November 23, 2024

Kolumne 02.10.2023 Nr. 789

 

      BuchKolumne 02.10.2023 Nr. 789

Andreas Gruber – Rachefrühling
Charlotte Gneuß – Gittersee
Bernhard Hennen / Robert Corvus – König der Meere
Jakob Schwerdtfeger – Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist Kunst
M. W. Craven – Der Botaniker

  Andreas Gruber – Rachefrühling

Martin Kilian betreibt einen erfolgreichen True-Crime-Podcast. Dank seiner Recherchen wurden schon mehrere unschuldig Verurteilte wieder aus dem Gefängnis entlassen. Bis Kilian plötzlich selbst zum Verdächtigen wird: Bei dem grausamen Mord an der Wiener Chirurgin Dr. Rashid spricht alles gegen ihn. Verzweifelt wendet er sich an die renommierte Anwältin Evelyn Meyers, doch deren Nachforschungen gestalten sich komplizierter und gefährlicher als anfangs gedacht. Und so bittet Evelyn den Leipziger Kommissar Walter Pulaski, der gerade in Wien Urlaub macht, um Hilfe. Anders als sie kann er inkognito ermitteln und stößt dabei auf ein unglaubliches Geheimnis.

Andreas Gruber, ein Name, der ganz oben auf dem Thriller-Olymp zu finden ist! Mit seiner Reihe um Maarten S. Sneijder und Sabien Nemez hat der Kultstatus erreicht. Aber er hat noch eine zweite Reihe am Start, in der die Wiener Anwältin Evelyn Meyers und der Dresdner Ermittler Walter Pulaski die Hauptrollen spielen. Der neue Fall der beiden ist in „Rachefrühling“ zu finden. Und der Autor beendet mit der vierten Jahreszeit – leider – auch diese sehr erfolgreiche und beliebte Reihe. Andreas Gruber fährt zum Ende der Reihe aber noch einmal die ganz großen Thriller-Geschütze auf! „Rachefrühling“ ist ein Füllhorn an guten Thriller-Ideen, perfekt umgesetzt in einer Story, die einen nicht mehr loslässt. Ein Thriller, der einen immer wieder überrascht – und das auf 600 Seiten! Eine echt große Leistung. Nicht wenige Autoren schaffen es, einen nicht einmal auf 300 Seiten zu packen, Andreas Gruber schafft es auf 600 Seiten. Ein Thriller, den Sie sich nicht entgehen lassen sollten!

Goldmann, 603 Seiten; 12,00 Euro

   Charlotte Gneuß – Gittersee

1976, im Dresdner Vorort Gittersee: Karin ist 16, hütet ihre kleine Schwester und hilft der renitenten Großmutter im Haushalt, die ihrer Zeit als Blitzmädel hinterhertrauert. Karins Vater verzweifelt an der Reparatur seines Škodas wie an der des Familienlebens, und ihre Mutter würde am liebsten ein anderes Leben führen. Aufgehoben fühlt sich Karin bei ihrer Freundin Marie, dem einzigen Mädchen in der Klasse, das später nicht etwas machen, sondern etwas werden will: die erste Frau auf dem Mond. Und Karin ist verliebt: in ihren Freund Paul, der gerne Künstler wäre, aber im Schacht bei der Wismut arbeitet. Als Paul zu einem Ausflug aufbricht und nicht mehr zurückkommt, stehen eines Nachts zwei Uniformierte vor der Tür, und Karins Welt gerät aus den Fugen.
 
Charlotte Gneuß‘ Debütroman „Gittersee“ schlägt hohe Wellen! Medial wird teils brachial über das Werk diskutiert. Zu der ganzen Diskussion gibt es noch reichlich Literaturpreis-Nominierungen und schon einen gewonnenen Preis. Doch hält „Gittersee“ was es zu versprechen scheint? Natürlich nicht! Es ist ein Debütroman mit einigen starken Szenen, aber auch mit ungeheuer vielen Schwächen. Und wenn schon ein Roman für den „Deutschen Buchpreis“ nominiert ist, ist Vorsicht geboten! Denn die Jury nominiert oft Bücher, die literarisch in Zügen ansprechend sein können, die die Leserschaft aber genauso oft nur mit einem Kopfschütteln zurücklässt. Der Roman thematisiert das System DDR relativ gut, doch auf der Strecke bleibt die Darstellung von lebensnahen Figurenzeichnungen und einer spannenden Handlung sucht man auch vergebens. Es herrscht dramatische Tristesse. Zudem ist Charlotte Gneuß‘ Stil genau im Sinne der Buchpreis-Jury, kaum lesbar. Es gibt in Deutschland so viele gute Autorinnen und Autoren, so viele gute Bücher in diesem Bücherherbst, diese Autorin und dieses Buch gehören definitiv nicht dazu.
 

