März 29, 2024

Kolumne 06.12.2021 Nr. 694

BuchKolumne 06.12.2021 Nr. 694

Ken Follett – Never
Adeline Dieudonnè – Bonobo Moussaka
Robert Kolker – Hidden Valley Road
A. K. Turner – Tote schweigen nie
J. Ryan Stradal – Die Bierkönigin von Minnesota

Ken Follett – Never

In der Sahara folgen westliche Geheimdienstagenten der Spur mächtiger Drogenschmuggler. Die Amerikanerin Tamara und ihr französischer Kollege Tab gehören zu ihnen. Für ihre Liebe riskieren sie ihre Karriere – und im Einsatz für ihr Land ihr Leben. Nicht weit entfernt macht sich die junge Witwe Kiah mit Hilfe von Schleusern auf den Weg nach Europa. In China kämpft der hohe Regierungsbeamte Chang Kai gegen die kommunistischen Hardliner. Er hat ehrgeizige Pläne, und er befürchtet, dass die Kriegstreiberei seiner Widersacher das Land und dessen Verbündeten Nordkorea auf einen Weg leitet, der keine Umkehr zulässt. In den USA wird Pauline Green, die erste Präsidentin des Landes, alles tun, was in ihrer Macht steht, um zu verhindern, dass die USA in einen unnötigen Krieg eintreten müssen. Doch wenn ein aggressiver Akt zum nächsten führt, wenn alle diplomatischen Mittel ausgereizt sind, wer kann dann noch das Unvermeidliche verhindern?

In der modernen Literatur gehört Ken Follett zu den Besten, die es auf der Welt gibt! Sein Gesamtwerk kann man nur mit einem Wort beschreiben: atemberaubend! Und zu diesem Gesamtwerk fügt sich nun ein weiteres Buch hinzu, das einem dem Atem raubt. „Never“ ist ein brandaktueller Thriller, der einem, ganz ohne Klimawandel, die Fragilität unserer Welt vor Augen führt! Es zeigt, wenn die Supermächte dieser Welt die falschen Anführer haben und dann, ohne die Konsequenzen zu beachten, einfach Taten begehen, die die ganz Welt in Schutt und Asche legen können. Diesem Thema nimmt sich Ken Follett in seinem neuen Bestseller an. Dabei zeigt er auf mehreren Ebenen, in den USA, in Afrika, in China, wie verbunden alles ist. Wenn irgendwo ein Stein geworfen wird, wird anderswo sofort zurückgeworfen. Gerne auch mit Atombomben. Hoffentlich ist Ken Folletts Thriller keine extrem düstere Voraussage der Zukunft!

Lübbe, 876 Seiten; 32,00 Euro

Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Die bekannte Schauspielerin und Hörbuchsprecherin Tessa Mittelstaedt vermittelt den Geist dieses Thrillers eindrucksvoll! 32,00 Euro.

Ken Follett – Never – Hörprobe 10:00 Min.

Adeline Dieudonnè – Bonobo Moussaka

Weihnachten ist das Fest der Familie. Daher nimmt sie ihre beiden Kinder mit zu ihrem Cousin, der die alleinerziehende Mutter großmütig eingeladen hat, sich mit seiner Musterfamilie und der Familie eines befreundeten Bankers an den üppig gedeckten Tisch zu setzen. Ein Essen in seliger Eintracht? Nicht ganz, denn lauscht man dieser jungen Frau von heute, offenbart sich, was sie angesichts der virulenten Themen unserer Gesellschaft fühlt und denkt. Doch sie wird sich nicht unterkriegen lassen. Schließlich hat sie zwei Kinder in diese Welt gesetzt und wird alles dafür tun, dass sie eine Zukunft haben.

Die junge Belgierin Adeline Dieudonné hatte mit ihrem Debütroman „Das wirkliche Leben“ einen Überraschungsbestseller gelandet. In 20 Sprachen übersetzt, 15 Literaturpreise gewonnen und verfilmt wird er auch gerade. Auch mich hat dieser Roman berührt, erschüttert, total mitgenommen. Umso gespannter war ich auf den neuen Roman von Adeline Dieudonné. Schnell stellte sich mir die Frage, war „Das wirkliche Leben“ nur eine Eintagsfliege? Ist Adeline Dieudonnés literarisches Können bereits erschöpft? Wenn man „Bonobo Moussaka“ heranzieht, muss die Fragen eindeutig mit Ja beantworten. Es handelt sich um kein Buch, sondern um ein kleines Büchlein. Auf den 112 Seiten ist dann das wenig Geschriebene auch noch sehr weit auseinandergezogen. Schnell ein zweites Buch nachschieben um von der Erfolgswelle zu profitieren, so kann man dieses Buch abtun. Das Thema an sich ist interessant und hätte einen kolossal guten, modernen Roman ergeben können. Aber in dieser Ausführung ist es ein echtes Armutszeugnis!

