Kolumne vom 06.04.2015 – Nr. 346
Jussi Adler-Olsen
Verheissung
Siebzehn Jahre lang hat Polizeikommissar Christian Habersaat vergeblich versucht, den Tod einer jungen Frau aufzuklären, die kopfüber in einem Baum hängend aufgefunden wurde. Kurz nachdem er Carl Mørck um Hilfe gebeten hat, schießt er sich eine Kugel in den Kopf. Und nur wenig später stirbt auch noch Habersaats Sohn. Mørck und sein Team reist auf die Insel Bornholm und beginnt zu ermitteln. Die Recherchen führen irgendwann nach Öland, zu einem obskuren „Zentrum zur Transzendentalen Vereinigung von Mensch und Natur“. Carl Mørck und sein Team ahnen nicht, dass sie sich in tödliche Gefahr begeben.
Jussi Adler-Olsen geht auch beim 6. Fall seines Kult-Ermittlers Carl Mørck nicht die Luft aus. Ganz im Gegenteil. Mørck und sein Team machen wieder viel Freude. Die Charaktere habe wie immer viel Profil. Es geht zwischen ihnen hin und her. Intelligente Spannung und intelligenter Witz. Dazu ein spannender Fall, der in zwei Erzählsträngen die Geschichte voranbringt. Allerdings baut Jussi Adler-Olsen die Spannung langsam auf. Extreme Spannungsmomente fehlen in der Geschichte. Der Däne gibt seinen Figuren dafür viel Raum zur Entfaltung. So erfährt man von Mørck, Assad und Rose wieder einiges Neues und man kann ihren Unterschiedlichkeiten frönen. Die letzten 100 Seiten haben es dann aber in sich. Da geht es Schlag auf Schlag. Bis zur letzten Zeile Hochspannung! Doch Jussi Adler-Olsen schafft es trotzdem aus „Verheißung“ einen Kriminalroman zu machen, bei dem man gerne dranbleibt.Auch als Hörbuch erhältlich bei DAV. Jussi Alder-Olsen Stammvorleser Wolfram Koch liefert wieder eine starke Leistung ab. 19,99 Euro.
dtv, 592 Seiten; 19,90 Euro
Doris Knecht
Wald
Marian treibt die Krise und eigene Fehler in den Bankrott und zum völligen Rückzug. Der Versuch, im geerbten Haus ihrer Tante wieder zu sich zu finden, wird für Marian zum Überlebenskampf. Mühsam lernt sie, sich zu versorgen, sie fischt, wildert, stiehlt Gemüse und Hühner. Und sie muss sich arrangieren, in neuen Abhängigkeiten: Der reiche Grundbesitzer Franz versorgt sie mit dem Nötigsten. Sein Lohn: sexuelle Gefälligkeiten. Im Dorf feindet man die Außenseiterin immer mehr an. Als sie beschimpft und bedroht wird, muss Marian sich den Dingen stellen. Was ist das nun eigentlich mit Franz? Und wie kann sie ihr Leben wieder in den Griff bekommen?
Das Buch ist wie ein anstrengender Waldspaziergang bei miesem Wetter und unebenem Gelände. Man möchte eigentlich so schnell wie möglich wieder nach Hause, aber man muss sie durch die Wildnis quälen, damit man da auch wieder hinkommt. Und so verhält es sich auch mit dem neuen Roman der Österreicherin Doris Knecht „Wald“. Man quält sich durch die spannungsarme Geschichte und hofft, dass sie schnell zu Ende geht. Obwohl das Thema eine Menge hergegeben hätte, macht Knecht daraus viel zu wenig. Marian ist eine Figur, bei der man nicht weiß, ob man mit ihr nun mitleiden soll oder sie einfach nur unglaublich doof findet.
