BuchKolumne 06.02.2023 Nr. 755
Ernest Hemingway – Wem die Stunde schlägt
Thilo Falk – Dark Clouds
Neil Price – Die wahre Geschichte der Wikinger
Ann Granger – Die Frau des Inspektors
Colleen Cambridge – Die Dreitagemordgesellschaft
Ernest Hemingway – Wem die Stunde schlägt
In seinem 1940 publizierten und zu einem der internationalen Bestseller seiner Zeit gewordenen Roman schildert Hemingway eine kurze, nur drei Tage währende Episode aus dem Spanischen Bürgerkrieg. Es ist die Geschichte des amerikanischen Pioniers Robert Jordan, der den Befehl hat, in den Bergen vor Segovia eine Brücke zu sprengen. Mit einer Schar mutiger Republikaner führt er den Auftrag aus. In dieser kurzen Zeit erfüllt sich auch seine Liebe zu der Partisanin Maria. Inmitten der Ereignisse, die von allen das Äußerste an Opferbereitschaft fordern, vollzieht sich das Schicksal dieser Gruppe, die sich in der Bedrohung durch den herannahenden Feind zusammenfindet.
Wer kennt nicht die weltberühmte Verfilmung von „Wem die Stunde schlägt“ mit Ingrid Bergman und Gary Cooper in den Hauptrollen. Den Film habe ich mindestens schon 15 Mal gesehen, in meiner nun 21-jährigen Karriere als Buchkritiker hatte ich bisher leider nie die Gelegenheit gefunden, mich dem Roman von Ernst Hemingway zuzuwenden. Andere Werke von Hemingway habe ich gelesen, teils mehrfach, diesen bisher nicht. Nun hat sich mir die Möglichkeit eröffnet, mit dieser Neuausgabe des Klassikers in neuer Übersetzung. Das erste Mal ist dieser Roman 1941 auf Deutsch erschienen, nun, 2023 folgt die sprachliche Auffrischung des Werks. „Wem die Stunde schlägt“ ist grandios! Über 600 Seiten hat mich dieser Roman, wie auch der Film, in seinen Bann gezogen. Die Geschichte des Spanischen Bürgerkriegs, das eine Ziel, diese verdammte Brücke zu sprengen, und alles dafür zu geben, das Aufkeimen einer großen Lovestory (die es hätte werden können) zwischen Robert Jordan und der Partisanin Maria. „Wem die Stunde schlägt“ ist ein großer Roman“! Aber in diesem großen Roman finden sich viele kleine spannende und emotionale Geschichten wieder. Verpassen Sie nicht die Neuübersetzung dieses genialen Klassikers!
Rowohlt, 622 Seiten; 30,00 Euro
Thilo Falk – Dark Clouds
Innerhalb weniger Wochen kommt es in ganz Europa zu Extremwetterereignissen – Starkregen, Erdrutsche und Sturmfluten bedrohen das Land. Wasser quillt aus den Abflüssen, Strommasten stürzen um, Kohle- und Atomkraftwerke werden überflutet. Die enormen Regenmassen reißen immer mehr Menschen in den Tod und zerstören die Infrastruktur des Landes, während die Politik nur tatenlos zusieht. Die Wolkenkundlerin Fjella Lange, der IT-Spezialist Arian Fischer und der Schadensgutachter Philipp Graf forschen an den desaströsen Wetterereignissen und stellen sich einem atemlosen Wettlauf gegen die Zeit. Sie sind die Einzigen, die ahnen, dass dies erst der Anfang einer viel größeren Katastrophe ist – getrieben von der Gier nach Geld und Macht.
Die Klimakatastrophe wird von Jahr zu Jahr mehr sichtbar. Der Buchmarkt, vor allem das Genre Thriller, nimmt sich diesem für die Menschheit so entscheidendem Thema vermehrt an. Ein neuerer dieser Thriller ist „Dark Clouds – Der Regen ist dein Untergang“. Ein Buch, an das ich große Erwartungen hatte, die leider nicht erfüllt werden konnten. Thilo Falk gewährt interessante Einblicke, und das auf allen Ebenen. Das fand ich gut. Den bunten Charakteren fehlt es etwas an Tiefe, und so bekam ich nicht die Bindung zu ihnen, die durchaus möglich gewesen wäre. Und die Hauptabzugspunkte gibt es bei der Spannung. Erst im letzten Drittel war ich dann öfter gefesselt, bis dahin plätschert die Spannung so dahin. „Dark Clouds – Der Regen ist dein Untergang“ wird für Sie kein Leseuntergang sein, nein, es ist ein durchaus interessanter Beitrag zum Thema, aber ein packender Thriller von Anfang bis Ende ist er nicht.
dtv, 509 Seiten; 13,95 Euro
Neil Price – Die wahre Geschichte der Wikinger
Waren die Wikinger die brandschatzenden Seefahrer und gewaltsamen Eroberer aus den Legenden? Dieses Buch stellt die gängigen Vorurteile auf den Prüfstand und zeigt Ihnen die echten Menschen hinter dem Mythos. Basierend auf neuesten archäologischen Funden, zahllosen Textquellen und nicht zuletzt der nordischen Mythologie selbst zeigt Neil Price Ihnen die Wikinger erstmals so, wie sie selbst sich sahen. Er schildert ihr Alltagsleben und ihre reiche Kultur: Wie übten sie ihre Religion aus, wie gestalteten sie Politik? Welche Rolle hatte die Frau, und wie zentral war Gewalt? Von Eirík I., genannt Blutaxt, der sich den norwegischen Thron erkämpfte, bis zur isländischen Entdeckerin Gudríd, die bis nach Amerika reiste, ist dies die Geschichte der Wikinger und ihrer Zeit.
