Dezember 7, 2024

Kolumne 23.03.2015

Kolumne vom 23.03.2015 – Nr. 344


John Grishamdaumen rauf

Anklage

Anklage

Samantha Kofer, Anwältin für Immobiliendeals bei einer der größten Kanzleien in New York, wird kurz nach der Lehman-Brothers-Pleite von ihrem Job freigestellt. Doch wenn sie für ein Jahr ohne Gehalt bei einer Non-Profit-Organisation arbeitet, behält sie ihren Job. So verschlägt es Samantha nach Brady, einem kleinen Ort in den Bergen Virginias, wo sie bei einer Beratungsstelle für kostenlosen Rechtsbeistand anheuert. Anfangs unbeholfen in der ungewohnten Umgebung, entwickelt Samantha bald ein Gespür für die Nöte der Einwohner Bradys. Menschen, die auf den umliegenden Kohlefeldern jahrelang Schwerstarbeit geleistet haben und nun, erkrankt, von den Kohleunternehmen im Stich gelassen werden. Der tragische Fall eines Arbeiters hat es ihr besonders angetan. Samantha nimmt den ungleichen Kampf gegen die Kohlemagnaten auf.

John Grisham fesselt wie zu seinen Anfängen! Sein neuer spannender und dramatischer Roman „Anklage“ erinnert an seine Weltbestseller „Das Urteil“ und „Der Regenmacher“. Damals waren es Zigaretten- und Versicherungsunternehmen, nun nimmt sich Grisham die Kohleindustrie zur Brust. Bis man allerdings einen Gerichtssaal von innen sieht, dauert es einige Zeit. Grisham ist im Alter politischer geworden. Er legt weiter Wert auf Spannung, aber er geht in seinem Roman nun intensiver auf die gesellschaftlichen Probleme ein, die solche Unternehmen schaffen. In seinen früheren Romanen hat er mehr an der Spannungsschraube gedreht. In „Anklage“ geht es um die kleinen Probleme der kleinen Leute. Das tägliche Geschäft eines normalen Anwalts. Anschaulich und spannend geschildert.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. John-Grisham-Stammvorleser Charles Brauer liefert wieder eine Top Lese-Performance ab! 19,99 Euro.

Heyne, 511 Seiten; 22,99 Euro


David Weilerbergdaumen runter

Schnelles Geld

Schnelles GeldDavid Weilerberg sucht nach verschiedenen Möglichkeiten, schnell reich zu werden: Mit einem guten System werden Sportwetten zu einer lukrativen Angelegenheit, und beim Pokern gibt es mit etwas Nervenstärke Millionen zu gewinnen. Im Ausland lässt sich auch mit kleinen Ersparnissen ein großes Business aufziehen; zur Arbeit auf einer Ölplattform gehört eine Portion Abenteuerlust. Und auf YouTube kann man mit ein wenig Geschick und den richtigen Videos nicht nur reich, sondern auch berühmt werden. Das alles verspricht der Autor. Was hält er davon?

Nach der Lektüre werden Sie reich sein! Natürlich wird das nicht passieren. „Schnelles Geld“ ist wieder eines der Bücher, die interessante Ansätze zeigen, wie man Geld vermehren kann, aber als Ganzes kann man das Buch nicht ernst nehmen. Es geht bei vielen Punkten viel zu wenig ins Detail und urteilt oberflächlich. Das Spektrum des Buches reicht von Jobs, mit denen man gut verdienen kann (Energiegewinnung, Immobiliemakler), bis zum Glücksspiel, führt aufs Börsenparkett, weiter zum reich durch das berühmt werden und zum Auswandern (vielleicht klappt es ja in der Ferne mit den Millionen). Das alles ist nett zu lesen, aber es ist keinesfalls ein hilfreiches Sachbuch.

Econ, 227 Seiten; 16,99 Euro


Thomas Thiemeyerdaumen rauf

Devil’s River

Devils River

Kanada 1878. River, eine junge Frau vom Stamm der Ojibwe, muss miterleben, wie ihr Dorf von etwas heimgesucht wird, das kein Mensch sein kann. Die Hütten von einer gewaltigen Kraft zerstört, Männer und Frauen grausam ermordet, scheint eine uralte Legende zum Leben erwacht zu sein. River schwört Rache – und verbündet sich mit einem gesuchten Mörder. Über einhundertfünfunddreißig Jahre später, im England von 2015, spielt sich eine ganz andere Geschichte ab. Durch den Tod ihrer Großmutter aufgerüttelt, begibt sich die Studentin Eve auf die Spur eines Familiengeheimnisses, das in der kanadischen Wildnis wurzelt.

