BuchKolumne 25.05.2020 Nr. 614
Romy Hausmann – Marta schläft
Ferdinand von Schirach / Alexander Kluge – Trotzdem
Katharina Fuchs – Neuleben
Werner Bätzing – Das Landleben
Ulf Schiewe – Die Kinder von Nebra
Romy Hausmann – Marta schläft
Es ist Jahre her, dass man Nadja für ein grausames Verbrechen verurteilt hat. Nach ihrer Haftentlassung wünscht sie sich nichts sehnlicher, als ein normales Leben zu führen. Doch dann geschieht ein Mord. Und der soll ungeschehen gemacht werden. Ein abgelegenes Haus wird zum Schauplatz eines bizarren Spiels ‒ denn Nadjas Vergangenheit macht sie zum perfekten Opfer. Und zur perfekten Mörderin.
Romy Hausmanns Debütthriller „Liebes Kind“ ist eingeschlagen wie eine Bombe! Ein Megabestseller, der auch noch in 18 Ländern erscheinen wird. Was für ein Erfolg für die Deutsche Romy Hausmann. Und nun ihr zweiter Thriller. Solch einen Einstand zu toppen ist nicht einfach, es gelingt ihr mit „Marta schläft“ auch nicht so ganz. Aber „Liebes Kind“ war einfach so einzigartig. Doch auch „Marta schläft“ hat mich gleich von Anfang an angezogen. Geschickt baut Romy Hausmann ihre Story auf. Sie wechselt zwischen Gegenwart und Vergangenheit und ergänzt das Ganze noch mit Auszügen aus geheimnisvollen Briefen. Eins ist gewiss: Romy Hausmann weiß, wie man einen perfekten Thriller schreibt! Mit „Martha schläft“ setzt sie ihr Können auch wieder sehr gut um. Man ist voll und ganz bei Nadja und überlegt selbst, wie man in ihrer Situation gehandelt hätte. Eine falsche Entscheidung, und das ganze Leben kann in Schutt und Asche liegen. Doch Nadjas Weg ist nicht der einzige, dem der Leser folgen darf. „Marta schläft“, Sie, liebe Leserinnen und Leser, werden bei der Lektüre garantiert nicht einschlafen!
dtv, 385 Seiten; 16,90 Euro
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Inka Löwendorf und Matthias Koeberlin liefern eine perfekte Lesung ab! 17,00 Euro.
Romy Hausmann – Marta schläft – Hörprobe 6:47 Min.
Ferdinand von Schirach / Alexander Kluge – Trotzdem
Ist der aktuelle Shutdown unserer Gesellschaft auch ein Shutdown unserer Grundrechte? Ferdinand von Schirach und Alexander Kluge gehen der Frage nach, was die Corona-Pandemie für unsere Gesellschaftsordnung und unsere bürgerliche Freiheit bedeutet. Sie führen am 30.03.2020 zwei Gespräche über einen Instant-Messaging-Dienst.
Luchterhand, 78 Seiten; 8,00 Euro
Katharina Fuchs – Neuleben
Weil sie als Tochter eines Wehrmachtoffiziers und einer Großgrundbesitzerin in der DDR nicht studieren darf, zieht Therese Trotha Anfang der fünfziger Jahre nach West-Berlin. Dort muss sie erleben, wie die wachsenden Unterschiede zwischen Ost und West ihre Familie auseinanderbrechen lassen. Auch ihr Studium gestaltet sich schwierig: Konservative Professoren und Kommilitonen machen Therese und ihrer Mitstudentin das Leben schwer. Die zwei einzigen Frauen an der juristischen Fakultät sind für sie Fremdkörper. Doch sie unterschätzen Thereses Begabung und ihren Willen. Verständnis für ihre Träume scheint lediglich ihre Schwägerin Gisela zu haben, denn auch sie fällt aus der ihr zugedachten Rolle: Die Schneiderin aus einfachen Verhältnissen hat mit Thereses Bruder eine „gute Partie“ gemacht und wehrt sich gegen die reine Hausfrauenehe. Wie Therese hat sie hochtrabende Pläne.
