April 19, 2024

Kolumne 11.07.2022 Nr. 725

     BuchKolumne 11.07.2022 Nr. 725

Jay Kristoff – Das Reich der Vampire 1
Gary Shteyngart – Landpartie
Kimberly McCreight
Freunde. Für immer.
Craig Brown – One Two Three Four
Val McDermid – 1979 – Jägerin und Gejagte

   Jay Kristoff – Das Reich der Vampire 1

Vor 27 Jahren ging die Sonne unter – und seitdem sind die Armeen der Vampire auf dem Vormarsch. Stück für Stück haben sie ihr ewiges Reich ausgedehnt und den Menschen den Boden streitig gemacht, bis nur noch an wenigen Orten ein unbeschwertes Leben möglich ist. Kleine Inseln des Lichts in einem Meer aus ewiger Finsternis. Als der junge Gabriel de León sein Heimatdorf verlassen muss, führt ihn sein Weg nach San Michon, zum Orden der Silberwächter, einer heiligen Bruderschaft, die das Reich und die Kirche gegen den Ansturm der Bestien verteidigt. Und noch ahnt er nicht, dass er zur größten Legende des Ordens werden wird – und zur letzten Hoffnung einer sterbenden Welt.

Wow! Wow! Wow! „Das Reich der Vampire“ ist eine Saga, die einen süchtig, süchtig, und ja, süchtig macht! Das kann man schon nach dem ersten Band sagen. Eine Saga, die große fantastische Vorbilder für sich vereinnahmt. „Das Reich der Vampire“ ist eine bombastische Mischung aus „Interview mit einem Vampir“, „The Walking Dead“ und „Games of Thrones“! Jay Kristoff war ja schon u. a. mit seinen „Nevernight“-Büchern ein Autor, den man gelesen haben musste. Aber mit seiner neuen Saga übertrifft er sich nun noch einmal selbst. Der erste Band der „Reich-der-Vampire“-Trilogie hat über 1.000 Seiten. Viel zu wenige! Ich hätte noch einmal 1.000 Seiten lesen wollen.

TOR, 1.019 Seiten; 26,00 Euro

    Gary Shteyngart – Landpartie

Es ist März 2020, und eine uns wohlvertraute Katastrophe zieht am Horizont auf. In einem idyllischen Landhaus außerhalb von New York versammelt der russischstämmige Schriftsteller Sasha Senderovsky eine illustre Gruppe alter Freunde und loser Bekanntschaften, um die Pandemie bei gutem Essen und anregenden Gesprächen auszusitzen. Über die nächsten Monate wachsen neue Freund- und Liebschaften, während sich längst vergessen geglaubte Kränkungen mit frischer Kraft manifestieren. Doch mit der Ankunft eines mythenumwobenen Hollywoodstars gerät das mühsam konstruierte Gleichgewicht dieser Wahlfamilie gefährlich ins Wanken.

Gary Shteyngart in Russland geboren, mit 7 Jahren kam er in die USA, ist ein internationaler Bestsellerautor. Ich verfolge seiner Schriftstellerkarriere bereits seit seinem Debütroman „Handbuch für den russischen Debütanten“ im Jahr 2002. Nach „Willkommen in Lake Succes“ ist „Landpartie“ nun sein neuer Roman. In den USA, und nicht nur da, hymnisch besprochen. Es war für mich also alles vorbereitet für eine ereignisreiche und spannende Landpartie. Doch das Land wartet so mit seinen Überraschungen auf, so auch diese Partie auf dem Land, denn es passiert nur sehr wenig, was mich begeisternd weiterlesen ließ. Und das was passiert, passiert auch noch alles sehr langsam. Dabei versprach die Beschreibung des Buches doch ein richtiges Feuerwerk eines guten Gesellschaftsromans zu werden, doch am Ende wurden es nur viele Knallfrösche mit ein paar wenigen Raketen dazwischen. Mich konnten weder die Figuren richtig packen, noch wie Gary Shteyngart sie den LeserInnen näherbringt. Die über alles schwebende Pandemie ist natürlich auch etwas, was man so schön langsam nicht mehr hören kann bzw. lesen will. Doch wäre diese in eine bessere Geschichte eingebunden gewesen, wäre es trotzdem okay gewesen, doch so nervt auch das nach und nach eben auch noch. Die „Landpartie“ hat natürlich auch ihre guten Abschnitte, was anders hatte ich von einem Gary Shteyngart auch nicht erwartet, aber im Ganzen konnte mich dieser Ausflug aufs Land nicht überzeuge, und ich war froh, als ich wieder „abreisen“ konnte.

Penguin, 471 Seiten; 25,00 Euro

   Kimberly McCreight – Freunde. Für immer.

Nichts schien die College-Freunde Jonathan, Derrick, Keith, Stephanie, Maeve und Alice trennen zu können – bis Alice sich aus Schuldgefühlen das Leben nahm. So steht es jedenfalls offiziell im Polizei-Bericht. Zehn Jahre später treffen sich die Freunde in Jonathans Wochenendhaus in den Catskill Mountains – einem beliebten Feriengebiet der New Yorker -, um seinen Junggesellenabschied zu feiern. Doch dann sind Keith und Derrick plötzlich verschwunden. Die Polizei findet lediglich ihren Wagen, darin eine Leiche mit zertrümmertem Gesicht. Hat die Vergangenheit noch eine Rechnung mit den Freunden offen. Für Detective Julia Scutt, die den Fall übernimmt, werden die Ermittlungen ebenfalls zu einer unheimlichen Reise in die Vergangenheit: Als Julia acht Jahre alt war, fand man die Leiche ihrer Schwester mit ähnlichen Verletzungen, von der Freundin, die sie begleitet hatte, fehlt bis heute jede Spur.

