Kolumne vom 03.10.2016 – Nr. 424
Volker Klüpfel / Michael Kobr
Himmelhorn
Der neueste Streich von Gesundheitsfetischist Langhammer befördert Kommissar Kluftinger samt E-Bike tief in die Allgäuer Alpen, wo die beiden prompt auf drei Leichen stoßen: ein bekannter Dokumentarfilmer und zwei einheimische Bergführer, die einen Film über die Erstbesteigung des Himmelhorns drehen wollten. Wie es scheint, waren sie dem als äußerst gefährlich geltenden Gipfel nicht gewachsen. Die Ermittlungen im Umfeld der Toten führt Klufti in sehr abgelegene Alpentäler und zu deren starrköpfigen Bewohnern, die noch wortkarger sind als er. Und dazu muss Kluftinger auch privat wieder einige Berge erklimmen.
Kluftinger, Eberhofer, Jennerwein – diese bayerischen Kommissare rocken die deutsche Krimiliteratur! „Himmelhorn“ zeigt wieder die ganze Bandbreite, warum die Kluftinger-Krimis jedes Mal zu den heiß ersehntesten Büchern des Jahres gehören. Ein kultiger Kommissar, reichhaltig gestaltete Nebenfiguren, ein spannender und überraschender Kriminalfall, ein pulsierendes Familien- und Privatleben des Kommissars, dazu reichlich charmanten Witz. Fertig ist der neue Bestseller des Autorenduos Volker Klüpfel und Michael Kobr. „Himmelhorn“ ist der neunte Fall von Kommissar Kluftinger und es müssen dringend noch viele folgen!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. “Himmelhorn” ist auch als Lesung ein starkes Stück! Verantwortlich dafür sind die Autoren selbst und der Charakterschauspieler Christian Berkel. 26,99 Euro.
Droemer, 493 Seiten; 19,99 Euro
Heinrich Steinfest
Das Leben und Sterben der Flugzeuge
Kann man ein ganz gewöhnlicher Pariser Bahnhofsspatz sein und gleichzeitig ein deutscher Kommissar namens Blind? Kann es in Belfast ein Hochhaus mit einer geheimen Etage geben, das für Spatz und Kommissar lebenswichtig ist, obwohl dieser Wolkenkratzer doch nie gebaut worden ist? Und vor allem: Kann an einem verborgenen Ort das Wrack eines gewissen Flugzeugs der Malaysia Airlines liegen, das doch erst Monate später spurlos verschwinden wird?
Heinrich Steinfest ist bekannt dafür, dass er sich literarisch austobt. Seine Geschichten haben immer das gewisse Etwas und sie sind ganz anders, wie vieles was man sonst so liest. Das muss nicht immer gut sein, was Heinrich Steinfest in der Vergangenheit leider schon öfter bewiesen hat. So erleidet auch sein neuer Roman „Die Leben und Sterben der Flugzeuge“ eine Bruchlandung. Natürlich gibt es darin Passagen, die schön zu lesen sind, auch ist Hintergrund der Geschichte interessant, nur sollte man dem Leser auch ein gewisses Maß an Spannung bieten, egal in welcher Form, damit er mit Freude dran bleibt an dem Roman. Leider „sterben“ in diesem Buch nicht nur Flugzeuge, sondern auch die Spannung. Und was Heinrich Steinfest in diesem Roman auch gut kann: sich verquatschen. Er schreibt und schreibt, ohne dass dabei irgendetwas sinnvoll für den Fortgang der Geschichte wäre.
Piper, 598 Seiten; 25,00 Euro
Noah Hawley
Vor dem Fall
An einem nebligen Abend startet ein Privatjet zu einem Flug nach New York. Wenige Minuten später stürzt er in den Atlantik. Nur der Maler Scott Burroughs und der vierjährige JJ überleben inmitten der brennenden Trümmer. Und Scott gelingt das Unmögliche: Er schafft es, den Jungen an das weit entfernte Ufer zu retten. Während die Suchtrupps fieberhaft nach den Leichen und der Blackbox fahnden, greifen immer abstrusere Verschwörungstheorien um sich. Scott versucht sich den Medien zu entziehen. Auf der anderen Seite wird bekannt, dass gegen Fluginsassen ermittelt wurde. War der Absturz ein Anschlag?
Ein äußerst geschickt und elegant erzählter Roman! Zuerst den Flugzeugabsturz zu beleuchten und die Todesopfer zu beklagen und erst dann lernt man nach und nach einen nach dem anderen kennen und kann sich seine Meinung bilden, was und wer am Ende Schuld an dem Absturz hatte. Bis zum Ende gibt es mehrere Möglichkeiten. Die, die der Autor dann gewählt hat, finde ich zu realitätsbezogen. Die Qualität des Romans wird durch die Auflösung aber nur ein wenig geschmälert, denn „Vor dem Fall“ ist noch weit mehr als ein Roman über einen Flugzeugabsturz. „Vor dem Fall“ ist ein gesellschaftskritischer Roman, der aufzeigt, wie unfair Geld in unserer Welt verteilt ist, dass die Reichen, in ihrer ganz eigenen Welt leben, dass gewisse Medien nur auf reißerische Schlagzeilen oder Berichte aus sind, ohne auch nur einen Funken Wahrheit zu verbreiten. „Vor dem Fall“ – auf jeden Fall eine Leseempfehlung!
Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. So elegant der Roman erzählt ist, so elegant liest auch der bekannte Schauspieler Matthias Koeberlin diese Geschichte. 19,99 Euro.
Goldmann, 447 Seiten; 22,99 Euro
Michael D’Antonio
Die Wahrheit über Donald Trump
Es ist höchste Zeit, sich ernsthaft mit Donald Trump auseinanderzusetzen. Der Autor tut das ausführlich. Er zeigt Trump in seinem ganzen Größenwahn, Narzissmus und seiner unfassbaren Selbstverliebtheit. Gleichzeitig wird deutlich, wie erschreckend dünnhäutig und aggressiv Trump auf jede Kritik und Provokation reagiert und wie emotional instabil er ist. Es lässt sich nur erahnen, wie schwierig die außenpolitische Abstimmung mit ihm als möglichem Präsidenten werden könnte. Und er erklärt aber auch, warum Trumps Beliebtheit bei den Wählern kein Zufall ist.