Wer kennt nicht die herausragenden Serien „Vikings“ und die Netflix-Weiterführunger „Vikings: Valhalla“. Die Fernsehserien verdrehen den ZuschauerInnen den Kopf. Was liegt da näher, noch viel mehr über das Leben der Wikinger zu erfahren. Viel mehr Details, viel mehr Wahrheiten, viel mehr Gebräuche, viel mehr Wikinger-Leben. Wenn Sie das alles erfahren möchten, dann ist Neil Prices „Die wahre Geschichte der Wikinger“ genau das richtige Buch für Sie! Die Tiefe, die in diesem Buch erreicht wird, erreichen die Fernsehserien natürlich nicht, dafür sind diese sehr spannend erzählt. Aber auch dieses Buch braucht sich in Sachen Spannung nicht vor den Serien zu verstecken. Man taucht ab in das Leben der Wikinger und ist gefesselt von Anfang an. Die Hauptkapitel sind: „Die Erschaffung von Midgard“, „Das Wikingerphänomen“ und „Neue Welten, neue Nationen“.
S. Fischer, 746 Seiten; 39,00 Euro
Frühjahr, 1871. Lizzie Ross beschließt, ihre Tante Parry auf einen Erholungsurlaub an die Südküste Englands in den New Forest Nationalpark zu begleiten. Ein Dinner im Haus des reichen Großgrundbesitzers Sir Henry Meager endet allerdings mit dessen reichlich unerwarteten Tod. Schon bei Lizzies letztem Besuch im New Forest kam es zu einem brutalen Mord. Kein Wunder, dass die abergläubischen Ortsansässigen in ihr ein böses Omen sehen und ihr mehr als misstrauisch begegnen. Lizzie stellt rasch fest, dass Sir Henry eine ganze Reihe erbitterter Feinde hatte, von denen mehr als einer ihm den Tod wünschte. Damit ist der Urlaub vorbei, und Lizzie muss wieder einmal ermitteln.
Ann Granger! Ann Granger! Und noch einmal Ann Granger! Ihre Krimis bereichern den Krimi-Markt seit mehr als zwei Jahrzehnten. Dazu zählt die Mitchell-und-Markby-Reihe, mit der die Britin Weltruhm erlangte, und die mit der Jessica-Campbell-Reihe fortgesetzt wird, und natürlich auch die Lizzie-Martin-und-Benjamin-Ross-Reihe, die im viktorianischen England spielt. Lizzie Martin wird von Ann Granger nun wieder in Aktion geschickt. In „Die Frau des Inspektors“ darf sie wieder ihr Können beweisen, undurchschaubare Verbrechen aufzuklären. Herrlich. Die LeserInnen lieben Ann Granger für ihre spannenden und charmanten Kriminalromane!
Lübbe, 334 Seiten; 21,00 Euro
Colleen Cambridge – Die Dreitagemordgesellschaft
Eine Schar Festtagsgäste hat sich für drei Tage in Mallowan Hall eingefunden. Das versteckt in den Hügeln von Devonshire liegende Anwesen gehört der berühmten Schriftstellerin Agatha Christie. Doch den Haushalt führt die energische Phyllida Bright, und sie ist es auch, die am ersten Morgen der Festlichkeiten in der Bibliothek einen fremden Toten findet. Sie weiß, dass Aufsehen unbedingt zu vermeiden ist und die örtliche Polizei zur Umständlichkeit neigt. Während im Garten ein Heer von Fotografen lauert, beschließt Phyllida, in die Fußstapfen ihres hochverehrten Hercule Poirot zu treten.
Colleen Cambrigde ist das Pseudonym einer amerikanischen Bestsellerautorin. Doch sie hätte sicher nichts dagegen, wenn ihre neue Reihe um Agatha Christies Haushälterin Phyllida Bright vielleicht eines Tages ebenso viele erfolgreiche Bücher aufweisen könnte, wie die Romane von der Ikone des Genres Ann Granger. Mit „Die Dreitagemordgesellschaft“ macht Colleen Cambridge auf jeden Fall einen vielversprechenden Anfang! Die Idee um Mallowan Hall und Agatha Christie eine Haushälterin an die Seite zu schreiben sind schon mal prima, und was die Autorin aus der Grundidee macht, umso mehr. Agatha Christie lässt grüßen! Man merkt die Detailliebe zu der weltberühmten Agatha Christie, und wie sie einen Roman in dieser Form umgesetzt hätte. Phyllida Bright, bitte kommen Sie schnell zurück!
Lübbe, 365 Seiten; 16,00 Euro