April 18, 2024

Kolumne 21.12.2020 Nr. 644

BuchKolumne 21.12.2020 Nr. 644

James Ellroy – Jener Sturm
Toby Faber – 869 – Die einzige Zeugin
Ulrich Weber – Friedrich Dürrenmatt – Eine Biographie
Karen Rose – Todesnächte
Ludwig Erhardt – Wohlstand für Alle

  James Ellroy – Jener Sturm

Los Angeles, 1942. Zwischen Kriegsgewinnlern und Drogenhändlern, zwischen vermeintlichen Verrätern und Hollywood-Schauspielern entspinnt sich eine Geschichte von historischer Tragweite. Am Neujahrstag spülen heftige Gewitterstürme im Griffith Park ein männliches Skelett mit einem Schussloch im Schädel frei. Im Laufe der Untersuchungen verdichten sich die Hinweise auf einen spektakulären Goldraub aus dem Jahr 1931. Schon bald arbeitet im LAPD jeder gegen jeden: der brillante Polizeiforensiker Hideo Ashida, die erstaunlich vielseitige Joan Conville, der korrupte Sergeant Elmer Jackson, der skrupellose Dudley Smith – sie alle verfolgen ihre ganz eigenen Interssen.

Cool, kalt, präzise – James Ellroy! „Jener Sturm“ ist der zwei Band des zweiten L.-A.-Quartetts, das 2015 mit „Perfidia“ ihren Anfang nahm. James Ellroy hat eine eigenwillige Erzählweise, aber genau das macht seine Stimme im Kriminalroman so unverkennbar. „Jener Sturm“ bietet einen Erzähl-Rhythmus wie literarischer Jazz, einfach genial! Die Figuren, Groß und Klein, schmutzig und leuchtend, schillernd und abgründig, durchtrieben und korrekt, leidenschaftlich und berechnend. Sie gehen einem nicht mehr aus dem Kopf. Ein Kriminalroman wie ein Konzert, wie ein Theaterstück, fast 1.000 Seiten lang, ich habe jede davon aufgesaugt. „Jener Sturm“ fegt wahrlich wie ein stürmisches Gewitter über einen hinweg!

Ullstein, 975 Seiten; 35,00 Euro

  Toby Faber – 869 – Die einzige Zeugin

869 – Die einzige Zeugin

Rushhour in London: Laurie Bateman wird Zeugin, wie ein älterer Herr direkt vor die einfahrende U-Bahn stürzt. Für die Polizei ist die Sachlage klar: ein weiterer Selbstmord. Doch Laurie erinnert sich an das freundliche Lächeln des Mannes kurz vor dem Zwischenfall – und daran, dass er ein seltsames Ding in der Hand gehalten hat. Einen Schlüssel? Könnte dieser noch auf den Gleisen liegen? Laurie findet heraus, dass man die U-Bahn-Tunnel nachts gefahrlos betreten kann, bevor das System wieder hochgefahren wird. Sie fühlt sich verpflichtet, nach dem Schlüssel zu suchen – und rennt kurz darauf in den dunklen Tunneln um ihr Leben.

„869 – Die einzige Zeugin“ ist der erste Thriller von Toby Faber, der lange Jahre als Geschäftsführer den britischen Verlag Faber & Faber geleitet hat. Von einem ehemaligen Verlagsleiter sollte man einen nahezu perfekten Thriller erwarten, doch weit gefehlt. „869 – Die einzige Zeugin“ wabert im Mittelmaß vor sich hin. Die Story beginnt furios, auch mit Laurie kann man gleich mitfühlen. Doch nach einem Bruch im Erzählstrang verflacht die Geschichte zusehends. Die Spannung geht immer mehr verloren. Erst zum Ende hin kommt wieder Fahrt auf, und auch die Spannung kehrt zurück. Tobey Faber hat den falschen Fahrplan für seinen ersten Thriller gewählt, ansonsten hätte er durchweg überzeugen können.

Knaur, 315 Seiten; 9,99 Euro

   Ulrich Weber – Friedrich Dürrenmatt – Eine Biographie

Ulrich Weber Friedrich Dürrenmatt – Eine Biographie

Ulrich Weber erzählt vom kometenhaften Aufstieg des Pfarrerssohns aus dem Emmental zum weltberühmten Autor mit Millionenauflagen und von den vielen kleinen und großen Brüchen in seinem Leben, die ihn zwangen, sich immer wieder neu zu erfinden. Bislang unzugängliche Dokumente erlauben einen ganz neuen Blick auf den privaten Dürrenmatt.