Rowohlt Berlin, 271 Seiten; 19,95 Euro
Sabine Ebert
1815 – Blutfrieden
Herbst 1813: Als Napoleon in der Völkerschlacht bei Leipzig geschlagen wird, ist er noch lange nicht besiegt, und niemand ahnt, dass es mehr als anderthalb Jahre dauern soll, bis er 1815 bei Waterloo endgültig bezwungen wird. Statt des erhofften Friedens kommt immer größeres Elend über viele deutsche Städte. Die fliehende Grande Armée zieht eine Spur aus Blut, Hunger, Verwüstung und Krankheit durch das Land. Auch die junge Henriette, die nach Leipzig ging, um Verwundeten zu helfen, muss die Stadt verlassen und Hals über Kopf heiraten, um zu überleben. Als in Wien endlich Frieden geschlossen wird, ist Europa neu geordnet – aber unter blutigen Opfern.
Sabine Ebert wandelt auf den Spuren von Ken Follett! Ihr über 1.000 Seiten starkes Werk „1815 – Blutfrieden“ platzt fast vor Spannung, Detailfülle und lebendigen Figuren. Sabine Ebert hat einen Roman geschrieben, den nur die ganz großen Autoren des Genres schaffen. Ein historischer Roman, der seinesgleichen sucht. Man erfährt so viel über die Napoleonzeit und deren Auswirkung auf unser Land. Lebendiger kann man Geschichte nicht erzählen. Wie der Krieg wütete, Krankheiten ausbrachen, das Überleben ein Glücksfall wurde, die Liebe in der wirren Zeit schwer zu leben war, und die Politik dann ein neues Europa erschuf. Das alles und noch viel mehr findet sich in dieser Geschichte. „1815 – Blutfrieden“ – ein epochales Meisterstück!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Doris Wolters liest vielseitig und gibt diesem großen Roman eine passende Stimme. 26,99 Euro
Knaur, 1080 Seiten; 24,99 Euro
Arne Dahl
Hass
Eine verzweifelte Videobotschaft von zwei seiner Ermittler, eine Bombe in der Wohnung seiner Kollegin Donatella Bruno – Paul Hjelm ist überzeugt, das jemand die Opcop-Gruppe zerschlagen will. Doch warum? Ein persönlicher Rachefeldzug? Hjelm lässt seine Kollegen in verdeckten Zweierteams rund um den Globus ermitteln.
„Hass“ ist der vierte und letzte Band der Opcop-Serie. Eine Reihe, die die Leser von Anfang an in Atem gehalten hat. Und das ist auch im letzten Band so. Arne Dahl beweist wieder, warum er zu den besten Thriller-Autoren Europas zählt. Thriller-Spannung auf hohem Niveau!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Osterwold Audio. Wolfram Koch macht auch aus „Hass“ einen Thriller, den man hören muss. Auch von Arne Dahl ist Wolfram Koch Stammvorleser. 19,99 Euro.
Piper, 572 Seiten; 16,99 Euro
Susanne Fröhlich
Wundertüte
Andrea Schnidt wohnt nun seit vier Wochen mit ihrem Neuen, Paul, zusammen. Ihr Noch-Ehemann Christoph findet das gar nicht schön. Und nun stellt Paul Andrea seine Tochter Alexa vor. Eine hübsche 14-Jährige, die Andrea aus tiefstem Herzen hasst. Da hat Andrea wieder eine ganze Latte an Problemen zu bewältigen.
Es macht wieder einen Heidenspaß Andrea Schnidt bei ihren Alltagsproblemen zu erleben. Susanne Fröhlich zündet ein Gagfeuerwerk nach dem anderen! „Wundertüte“ ist keine Wundertüte, denn hier bekommt man gnadenlos guten und ehrlichen Humor und keine Seifenblasen.