Basierend auf ihrer eigenen Familiengeschichte hat Katharina Fuchs Leben und Träume der Frauen in den 1950er Jahren eingefangen. Ein großer deutscher Roman über zwei großartige Frauen! Theresa und Gisela sind zwei starke Frauen, die sich nicht unterkriegen lassen und ihre Träume und Wünsche leben und nicht dem Diktat der Männer oder der Gesellschaft folgen wollen. Katharina Fuchs fängt das Leben in der ersten Hälfte der 1950er Jahre auf wunderbare Weise ein. Vor allem das langsame Erblühen West-Berlins. Man erlebt den Aufbruch, aber auch die Gedanken an den Krieg, und alles was er hinterlassen hat, sind noch präsent, man erlebt die Konventionen und den neuen Mut. Ihr Frauenfiguren und auch die eingängigen Nebenfiguren haben daran einen großen Anteil, sie tragen einen durch die Geschichte. „Neuleben“ begeistert!
Droemer, 479 Seiten; 19,99 Euro
Gibt es heute noch ein Leben auf dem Land, das nicht städtische geprägt ist? Und brauchen wir in der modernen Welt überhaupt ein Landleben? Oder ist es nur noch ein romantisches Relikt aus der vergangenen Zeit? Wer das Landleben verstehen will, muss Landwirtschaft, bäuerliche Kulturlandschaften, Dorfleben, Traditionen sowie die engen Verflechtungen zwischen Ihnen kennen. Da das Land aber stets in einem engen Austausch mit der Stadt steht, muss er auch verstehen, welche Auswirkungen die industrielle Revolution, die Entdeckung des Landes als „schöne Landschaft“, der wirtschaftliche und demographische Wandel, die Entstehung der Konsumgesellschaft und das Erstarken des Neoliberalismus auf das Landleben besitzen.
Wenn es nach den Großstadtmedien geht, ist das Landleben eine aussterbende Art. Nein, es ist vielerorts pulsierendes Leben, aber eben auf eine andere Art. Werner Bätzing, Geograph und Alpenforscher, geht in seinem Buch „Das Landleben – Geschichte und Zukunft einer gefährdeten Lebensform“ genau diesem nach. Wer das Landleben erforschen will, ist bei diesem Buch gut aufgehoben. Eine breite und interessante Analyse. Die Hauptthemen sind: „Landleben – was bedeutet das?“, „Die Entstehung des Landlebens und die Veränderung der Natur“, „Die Entwertung des Landes durch die Entstehung von Städten und Hochkultur“, „Die Gleichwertigkeit von Land und Stadt im mittelalterlichen Europa“, „Die Auswirkungen der industriellen Revolution auf das Landleben“, „Die forcierte Modernisierung des Landlebens zwischen 1960 und 1980“, „Die Postmoderne – eine neue Aufwertung oder das endgültige Verschwinden des Landlebens“ und „Welche Zukunft für das Landleben“.
C. H. Beck, 302 Seiten; 26,00 Euro
Ulf Schiewe – Die Kinder von Nebra
Nebra vor 4000 Jahren: Lange haben sich die Menschen der Willkür des mächtigen Fürsten Orkon gebeugt, der das Volk quält und ausbeutet, sich nimmt, wonach immer es ihn gelüstet. Jetzt endlich regt sich Widerstand. Die junge Priesterin Rana will Orkons dunkle Herrschaft brechen und die Menschen befreien. Das Werk ihres Vaters soll ihr dabei helfen: eine bronzene Scheibe, die den Sternenhimmel zeigt und eine geheime Botschaft der Götter enthält. Sie steht für die Göttin des Lichts, die dem Hass Liebe entgegensetzt. Doch Ranas Weg ist gefährlich, viel steht auf dem Spiel. Auch das Leben derjenigen, die ihr am liebsten sind.
Ulf Schiewe schreibt historische Romane allerster Güte! Dazu zählen „Die Normannen“-Saga und „Die Wikinger“-Saga. Atemberaubend! Und noch weitere Solo-Romane, auch durchweg gut. Nun ist sein neuer Roman erschienen: „Die Kinder von Nebra“ – fesselnder historischer Lesestoff! Was anderes war von Ulf Schiewe auch nicht zu erwarten. Er versteht es, historische Stoffe zu einer packenden Geschichte zu verarbeiten. Das ist ihm auch wieder in „Die Kinder von „Nebra“ gelungen.
Lübbe, 619 Seiten; 24,00 Euro