Deutschlands großer Abenteuer- und Thriller-Autor Thomas Thiemeyer ist mit „Devil’s River“ wieder eine packende Story gelungen. Wobei die Kategorie Thriller auf dem Cover den Romaninhalt nicht trifft. Es ist eine Abenteuergeschichte, die in den wilden Weiten des Kanadas von 1878 spielt. Über 80 % des Romans nimmt dieser Erzählstrang ein. Die zwei Erzählstränge sind sehr unterschiedlich, aber beide fesseln einen auf ihre ganze eigene Art mit ihrer ganz eigenen Geschichte. Der eine Teil ist eben Abenteuergeschichte, der andere, in der Gegenwart, Familiendrama. Thomas Thiemeyer fabuliert wieder prächtig!

Knaur, 509 Seiten; 16,99 Euro


Volker Mehldaumen rauf

Back to the Wurzeln

Back to the Wurzeln

Ayurveda-Starkoch Volker Mehl zeigt in diesem Buch, dass Genuss schon vor dem Essen beginnt. Man soll anpacken, im Garten oder auf dem Balkon aktiv werden – selbst säen, pflanzen, ernten und dann festlich schlemmen.

Bestsellerautor Volker Mehl hat mit „Back to the Wurzeln“ ein fantastisches Buch auf den Weg zur gesunden Ernährung geschrieben. Er fängt eben gleich bei der Wurzel an, und verrät dann über 80 neue vegetarische und vegane Rezepte, die man aus der Selbstanpflanzung am Ende machen kann. Dazu kommen noch zahlreiche praktische Tipps fürs Biogärtnern. Volker Mehl schafft es, dass man einen ganz neuen Blick auf die tägliche Ernährung bekommt. Wenn man ihn nicht schon vorher hatte.

Kailash, 272 Seiten; 19,99 Euro


Moritz Hoffmanndaumen rauf

Als der Krieg nach Hause kam

Als der Krieg nach Hause kam

Wie hat das Kriegsende den Alltag immer wieder aufs Neue in einen Kampf ums Überleben verwandelt? Dieses Buch erzählt davon. Was aßen Menschen damals? Wie sah der Schulbesuch für die Kinder aus? Wie erlebte die Zivilbevölkerung den Bombenkrieg und den Vormarsch der Alliierten im Westen, die Ankunft der Rotarmisten im Osten des Landes?

Der junge Autor Moritz Hoffmann geht mit „Als der Krieg nach Hause kam“ vielen dramatischen Geschichten nach. Er vermittelt sehr lebendig wie es damals war, als der Krieg zwar zu Ende ging, aber der Kampf um das eigene Leben weiterging. Das Buch ist zugleich Teil eines Twitter-Projekts und nimmt Bezug auf die live getwitterten Nachrichten.

Propyläen, 256 Seiten; 16,99 Euro


Hörbuch der Wochedaumen rauf

John Williams

Butcher’s Crossing

Butchers Crossing

Kansas, 1870: Der Student Will Andrews kehrt Harvard den Rücken, um im Wilden Westen sein Glück zu finden. Er landet in Butcher’s Crossing, einem Ort mitten im Nirgendwo. Dort wimmelt es von rastlosen Männern, Huren und zwielichtigen Gestalten. Auf der Suche nach Geld und Abenteuern schließt sich Andrews einer Gruppe von Büffeljägern an. Nach einer strapaziösen Reise gelangen sie ans Ziel. Sie töten Büffel, viel mehr als gedacht. Die Aussicht auf viel Geld ist zu verlockend. Doch dann kommt der Winter. Erst im Frühjahr, schwer gezeichnet, können sie heimkehren. Doch was sie erwartet, ist eine Welt, die sich genauso endgültig verändert hat wie sie selbst.

Der Texaner John Williams wurde posthum mit seinem glänzenden „Stoner“ (erstmals 1965 veröffentlicht) zum sensationellen Bestsellerautor. Nun erscheint ein weiteres Werk von ihm, „Butcher’s Crossing“ (erstmals veröffentlich 1960). Der zweite von vier Romanen. In „Butcher’s Crossing“ lebt der Wilde Westen. Der echte! Hier riecht man, hier spürt man den Dreck. Das Ungestüme, das Verdorbene, das Raue. Romantik gibt es hier keine. John Williams Figuren sind klar gezeichnet, sie sind anpackend, aber auch desillusioniert. So wie die Zeit damals war. Wollen Sie erfahren, wie man Büffel schießt und ihnen das Fell vom Körper zieht? Das und viel mehr aus dem Wilden Westen beschreibt John Williams anschaulich. Die Lesung passt sich der Klasse der Romans an. Der bekannte deutsche Schauspieler Johann von Bülow liest präzise und klar. Er nimmt John Williams Stil mit seiner Stimme an. Macht kein großes Tohuwabohu. Eine Lesung und eine Geschichte die lange nachhallt.

Auch als Hardcover erhältlich bei dtv, 21,90 Euro.

DAV, 7 CDs, 538 Minuten; 19,99 Euro


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