Krüger, 303 Seiten; 16,99 Euro
Hörbuch der Woche
Lauren Graham
Lieber jetzt, als irgendwann
Franny Banks ist chaotisch, witzig, charmant und klug – eigentlich müsste sie alle ihre Ziele erreichen können: Schauspielerin werden, den Durchbruch schaffen, einen Mann fürs Leben finden. Für den Notfall hat sie trotzdem einen Plan B: ihren langjährigen Freund Clark heiraten, Englisch-Lehrerin werden, in einen Vorort ziehen. Doch so langsam wird es zeitlich eng. Beruf, in dem man Geld verdient, und Traum, die Schauspielerei, bei der man erstmal kein Geld verdient, unter einen Hut zu bringen, stellt Fanny auch immer mehr vor Schwierigkeiten. Als sich dann auch noch herausstellt, dass sogar Plan B geplatzt ist, muss Franny umdisponieren.
Lauren Graham spielte die Lorelai Gilmore in der Kultserie „Gilmore Girls“. Warmherzig und einfach schön ist die Serie. In Teilen kommt auch der erste Roman der Hollywood-Schauspielerin so daher. „Lieber jetzt, als irgendwann“ zeigt auf amüsante Weise, wie steinig der Weg zu einer Schauspielkarriere ist. Wenn es denn dann am Ende überhaupt zu einer Karriere reicht. Lauren Graham weiß wovon sie schreibt, da sie dieses System ja kennt und sicher selbst ähnlich durchlaufen hat. Sie hat mit Fanny eine echt witzige Figur erschaffen. Auch die Dialoge beherrscht Lauren Graham. Als es in einem Dialog auf zu schlanke Frauen zu sprechen kommt, und das diese krank aussehen, sagt Fanny: „Ich will gesund sein, aber krank aussehen.“ Nur einer von zahlreichen Gags die zünden. Das Hörbuch wird von der der deutschen Stimme von Lauren Graham, Melanie Pukaß, voller Esprit und Leichtigkeit gelesen. Ein Hörbuch, das großen Spaß macht!
Auch als Taschenbuch erhältlich Fischer, 9,99 Euro.
Audio Media, 5 CDs, 378 Minuten, 14,99 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne 13.04.2015 – Nr. 347
Lucinda Riley
Die sieben Schwestern
Maia ist die älteste von sechs Schwestern, die alle von ihrem Vater, Pa Salt, adoptiert wurden, als sie sehr klein waren. Sie lebt als Einzige noch auf dem Anwesen ihres Vaters am Genfer See. Ihre Schwestern sind mittlerweile auf der Welt verstreut. Maia wollte die vertraute Umgebung nicht verlassen, doch das ändert sich, als ihr Vater stirbt und ihr einen Umschlag hinterlässt – und sie plötzlich den Schlüssel zu ihrer bisher unbekannten Vorgeschichte in Händen hält: Sie wurde in Rio de Janeiro in einer alten Villa geboren, deren Adresse noch heute existiert. Maia fasst den Entschluss, nach Rio zu fliegen, und an der Seite von Floriano Quintelas, eines befreundeten Schriftstellers, beginnt sie, das Rätsel ihrer Herkunft zu ergründen.
Die geheimnisvolle Sieben-Schwestern-Reihe ist eines mit Sicherheit: genial! „Die sieben Schwestern“ – eine absolut faszinierende Geschichte! Sie nimmt einen sofort mit auf eine unglaubliche Reise in das Leben der Schwestern. Genauer in das Leben von Maia, der ersten der sechs Schwestern. Man erfährt von allen sechs etwas, aber dies hier ist Maias Geschichte. „Die sieben Schwestern“ besticht durch ihre fesselnde Geschichte. Lucinda Riley legt zahlreiche Spuren, denen der Leser gemeinsam mit Maia folgt. Und da erwarten einen viele Überraschungen. Bei der Sieben-Schwestern-Reihe ist jeder Band in sich abgeschlossen und der eine Roman baut auf den nächsten auf. Nach Maia folgt im nächsten Band Ally mit ihrer Geschichte. Und über allen Roman trägt das Geheimnis über Pa Salt selbst, und warum er genau diese sechs Mädchen adoptiert hat.Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Das Sprecher-Trio Simone Kabst, Oliver Siebeck und Sinja Dieks liefern passend zum Roman eine faszinierend gute Lesung ab. 19,99 Euro.