S. Fischer, 237 Seiten; 22,00 Euro

  Bernhard Hennen / Robert Corvus – König der Meere

Schon zu ihren Lebzeiten sind die Abenteuer Asleif Phileassons und Beorn des Blenders zur Legende geworden. Die Skalden besingen die Taten der Helden an Lagerfeuern, in den Hallen der Könige und in Tavernen. Treue Freunde haben die beiden Seebären während ihrer Wettfahrt gewonnen, sich aber auch erbitterte Feinde gemacht. Nun da sie Einblick in das tiefere Verständnis Welt erhalten haben, gilt es, dieses Wissen zu nutzen – zum Guten oder zum Bösen. Nach diesem Abenteuer wird Aventurien nie wieder sein wie zuvor, und bei aller Rivalität stimmen Beorn und Phileasson in einer Sache überein: Es kann nur einen König der Meere geben!

Nach „Elfenkönig“ ist „König der Meere“ der krönende Abschluss der „Phileasson“-Saga. Bernhard Hennen und Robert Corvus haben mit der „Phileasson“-Saga eine der größten, besten und spannendsten Fantasy-Sagen aller Zeiten erschaffen! Es ist der Fantasy-Wahnsinn, was sie in diesen 12 Bänden zwischen die Buchdeckel gezaubert haben. Die Helden, die Schlachten, die Errungenschaften, die Reisen, die Monster, die Freundschaften, die Liebe, es ist so viel, was es in dieser Saga zu bestaunen und erleben gibt. Wollen Sie ganz große Fantasy erleben, dann lesen Sie die „Phileasson“-Saga!

Heyne, 784 Seiten; 17,00 Euro

Jakob Schwerdtfeger –
Ich sehe was, was du nicht siehst, und das ist Kunst

Einer der bekanntesten Surrealisten ließ sich bei seinen fließenden Uhren von französischem Weichkäse inspirieren, der Schöpfer des „Schrei“, Edvard Munch, verteilte auf den meisten seiner Werke Vogelscheiße, Martin Kippenberger hat in den 1980er-Jahren ein Bild von Gerhard Richter als Tischplatte in seiner eigenen Skulptur verarbeitet. Der Kunstexperte und Comedian Jakob Schwerdtfeger weiß viele dieser spannenden Anekdoten hinter der Entstehung großer Werke zu erzählen. Er hat die historischen Hintergründe parat, kennt die Biografien der Kunstschaffenden und die oftmals abstrusen Storys, die schon immer zur Kunst gehört haben.

Was ein intelligenter Spaß! Köstliche und kunstvolle Unterhaltung auf höchstem Niveau. Jakob Schwerdtfeger bringt eine Kunst auf ein bisher kaum für möglich gehaltene Art nahe. Die Hauptkapitel sind: „Ohne Hype kein Meisterwerk“, „Kunst muss provozieren“, „Kunst ist Kopfkino“, „Genie und Wahnsinn ist Quatsch“, „Museen sind voller Müll“, „Abstrakte Kunst muss man nicht verstehen“, „Es geht ums Geld“, „Porträts sind gnadenlos“, „Kunst kann die Welt verändern“ und „Kunst macht das Leben besser“.

dtv, 190 Seiten; 22,00 Euro

  M. W. Craven – Der Botaniker

Er schickt seinen Opfern Gedichte und getrocknete Blumen, bevor er sie vergiftet – und er kann offenbar durch Wände gehen, denn selbst Polizeischutz rund um die Uhr kann ihn nicht stoppen. „Der Botaniker“, wie ihn die Presse nennt, hat bereits drei Opfer auf dem Gewissen und ein viertes ausgewählt. Für DS Washington Poe von der NCA kommt der scheinbar unmögliche Fall zur Unzeit: Seine Freundin und Kollegin, die geniale Pathologin Estelle Doyle, wird verdächtigt, ihren Vater erschossen zu haben. Dieser Fall wiederum ist eindeutig, glaubt man den Spuren. Zusammen mit seiner durchsetzungsfreudigen Chefin Stephanie Flynn und der brillanten, aber sozial inkompatiblen Analystin Tilly Bradshaw versucht Poe, zwei Rätsel zu lösen, die vermeintlich nichts miteinander zu tun haben.

Hier haben wir einen Buchpreis-Gewinner, der sein Handwerk versteht und spannenden Lektüre präsentiert. Der Brite M. W. Craven wurde mit den renommierten Krimipreisen „CWA Golden Dagger Award“ und den „Ian Fleming Steel Dagger Award“ ausgezeichnet. „Der Botaniker“ ist der Auftakt der preisgekrönten Krimiserie. Und was für einer! Ein Kriminalroman, wie ein mysteriöses, durchtriebenes und umwerfend fesselndes Gedicht! „Der Botaniker“ wird sich auch in Ihre Gehirnwände pflanzen und Sie nicht mehr loslassen. Zu der nahezu perfekten Storyline hat M. W. Craven auch äußerst lebendige und vielseitige Charaktere erschaffen, die man unbedingt noch viel näher kennenlernen möchte. „Der Botaniker“ ist ausgezeichnete Spannungsliteratur!

Droemer, 556 Seiten; 16,99 Euro