dtv, 112 Seiten; 10,00 Euro

Robert Kolker – Hidden Valley Road

Die Galvins schienen den amerikanischen Traum zu leben: Don beruflich erfolgreich bei der Air Force, Mimi treusorgende Ehefrau und Mutter von zwölf Kindern. Doch hinter der Fassade ihres schmucken Heims in der Hidden Valley Road verbarg sich eine ganz andere Realität, geprägt von mentalen Zusammenbrüchen, plötzlichen Gewaltexzessen und Missbrauch. Bis zur Mitte der 70er-Jahre erhielten sechs der zehn Galvin-Brüder die Diagnose Schizophrenie. Die Krankheit machte alle zu Opfern, besonders aber die beiden jüngsten der Geschwister und einzigen Mädchen. Der Fall der Familie war so außergewöhnlich, dass das amerikanische National Institute for Mental Health ausführliche Studien mit ihnen machte. Ihre einzigartige DNA war die Basis für bahnbrechende medizinische Fortschritte bei der Behandlung von Schizophrenie, einer Krankheit mit vielen Unbekannten.

Wer etwas über die Krankheit Schizophrenie lernen und zugleich die einzigartige Geschichte einer amerikanischen Familie lesen möchte, dem sei „Hidden Valley Road“ empfohlen! Robert Kolker verbindet das Krankheitsbild der Schizophrenie mit dem Innenleben einer außergewöhnlichen Familie in eindringlicher Manier. 12 Kinder sind schon schier unglaublich, aber dann davon auch noch sechs mit diesem Krankheitsbild, das ist niederschmetternd. Das Buch berührt, ist schmerzvoll, macht traurig, verursacht eine richtige Gedankenachterbahn, es fesselt auf eine hintergründige Art! Das Buch war das beste Buch von: „The Washington Post“, „The New York Times“, „The Wall Street Journal“, „Time“, „Sunday Tims“ und „People Magazine“.

btb, 508 Seiten; 22,00 Euro

A. K. Turner – Tote schweigen nie

Als Assistentin der Rechtsmedizin ist die Londonerin Cassie Raven schräge Blicke gewöhnt. Möglicherweise ist auch ihr Gothic-Look mit zahlreichen Piercings und Tattoos nicht ganz unschuldig daran – ebenso wie ihre Überzeugung, dass die Toten mit uns sprechen, wenn wir nur ganz genau hinhören. Ebenso überzeugt ist Cassie davon, dass sie ohne die Hilfe von Mrs Edwards als Junkie unter einer Brücke gelandet wäre statt als Assistentin in der Rechtsmedizin. Umso größer ist ihr Schock, als sie einen Leichensack öffnet und in das Gesicht ihrer geliebten Mentorin blickt. Cassie ist sicher, dass Mrs Edwards ermordet wurde. Nur beweisen kann sie es nicht, denn eine kostspielige forensische Obduktion wurde bereits abgelehnt. Das macht ausgerechnet die unterkühlte DS Phyllida Flyte, die Cassie wegen einer verschwundenen Leiche auf dem Kieker hat, zu ihrer einzigen Option.

A. K. Turner hat mit „Tote schweigen nie“ einen echten Thriller-Hit gelandet! Das liegt an der durchweg spannenden Story und den reichlichen Details aus dem Metier der Rechtsmedizin. Aber auch an der Hauptfigur der Cassie Raven, die einem schon etwas den Kopf verdreht und einem auch so schnell nicht wieder aus dem Kopf geht. Die sehr gegensätzliche DS Phyllida Flyte ist der Autorin auch gut gelungen. Die in London lebende A. K. Turner arbeitet bereits an dem zweiten Fall für Cassie Raven. Eine sehr gute Entscheidung!

Droemer, 396 Seiten; 16,00 Euro

J. Ryan Stradal – Die Bierkönigin von Minnesota

Diana ist Waise und lebt bei ihrer Großmutter Edith. Neben der Schule bessert sie das Familieneinkommen durch gelegentliche Diebstähle auf. Als sie erwischt wird, ist die Strafe das Geschenk ihres Lebens: Sie darf ihre Schulden in einer Brauerei abarbeiten. Bald mischt Diana den Markt mit einzigartigen Craft-Bieren auf. Denselben Markt, in dem ihre Großtante Helen seit Jahrzehnten eine der ganz großen Brauereien besitzt.

J. Ryan Stradal hat mich mit mit der „Bierkönigin von Minnesota“ eingefangen, obwohl ich keinen Alkohol trinke. Doch was er einem in diesem Buch über das Bierbrauen vermittelt, war durchaus auch für mich spannend zu lesen. Noch überzeugenden waren aber seine Frauenfiguren Diana, Edith und Helen. Mit ihn lebt und fiebert man mit. Eins, zwei, drei, Prost! „Die Bierkönigin von Minnesota“ ist wunderbare Unterhaltungsliteratur mit Nährwert.

Diogenes, 430 Seiten; 18,00 Euro