Goldmann, 538 Seiten; 19,99 Euro
David Baldacci
Am Limit
Die kompliziertesten Fälle vertraut das US-Militär stets seinem profiliertesten Spezialermittler an, John Puller. Doch diesmal ist Puller persönlich betroffen: Seine Tante, die in Paradise, Florida, lebt, schreibt in einem Brief, dass hinter der sauberen Fassade ihres Heimatortes Schreckliches geschieht. Puller reist sofort an, um Näheres zu erfahren – und findet seine Tante tot auf. Die Polizei geht von einem tragischen Unfall aus, Puller aber ist überzeugt davon, dass seine Tante gewaltsam zum Schweigen gebracht wurde. Er beginnt in Paradise zu ermitteln und findet bald Hinweise auf ein gewaltiges Verbrechen.
David Baldacci gehört zu den weltweit besten und erfolgreichsten Thrillerautoren, und das seit über zwei Jahrzehnten! Aber auch ein Bestellerautor seines Kalibers kann auch mal am Ziel vorbeischießen. Das ist mit seinem neuen Thriller geschehen. „Am Limit“ ist eine Story, die sich zäh entwickelt und mit seinen über 550 Seiten für die Thematik, so wie sie Baldacci beschreibt, viel zu lang ist. Es hätten auch 200 Seiten weniger getan, um da gleich erzählen zu können. Auch die Figuren haben mich nicht mitgenommen. Man verfolgt ihr Tun eher distanziert. Ans Limit geht David Baldacci mit diesem Thriller nicht. Eher macht er immer zu früh schlapp.
Heyne, 556 Seiten; 19,99 Euro
Lars Kepler
Ich jage dich
Eine Reihe von grausamen Morden geschehen in Stockholm. Und die Kriminalpolizei kann nur zusehen. Der Killer filmt Frauen, abends durch das erleuchtete Fenster, und stellt den voyeuristischen Clip auf YouTube. Und dann ermordet er die Frauen. Die Kriminalpolizei versucht trotzdem alles, um einen nächsten Mord zu verhindern. Doch es fehlen Anhaltspunkte. Wie wählt der Mörder die Frauen aus? Der Ehemann des zweiten Mordopfers findet seine tote Frau und ist dann traumatisiert. Hat er etwas Wichtiges gesehen? Die schwangere Ermittlerin Margot Silverman bittet den Psychologen Erik Maria Bark um Hilfe. Und dann kommt auch noch Joona Linna ins Spiel.
Es ist der fünfte Band aus der Joona-Linna-Reihe. Wobei Joona Linna, nach dem dramatischen Vorgängerband „Der Sandmann“ hier erst auf Seite 117 seinen ersten Auftritt hat. „Ich jage dich“ bietet mehr als 130 Kapitel lang rasende Spannung! Für einen Krimi hält Lars Kepler, das Pseudonym des schwedischen Ehepaars Ahndoril, das Tempo bemerkenswert hoch. Und das bei einem Krimi von fast 700 Seiten. Die Figuren entwickeln sich prächtig, sie geben der Geschichte viel Tiefe, und sorgen mit ihren eigenen Geschichten für zusätzliche Spannung. Ein unglaublich guter Schweden-Krimi, der dann doch eigentlich ein rasender Thriller ist. Es gibt kein Kapitel, das langweilig ist. Und auf den letzen 80 Seiten zieht die Spannung dann nochmals an. „Ich jage dich“ – ein Thriller-Volltreffer!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Wolfram Koch lässt die rasante Spannung auch im Hörbuch lebendig werden. 19,99 Euro.
