April 25, 2024

Kolumne 28.06.2021 Nr. 671

BuchKolumne 28.06.2021 Nr. 671

Lucinda Riley – Die verschwundene Schwester
Steffen Kopetzky – Monschau
Helene Sommerfeld – Das Leben, ein ewiger Traum
Michael Schuman – Die ewige Supermacht
Klaus Mühlhahn – Geschichte des modernen China

 

 Lucinda Riley – Die verschwundene Schwester

Lucinda Riley - Die verschwundene Schwester

Sieben Sterne umfasst das Sternbild der Plejaden, und die Schwestern d’Aplièse tragen ihre Namen. Stets war ihre siebte Schwester aber ein Rätsel für sie, denn Merope ist verschwunden, seit sie denken können. Eines Tages überbringt der Anwalt der Familie die Nachricht, dass er eine Spur entdeckt hat: Ein Weingut in Neuseeland und die Zeichnung eines sternförmigen Rings weisen den Weg. Es beginnt eine Jagd quer über den Globus, denn Mary McDougal – die Frau, die als Einzige bestätigen kann, ob ihre Tochter Mary-Kate die verschwundene Schwester ist – befindet sich auf einer Weltreise. Während die Schwestern ihre Suche nach Neuseeland, Kanada, England, Frankreich und Irland führt, schlüpft ihnen Mary immer wieder durch die Finger. Und es scheint, als wolle sie unbedingt verhindern, gefunden zu werden.

Lucinda Riley hat sich mit ihrer „Sieben-Schwestern“-Reihe ein schriftstellerisches Denkmal gesetzt! Im – vermeintlich – letzten Akt der Reihe packt Lucinda Riley noch einmal alles, was die Bücher bisher ausgemacht haben – Spannung, Drama, Liebe und viele Geheimnisse. Den Sprung zwischen den Jahrzehnten. Die Geschichte spielt in den Jahren 2008, 1920 und 1955. Nicht nur die Suche nach der verschwundenen Schwester prägt dieses Buch, sondern auch die Geschichte Irlands (die Lucinda Riley sehr am Herzen lag) und der Kampf um Unabhängigkeit. Auch was die Seitenzahl betrifft, über 800, lässt Lucinda Riley die LeserInnen noch einmal mit den Charakteren schwelgen. Wehmütig ist man am Ende, als die letzte Seite gelesen ist. Sieben Schwestern, sieben Jahre waren diese nun Teil meines Lese- und Kritikerlebens. Da bleibt dann nur eins: die ganze Reihe wieder von vorne beginnen zu lesen. Doch halt, Lucinda Riley hält am Ende noch eine Überraschung bereit, denn die Reihe wäre verlängert worden, mit dem Buch „Atlas – Die Geschichte von Pa Salt“. Dazu wird es nun aber sehr wahrscheinlich nicht kommen, denn Lucinda Riley ist mit 56 Jahren ihrem Krebsleiden erliegen. Als ich von ihrem Tod erfahren habe, war ich extrem schockiert, wie wohl viele Millionen LeserInnen weltweit. Lucinda Riley hat mich über ein Jahrzehnt mit ihren fantastischen Büchern in meinem Leben begleitet. Ich bin ihr unendlich dankbar dafür! Am Ende bleibt zu dieser Reihe noch zu sagen: Die monumentale „Sieben-Schwestern“-Saga ist schon jetzt ein Klassiker der modernen Unterhaltungsliteratur!

Goldmann, 829 Seiten; 22,00 Euro

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Stimmungsvoll gelesen von Oliver Siebeck, Sabine Arnold, Monika Oschek und Thomas Hollaender. 22,00 Euro.

Lucinda Riley – Die verschwundene Schwester – Hörprobe – 5:00 in.

