Dezember 30, 2024

Kolumne vom 07.04.2014

Kolumne vom 07.04.2014


Donna Tarttdaumen rauf

Der Distelfink

Der Distelfink

Theo Decker ist dreizehn Jahre alt, als er mit seiner Mutter ein New Yorker Museum besucht. Ein Unglück geschieht, er verliert seine Mutter und bleibt allein auf sich gestellt zurück. Sein Vater hat ihn schon früher im Stich gelassen. Theo trauert lange, versucht aber alles, was auf ihn zukommt zu meistern. Auch das Gemälde, das seit dem Ereignis verbotenerweise in seinem Besitz ist und ihn an seine Mutter erinnert, kann ihm keinen Trost spenden. Mit jedem Jahr, das vergeht, kommt er immer weiter von seinem Weg ab und droht, in kriminelle Kreise abzurutschen. Und das Gemälde, das ihn auf merkwürdige Weise fasziniert, scheint ihn geradezu in eine Welt der Lügen und falschen Entscheidungen zu ziehen.

Donna Tartt gehört zu den Autorinnen, die gefühlt alle einhundert Jahre einen Roman schreiben. Aber wenn dann ein neuer erscheint, nun ihr dritter nach „Die geheime Geschichte“ und „Der kleine Freund“, dann ist es nicht weniger als ein geniales literarisches Meisterstück! Donna Tartt erzählt leidenschaftlich, bei ihr ist jede Beschreibung des kleinsten Gegenstands, jeder eigentlichen Unwichtigkeit, jedes kleinen und großen Gedankens etwas, das man in sich aufsaugt. Das über 1000 Seiten durchzuhalten, das ist die Kunst. Den Werdegang von Theo Decker nach dem Tod seiner Mutter ist beängstigend gut dargestellt. Man fühlt, leidet und freut sich mit ihm. „Der Distelfink“ ist große literarische Erzählkunst!

Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Der bekannte Schauspieler Matthias Koeberlin liest den „Distelfink“ voller Frische und trotzdem ernst und schmerzvoll gut. 24,99 Euro.

Goldmann, 1022 Seiten; 24,99 Euro


Elisabeth Kabatekdaumen runter

Ein Häusle in Cornwall

Ein Häusle in Cornwall

Emma steht kurz vor dem Burn-out, da begegnet ihr Sir Nicholas Reginald Fox-Fortescue. Der trägt die falschen Klamotten (ausgebeulte Cordhosen und Gummistiefel) und spricht die falsche Sprache (Englisch statt Schwäbisch) und wohnt auf einer Insel: Großbritannien. Dorthin lädt er Emma ein, auf seinen frisch geerbten Landsitz. Klingt schick, aber leider ist Fox Hall nicht mehr das, was es mal war. Nicholas will es schnell loswerden. Emma dagegen würde er gerne behalten. Emma wiederum will den Landsitz behalten, den Baronet dagegen will sie schnell wieder loswerden. Denn Liebe und so ein Zeug kann sie nun wirklich nicht gebrauchen.

Elisabeth Kabatek schreibt einen komödiantischen Bestseller nach dem anderen. Zuletzt „Spätzleblues“. Nun verschlägt es die Schwäbin Kabatek auf die Insel. „Ein Häusle in Cornwall“ ist manchmal schon arg übertrieben und nur gezwungen komisch. Die Autorin hat einen teils witzigen Schreibstil, aber der blitzt zu selten auf. Kabatek erzählt auch gerne etwas ausschweifend, das zu viele Blabla stört, die Story tritt zu oft auf der Stelle. Und Emma ist nun auch nicht die große Sympathiekanone. Sie hat nette Züge, aber das war es auch.

Droemer, 351 Seiten; 14,99 Euro


Nick Harkawaydaumen rauf

Der goldene Schwarm

Der goldene Schwarm

Joe Spork, meisterhafter Uhrmacher und Sohn der Londoner Gangsterlegende Mathew „Tommy Gun“ Spork, führt ein ruhiges Leben weit weg vom kriminellen Erbe seines Vaters. Edie Banister, neunzigjährige Spezialagentin im Ruhestand, führt ebenfalls ein ruhiges Leben und verabscheut jede Sekunde davon. Doch dann setzt Joe eine Weltuntergangsmaschine in Gang, und ihre Wege kreuzen sich. Plötzlich müssen sie sich gegen zwielichtige Regierungsvertreter, wenig fromme Mönche und einen diabolischen asiatischen Diktator verbünden. Um die drohende Katastrophe abzuwenden, muss Edie eine alte Rechnung begleichen, und Joe sich seiner Vergangenheit stellen.