Lübbe, 687 Seiten; 19,99 Euro
Ursula Poznanski
Stimmen
Die Psychiatriestation des Klinikums Salzburg-Nord ist auf besonders schwere Fälle spezialisiert. Als dort einer der Ärzte ermordet wird, müssen das Ermittlerteam Kaspary und Weninger versuchen, Informationen aus den Patienten, schwer traumatisierte Menschen, herauszulocken. Das ist gar nicht einfach. Und dann wird ein weiterer Toter gefunden …
„Stimmen“ ist nach „Fünf“ und „Blinde Vögel“ der dritte Fall für das Ermittlerduo Beatrice Kaspary und Florin Wenninger. Ursula Poznanski hat auch mit „Stimmen“ einen Volltreffer gelandet. Tolles Ermittlerduo, spannende Handlung, interessantes Umfeld. Ein Thriller, der einem noch lange im Kopf herumspukt!
Wunderlich, 440 Seiten; 14,95 Euro
Bernhard Hennen
Drachenelfen – Die letzten Eiskrieger
Der Friedenspakt zwischen Elfen und Menschen, Drachen und Devanthar ist zu Asche geworden. Jeder will nun den ersten Schlag im Kampf um das magische Nangog führen. Der Herrscher Aaron scharrt Krieger aus allen Menschenreichen um sich. Aus dem fernen Albenmark macht sich eine kleine Gruppe nach Nangog auf. Die Drachenelfe Bidayn spinnt eine Intrige, und vier Zwerge marschieren mit einer ganz eigenen Mission in das ewige Eis.
Die „Drachenelfen“-Saga ist ein Fantasy-Großereignis! Das schrieb ich schon vor Jahren, es trifft immer noch zu. Bernhard Hennen hat hier eine Welt erschaffen, die man nicht mehr verlassen möchte. Ein großer Vorteil, seine „Drachenelfen“-Bücher haben immer viel Lesestoff zu bieten. So ist man lange gefangen, in Bernhard Hennens Welt und seiner Fantasie, die er hier auslebt.
Heyne, 841 Seiten; 17,99 Euro
Hörbuch der Woche
Andreas Föhr
Wolfsschlucht
Kommissar Clemens Wallner ermittelt in zwei mysteriösen Fällen: Ein Bestattungsunternehmer versinkt mitsamt seinem Leichenwagen in der Mangfall, während gleichzeitig eine junge Frau verschwindet. Ihr Wagen wird kurz darauf im Gebirge gefunden – aufgespießt von einem Maibaum. Im Lauf der Ermittlungen stellt sich heraus, dass beide Ereignisse auf eigenartige Weise zusammenhängen – und dass bei beiden Wallners Kollege Leonhardt Kreuthner seine Finger im Spiel hat, dem diesmal ein genialer Plan für einen Maibaumklau aus dem Ruder gelaufen ist.
Der neue Fall für den Kult-Kommissar Clemens Wallner. Andreas Föhr hat einen verzwickten und gut konstruierten Kriminalfall aufs Papier gezaubert! „Wolfsschlucht“ gehört zu den besten Krimis der Reihe. Man folgt dem Tun von Wallner und seinen Kollegen mit großer Freude. In einem Teil der Geschichte übertreibt es Andreas Föhr dann allerdings. Dass das wirklich geschieht, dafür stehen die Möglichkeiten 1 : 10.000.000. Sie werden es selbst erkennen. Michael Schwarzmaier macht aus „Wolfsschlucht“ ein Theaterstück. Es reicht weit über normale Lesungen hinaus. Mit seinem bayerischen Dialekt gibt er zahlreichen Figuren ein prägendes Gesicht. Michael Schwarzmaier liest witzig und trotzdem ausgewogen.