Friedrich Dürrenmatt war ein Literatur-Star und noch so viel mehr. Seine Texte, Bücher und Kriminalromane und noch so viel mehr, sind auch heute noch bekannt. Sein Leben wurde bereits einmal von ihm selbst aufgeschrieben und von einem weiteren Autor, aber bei weitem nicht so umfassend, was Leben, Werk und Wirken betrifft, wie das Ulrich Weber mit diesem Buch tut. Erleben Sie Friedrich Dürrenmatt umfassend und intensiv! Die Hauptthemen sind: „Kindheit und Studium: Der Weg zur Schriftstellerei (1921 – 1946)“, „Glück und Not der mageren Jahre (1946 – 1955), „Die fetten Jahre: Schreiben als Erfolgsdramatiker (1956 – 1966)“, „Lauter Neuanfänge: Politik, Publizistik, Theater (1966 – 1973)“, „Die Neuerfindung des Werks (1973 – 1982)“ und „Das zweite Leben (1983 – 1990)“.

Diogenes, 976 Seiten; 28,00 Euro

   Karen Rose – Todesnächte

Ein Mordanschlag, den sie nur knapp überlebt hat, hat Strafverteidigerin Gwyn Weaver zu einer toughen Frau werden lassen. Trotzdem ist sie kurz davor, ihrem Freund und Kollegen Thomas Thorne ihre Gefühle zu offenbaren. Doch dann findet man den Anwalt neben der Leiche einer Frau, ihr Blut an seinen Händen. Thomas kann sich an nichts erinnern. Gwyn, die an seine Unschuld glaubt, setzt alles daran, ihrem Freund zu helfen. Keiner von beiden ahnt, dass dies erst der Anfang eines gnadenlosen Rachefeldzugs ist: Jemand ist gekommen, um Thomas alles zu nehmen – vor allem jene, die er liebt.

„Todesnächte“ ist der 6. Teil aus der Baltimore-Reihe von der amerikanischen Bestsellerautorin Karen Rose. Todesnächte werden auch Sie durchleiden, wenn Sie Karen Roses neuen Thriller lesen, denn Sie werden keine Nacht mehr ruhen, bevor sie die letzte Seite gelesen haben. Ein Thriller mit Wow-Effekt!

Knaur, 685 Seiten; 16,99 Euro

   Ludwig Erhardt – Wohlstand für Alle

Ludwig Erhards Konzept der Sozialen Marktwirtschaft. Und in der Tat sind seine beiden Kernideen bis heute aktuell und gültig: Die freie Wirtschaft muss vor staatlichen Eingriffen sowie vor Kartellen und Monopolen geschützt werden und die überkommene Situation einer dünnen Oberschicht, die einer breiten Unterschicht gegenübersteht, muss durch Wettbewerb überwunden werden.

„Wohlstand für Alle“, ein Buchtitel, der zu einem verbreiteten Slogan geworden ist. Viele Politiker, und nicht nur die, haben ihn über Jahrzehnte verwendet, und tun dies noch heute. Ludwig Erhardt (1897 – 1977) hat mit diesem Buch, das erstmals im Februar 1957 erschienen ist, einen zeitlosen Klassiker der Wirtschaftsliteratur erschaffen. Und der Econ Verlag legt diesen Klassiker 63 Jahre später neu auf. Eine klasse Idee! Allen, die an der Gestaltung von Wirtschaft und Gesellschaft interessiert sind und die über „Wohlstand für Alle“, „Soziale Marktwirtschaft“ und „soziale Gerechtigkeit“ fundiert diskutieren möchten, sei die Lektüre dieses grundlegenden Buches sehr empfohlen. Die Hauptthemen sind: „Der rote Faden“, „Die Geburt der Marktwirtschaft“, „Korea-Krise und ihre Überwindung“, „Die Meisterung der Hochkultur“, „Marktwirtschaft überwindet Planwirtschaft“, „Wirtschaftsminister, nicht Interessenvertreter“, „Kartelle – Feinde der Verbraucher“, „Der Wert unmittelbarer Meinungsäußerung“, „Marktwirtschaft ermöglicht gerechten Lohn“, „Verführt Wohlstand zum Materialismus?“, „Psychologie um Mark und Pfennig“, „Versorgungsstaat – der moderne Wahn“, „Politik nicht vom grünen Tisch“, „Station Europa“, „Der Phönix aus der Asche“ und „Die Grundlagen der neuen Regierung“.

Econ, 400 Seiten; 20,00 Euro