November 23, 2024

Kolumne 09.01.2023 Nr. 751


BuchKolumne 09.01.2023
Nr. 751

Steve Cavanagh – Fifty Fifty
Benjamin Heisenberg – Lukusch
Clare Chase – Der Tote am Apple Tree Cottage
Line Holm / Stine Bolther– Brennender Zorn
Lisa Graf – Dallmayr – Der Glanz einer neuen Ära

Steve Cavanagh – Fifty Fifty

Frank Avellino wurde mit äußerster Brutalität in seinem eigenen Schlafzimmer erstochen, der Täter muss in einem wahren Blutrausch gehandelt haben. Besser gesagt: die Täterin. Denn Franks Töchter Alexandra und Sofia beschuldigen sich gegenseitig der Tat. Die eine ist eine sadistische Mörderin, die andere unschuldig. Aber welche? Sowohl Eddie Flynn, der Sofia vor Gericht verteidigt, als auch Alexandras junge Anwältin Kate Brooks befürchten, dass die Wahrheit im Trubel um diesen spektakulären Fall untergeht. Denn der Ermordete war nicht nur ehemaliger Bürgermeister von New York, es gibt auch ein Millionenerbe zu verteilen. Und Eddie Flynns Chancen, die richtige Schwester vor dem Gefängnis zu bewahren, stehen fifty-fifty.

Kennen Sie „Thirteen“? Wenn Sie gute Justiz-Thriller lieben, werden Sie diesen herausragenden sicher nicht verpasst haben. Ich schrieb damals über „Thirteen“: „Die Story hört sich irre, verrückt und spektakulär an. Ist sie am Ende auch! ‚Thirteen‘ ist ein grandioser Thriller! Von Eddie Flynn möchte man unbedingt noch mehr lesen. Ein Anwalt, wie Michael Connellys Kult-Anwalt Mickey Haller.“ Und nun bekommen die LeserInnen mehr. Mit diesem Buch hatte der Goldmann Verlag einen Volltreffer gelandet, dabei war „Thirteen“ gar nicht der erste Fall für den Strafverteidiger Eddie Flynn, sondern bereits der vierte. Nun ist der 5. Fall für Eddie Flynn „Fifty Fifty“ erschienen. Ein Justiz-Thriller zum Nägelkauen! Steve Cavanagh entwirft sagenhafte Plots und versteht diese mit immens viel Spannung und starken Personal zu füllen. „Fifty Fifty wird Sie von Anfang bis Ende fesseln! Nach diesen herausragenden Büchern lässt sich der Verlag nun auch nicht lang Zeit, um alle weiteren Eddie-Flynn-Fälle in Deutschland auf den Markt zu bringen. Alle bisher in Englisch erschienen Thriller von Steve Cavanagh werden 2023 erscheinen.

Goldmann, 507 Seiten; 15,00 Euro

Benjamin Heisenberg – Lukusch

Anton Lukusch war ein ganz normaler Junge aus Prypjat – bis zur Reaktorkatastrophe von Tschernobyl 1986. Gemeinsam mit anderen Kindern wird er von der Hilfsorganisation Shelta nach Westdeutschland gebracht, um der hohen Strahlenbelastung zu entkommen. Dort beginnt für ihn ein ganz neues Leben: Durch Zufall wird Lukuschs analytisches Talent beim Schachspielen entdeckt. Ein Überflieger und Wunderkind. Vor den Augen der Öffentlichkeit gewinnt er eine Partie gegen Bundeskanzler Helmut Kohl, knackt ein scheinbar unlösbares Rätsel bei „Wetten, dass…“ und wird sogar von internationalen Konzernen als Berater verpflichtet. Ihn selbst scheint seine spektakuläre Erfolgsgeschichte kaum zu interessieren. Ist dieser Junge wirklich „nur“ ein herausragendes Talent, und was hat es mit seinem ständigen Schatten Igor auf sich? Antons spurloses Verschwinden ist nur der Anfang höchst kurioser Entwicklungen.

Die Story von „Lukusch“ hörte sich wirklich sehr interessant, kurios und vielversprechend an. Doch kann das Buch mit der Grundidee der Story nicht mithalten. Die Story ist ein großes Verwirrspiel für die LeserInnen, bei der man sich leicht verrennen kann. Und das kann beim Lesen zu Ermüdungserscheinungen führen. Zwar ist das Buch schön gestaltet und auch mit Fotos versehen, die alles noch glaubhafter machen sollen, genauso wie der Stil des Romans, der oft auch dokumentarisch anmutet, aber die Story hat mich in dieser Form nicht abgeholt. Man hätte aus der Grundidee einen fabelhaften Roman machen und der gut und gerne 500 Seiten hätte haben können, doch Benjamin Heisenberg fehlt hier augenscheinlich die Qualifikation als Autor, um dieses Projekt so umzusetzen.