In vier Wochen wählt Amerika einen neuen Präsidenten. Es gibt nicht wenige auf der Welt, und auch in den USA, die Angst haben, dass es Donald Trump wird. Die Welt könnte mit ihm eine andere werden. Sicher keiner bessere. Doch was verbirgt sich hinter diesem Mann mit dem großen Mundwerk sonst noch. Dieses Buch gibt darüber Aufschluss. Donald Trumps Leben ist auf jeden Fall filmwürdig. Der Film könnte dann sogar einen „Oscar“ bekommen. Aber das gute daran wäre: es wäre nur ein Film, mit dem Ende, das Trump die Wahl zum Präsidenten nicht gewonnen hat.
Econ, 543 Seiten; 24,00 Euro
Ingo Zamperoni
Fremdes Land Amerika
Ingo Zamperonis journalistische Tätigkeit haben ihm gezeigt: Vieles an Amerika kann man bewundern, etwa den ausgeprägten Altruismus oder die Innovationsbereitschaft. Gleichzeitig gibt es Dinge, die wir anders sehen – vom Waffengesetz bis hin zur Geheimdiensttätigkeit. Doch trotz aller Missklänge und Differenzen haben die deutsch-amerikanischen Beziehungen nach wie vor zentrale Bedeutung für die Zukunft unseres Landes. Denn die großen Herausforderungen durch Terror, Kriege, Flucht und Finanzkrisen können Deutschland und Amerika nur gemeinsam meistern.
Der neue „Tagesthemen“-Mann berichtet aus seiner Zeit in den USA. Und er hat viele kleine Geschichten zu erzählen, die dem Leser das große Land näher bringen. Man bekommt eine andere Sicht auf das Land, wenn man sich zuvor noch nicht so intensiv damit beschäftigt hat. Man erfährt auch etwas von: TTIP, der NSA und den Antiterrorkampf, der Ära Obama, die Geteilten Staaten von Amerika, den Rassismus und vieles mehr.
Ullstein, 336 Seiten; 20,00 Euro
Hörbuch der Woche
Charlotte Link
Die Entscheidung
Eigentlich will Simon mit seinen beiden Kindern in Südfrankreich ein ruhiges Weihnachtsfest feiern. Doch die Kinder sagen ihm kurzfristig ab, seine Freundin gibt ihm den Laufpass, und auf einem Strandspaziergang begegnet er einer jungen, völlig verwahrlosten Frau: Nathalie, die weder Geld, Papiere noch eine Unterkunft hat, die fürchterlich abgemagert und hochgradig verängstigt ist. Sie tut ihm leid, und er bietet ihr seine Hilfe an. Nicht ahnend, dass er durch diese Entscheidung in eine mörderische Geschichte hineingezogen wird, deren Spuren bis nach Bulgarien führen.
Bei „Die Entscheidung“ fällt es nicht schwer, ob man zum Buch oder zum Hörbuch greifen sollte. Auf jeden Fall zum Hörbuch! Denn die Story ist nur Mittelmaß, aber was die elfengleiche Friederike Kempter daraus macht ist schon außergewöhnlich. Ihre Interpretation mit ihrer weichen, zarten aber auch forschen Stimme, lässt einen nicht mehr weghören. Da vergisst man dann fast, dass Charlottes Links neuer Bestseller qualitativ eher im unteren Drittel ihres Gesamtwerks anzusiedeln ist. Die Story um den Menschenhandel mit jungen Frauen aus Osteuropa ist nicht neu, aber selbstverständlich kann man daraus eine super spannende Geschichte machen. Das gelingt Charlotte Link aber nur in Ansätzen.
Random House Audio, 10 CDs, 708 Minuten; 19,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 10.10.2016 – Nr. 425
Reif Larsen
Die Rettung des Horizonts
1975 erblickt Radar Radmanovic in New Jersey das Licht der Welt. Nicht weiter ungewöhnlich, hätte der Junge weiße Haut wie seine Eltern und nicht dunkle. Kein Arzt in den USA kann diesen Störfall der Biologie erklären. In der Hoffnung auf Heilung reist die Familie in die norwegische Arktis zu einer mysteriösen Gemeinde von Puppenspielern. Dort experimentiert man mit bestimmten Formen der Elektroschockbehandlung, die es ermöglichen soll, Radars Hautfarbe zu ändern. Nach der Behandlung ist seine Haut zwar heller, aber er ist Epileptiker, und ist, wie sich im Laufe der Jahre herausstellt, sehr empfänglich für alle Arten von Elektrizität. Und dann gibt es da die unterschiedlichsten Menschen, die eine Gegenwelt zu Krieg und Gewalt aufbauen wollen. Und Radar, inzwischen erwachsen geworden, ist der ungewollte Mittelpunkt dieser verrückten Bewegung.
Wer „Die Karte meiner Träume“ gelesen hat, dachte tatsächlich, in einer anderen Lesewelt zu sein. Ein Roman, den man garantiert nie wieder vergisst. Und der Autor dieses fantastischen Romans legt nun seinen zweiten vor: „Die Rettung des Horizonts“. Der Roman ist nicht weniger als genial! Reif Larsen kann ganz normale Dinge zu literarischen Gemälden aufbauen. Eine herrliche, erstaunliche und aberwitzige Geschichte, tiefgründig, weise, und ein Genremix aus einem Familien-, Gesellschafts- und Liebesroman mit einem Hauch Science Fiction. Eine Geschichte, die zeigt, dass man das Leben bewahren soll, so wie es ist, und noch so viel mehr. Sie führt einen von New Jersey nach Norwegen, macht Halt in Bosnien und Kambodscha, und endet in Afrika. Reif Larsen ist wieder ein genialer Roman gelungen, der Haken schlägt und einen erst ruhen lässt, wenn die letzte Seite gelesen ist. Doch das stimmt nicht so ganz, die Geschichte vergisst man so schnell nicht mehr. Da schließt sich der Kreis.
