April 27, 2024

Kolumne 25.03.2024 Nr. 814

   BuchKolumne 25.03.2024 Nr. 814

Cara Hunter – Murder in the Family
Andreas Brandhorst – Zeta
Dan Jones – Essex Dogs
Michaela Grünig – Blankenese – Zwei Familien: Schwere Entscheidungen
Philipp Lenhard – Café Marx

  Cara Hunter – Murder in the Family

Es war ein Fall, der die ganze Nation bewegte und doch nie aufgeklärt wurde: Dezember 2003, Luke Ryder wird ermordet im Garten des Familienhauses in London aufgefunden und hinterlässt eine wohlhabende ältere Witwe und drei Stiefkinder. Niemand hat etwas gesehen. 2023 sollen die Geheimnisse nun live vor der Kamera gelüftet werden. Eine Gruppe von Experten untersucht in der True-Crime-Show „Infamous“ erneut die Beweise – mit schockierenden Ergebnissen. Weiß das Team mehr, als es zugegeben hat? Liegt die Wahrheit vielleicht ganz nahe? Und vor allem: Kannst du den Fall vor den Experten lösen?

Ein Thriller am Puls der Zeit! Cara Hunters „Murder in the Family“ rüttelte das Thriller-Genre auf. „New-York-Times“-Bestseller und im Netz wird viel darübergeschrieben. „Murder in the Family“ erfindet den Thriller, den True-Crime-Thriller neu! Liebe LeserInnen, Sie erwartet kein normaler Thriller, kein normales Buch. Es ist im Doku-Stil geschrieben und mit vielen Gimmicks ausgestattet. So überrascht nicht nur die Story immer wieder aufs Neue, sondern auch die Aufmachung des Buches überrascht nicht weniger. Eine spannende Lektüre mal ganz anders präsentiert – Netflixlike. Ein Thriller, wie ein Ü-Ei, nur ohne Schokolade, dafür mit vielen Verdächtigen und einer mordsmäßigen Story!

dtv, 476 Seiten; 14,00 Euro

Andreas Brandhorst – Zeta

Aus den Tiefen des Alls, aus interstellaren Fernen, taucht ein Objekt auf, das zunächst für einen Asteroiden gehalten wird. Doch dann steuert es eine Umlaufbahn um den Saturn an und beginnt, ein regelmäßiges Signal auszusenden. Man tauft es auf den Namen Zeta. Eine auf dem Saturnmond Titan stationierte Forschungsgruppe, eine vom Mars entsandte Expedition und ein Forschungsschiff der Erde machen sich auf den Weg, um die Geheimnisse des Objektes zu erkunden. Noch ahnt niemand, dass Zeta die Menschheit vor ihre größte Herausforderung stellen wird.

Andreas Brandhorst gehört seit Jahrzehnten zu den innovativsten Autoren Deutschlands! Zuletzt hat er mich mit seinem Klima-Thriller „Oxygen“ begeistert. So war ich sehr gespannt auf seinen neuen Science-Fiction-Roman. Andreas Brandhorst ist ja in den Weiten des Alls die Übersetzung für Science-Fiction. „Zeta“ heißt sein neues Werk, und es hörte sich richtig gut an. Die Story versprach viel, viel Spannung und Abwechslung. Der Beginn war auch ganz okay, aber nach und nach bekam ich immer weniger Zugang zu der Geschichte und ihren Figuren. Auch bläht der Autor zu viele Nebensächlichkeit auf und baut dagegen spannende Momente nicht gekonnt aus. So bleibt am Ende nur ein mittelmäßiger Besuch in den Weiten des Alls übrig..

Heyne, 606 Seiten; 18,00 Euro

  Dan Jones – Essex Dogs

Juli 1346: Zehn Söldner gehen an der Küste der Normandie an Land und sichern als Vorhut die Flotte des englischen Königs. Pismire ist klein und kann überall durchschlüpfen. Scotsman, der Größte, kann Wände einreißen. Der Steinmetz Millstone ist zu allem bereit, um die anderen zu beschützen. Für den abgedrehten Priester Father ist der Krieg zum Lebenselixier geworden. Romford, der Jüngste, kann gut mit dem Bogen schießen, wird aber zum Pagendienst beim ebenfalls erst sechzehn Jahre alten Prinzen von Wales abkommandiert. Und Loveday, der kampferprobte Anführer, der seine Dogs heil nach England zurückbringen will, begegnet einer mysteriösen Frau, die ihn nicht mehr loslässt. Der Krieg um den französischen Thron beginnt. Für die Essex Dogs wird es ein Kampf ums Überleben, um Zusammenhalt, gegen die Gespenster der Vergangenheit, während das Heer mordend und brandschatzend der großen Schlacht bei Crécy entgegenzieht.

