BuchKolumne 06.07.2020 Nr. 620
Nina Wähä – Vaters Wort und Mutters Liebe
Tom Clancy / Mike Maden – Letzte Entscheidung
Elsa Dix–Die Tote in der Sommerfrische
Mary Kay Andrews– Der geheime Schwimmclub
Hubertus Butin – Kunstfälschung: Das betrügliche Objekt der Begierde
Nina Wähä – Vaters Wort und Mutters Liebe
Ein Hof im finnischen Tornedal in den 1980ern ist das Zuhause der vierzehnköpfigen Familie Toimi. Siri, die Mutter, ist eine sanftmütige Person, der das Wohl ihrer Kinder am Herzen liegt. Ganz im Gegensatz zu Pentti, dem herrischen Vater, um den alle gerne einen Bogen machen. Einige der zwölf Kinder haben bereits Reißaus genommen und sind nach Stockholm, Helsinki oder sogar Zypern gezogen, doch das Band und die Liebe zwischen den Geschwistern und der Mutter ist so stark, dass sie immer wieder zurückkehren. So auch diesmal, als die Geschwister zu einem Familientreffen nach und nach zu Hause ankommen, voller Erwartung und Vorfreude auf das Wiedersehen. Doch ein erster Zwischenfall trübt bald die Stimmung.
Von der schwedischen Autorin Nina Wähä erscheint ihr gefeierter Roman „Vaters Wort und Mutters Liebe“ nun auch auf Deutsch. Ein Familienepos wie ein Popsong! Hier wird es mal rockig, melancholisch, chaotisch, romantisch, stürmisch, traurig und dramatisch. Nina Wähäs Ton lässt einen mitsurfen auf dieser Gefühlswelle. Nina Wähä lässt alle Mitglieder der Familie ihren Platz. Neben den Eltern, der ältesten Tochter Annie, die erneut schwanger ist, nachdem sie ihr erstes Kind hatte abtreiben lassen, oder die homosexuellen Brüder Lauri und Tarmo, die vor allem auch von ihren sexuellen Erlebnisse zu berichten wissen, oder Esko, Tatu, Hirvo, Valo und all die anderen. Bei der Familie Toimi ist immer etwas los. „Vaters Wort und Mutters Liebe“ ist ein Buch mit Nachhall!
Heyne Hardcore, 543 Seiten; 22,00 Euro
Tom Clancy / Mike Maden – Letzte Entscheidung
Korea testet erstmals erfolgreich Raketen mit Mehrfachsprengköpfen, was im Westen und in China größte Besorgnis auslöst. Die Reaktion lässt nicht lange auf sich warten. Um den massiven Sanktionen zu entgehen, schmiedet der nordkoreanische Geheimdienst einen perfiden Plan, dessen Verwirklichung nicht nur die Fundamente des „unzuverlässigen Verbündeten“ China, sondern auch den gesamten Westen aus den Angeln heben könnte. Jack Ryan muss sich den neuen Dimensionen der Cyberkriegführung stellen.
Tom Clancy, der Meister des politischen Action-Thrillers, ist eine Institution im Genre! Auch wenn Tom Clancy nun schon bald ein Jahrzehnt tot ist, lebt sein Name auf den Buchcovern durch abwechselnde Autoren weiter. In „Letzte Entscheidung“ ist dies nun Mike Maden. Die Hauptfigur muss mal wieder die Welt retten, und das macht er mit Krawumm! Die Story hat aktuelle Bezüge, alles was man von einem Tom Clancy kennt. Doch ist die Geschichte oft langweilig und auch unlogisch. Die Charaktere meist eintönig und manchmal wirken sie gar wie Clowns. Der echte Tom Clancy hätte mit den Vorgaben dieser Geschichte sicher ein ganz anderes, weitaus besseres Buch geschrieben.
Heyne, 525 Seiten; 22,00 Euro
Elsa Dix – Die Tote in der Sommerfrische
Norderney 1912. Im eleganten Seebad verbringt die feine Gesellschaft der Kaiserzeit die Sommerfrische. Auch die junge, unabhängige Viktoria Berg genießt die Zeit am Meer, bevor sie ihre Stellung als Lehrerin antritt. Doch dann wird sie Zeugin, wie der Hamburger Journalist Christian Hinrichs, der eine Reportage über den Sommer der Reichen und Schönen schreibt, eine ertrunkene junge Frau aus den Wellen zieht. Viktoria kannte die Tote und glaubt nicht daran, sie habe den Freitod gewählt. Gemeinsam mit Christian stellt sie Nachforschungen an und stößt in der adeligen Seebadgesellschaft der Belle Époque bald auf dunkle Geheimnisse.