S. Fischer, 768 Seiten; 26,00 Euro
Jan Snela
Milchgesicht
Die Protagonisten dieses Buches sind moderne Nomaden in einem zur Wüste gewordenen Alltag. Völlig aus der Zeit gefallen, schaffen sie sich als zumeist grundlos fröhliche Desperados ihre eigenen Mythen, denen improvisierte Weltordnungen entspringen. Bastelend und hinkend, stolpernd und stotternd kommen sie in triumphaler Selbstauflösung an den Rand dessen, was man eine „Existenz“ nennt. Aber auch für sie gibt es kein richtiges Leben im Falschen – vielleicht jedoch ein anderes.
Der Münchner Jan Snela stellt sich mit seinem Debüt von Kurzgeschichten als literarischer Akrobat heraus. Er jongliert mit Wörtern und Sätzen, dass es nur so eine Schau ist. Doch bei der ganzen Akrobatik vergisst er, spannende Geschichten zu erzählen. Von den zehn Storys erfüllen einige das Kriterium nicht nur literarisch akrobatisch zu sein, sondern sie vermitteln auch eine gewisse Spannung und Witz. Doch die anderen Storys sind literarisch schön, aber ansonsten wenig ansprechend. Das alleine reicht eben nicht. Trotz allem ist Jan Snela eine junge deutsche Stimme, die man sich durchaus merken kann. Wenn er mal einen großen Roman vorlegt, dann wird man sehen, ob Jan Snela mehr als nur schön schreiben kann.
Klett-Cotta, 181 Seiten; 17,95 Euro
Amelie Fried
Ich fühle was, was du nicht fühlst
1975. Die 13-jährige India lebt mit ihren Hippie-Eltern und ihrem Bruder Che in der bürgerlichen Umgebung einer süddeutschen Kleinstadt. Intelligent und mit spöttischem Scharfblick betrachtet sie die Welt der Erwachsenen und durchschaut deren Lebenslügen. Ihr Nachbar, ein Musiklehrer, überredet sie zu Klavierstunden und entdeckt ihre große musikalische Begabung. Während ihre Eltern mit einer Ehekrise beschäftigt sind und Che in die Kriminalität abzudriften droht, entsteht zwischen India und ihrem Lehrer eine einzigartige Verbindung, getragen von der Liebe zur Musik. Doch in einem einzigen Moment zerstört er ihr Vertrauen, und India muss sich nun entscheiden: soll sie darüber reden oder für immer schweigen.
In India werden Sie sich sofort verlieben! Was die 13-jährige India in ihrer ganz eigenen Familiewelt erlebt, das lässt einen schmunzelnd, aber auch nachdenklich zurück. Man ist froh, dass man selbst nicht solch eine Kindheit mit solchen Eltern hatte. Oder ist die totale Freiheit doch die bessere Erziehungsmethode? Man erfährt auch von den langen Schatten der Vergangenheit der Familie. Ein Opa war Nazi, der andere Jude. Doch es gibt noch weitere Opfer und Täter. Das zieht sich durch die ganz Geschichte. Bestsellerautorin Amelie Fried fängt das Alltagsleben von Indias Familie im Jahr 1975 sehr gut ein. Sie erzählt das ganz normale Alltagsleben mit der Stimme von India total spannend. Amelie Fried weiß wovon sie schreibt, denn sie war 1975 17 Jahre alt und hat die damalige Zeit selbst erlebt.
Heyne, 399 Seiten; 16,99 Euro
Benjamin Monferat
Der Turm der Welt
Oktober 1889: Die Pariser Weltausstellung geht dem Ende zu. Millionen von Menschen wollen Zeuge des Spektakels werden. Die brisante internationale Lage scheint für einen Augenblick vergessen. Und doch würde gerade hier, im bunten Gewimmel der Nationen und Interessen, ein Funke genügen, um das Pulverfass zur Explosion zu bringen. Ausgerechnet da werden zwei Ermittler des französischen Geheimdienstes tot aufgefunden – sie waren einer Verschwörung auf der Spur. Was niemand weiß: Die Zukunft Europas ist mit dem Schicksal einiger Besucher der Ausstellung eng verknüpft.
Der Deutsche Benjamin Monferat konnte schon mit seinem Roman „Welt in Flammen“ begeistern. Damit wandelte er auf den Spuren eines Ken Follett. Sein neuer Roman „Der Turm der Welt“ ist ihm nicht weniger gelungen. Ein echtes Lesefest! Ein tolles Setting, eingängige Charaktere, aufregende historische Details und durchweg Spannung vom Feinsten. Alles vereint in „Der Turm der Welt“.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Audiobuch, Wolfgang Berger liest die ungekürzte Lesung (27 Stunden) mit großer stimmlicher Hingabe. 21,99 Euro.
Wunderlich, 698 Seiten; 22,95 Euro
Morten A. Strøksnes
Das Buch vom Meer
Zwei Freunde wollen aus den Tiefen des Nordatlantiks einen Eishai ziehen, jenes sagenumwobene Ungeheuer, das sich nur selten an der Oberfläche zeigt. Während sie warten, branden wie Wellen die Meeresmythen und Legenden an das Boot, und Morten A. Strøksnes erzählt von echten und erfundenen Wesen, von Quallenarten mit dreihundert Mägen, von Seegurken und Teufelsanglern. Von mutigen Polarforschern, Walfängern und Kartografen und natürlich vom harten Leben an arktischen Ufern, vom Skrei, der vielen Generationen das Überleben auf den Lofoten sicherte, von der Farbe und dem Klang des Meeres.
Man riecht das Meer, man sieht die Wellen, man spürt das Schwanken des Bootes, man sitzt als Leser mit im Boot und erlebt ein großes Abenteuer auf See. „Das Buch vom Meer“ bietet aber noch viel mehr, es ist ein weises Buch. Wer das Meer liebt, wird auch dieses Buch lieben. Wem es bisher fremd war, wird überrascht sein. Man erfährt sehr viel Interessantes, Unglaubliches über das Meer, das siebzig Prozent unseres Planeten ausmacht. Der Norweger Morten A. Strøksnes hat mit diesem Buch einen Nr.-1-Bestseller in Norwegen gelandet und das Buch erscheint in über15 Ländern.
