseres Geistes und Körpers. Wir können somit in unserem System mit den Suggestionstechniken der Hypnose „Umprogrammierungen“ vornehmen.
Jan Becker – der deutsche Kulthypnotiseur! Medienwirksam macht er auch Massenhypnosen, doch er ist natürlich in allen Teilen der Hypnose zuhause. In diesem Buch gibt er handwerklich gute Ratschläge, wie man mittels der Selbsthypnose ein besseres und glücklicheres Leben führen kann. Dabei ist u. a. der so wichtige Schlaf; eine gute Partnerschaft zu führen; sich auf ein Ziel zu konzentrieren und es zu schaffen; wie Sie sportliche Höchstleistungen erreichen; wie das Unterbewusstsein oft der bessere Arzt ist; und noch so viel mehr. Ein gewinnbringendes Buch!
Piper, 325 Seiten; 14,99 Euro
Hörbuch der Woche
Guinevere Glasfurd
Worte in meiner Hand
Amsterdam, 1630er Jahre. Helena Jans van der Strom arbeitet als Magd bei einem Buchhändler. Ein großes Glück für sie, denn sie kann lesen und schreiben und geht mit offenen Augen durch die Welt. Der neue Hausgast ihres Herrn fasziniert sie: Er arbeitet ununterbrochen, und Helena ist angewiesen, ihn „Monsieur“ zu nennen. René Descartes ist sein Name. Sie ist zu neugierig, um Distanz zu wahren. Und auch Descartes ist schon bald von ihrem Charme und Wissensdurst eingenommen. Sie verlieben sich, was unmöglich ist, denn sie ist Calvinistin, er Katholik. Sie ist nur eine einfache Magd, er Europas aufstrebender Philosoph.
Die wahre Geschichte von René Descartes und Helena Jans van der Strom. Guinevere Glasfurd baut um die real bekannte Geschichte einen schönen Roman auf. „Wort in meiner Hand“ ist ein bestechender historischer Liebes- und Gesellschaftsroman aus dem Holland des 17. Jahrhunderts. Die Autorin fängt das Leben der Figuren sehr gut ein, vor allem Helenas. Ein Leben um den anderen zu dienen. Keine Möglichkeit, dass es jemals anders sein wird. Das Finden des Wortes und am Ende das Finden des Lebens. Und eine Liebe die nicht sein darf. Darum geht es. „Worte in meiner Hand“ ist eine dramatische, tragische und spannende Geschichte. Guinevere Glasfurd erzählt sie voller Eleganz und Hingabe. Julia Nachtmann liest melancholisch und dramatisch. Sie erzählt Helenas Leben in vorzüglicher Form. Als sie im letzten Drittel des Romans immer wieder die Kinderstimme von Francine annimmt, kommt das andere, witzige Gesicht von Julia Nachtmann zum Vorschein.
Auch als Hardcover erhältlich bei List, 18,00 Euro
Hörbuch Hamburg, 7 CDs, 516 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Eva Gosciejewicz und Till Hagen, die deutsche Stimme von Kevin Spacey, verzaubern mit ihren Stimmen den Hörer. 19,95 Euro.