April 24, 2024

Kolumne 17.01.2022 Nr. 700

BuchKolumne 17.01.2022 Nr. 700

Fernando Aramburu – Reise mit Clara durch Deutschland
Gerard Donovan – In die Arme der Flut
Maria Nikolai – Töchter der Hoffnung – Die Bodensee-Saga 1
Preston & Child – Bloodless – Grab des Verderbens
Stuart MacBride – Der Garten des Sargmachers

  Fernando Aramburu – Reise mit Clara durch Deutschland

Fernando Aramburu - Reise mit Clara durch Deutschland

Ein nicht gerade vom Erfolg verwöhnter spanischer Autor begleitet seine Ehefrau Clara auf einer Recherchereise durch Deutschland. Sie soll einen Reiseführer verfassen. Er macht die Fotos dazu. Die Reise beginnt in Bremen und geht weiter nach Worpswede, zum Grab von Paula Modersohn-Becker, zur Arno-Schmidt-Stiftung in Bargfeld, nach Goslar und Berlin. Süddeutschland ist das nächste Ziel. Doch als ihr Hund Goethe erkrankt, kommt alles anders als gedacht.

Der Spanier Fernando Aramburu, der seit 1983 in seiner Wahlheimat Deutschland lebt, hat mich zuletzt mit seinem Roman „Patria“ begeistert. Ein Roman, der mich im Kopf noch lange begleitet hat! Nun schlägt er ein ganz anderes Buch auf, das vor „Patria“ entstanden ist. Er nimmt sich seine Wahlheimat Deutschland vor und dazu skizziert er eine Ehe präzise wie ein Uhrwerk. „Reise mit Clara durch Deutschland“ ist umwerfend und entwaffnend. Heiter und zugleich ernst, weise und zugleich lapidar, durchzogen von so viel Wahrheiten, das es einen schüttelt. Ein Roman, der die Ehe, ein Beziehung beschreibt, wie sie wirklich ist! Fernando Aramburu beschreibt die vielen kleinen Szenen in einer Beziehung, in der oft, wenn der Mann einigermaßen „sozialisiert“ ist, die Frau fast immer als Gewinnerin hervorgeht. Er will ihr gefallen und eigentlich seine Ruhe, daher macht er praktisch alles, was sie möchte. Er wird von ihr immer liebevoll Maus oder Mäuschen genannt, sie geht aber nicht selten so liebevoll mit ihm um. Er ist ihr trotzdem verfallen, ihrem Duft, ihrer Feingliedrigkeit und dem Sex mit ihr. Neben dem Eheleben lernt man ganz nebenbei auch noch Norddeutschland aus einem spannenden Blickwinkel kennen. „Reise mit Clara durch Deutschland“ ist eine Lesereise wert!

Rowohlt, 591 Seiten; 25,00 Euro

  Gerard Donovan – In die Arme der Flut

Gerard Donovan - In die Arme der Flut

Nebel steigt auf über dem Fluss bei Ross Point in Maine, und auch um die hohe Brücke vor der Mündung ins Meer wallen Nebelschwaden. Dort steht Luke Roy und wartet. Er will springen – schon öfter hat er an Selbstmord gedacht. Als der Himmel endlich klar wird, hört er vom Fluss her Schreie. Ein Ausflugsboot ist gekentert, und ein Junge wird von der Strömung Richtung Klippen und Meer getrieben. Luke zögert nicht: Der Außenseiter wird zum Helden wider Willen, und sein Leben ändert sich auf eine Weise, die er sich nie hätte träumen lassen.

Es ist schon über 10 Jahre her, da konnte Gerard Donovan mich mit „Winter in Main“ begeistern. Daher war ich nach so langer Zeit gespannt, wie gut sein neuer Roman „In die Arme der Flut“ sein würde. Die Geschichte versprach großes Potenzial, was Gerard Donovan mit seiner Erzählweise leider so gar nicht ausschöpft. Dem Buch fehlt eine stringente Erzählstruktur. Gerard Donovan kommt nicht auf den Punkt, er verharrt zu sehr in langweiligen und langatmigen Szenen. Auch hat mich die Hauptfigur des Luke Roy nicht angesprochen. Er bleibt mir fremd und ich konnte keine großartigen Sympathien für ihn entwickeln. Das Buch versinkt in den Armen der Flut.