DVA, 366 Seiten; 19,99 Euro
Hörbuch der Woche
Max Bentow
Der Traummacher
Simona ist eine lebenslustige junge Frau und im Begriff, gemeinsam mit ihrer Freundin Alina eine Werbeagentur in Berlin aufzubauen – bis sie eines Nachts auf tragische Weise ihrem Herzleiden erliegt. Ihre Mutter ist fortan eine gebrochene Frau, die das Trauma nicht überwinden kann: Sie hört Simonas Stimme und wird von schrecklichen Fantasien verfolgt. Doch dann ereignet sich etwas Unfassbares – sie wird im Keller ihres Hauses auf bestialische Weise ermordet, ihr Körper ist mit Biss-Spuren übersät. Nils Trojan und sein Team schockiert was sie vorfinden. Doch dies ist erst der Anfang, denn wenig später wird auch Alina in einer verlassenen Turnhalle am Rande Berlins tot aufgefunden …
Nach den Bestsellern u. a. „Der Federmann“ „Die Totentänzerin“ und „Das Dornenkind“ nun der neue Fall für den Berliner Kommissar Nils Trojan. „Der Traummacher“ ist ein ungewöhnlicher, ja ein außergewöhnlicher Thriller! Er wandelt nicht auf den Spuren gängiger Thriller. Bestsellerautor Max Bentow baut die Story ganz anders auf. Was den Leser überrascht und ihn bis zum Ende bei der Stange hält. Auch die Figur des Nils Trojan und sein Privatleben fesseln einen wieder. Wie es mit ihm weitergeht, das will man unbedingt erfahren. Der Autor liest das Hörbuch selbst. Max Bentow hat nicht nur ein Schreibtalent, sondern auch ein Sprechertalent. Tiefgründig liest er seinen eigenen Thriller. Weibliche Unterstützung liefert Yara Blümel.
Auch als Paperback erhältlich bei Goldmann, 14,99 Euro.
Der Hörverlag, 1 MP3 CD, 620 Minuten; 14,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 17.10.2016 – Nr. 426
Ian Kershaw
Höllensturz – Europa 1914 bis 1949
Europa am Abgrund. Das europäische zwanzigste Jahrhundert war geprägt von kriegerischen Auseinandersetzungen. Europa erlebte gewaltige Turbulenzen, die Hölle zweier Weltkriege in der ersten Jahrhunderthälfte und tiefgreifende Veränderungen. Der britische Historiker Ian Kershaw erzählt die Geschichte dieses Kontinents vom Vorabend des Ersten Weltkriegs bis in die Zeit des beginnenden Kalten Kriegs Ende der vierziger Jahre, nachdem die europäische Zivilisation an den Rand der Selbstzerstörung gelangt war. Ethnische Auseinandersetzungen, aggressiver Nationalismus und Gebietsstreitigkeiten, Klassenkonflikte und die tiefe Krise des Kapitalismus waren die treibenden Kräfte.
Ian Kershaw hat mit „Höllensturz“ wieder ein ganz großartiges Werk verfasst! Wer nicht zehn Bücher a 800 Seiten lesen möchte um alles ausführlich zu verstehen und zu wissen, der kann sich mit Ian Kershaws „Kurzfassung“ von gut 750 Seiten einen sehr guten Überblick verschaffen, wie es dazu kam, dass sich das so prosperierende Europa in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts beinahe komplett selbst zerstörte. Wie ein Kontinent nach und nach die Würde vor anderen Menschen, anderen Einstellungen und Religionen verlor und wie aus Worten des Hasses und kleinen Untaten Gewalt, Mord und Krieg wurden. „Höllensturz“ ist weit mehr als ein Sachbuch zum Thema. Es ist eine hochspannende Lektüre, die einem die Augen für die eigene europäische Geschichte öffnet. Manche Tendenzen, die man in diesem Großwerk liest, tun sich auch derzeit wieder in Europa auf. Noch ist es eine Minderheit. Hoffentlich bleibt es so, und die Europäer erinnern sich an ihre zerstörerische Geschichte!
DVA, 764 Seiten; 34,99 Euro
Cody Mcfadyen
Die Stille vor dem Tod
Smoky Barrett und ihr Team werden nach Denver, Colorado, gerufen. Im Haus der Familie Wilton ist Schreckliches geschehen: Die gesamte fünfköpfige Familie wurde ermordet, und der Täter hat durch eine mit Blut geschriebene Botschaft Smoky mit der Lösung des Falles beauftragt. Doch das Unheil ist weit größer, denn die Wiltons sind nicht die einzigen Opfer. Insgesamt drei Familien wurden in der gleichen Nacht und in unmittelbarer Nähe voneinander getötet. „Komm und lerne“, lautet die Botschaft an Smoky. Es wird ein grausamer Lernprozess, das Böse in seiner reinsten Form, in seiner tiefsten Abgründigkeit zu spüren. Smoky gelangt an die Grenzen ihrer Belastbarkeit.
Cody Macfadyen ist im Thriller-Genre eine Klasse für sich! Seine Smoky Barrett-Reihe hat ihn weltweit berühmt gemacht. Nach vier Bänden, und einer schweren Krankheit des Autors, folgt nun nach fünf Jahren Wartezeit der fünfte Band. Und leider konnte Cody Macfadyen seine Klasse nicht halten. „Die Stille vor dem Tod“ schwankt zwischen alter Klasse und neuer Trostlosigkeit. Ein Teil der Geschichte ist so spannend, dass man es kaum aushält, der andere dafür dann umso langweiliger. Somit stellt einen der neue Thriller von Cody Macfadyen vor ein Problem: mit viel Wohlwollen ist auch dieser Thriller gut, aber wenn man weiß, wie gut der Autor schreiben kann, nein, dann fehlen diesem Thriller leider einige Attribute um wirklich gut zu sein.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Franziska Pigulla liest gewohnt kräftig und klangvoll. Die Schwächen des Thrillers kann sie leider nicht ausmerzen. 19,99 Euro.
Lübbe, 476 Seiten; 22,90 Euro
Carmen Korn
Töchter einer neuen Zeit
Einer neuen – einer friedlichen – Generation auf die Welt helfen, das ist Henny Godhusens Plan, als sie im Frühjahr 1919 die Hebammenausbildung an der Hamburger Frauenklinik Finkenau beginnt. Gerade einmal neunzehn Jahre ist sie alt, doch hinter ihr liegt bereits ein Weltkrieg. Jetzt herrscht endlich Frieden, und Henny verspürt eine große Sehnsucht nach Leben. Drei Frauen begleiten sie auf ihrem Weg: die rebellische Käthe, Ida, Tochter aus wohlhabendem Hause, und die junge Lehrerin Lina. So verschieden die Frauen sind, so eng ist ihre Freundschaft, auch wenn diese in den kommenden Jahrzehnten oft auf die Probe gestellt werden wird.