C. H. Beck, 268 Seiten; 25,00 Euro

  Clare Chase – Der Tote am Apple Tree Cottage

Eve Mallow genießt den ruhigen Rhythmus des Dorfes Saxford St. Peter, bis ein berühmter Besucher alle aufrüttelt. Ashton Foley ist zurück: damals ein jugendlicher Randalierer, heute ein Star-Innenarchitekt. Er ist böse und gefährlich, aber auch charmant – wie Eve selbst bezeugen kann -, und jedes Haus in Saxford öffnet ihm die Türen. Als er wenige Tage nach seiner Ankunft ermordet im Wald in der Nähe des Apple Tree Cottage aufgefunden wird, gibt es daher keinen Mangel an Verdächtigen. Ein eifersüchtiger Ehemann? Eine verschmähte Verehrerin? Oder hatte jemand aus seiner Vergangenheit noch eine Rechnung offen? Eve macht sich erneut auf die Suche nach dem Mörder.

Wer es so ganz anders will, wie in Steve Cavanaghs Büchern, der sollte zu den englischen Landhaus-Krimis vom Lübbe Verlag greifen. In einer bezaubernden Edition bringt der Verlag von verschiedenen Autorinnen Krimis heraus, die jeden Freund von Inspector Barnaby glücklich machen werden. Einer dieser neuen Krimis ist „Der Tote am Apple Tree Cottage“ von Clare Chase. Nach „Das Geheimnis des toten Cellisten“ ist es der zweite Fall für Eve Mallow und Dackel Gus. Und wieder bekommt man gleichzeitig Ruhe und Frieden mit Mord und Spannung geboten. Ein Wohlfühl-Krimi mit tüchtig viel Spannung!

Lübbe, 347 Seiten; 11,00 Euro

   Line Holm / Stine Bolther – Brennender Zorn

In Jütland wird das Skelett einer jungen Frau gefunden. Sie starb durch einen Schuss in den Nacken. Die Tat liegt über siebzig Jahre zurück, Polizeihistorikerin Maria Just übernimmt die Ermittlungen. Währenddessen wird der Leiter des Dezernats für Gewaltverbrechen in Kopenhagen überfahren und beinahe getötet. Die Polizei steckt in einer tiefen Krise, und in diesem aufgeheizten Klima soll Kommissar Mikael Dirk herausfinden, wer den Anschlag auf seinen Chef verübt hat und das Land destabilisieren will. Als es zu einem weiteren Attentat kommt, erhält Mikael unerwartete Hilfe von Maria. Wer profitiert davon, wenn die Polizei ihr Gewaltmonopol verliert, und was verbindet die tote junge Frau mit den Tätern von heute?

Die beiden dänischen Journalistinnen Line Holm und Stine Bolther sind ein schlagkräftiges Autorenduo! Beide haben während ihrer journalistischen Karriere in jeweils unterschiedlichen Bereichen viele Eindrücke sammeln können, die sie nun auch in ihrer Krimi-Reihe um die Polizeihistorikerin Maria Just mit einfließen lassen. Nach dem Bestseller-Debüt des Duos „Gefrorenes Herz“ folgt nun der zweite Band „Brennender Zorn“. Ein spannender Kriminalroman mit einer sympathischen Heldin, viel Hintergrundwissen und einer ausgereiften Story! Das darf gerne so weitergehen mit Maria Just & Co.

Heyne, 589 Seiten; 16,00 Euro

    Lisa Graf – Dallmayr – Der Glanz einer neuen Ära

München 1905. Mit ihrem Gespür für Delikatessen hat Therese Randlkofer Köstlichkeiten aus aller Welt nach Deutschland gebracht. Handverlesene Früchte von den Kanaren, feinster Blätterkrokant aus der Schweiz und goldgelber französischer Lavendelhonig zieren die Auslage des Dallmayr. Doch ihr missgünstiger Schwager und größter Kontrahent Max versteht sich darin, Zwietracht in der Familie zu säen – besonders bei ihren eigenen erwachsenen Kindern. Dabei bräuchte Therese deren Hilfe dringender denn je. Denn um das Unternehmen in die Zukunft zu führen, hat sie einen folgenschweren Entschluss gefasst. Einen Entschluss, der sie alles kosten könnte.

Lisa Graf hat mit der „Dallmayr“-Saga ein wunderbares und delikates Epos erschaffen! Süffig, elegant, spannend und abwechslungsreich. Das alles traf auf den ersten Roman der Saga „Der Traum vom schönen Leben“ zu, und Lisa Graf setzt das nun auch im zweiten Band „Der Glanz einer neuen Ära“ fort. Der erste Band war ein überragender Bestseller und hat viele LeserInnen begeistert. Die Rückkehr zu Therese Randlkofer und dem Feinkostladen Dallmayr ist rundum gelungen. Es gibt wieder viele geschäftliche, private und familiäre Prüfungen zu bestehen. Ich habe fleißig mitgefiebert!

Penguin, 544 Seiten; 16,00 Euro