Luchterhand, 320 Seiten; 20,00 Euro

Maria Nikolai – Töchter der Hoffnung – Die Bodensee-Saga 1

Maria Nikolai - Töchter der Hoffnung – Die Bodensee-Saga 1

Meersburg, 1917: Ein romantisches altes Gasthaus am Ufer des Bodensees, umgeben von einem traumhaften Garten – für Helena Lindner und ihre Schwestern ist der Lindenhof ein Ort voller idyllischer Kindheitserinnerungen. Doch drei Jahre Krieg haben ihre Spuren hinterlassen. Die Gästezimmer stehen leer, Vater Gustav ist an der Front, und Mutter Elisabeth regiert mit eiserner Hand. Trotz der schweren Zeit lässt Helena der Traum nicht los, den Ort ihrer Kindheit zu neuem Leben zu erwecken und zu einem Grandhotel auszubauen. Als ein junger Adliger sich im Lindenhof einmietet, erwacht in ihr neuer Mut. Den schönen Fremden umgibt eine faszinierende Aura, aber sein Gesicht trägt tiefe Narben. Während sich die beiden näherkommen, entdecken sie Gemeinsamkeiten, die tief in Helenas Vergangenheit führen.

Maria Nikolai feierte einen großen Erfolg mit ihrer Bestseller-Trilogie um „Die Schokoladenvilla“. Nun startet sie mit „Die Bodensee“-Saga eine neue Reihe. Ist diese so faszinierend wie „Die Schokoladenvilla“? Ja! Schon auf Seite eins fängt einen Maria Nikolai ein und lässt einen nicht mehr los. Helena und ihre Schwestern sind Maria Nikolai ausgesprochen gut gelungen. Wie hätte es auch anders sein sollen! Maria Nikolai hat eine Liebe zum Detail, ohne dabei ausschweifend zu werden. Sie erzählt im genau richtigen Ton und Tempo. Spannend, vielschichtig, einladend – eine Saga, die viel verspricht und noch mehr hält!

Penguin, 591 Seiten; 11,00 Euro

   Preston & Child – Bloodless – Grab des Verderbens

Preston & Child - Bloodless – Grab des Verderbens

In den Straßen von Savannah im Süden der USA tauchen Leichen auf, die vollkommen blutleer sind. Kein Wunder, dass eine alte Legende der Stadt plötzlich nicht nur wohligen Grusel verursacht: Geht etwa tatsächlich der „Vampir von Savannah“ um? Special Agent Pendergast und sein Partner Agent Coldmoon werden mit dem bizarren Fall betraut und erkennen bald, dass es einen Zusammenhang mit einer nie aufgeklärten Flugzeug-Entführung aus dem Jahr 1971 gibt. Doch weder Pendergast noch Coldmoon ahnen, dass hinter beiden Fällen etwas steckt, das unfassbar viel böser ist als ein Vampir. Und längst ist nicht mehr sicher, ob die FBI-Agents Jäger oder Gejagte sind.

„Bloodless“ ist der 20. Band aus der Agent-Pendergast-Reihe. Das Autorenduo Preston und Child beweisen auch nach so langer Zeit, dass die Reihe noch lange nicht ausgeblutet ist. Man muss etwas den Hang zu mystischem Phänomen mitbringen, dann wird einen „Bloodless“ gut unterhalten! Aber eigentlich ist man vom Autorenduo ja genau das aus früheren Zeiten gewohnt. Auch die Figuren neben Pendergast sind wieder gut gelungen, so dass es keine One-Man-Show ist. Wie von mir schon vor vielen Jahren geschrieben: Special Agent Pendergast ist der Sherlock Holmes des neuen Jahrtausends! Auch bei „Bloodless“ stellt er das wieder unter Beweis.

Knaur, 423 Seiten; 20,00 Euro

   Stuart MacBride – Der Garten des Sargmachers

Stuart MacBride - Der Garten des Sargmachers

Als ein Sturm über die schottische Küste hinwegfegt, stürzt ein Teil der Klippen ins Meer. Auch der Garten von Gordon Smith gehört zur abgebrochenen Landzunge, die nun enthüllt, was auf dem Grundstück vergraben war: zahllose Tote. Das Unwetter verhindert eine Bergung der Leichen und vernichtet wichtige Beweise. So weiß niemand, wie viele Menschen Smith getötet hat. Doch Ex-Detective Inspector Ash Henderson ahnt: Er wird weitermorden. Henderson ist entschlossen, Smith in den Highlands aufzuspüren und zu stoppen, selbst wenn er dafür Regeln brechen muss. Es ist ein Wettlauf gegen die Zeit, denn ein junges Mädchen ist bereits in der Gewalt des Killers.

Der Schotte Stuart MacBride gehört zu den besten Thriller-Autoren des Königreichs! Seine Reihe um Detective Sergeant Logan McRae ist Kult! Und auch seine Bücher mit Ash Henderson haben diesen hohen Qualitätsstandard gehalten. Nach „Das 13. Opfer“ und „Die Stimmen der Toten“ ist „Der Garten des Sargmachers“ der dritte Teil aus der Reihe. Perfekte Hochspannungsliteratur!

Goldmann, 634 Seiten; 11,00 Euro