Carmen Korn fängt in „Töchter einer neuen Zeit“ vor allem das gesellschaftliche Leben der damaligen Zeit gut ein. Was dürfen Frauen, was dürfen Männer tun. Heiraten war das ganz große Ziel, und nicht einen Beruf vorne anstellen, so wie das Henny tut. Doch auch sie heiratet. Am bunten drum herum fehlt es in diesem ersten von drei Romanen etwas. Dafür beschreibt Carmen Korn ihre Figuren ganz stark. Henny, Käthe, Ida und Lina haben ihr ganz eigenes „Gesicht“ und ihre ganze eigene Geschichte. So kann man in das gesellschaftliche Leben von damals von mehreren Seiten eintauchen. Das ist Carmen Korn sehr gut gelungen. Man darf gespannt sein auf die Fortsetzung „Zeiten des Aufbruchs“, die im Mai 2017 erscheint.
Kindler, 556 Seiten; 19,95 Euro
Susanne Fröhlich
Feuerprobe
Andrea Schnidt ist überglücklich! Paul hat ihr zum 50. Geburtstag eine Kreuzfahrt geschenkt und ihr damit einen absoluten Traum erfüllt. Vorfreude aufkommen zu lassen ist schwierig, denn ihre demente Mutter und deren Pflegerin Malgorzata scheinen merkwürdige Geheimnisse zu haben, ihr Sohn Mark hängt nach knapp bestandenem Abitur nur noch zu Hause rum, und ihre Freundin Sabine hat ein riesiges Problem wegen ihres Alters. Aber das ist bei weitem noch nicht alles …
Susanne Fröhlich sprudelt vor Fröhlichkeit und guter Laune! Da ist das Lesen von Frau Fröhliches Büchern eine echte Feuerprobe: denn wer hier nicht lacht und vergnügt ist, dem ist nicht mehr zu helfen. Andrea Schnidt ist eine sehr lieb gewonnene Figur, die man gerne auch noch bis zum 60. Geburtstag bei ihren Alltagsturbulenzen begleitet. Daher nehmen Sie es als Leser mit dieser „Feuerprobe“ auf.
Krüger, 318 Seiten; 17,99 Euro
Eugen Ruge
Follower
2055. Unter dem künstlichen Himmelsblau von HTUA-China ist ein Mann unterwegs, um die neueste Geschäftsidee seiner Firma zu vermarkten: „true barefoot running“ heißt das erstaunliche Produkt. Nio Schulz lebt mit Big Data, in einer Welt der Genderkameras, der technischen Selbstoptimierung. In Australien wird die Klimabombe gezündet, seine Freundin in Minneapolis verhandelt mit ihm über Leihmutterkosten, und @dpa meldet den Tod des einschlägigen Eigenbrötlers und Fortschrittsfeinds Alexander Umnitzer – seines Großvaters. Nio, 39, kämpft darum, auf der Höhe der Zeit zu bleiben. Aber auf dem Weg zum Geschäftstermin verschwindet er vom Radar der Überwachungsbehörden.
Eugen Ruge hat sich Zeit gelassen um nach seinem Bestseller „In Zeiten des abnehmenden Lichts“ ein neues Werk zu präsentieren. Nun liegt sein neuer Roman vor. „Follower“ ist ein moderner, temporeicher, gesellschaftskritischer und literarisch anspruchsvoller Roman über das Leben, das wir schon kennen, und das, das wir noch kennenlernen werden. Eine beängstigende Zukunft ist uns sicher!
Rowohlt, 320 Seiten; 22,95 Euro
Hörbuch der Woche
Jason Dark
John Sinclair Kassettenklassiker Folge 29 bis Folge 34
In „Die Werwolf-Sippe“ (Folge 29) bekommt es John Sinclair mit der selbigen zu tun.
In „Lupinas Todfeind“ (Folge 30) wird die Geschichte fortgesetzt. Lupina, die Königin der Werwölfe, will John Sinclair töten, langsam und grausam.
In „Totentor der Ghouls“ (Folge 31) ziehen die Ghouls über das Land. Zombiewesen, die John Sinclair und seinem Team Ärger machen.
In „Ich jagte Jack the Ripper“ (Folge 32) gibt es für John Sinclair mal keinen Dämon zu jagen, sondern einen Serienkiller, der schöne Frauen tötet.
In „Die Blutorgel“ (Folge 33) wird es richtig blutig. Damit ihr Besitzer darauf spielen kann, und er ist süchtig danach, braucht die Orgel Menschenblut. John Sinclair versucht die Orgel verstummen zu lassen.
In „Ein schwarzer Tag in meinem Leben“ (Folge 34) machen die „Mannequins“, Frauen die Blut sehen wollen, John Sinclair das Leben schwer.
Endlich gibt es die Kassettenklassiker aus den 1980iger Jahren auf CD! Lübbe Audio sei Dank. Wenn die neuen John-Sinclair-Produktionen von Lübbe Audio großes Hollywood-Kino für die Ohren sind, dann sind die Kassettenklassiker aus dem schweizerischen Tonstudio Braun liebevoll gestaltetes Independent-Kino. Der Grusel ist durch manche Geräusche und Dialoge auch öfter mal unfreiwillig komisch, aber das macht den Charme dieser Reihe auch aus. Die Sprecher liefern alle nahezu gute Leistungen ab. Und die Storys sind eh eine Klasse für sich. Jason Dark war damals nicht weniger gut als heute.