 Steffen Kopetzky – Monschau

Steffen Kopetzky - Monschau

Im Jahr 1962, als das nukleare Wettrüsten seinen Höhepunkt erreicht, als in Algier und Paris Bomben explodieren, bricht im Wirtschaftswunder-Deutschland der junge Mediziner Nikolaos Spyridakis in die Eifel auf. Im Kreis Monschau sind die Pocken ausgebrochen, hochansteckend und lebensgefährlich. Mitten im Karneval droht nun Stillstand, Quarantäne. Der Rither-Chef will die Fabrik um jeden Preis offenhalten, keine zwanzig Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs ist man weltweit gut im Geschäft. Ganz andere Pläne hegt Vera Rither: Die Alleinerbin studiert in Paris, bewundert Simone de Beauvoir und trägt den Geist der Avantgarde nach Monschau. Dort begegnet sie Nikolaos, der als Betriebsarzt durch die tiefverschneite Eifel zur Patientenvisite gefahren wird, vor Ansteckung geschützt durch einen Stahlarbeiteranzug. Die beiden entdecken schnell, dass sie mehr verbindet als ihre Liebe zu Miles Davis. Doch die Krankheitsfälle häufen sich.

Steffen Kopetzky hat es drauf! Eigentlich. Mit „Monschau“ entwirft er einen Roman, der hervorragend klingt, sich aber als absoluter Rohrkrepierer entpuppt. Skeptisch durfte man schon sein, weil Denis Scheck dieses Buch gelobt hat. Damit war eigentlich schon klar, dass das Buch nicht überzeugen kann. Und so war es dann auch. „Monschau“ weiß nicht, was es will. Eine Geschichte, vollkommen überfrachtet mit kleinen Geschichten, die es im Ganzen gar nicht gebraucht hätte und die dazu auch noch sterbenslangweilig sind. Es gibt so viele tolle Romane von deutschen AutorInnen, die in den 1960er Jahren spielen. Süffig, elegant, spannend und mit ausgezeichnetem Personal. All das trifft auf Steffen Kopetzkys „Monschau“ nicht zu!

Rowohlt Berlin, 351 Seiten; 22,00 Euro

   Helene Sommerfeld – Das Leben, ein ewiger Traum

Helene Sommerfeld -

Berlin 1920. Als frischgebackene Polizeiärztin lernt Magda Fuchs zunächst nur die Schattenseiten der glitzernden Metropole kennen. Schon bald stellt sie jedoch fest, dass dies die Zeit von Frauen ist, die ihr Leben selbst in die Hand nehmen. So wird ihr die Fürsorgerin Ina eine Freundin, die sich ebenso wenig um Konventionen schert wie Rechtsanwältin Ruth. Einen regelrechten Kampf gegen die Tradition führt auch Celia, die sich aus einer erzwungenen Ehe zu befreien sucht. Die blutjunge Doris jedoch träumt davon, berühmt zu werden. Inmitten der kaltherzigen Millionenstadt muss sich Magda behaupten. Als sie es am wenigsten erwartet, verändert eine schicksalhafte Begegnung alles.

Das Autorenduo Helene Sommerfeld hat mit ihrer „Die-Ärztin“-Trilogie eine Bestseller-Reihe gelandet. Nun schickt es sich an, das auch mit ihrer neuen Trilogie zu schaffen. „Die Polizeiärztin“ entführt einen in die 1920er Jahre nach Berlin. Man spürt die Atmosphäre, ist mittendrin im Geschehen. Gierig saugt man das Leben und die spannende Geschichte auf. Nicht nur Polizeiärztin Magda Fuchs ist Helene Sommerfeld ausgesprochen gut gelungen, sondern auch die anderen fünf Frauen, die tragende Rollen spielen, haben sie wunderbar ausgestaltet. Schade ist, dass das Buch nicht 1.000 Seiten hat, und die Frauen neben Magda am Ende nicht genauso viel Platz bekommen haben wie die Hauptakteurin. Der erste Teil „Das Leben, ein ewiger Traum“ begeistert bereits, so ist die Vorfreude auf den zweiten Teil „Das Leben ein großer Rausch“ schon sehr groß. Dieser erscheint im September 2021.

dtv, 541 Seiten; 14,90 Euro

Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Tanja Fornaro, bekannte Schauspielerin (Aus heiterem Himmel) und Sprecherin, gibt für die starken Frauen in diesem Roman eine ebenso starke Sprecherleistung ab. 15,00 Euro.