„Die Tote in der Sommerfrische“ entführt einen auf eine von den Deutschen beliebte Ferieninsel zu Zeiten kurz vor Beginn des 1. Weltkrieges – Norderney. Alleine das ist schon eine Augenweide. Die Umgebung und die darin wandelnden Figuren. Doch Elsa Dix hat nicht nur ein gutes Setting gewählt, sondern füllt dieses auch mit einem spannenden Kriminalfall und einem gegensätzlichen Ermittlerduo mit Pfiff! Die junge und forsche Viktoria Berg und der gewitzte Journalist Christian Hinrichs. Elsa Dix beschreibt die Zeit von damals sehr anschaulich. Man kann sich gut in die Figuren hineinversetzten und mit welchen Widrigkeiten sie zu kämpfen hatten. Elsa Dix hat einen historischen Kriminalroman mit dem Prädikat „sehr gut“ geschrieben. Ihren Namen muss man sich merken!
Goldmann, 416 Seiten; 10,00 Euro
Sie waren jung, als sie ihren geheimen Schwimmclub auf der verwunschenen Insel Talisa gründeten: Josephine, Millie, Ruth und Varina. In den langen Sommernächten gingen sie nachts schwimmen, vertrauten einander ihre Geheimnisse und Lebenswünsche an – bis ein schicksalhaftes Ereignis die Frauen trennte. Jetzt, viele Jahrzehnte später, ist Josephine schwer erkrankt, und sie möchte ihre Freundinnen unbedingt noch einmal wiedersehen. Also beauftragt sie die junge, alleinerziehende Anwältin Brooke, sie zu finden und nach Talisa zu bringen, um dann das Rätsel von damals zu lösen.
Mary Kay Andrews verwöhnt ihre Leserinnen und Leser mit Geschichten die einen hohen Unterhaltungswert haben! Liebe, Drama, Spannung, all das findet man auch im neuen Roman von Mary Kay Andrews „Der geheime Schwimmclub“. Die Geschichte wird abwechselnd erzählt, spielt 1941, als die Freundinnen noch jung waren, und dann Jahrzehnte später.
Fischer, 589 Seiten; 10,99 Euro
Hubertus Butin – Kunstfälschung: Das betrügliche Objekt der Begierde
2015 stellte die Londoner Dulwich Picture Gallery ihre Besucher auf die Probe. Statt des 1769 entstandenen Ölgemäldes Porträt einer jungen Frau von Jean-Honoré Fragonard hängte sie eine für gerade einmal siebzig Pfund angefertigte Fälschung auf. Das Publikum war eingeladen, das fingierte Kunstwerk unter den Exponaten ausfindig zu machen. Das Ergebnis war erstaunlich: Zum einen erkannten gerade einmal zehn Prozent die Täuschung – zum anderen vervierfachten sich die Besucherzahlen. Nur ein Beispiel. Kunstfälschungen und das Interesse an ihnen haben Hochkonjunktur. Für den globalisierten Kunstbetrieb aber sind sie zur Herausforderung geworden. Massenhafte Fälschungen erzeugen nicht nur erheblichen finanziellen Schaden, sie führen auch immer wieder Museen und die Forschung auf peinliche Irrwege.
Hubertus Butins „Kunstfälschung – Das betrügliche Objekt der Begierde“ liest sich wie ein fesselnder Kriminalroman aus der Kunstszene! Was alles in diesem Bereich passiert ist teils unglaublich. Der Autor geht den Ursachen der Fälschungsmanie nach, schildert das Vorgehen berühmter Fälscher wie Wolfgang Beltracchi und erläutert, wie wir uns besser gegen Betrug und Täuschung wappnen können. Die Hauptthemen sind: „Fälschung, Kopien und Verfälschungen“, „Originale und Grauzonen“, „Problematik der Fälschung“, „Fälscher“, „Kunstboom“, „Sammler und Sammlerinnen“, „Spekulanten“, „Auktionatoren, Kunsthändler und Verkäufer im Internet“, „Sachverständige, Gutachter und Experten“, „Öffentliche Medien“, „Museumsdirektoren“ und „Künstler“.
Suhrkamp, 473 Seiten; 28,00 Euro