Lübbe Audio, 6 CDs, a 60 Minuten; je 7,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 24.10.2016 – Nr. 427
Daniel Sánchez Pardos
Die sieben Türen
Barcelona, 1874. Gabriel Camarasa wird beinahe von einer Straßenbahn überfahren, als ihm im letzten Moment ein junger Mann das Leben rettet: Antoni Gaudí. Schnell freunden sich die beiden an. Als Gabriels Vater unter Verdacht steht, seinen Geschäftspartner erstochen zu haben, begeben sich die jungen Männer zusammen mit Gabriels Freundin Fiona auf die Suche nach dem wahren Täter. Die führt sie zu Barcelonas geheimnisvollsten Orten: in das Lokal „Die sieben Türen“, in „Das Theater der Träume“ – und geradewegs in die Fänge einer skrupellosen Geheimgesellschaft …
„Die sieben Türen“ ist der vierte Roman des jungen Spaniers Daniel Sánchez Pardos. Ein fesselnder historischer Abenteuerkrimi, der einen in eine faszinierende Stadt in einer pulsierenden Zeit entführt! Daniel Sànchez Pardos lässt das historische Barcelona vor dem geistigen Auge entstehen. Er erschafft Bilder, die einem im Kopf bleiben. Man atmet die Stadt, man erlebt ganz nah, was dort passiert. In dieser Umgebung geben auch die gut gezeichneten Charaktere eine gute Figur ab. Den berühmten Architekten Antoni Gaudí kennenzulernen macht großen Spaß, wenn auch die Gespräche mit Gabriel manchmal etwas ermüdend sind. Treten Sie ein in „Die sieben Türen“ – Sie werden überrascht sein, was sie alles erwartet!
Piper, 539 Seiten; 16,00 Euro
Laurent Gounelle
Der Tag, an dem ich lernte zu leben
Jonathan lebt in San Francisco und muss sich eines Tages eingestehen, dass er in eine Sackgasse geraten ist: Seine Frau hat ihn verlassen, seine Karriere droht zu scheitern, und er leidet unter der Trennung von seiner kleinen Tochter. Als ihm dann auch noch in Aussicht gestellt wird, dass er möglicherweise nicht mehr viel Zeit zu leben hat, spürt Jonathan, dass er handeln muss – er verlässt die Stadt und zieht sich zurück in das Haus seiner Tante am Meer. Noch ahnt er nicht, dass dort der Schlüssel zu einem erfüllten und sinnvollen Leben für ihn verborgen liegt. Er muss sich dafür aber von seinen bisherigen Überzeugungen befreien und sein Herz auf ganz neue Weise für die Welt öffnen …
Der Franzose Laurent Gounelle hat mit „Der Tag, an dem ich lernte zu leben“ einen Roman geschrieben, der einem im Leben Mut machen soll, wenn man nicht mehr weiterweiß, wenn einem alles über den Kopf wächst, wenn das Schicksal sich von seiner schlechten Seite zeigt. Auch wenn das Buch seine guten Seiten hat, so ist es, im Ganzen betrachtet, doch eine recht träge Lektüre. Richtig Schwung kommt selten auf. Jonathan geht seinen Weg der Selbstfindung und man folgt ihm als Leser, aber ohne dabei so richtig dabei zu sein. Auch hebt Laurent Gounelle zu oft den Zeigefinger und wirkt dadurch sehr lehrerhaft.
Goldmann, 287 Seiten; 17,99 Euro
Jules Moulin
Ally Hughes hat manchmal Sex
Das Leben ist nicht leicht für Single-Mutter Ally Hughes. Als Dozentin an der Uni bemüht sie sich, den hohen Ansprüchen ihres Chefs zu genügen, zu Hause denen ihrer Mutter. Für eine Beziehung hat sie einfach keine Zeit. Nicht mal für eine Affäre. Doch dann ist da plötzlich Jack, einer ihrer Studenten. Jung, viel zu jung, aber auch hartnäckig. Jack versucht mit allen Mitteln, Allys Herz für sich zu öffnen. Vergeblich. Zehn Jahre später ist Ally noch immer Single. Jack taucht wieder auf, diesmal allerdings als Begleiter ihrer mittlerweile erwachsenen Tochter …
„Ally Hughes hat manchmal Sex“ ist der erste Roman der Amerikanerin Jules Moulin. Der Buchtitel ist ein echter Hingucker. Aber es ist keine schlüpfrige Geschichte, weit gefehlt, sondern ein moderner und abwechslungsreicher Liebesroman. Witzig, spritzig, federleicht – ein Roman, der einfach nur gute Laune macht! Jules Moulin hat ein Talent für ausgefeilte Dialoge, auch wenn sie es manchmal etwas übertreibt. Die Geschichte von Ally und Jack wird abwechselnd in der Vergangenheit erzählt, als sie sich kennenlernten, und dann zehn Jahre später wiedersehen. Diese Erzählform bringt zusätzlich Spannung, und man ist gespannt, was nun wird. Gibt es ein Ally und Jack oder nicht.
Piper, 302 Seiten; 15,00 Euro
Carel van Schaik / Kai Michel
Das Tagebuch der Menschheit
Gott wirft Adam und Eva aus dem Paradies, die Arche Noah übersteht die Sintflut und Jesus von Nazareth erweckt Tote zum Leben – die faszinierenden Geschichten der Bibel sind fester Bestandteil unserer Kultur. Und doch stecken sie voller Rätsel und Widersprüche, die auch jahrhundertelange theologische Kontroversen nicht lösen konnten. Die Autoren legen nun erstmals eine verborgene Seite der Bibel frei. Sie lesen die Heilige Schrift nicht als Wort Gottes, sondern als Tagebuch der Menschheit, das verblüffende Einblicke in die kulturelle Evolution des Homo sapiens bietet. Und plötzlich beginnen die alten Geschichten in neuem Licht zu funkeln.
Also solch einen Blick haben Sie garantiert noch nie auf die Bibel geworfen – einen aus der evolutionsbiologischen Seite. Carel van Schaik und Kai Michel erzählen mit „Das Tagebuch der Menschheit“ eine ganz andere Seite der Bibel. So wie sie die Geschichten daraus betrachten, und in den Kontext mit dem, was mit der Menschheit alles geschehen ist, setzen, wird aus der „verstaubten“ Bibel ein nagelneues Werk, das man nach der Lektüre dieses Buches mit ganz anderen Augen liest.