Dan Jones ist kein Unbekannter auf denglers-buchkritik.de. „Die Templer“, „Spiel der Könige“ und „Mächte und Throne“. Alle Besprechungen können Sie hier nachlesen. Der Engländer Dan Jones schreibt populäre historische Sachbücher. Und was für welche! Mit so viel historischem Wissen ist der Gedanke nicht weit, sich als Romanautor zu versuchen. Und das hat Dan Jones nun getan. „Essex Dogs“ ist sein Debütroman. Wenn Sachbuchautoren Romane schreiben, geht das nicht immer gut aus. Zu platt die Figuren, zu wenig Spannung, zu viel Informationen. Doch Dan Jones begeht diese Fehler nicht. Er hat mit „Essex Dogs“ einen Bestseller geschrieben. In Großbritannien war er sehr beliebt. Kein Wunder, denn der Roman bietet eine spektakuläre historische Geschichte, rasanten Erzählstil und einen Reigen an starken und wilden Figuren. Und die LeserInnen dürfen sich freuen, „Essex Dogs“ ist der Beginn einer Trilogie.

C. H. Beck, 469 Seiten; 26,00 Euro

Michaela Grünig – Blankenese – Zwei Familien: Schwere Entscheidungen

Hamburg 1939. Der Krieg hat die Jugendfreunde Kurt und Fanni auseinandergerissen. Kurt, der als Jude mit einem Kindertransport nach England verschickt wurde, wächst nicht in einer fürsorglichen Familie, sondern im Heim auf. Als er im Mai 1940 als „feindlicher Ausländer“ interniert werden soll, gelingt es ihm über einige abenteuerliche Umwege der Royal Air Force beizutreten. Er ahnt nicht, dass Fanni zur gleichen Zeit trotz einiger Zweifel, dem insgeheim schon länger von ihr verehrten Blankeneser Kinderarzt Otto Casparius näherkommt. Eines Tages soll Kurt an einem Luftangriff auf seine alte Heimat teilnehmen. Doch in Hamburg lebt seine Familie und auch die Frau, die er seit Kindertagen liebt

Michaela Grünig hat die Qualitäten einer Sarah Lark! Nur das ihre Romane nicht in Australien oder in einem anderen Eckchen der Welt spielen, sondern ihren Mittelpunkt in Deutschland haben. Sie konnte mich mit ihrer „Palais-Heiligendamm“-Trilogie begeistern. Nach dieser erfolgreichen Trilogie lässt sie gleich die nächste folgen. Und wieder ist diese ein Volltreffer! „Blankenese – Zwei Familien“ bietet perfekte Unterhaltung und spannende Lesestunden. „Licht und Schatten“ machte den Anfang, und die Reihe wird nun mit „Schwere Entscheidungen“ fortgesetzt.!

Lübbe, 524 Seiten; 17,00 Euro

 Philipp Lenhard – Café Marx

Von Anfang an war das 1924 eröffnete Institut für Sozialforschung etwas Besonderes. Seine Wurzeln liegen in den Schützengräben des 1. Weltkriegs und auf den Barrikaden der Revolution. Der kommunistische Unternehmersohn Felix Weil ermöglichte die Gründung einer neuartigen Forschungsinstitution, die Arbeiter und Studenten, Politiker und Künstler, Wissenschaftler und Intellektuelle anzog. Besonders war auch, dass das Institut nach 1933 trotz Schließung, Verfolgung und Exil seine Arbeit fortsetzen konnte. In Kalifornien entstanden Schlüsselwerke wie die „Dialektik der Aufklärung“. Das Buch geht der Entstehung der Kritischen Theorie in der amerikanischen Emigration nach und beleuchtet ihre Entwicklung zur Frankfurter Schule in der frühen Bundesrepublik. Es schildert, in welchem historischen Kontext Horkheimer, Adorno, Marcuse, Benjamin und viele andere zu Schlüsseldenkern des 20. Jahrhunderts wurden.

Café Marx – so nannten Freunde wie Feinde das Institut für Sozialforschung flapsig. Und tatsächlich liegen die Anfänge der Kritischen Theorie und der Frankfurter Schule in einer Auseinandersetzung mit dem Marxismus. Philipp Lenhard erzählt auf einer breiten Quellengrundlage die Geschichte der Personen, Netzwerke, Ideen und Orte, die das Institut geprägt haben und ihrerseits von ihm geformt wurden. Ausführlich, informativ und meist auch fesselnd schildert Philipp Lenhard die Geschichte des „Café Marx“! Die Hauptkapitel sind: „Ein marxistisches Institut entsteht (1918 – 1924)“, „Das -Café Marx- des Prof. Grünberg (1924 – 1930)“, „Unterwegs zur Kritischen Theorie (1930 – 1933)“, „Ein Asyl für Obdachlose (1933 – 1949)“, „Die Etablierung des -Frankfurter Schule- (1949 – 1973)“ und „Nachleben (1973 – 2024)“.

C. H. Beck, 624 Seiten; 34,00 Euro