Die ehemalige amerikanische Anwältin Kimberly McCreight, die nun Bestsellerautorin ist, hat gleich mit ihrem ersten Thriller „Eine perfekte Ehe“ auch in Deutschland für Aufsehen gesorgt. Auch bei mir. Ich schrieb damals: „Ein Thriller, der einem gehörig den Kopf verdreht! Kimberly McCreight spart nicht mit Überraschungen und einem bis ins Detail ausgeklügelten Plot. „Eine perfekte Ehe“ – ein perfekter Thriller!“ Und das Buch wurde sogar mein BuchTipp des Monats im Juli 2021. Nun liegt ihr neuer Thriller „Freunde. Für immer.“ vor. An den perfekten Vorgänger-Thriller kommt dieser nicht heran, aber er hat trotzdem sehr hohe Qualität. Kimberly McCreight erzählt abwechselnd, gibt allen Figuren eine Stimme, und schafft mit diesen Perspektiven eine Komplizenschaft mit den LeserInnen. Das sie das auch noch auf eine sehr spannende Art tut, macht alles nicht weniger gut. Eine Geschichte, die zeigt, wie eine Tat unter Freunden diese für immer aneinanderknüpfen kann. Und irgendwann schlägt die Vergangenheit dann mit Wucht zurück. Lieber LeserInnen, seien Sie (positiv) gewarnt vor „Freunde. Für immer.“ Denn es gibt zahlreiche Wendungen und es ist nichts so, wie es scheint!

Droemer, 364 Seiten; 15,99 Euro

    Craig Brown – One Two Three Four

Craig Brown folgt dem Weg der Beatles. Wie die eigentlich zufällige Verbindung von John, Paul, George und Ringo sie zur erfolgreichsten Band aller Zeiten machte. Die „Fab Four“ eroberten die Welt, schufen Songs, in denen jeder sich auf seine Weise wiederfinden konnte, und trennten sich, als sie alle noch keine dreißig Jahre alt waren. Craig Brown lässt die verschiedensten Gestalten aus dem Orbit der Beatles auftreten mit ihren manchmal bizarren, manchmal unglücklichen Geschichten: von Fred Lennon und Yoko Ono über den legendären Brian Epstein bis hin zu dem psychedelischen Zahnarzt John Riley und dem berüchtigten Kriminalbeamten Norman Pilcher. Alle diese Geschichten zusammen erzählen von einer Band, die die Welt veränderte, und einer fieberhaften, unbändigen Zeit.

Yeah! Yeah! Yeah! „One Two Three Four“ ist bunt, schrill, laut und leise, biete viele Einsichten und Anekdoten, und strahlt weit über das Ende des Buches hinaus! Der Autor setzt seine Geschichten über die Beatles u. a. auch aus Partylisten, Tagebucheinträgen und Fanbriefen zusammen. Zudem enthält das Buch 55 Abbildungen, die zusätzliche Einblicke erlauben. Ein Geschenk für alle Beatles-Fans! John Updike verglich die Beatles einst mit „der Sonne, die an einem Ostermorgen aufgeht“, Bob Dylan machte sie mit Drogen bekannt. Leonard Bernstein bewunderte sie, Muhammad Ali nannte sie „kleine Weicheier“, J.R.R. Tolkien ließ sie abblitzen, und die Rolling Stones kopierten sie. Die Beatles haben niemanden unberührt gelassen. Dieses Buch lässt auch keinen Beatles-Fan unberührt. Es wurde in Großbritannien über 100.000-mal verkauft und erscheint in zehn Ländern.

C. H. Beck, 670 Seiten; 29,95 Euro

    Val McDermid – 1979 – Jägerin und Gejagte

Schneestürme, Stromausfälle, Streiks und ungeklärte Todesfälle: Der Winter 1979 beschert Schottland ein Debakel nach dem anderen. Für die junge Journalistin Allie Burns sind schlechte Nachrichten jedoch die einzige Chance, über etwas anderes als Familiendramen und Babywunder zu berichten und vom „Boys’ Club“ der Zeitung endlich ernst genommen zu werden. Mit ihrem Kollegen Danny Sullivan kommt Allie tatsächlich einer potenziellen terroristischen Bedrohung auf die Spur – und sie schmieden einen Plan, bei dem jeder Schritt ihr letzter sein könnte.

Val McDermid ist eine Ikone des Kriminalromans! Jahrzehnt um Jahrzehnt begeistert sie ihre LeserInnen mit immer neuen und überraschenden Kriminalromanen. Die Grand Dame der britischen Kriminalliteratur bringt nun eine neue Reihe an den Start. Und was für eine! Über Jahrzehnte, von 1979 bis 2019 darf man der Heldin in fünf Bänden folgen. „1979 – Jägerin und Gejagte“ macht den Anfang für Journalistin Allie Burns. Allie Burns ist eine starke weibliche Hauptfigur, von der man immer mehr erfahren will. Schon nach dem ersten Band ist schade, das nach dem fünften Schluss ist. Doch bis dahin heißt es genießen. „1979“ ist Kriminalroman, Gesellschaftsroman, Drama, ein spannender und brisanter Mix!

Knaur, 430 Seiten; 12,99 Euro