Rowohlt, 569 Seiten; 24,95 Euro
Hugh Howey
Silo – Die komplette Saga
Die Erde ist unbewohnbar geworden. Seit Generationen leben die Menschen in unterirdischen Silos. Als Sheriff Holston sich nach dem Tod seiner Frau entschließt, zum ersten Mal das Silo zu verlassen, setzt er eine dramatische Kette von Ereignissen in Gang, die das Schicksal der Menschheit endgültig besiegeln könnten …
Der Engländer Hugh Howey hat mit seiner „Silo“-Saga eine der überragendsten Science-Fiction-Trilogien des letzten Jahrzehnts geschrieben! Die „Silo“-Saga besteht aus drei Romanen, „Silo“, „Level“, und „Exit“, die als Einzelbände erschienen sind und nun in einem Buch vorliegen. 1.400 Seiten, die es in sich haben! Wenn Sie beginnen, „Silo“ zu lesen, werden Sie schon nach wenigen Seiten nicht mehr aufhören können. Nicht zu unrecht wird die „Silo“-Saga bereits heute als Kult-Klassiker des Genres gefeiert.
Piper, 1403 Seiten; 25,00 Euro
Hörbuch der Woche
Andrew Michael Hurley
Loney
The Loney – ein verregneter, unwirtlicher Landstrich an der nordenglischen Küste. In der Karwoche des Jahres 1976 pilgert eine brüchige kleine Glaubensgemeinschaft aus London dorthin, um in der Wallfahrtskirche der heiligen Anna für ein Wunder zu beten: möge Hanny, äußerlich schon fast ein Mann, doch von kindlichem Gemüt, von seiner Krankheit erlöst werden. Dreißig Jahre später legt ein Erdrutsch bei The Loney die Leiche eines Babys frei. In Hannys jüngerem Bruder Tonto weckt dies Erinnerungen an jene Reise, die er all die Jahre tief in seinem Inneren verborgen hatte. Doch jetzt drängt die Vergangenheit mit Macht an die Oberfläche und droht, ihm den Boden unter den Füßen wegzureißen.
Eine düstere, bedrückende und unheilvolle Geschichte über den Glauben und einem ganz speziellen Blick auf die Welt. „Loney“ ist keine einfache Lektüre, die Geschichte wartet eher mit zahlreichen kleinen Geschichten in der großen auf. So ganz schlau wird man aus „Loney“ nicht, auch fehlt ein durchgehender Spannungsbogen. Was die Geschichte trotzdem hörenswert macht, ist die Sprache des Engländers Andrew Michael Hurley und seine entworfenen Figuren, aber vor allem die Lesung von Steffen Groth, denn die ist richtig stark. Er bügelt mit seinem Vortrag manch Schwachstelle des Textes aus, weil man ihm gerne zuhört, wie er diesen interpretiert.
Auch als Hardcover erhältlich bei Ullstein, 22,00 Euro.
Hörbuch Hamburg, 7 CDs, 525 Minuten; 21,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 31.10.2016 – Nr. 428
Jodi Picoult
Die Spuren meiner Mutter
Die dreizehnjährige Jenna sucht ihre Mutter. Alice Metcalf verschwand zehn Jahre zuvor spurlos nach einem tragischen Vorfall im Elefantenreservat von New Hampshire, bei dem eine Tierpflegerin ums Leben kam. Jenna wendet sich in ihrer Verzweiflung an die Wahrsagerin Serenity. Diese hat als Medium der Polizei beim Aufspüren von vermissten Personen geholfen. Zusammen machen sie den abgehalfterten Privatdetektiv Virgil ausfindig, der damals als Ermittler mit dem Fall der verschwundenen Elefantenforscherin Alice befasst war. Mit Hilfe von Alices Tagebuch, den damaligen Polizeiakten und Serenitys übersinnlichen Fähigkeiten begibt sich das kuriose Trio auf Spurensuche.
Jodi Picoult lesen heißt, immer das Besondere lesen! Jede Geschichte von ihr ist mitreißend, fesselnd, spannend, zeigt das Leben in all seinen schönen, traurigen und verrückten Formen. Bei ihr taucht man in jede Geschichte vollkommen ein. Und Jodi Picoult hat immer wieder eine ganz neue Geschichte zu erzählen. Bei ihr gibt es kein Einerlei. So auch nicht bei ihrem neuen Roman „Die Spuren meiner Mutter“. Hier begegnet man als Leser nun u. a. Elefanten, zu denen man, ob man will oder nicht, plötzlich eine Bindung aufbaut. Genauso wie zu den Figuren bei ihrer schwierigen Suche. Es bleibt natürlich nicht aus, dass einen wieder sagenhafte Wendungen erwarten. Auch das kann sie, eine der weltbesten Geschichtenerzählerinnen. Jodi Picoult kann es einfach, großartige Unterhaltung schreiben!
C. Bertelsmann, 507 Seiten; 19,99 Euro
Peter R. Neumann
Der Terror ist unter uns
In Belgien explodieren Bomben im Flughafen und an Bahnhöfen. In Paris werden Konzertbesucher und Restaurantgänger erschossen. In Deutschland brennen Flüchtlingsheime. In sozialen Netzwerken kursieren Hassparolen. Extremisten jeglicher Couleur bedrohen den Frieden in Europa. Der Autor beschäftigt sich seit über zwanzig Jahren mit Terrorismus in all seinen Ausformungen von Separatisten und ethnischen Nationalisten, über Rechts- und Linksextreme bis hin zu Dschihadisten. In seinem Werk geht er auf die „hausgemachte“ Radikalisierung ein, die speziell in Europa zu einer zentralen gesellschaftlichen und sicherheitspolitischen Herausforderung geworden ist, mit der wir lernen müssen, umzugehen.
Peter R. Neumann kennt man, wenn man nach einem Terroranschlag Nachrichten schaut. Da taucht er immer auf und gibt immer wieder seine „klugen“ Ratschläge und Thesen von sich. Alles was man nach einem Terroranschlag nicht braucht, ist das, was Peter R. Neumann über Terror, Radikalismus und den Islam erzählt. Wegschalten ist hier das Beste, was man tun kann. Das Buch konnte ich nicht wegschalten, es musste gelesen werden. Wer sich etwas mit der Materie befasst, leider müssen wir, dass ja alle irgendwie, für den ist dieses Buch überflüssig. Hier läuft echtes Wissen und Halbwissen nebeneinander her und schlauer wird man nach der Lektüre nicht. Der Terror ist in Europa angekommen und wir müssen damit leben. Das ist grausam für uns alle. Dieses Buch hilft dem Leser dabei nicht weiter, alles zu verstehen und damit umzugehen.