Helene Sommerfeld – Das Leben ein ewiger Traum – Hörprobe 4:22 Min.

    Michael Schuman – Die ewige Supermacht

Michael Schuman - Die ewige Supermacht

Wieso ignoriert China westliche Werte wie Freiheit, Demokratie und Menschenrechte? Warum verhält es sich anderen Staaten gegenüber desto übergriffiger, je stärker seine Wirtschaft wird? Die Antwort darauf steckt in Chinas großer Geschichte und seinem Anspruch, alleinige Supermacht zu sein. Über Jahrtausende hinweg verfügte das Reich der Mitte über das stärkste Militär, die florierendste Wirtschaft und den größten wissenschaftlichen und kulturellen Einfluss in seiner Region. Die Weltgeschichte stellt sich aus Chinas Sicht also völlig anders dar als jene, die den westlichen Kanon bestimmt – und hieraus speist sich Chinas Verständnis davon, wie man als Supermacht mit Menschen und anderen Staaten umgeht. In diese Position der Stärke will es zurück, nach Jahrzehnten, in denen das Land durch die westliche Kolonialpolitik und den importierten Kommunismus vorübergehend in seine Schranken gewiesen war.

„Die ewige Supermacht – Eine chinesische Weltgeschichte“ ist ein Buch über China, das einem das Streben und Wirken dieses von Oben gelenkten Riesenreichs in einer klaren Struktur sehr nahe bringt. Man begreift Zusammenhänge besser und versteht, was in Zukunft auf uns zukommt. China will wieder Weltmacht sein, das ist das klare Verständnis der kommunistischen Führer. Die Hauptthemen sind: „Weltgeschichte auf Chinesisch“, „Zur Supermacht geboren“, „Künstlich geschaffene Supermacht“, „Gesicherte Supermacht“, „Barbaren ante Portas“, „Made in China“, „Die Barbaren des westlichen Ozeans“, „Gestürzte Supermacht“ „China wieder groß machen“ und „Erneuerte Supermacht“.

Propyläen, 512 Seiten; 26,00 Euro

  Klaus Mühlhahn – Geschichte des modernen China

Klaus Mühlhahn - Geschichte des modernen China

Chinas Geschichte seit dem späten 17. Jahrhundert ist durchzogen von Krisen, Reformen, Revolutionen und Kriegen. Zugleich aber hat das Land stets eine hohe Widerstandsfähigkeit und Beharrlichkeit bewiesen. Selbst im „Jahrhundert der Erniedrigung, als europäische Kolonialmächte das Sagen hatten, konnte es eine halbsouveräne Stellung behaupten. Man erfährt, wie sehr das Land auf seinem Weg von der gedemütigten Halbkolonie zur globalen Supermacht unserer Tage von der eigenen Vergangenheit geprägt wurde. Denn Chinas holpriger Weg in die Moderne ist nicht nur als eine Aufholjagd gegenüber dem Westen zu verstehen, sondern als ein großes Ringen um eine eigenständige chinesische Moderne.

Noch mehr China? Nach „Die ewige Supermacht“ kann man mit „Geschichte des modernen China – Von der Qing-Dynastie bis zur Gegenwart“ noch tiefer in das Land eintauchen. Wer Chinas phänomenalen Aufstieg, seine Widersprüche und Gegensätze begreifen will, der ist mit diesem Buch gut aufgestellt. Klaus Mühlhahns Buch ist auf dem neuesten Stand der Forschung von Chinas Geschichte von der Qing-Dynastie bis zu Xi Jinping und nimmt dabei von der Politik über die Gesellschaft bis zur Wirtschaft und Umwelt alle Felder genau in den Blick. Fesselnd, detailliert und umfassend! Ein Buch über China, das sich niemand entgehen lassen sollte, der sich ernsthaft mit dem Riesenreich auseinandersetzen will.

C. H. Beck, 760 Seiten; 39,95 Euro