Eine herrlich skurrile, fantastische und abenteuerliche Spionage-Krimi-Weltrettungs-Komödie! Ein Roman, bei dem Sätze, ja manchmal ganze Seiten, Purzelbäume schlagen vor großartigen Ideen. Der Engländer Nick Harkaway fabuliert sich durch über 600 Seiten und immer wieder denkt man: Wie ist ihm das nun wieder eingefallen? „Der goldene Schwarm“ ist eine Geschichte, wild, konfus, dramatisch, so wunderbar anders. Auch die Dialoge haben es in sich. Sie lassen einen mit der Zunge schnalzen. „Der goldene Schwarm“ ist ein intelligenter Spaß, der garantiert keine Langeweile aufkommen lässt.

Knaus, 605 Seiten; 19,99 Euro


Markus Heitzdaumen rauf

Die Legenden der Albae

heitz albae tobender sturm

Die Albae sind besiegt. Aiphatón, Sohn der Unauslöschlichen und einstiger Kaiser der Albae, macht sich auf die Suche, die Letzten seines Volkes aufzuspüren und zu vernichten. Dabei gerät er im Grauen Gebirge an eine rätselhafte Magierin. Erst der Beginn eines neuen Strudels an Ereignissen …

„Tobender Sturm“ ist der fünfte Band aus der Reihe „Die Legende der Albae“. Markus Heitz brennt wieder ein Fantasy-Feuerwerk ab, bei dem man als Leser Feuer und Flamme ist! „Tobender Sturm“ setzt die hohe Qualität der Fantasy-Reihe fort. Langweile gibt’s hier nicht.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. Der große Geschichtenerzähler Johannes Steck entführt mit großer Stimmpräsenz wieder in Heitz‘ fantastische Welten! 29,99 Euro.

Piper, 553 Seiten; 16,99 Euro


Toni Morrisondaumen rauf

Heimkehr

Heimkehr

Frank Money aus Lotus, Georgia kehrt aus dem Korea-Krieg zurück und erlebt wieder den Rassismus des weißen Amerika. Er kommt nur langsam wieder in der Gesellschaft an, da erreicht ihn die Nachricht, dass seine Schwester in Gefahr sei. Die Sorge um sie führt ihn zurück nach Lotus …

Amerikas literarische Grand Old Lady erzählt wieder eine aufwühlende Geschichte in ganz feinem Ton. Das Amerika der 1950er Jahre mit ihren ganzen Anfeindungen gegenüber Schwarzen, den Kampf gegen Windmühlen, dem einfachen Leben in dieser Zeit, und dem Aufarbeiten der Vergangenheit. Schnörkellos schön und spannend erzählt.

Rowohlt, 156 Seiten; 19,95 Euro


Hörbuch der Wochedaumen_rauf

Frank Schätzing

Breaking News

Breaking News

Reporter Tom Hagen ist an vorderster Front, zu jedem Risiko bereit. Bis er in Afghanistan den Bogen überspannt. In einer einzigen, mörderischen Nacht verliert er alles, Renommee, Geld, Zukunft. Drei Jahre später bietet sich in Israel die Gelegenheit zum Comeback. Doch was ein journalistischer Coup zu werden verspricht, entwickelt sich unversehens zu einer Hetzjagd durch die explosivste Region der Welt. Auf der Flucht vor Geheimagenten und Killern kämpft Hagen ums Überleben – gegen eine Verschwörung, deren Anfänge ins koloniale Palästina zurückreichen, in eine von Mythen durchzogene Epoche, als die Saat für den Nahostkonflikt gelegt wurde.

Frank Schätzing hat mit „Der Schwarm“ sicher eines der besten einhundert Bücher des letzten Jahrzehnts geschrieben. Es war ein Koloss von einem Buch, so auch sein neues, „Breaking News“. Der neue Megaseller von Frank Schätzing wird schon kontrovers diskutiert. Megaflop oder Megabuch? Auf jeden Fall spannender Stoff mit Zündstoffcharakter! Wer Schätzing kennt, weiß aber auch, dass er es mit dem roten Faden und der strickten Erzählweise nicht so hat. Das ist auch in seinem neuen Werk vorzufinden. Wäre das Hörbuch um 1 MP3 CD kürzer, als rund 12 Stunden, man würde nichts vermissen. Hervorragend gelesen wird der Stoff von Oliver Stritzel. Er bringt seinen Part rüber wie ein taffer Nachrichtensprecher. Hansi Jochmann, die deutsche Stimme von Hollywoodstar Jodie Foster, bringt Ruhe und Feuer rein.

Der Hörverlag 3 MP3 CDs, ca. 35 Stunden; 26,99 Euro


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