Ullstein, 297 Seiten; 19,99 Euro
Sarah Hall
Bei den Wölfen
Eigentlich wollte Rachel Caine nie mehr nach England und zu ihrer schwierigen Familie zurück. Die Wolfsexpertin lebt seit zehn Jahren in Amerika und geht in ihrer Arbeit auf. Doch das Angebot eines einflussreichen Lords, auf seinen Ländereien ein Wölfspärchen anzusiedeln, lässt sie umdenken. Aber zu ihrer eigenen Überraschung sind ihre Heimkehr, eine ungeplante Schwangerschaft und die intensive Arbeit in der wilden Landschaft des Lake District die beste Medizin für ihre Seele. Sie kann sich sogar vorsichtig auf eine neue Liebe einlassen und kommt zur Ruhe. Bis ein unvorhergesehenes Ereignis die eigentlichen Motive ihres Arbeitgebers entlarvt.
Eine Sprache so verspielt und wild wie die Natur und so rein wie ein Gebirgsbach! Hypnotisch, faszinierend, außergewöhnlich. „Bei den Wölfen“ kann aber nicht nur durch das sprachliche Können der Autorin glänzen, sondern auch durch eine Geschichte, die einen schnell packt, mit sich reißt und nicht mehr loslässt. Rachels Kampf mit ihren Gefühlen, sich finden, die familiären Komplikationen, ihre Arbeit mit den Wölfen, der Leser kommt nicht zur Ruhe, genauso wie der ausgefeilte Charakter. Sarah Hall erzählt wie ein einsamer Wolf in einem großen Wald. Ihre Sprache ragt um Längen gegenüber anderen, aktuellen literarischen Werken heraus.
Knaus, 444 Seiten; 19,99 Euro
Susanna Hislop / Hannah Waldron
Als die Götter noch mit Menschen rangen
Seit Menschengedenken orientieren wir uns an den Sternen, und schon vor Urzeiten haben unsere Vorfahren ihre besonderen Konstellationen zu Bildern geformt. Wozu der Nachthimmel die alten Ägypter, Chinesen und Babylonier inspirierte und welche Sagen der griechischen und römischen Antike er illustriert, erzählt dieses Buch: Geschichten von Liebe und Hass, Mut und Verzweiflung, von Helden, Göttern und Ungeheuern.
Nach der Lektüre dieses fantastischen Buches werden sie den Nachthimmel mit anderen Augen sehen! Die Geschichten zu den 88 Sternbildern wie Andromeda, Aquarius, Cassiopeia, Centaurus, Delphinus, Gemini, Hydra, Mensa, Monoceros, Phoenix, Sextans, Virgo zu erfahren ist ein echtes Leseerlebnis mit bleibendem Wert. Die Autorin Susanna Hislop schreibt mit Witz und Geschick. Illustriert sind die Sternbilder von Karin Weingarten.
Quadriga, 210 Seiten; 32,00 Euro
Peter Rühmkorf
Sämtliche Gedichte
Bleib erschütterbar und widersteh, Wo die Götter die Daumen drehen, Einen zweiten Weg ums Gehirn rum – bereits die Titel der Gedichte verströmen diesen ganz eigenen Sound, der Peter Rühmkorfs Lyrik so unverwechselbar macht, der mit überlieferten Versformen jongliert, freie Rhythmen zum Swingen bringt, Reime bricht und wieder flickt; der vor den großen Themen, „leichthin über Liebe und Tod“, nicht zurückschreckt, aber auch dem banalen Alltag Glanzlichter aufsetzen kann.
Ein großes Lesefest für Lyrik-Liebhaber! Peter Rühmkorf (1928 – 2008) gehört zu den großen deutschen Dichtern. Wenn man diese wuchtige schöne Ausgabe des Rowohlts Verlag gelesen und genossen hat, dann weiß man, warum. Viele seiner Gedichte bleiben einem im Gedächtnis, das ist bei anderen Dichteren seines Schlages nicht so. „Sämtliche Gedichte“ enthält alle Werke, die in den Jahren 1959, 1962, 1975, 1976, 1979, 1989, 2000 und 2008 erschienen sind.
Rowohlt, 621 Seiten; 39,95 Euro
Hörbuch der Woche
Kate Eberlen
Miss You
Eine Sekunde lang treffen sich ihre Blicke, doch bevor sie sich anlächeln oder ein paar Worte wechseln können, ist der Moment schon wieder vorbei. Von da an beginnt für Tess und Gus eine Reise, die sich Leben nennt. Große und kleine Augenblicke warten auf sie, Kummer und Freude. Doch beide ahnen, dass sie Wege gehen, die nicht glücklich machen. Weil ihnen das Entscheidende fehlt. Was sie nicht wissen: Tess und Gus sind perfekt füreinander, und obwohl sie sich längst begegnet sind, haben sie es nicht bemerkt. Wann ist der alles entscheidende Moment für die große Liebe endlich da?
Was für eine wunderbare, schöne, traurige, tragische und Hoffnung schenkende Geschichte über die Liebe! „Miss You“ erzählt ganz ehrlich und ohne große Zuckerwattenromantik, was die Liebe für einen bereithalten und wieder entreißen kann. Kate Eberlens Figuren waren während der Lesung wie Freunde, denen man die Daumen drückt, dass sie ihr Glück finden. „Miss You“ – ich vermisse dieses Buch schon jetzt! Und das Hörbuch noch viel mehr, was an den beiden hervorragenden Sprechern liegt. Annina Braunmiller-Jest, die deutsche Stimme von Kirsten Stewart, liest mit ihrer sagenhaften Stimme einfach nur perfekt. Den männlichen Part übernimmt der bekannte Schauspieler Oliver Wunk. Mit seiner fröhlich-weichen Stimme, passt er ebenso perfekt zu dieser Geschichte.
Auch als Paperback erhältlich bei Diana, 14,99 Euro.
Random House Audio, 6 CDs, 408 Minuten; 14,99 Euro
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