Auch als Paperback erhältlich bei Knaur, 14,99 Euro
Argon Hörbuch, 6 CDs, 440 Minuten; 19,95 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 20.04.2015 – Nr. 348
Andreas Gruber
Todesurteil
In Wien verschwindet die zehnjährige Clara. Ein Jahr später taucht sie völlig verstört am nahen Waldrand wieder auf. Ihr gesamter Rücken ist mit Motiven aus Dantes „Inferno“ tätowiert. Die Staatsanwältin Melanie Dietz ermittelt in dem Fall. Indessen nimmt der niederländische Profiler Maarten S. Sneijder an der Akademie des BKA für hochbegabten Nachwuchs mit seinen Studenten ungelöste Mordfälle durch. Seine beste Schülerin Sabine Nemez entdeckt einen Zusammenhang zwischen mehreren Fällen – aber das Werk des raffinierten Killers ist noch lange nicht beendet. Seine Spur führt nach Wien – wo Clara die einzige ist, die den Mörder je zu Gesicht bekommen hat.
Der Österreicher Andreas Gruber schreibt nicht nur überaus spannende Thriller, sondern er hat zwei kantige, gegensätzliche und einprägsame Hauptfiguren entworfen: Maarten S. Sneijder und Sabine Nemez. Nach seinen drei Bestsellern, zuletzt „Rachesommer“ liegt nun der neueste Fall mit „Todesurteil“ vor. Extrem spannende, kluge und überraschende Thriller-Literatur! Es geht Schlag auf Schlag. Der Roman ist in zwei Erzählstränge aufgebaut. Der eine geht den Ermittlungen von Sabine und Sneijder in Wiesbaden nach, der andere folgt der Wiener Staatsanwältin Melanie Dietz und ihren Ermittlungen. Auch alle Nebenfiguren überzeugen wie die Hauptfiguren. Das gehört in der Thriller-Literatur nicht zur Normalität. Andreas Gruber war mal ein Geheimtipp, doch nun hat er endgültig alles dafür getan, dass kein Thriller-Leser mehr an ihm vorbeikommt.Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Achim Buch liest geradlinig und schnörkellos. 14,99 Euro.
Goldmann, 573 Seiten; 9,99 Euro
Franz-Leo Westhoff
Champagner für Cremer
In einem Wald bei Augsburg findet ein Jogger frühmorgens eine Leiche. Frank Seiler, Chef der Firma Digitech, war intelligent, ehrgeizig, ein Mann mit Visionen, dazu reich und attraktiv: eine Kombination, mit der man sich leicht Neider und Feinde macht. Die Spurenlage ist äußerst dürftig, und so muss Hauptkommissar Alfons Cremer tief im privaten und beruflichen Umfeld des Toten graben. Dieser Mordfall führt Cremer schließlich bis nach Marokko, und hier erfährt Cremer, dass die Firma Digitech Dreck am Stecken hat.
Franz-Leo Westhoff, der im IT-Bereich tätig ist, legt mit „Champagner für Cremer“ sein Krimidebüt vor. Ein Kriminalroman, der nur mäßig spannend und schlecht strukturiert ist. Wenn dann mal spannende Szenen kommen, werden die zu schnell abgehandelt, dagegen werden unnütze Dinge zu ausführlich beschrieben. Auch die Figuren haben nicht so viel Herz, wie man sich das wünscht. Die Hauptfigur Alfons Cremer ist mir nie so recht nahe gekommen. Zu wenig erfährt man von ihm, was einem Cremer als Figur anziehend macht, auch bei den Nebenfiguren ist das so. Positiv ist dann das letzte Drittel des Romans. Hier zieht die Story dann etwas an..
dtv, 271 Seiten; 9,95 Euro
Leif GW Persson
Der glückliche Lügner
Evert Bäckström, klein, dick und primitiv, ist als Kommissar bei der schwedischen Polizei tätig. Er ist der Mann für die schmutzigen Fälle: Mord, bewaffneter Raubüberfall und so weiter. Am wenigsten scheut er dabei, sich selbst die Hände schmutzig zu machen. Als in Stockholm der bekannte Rechtsanwalt Thomas Eriksson tot in seinem Haus gefunden wird, ist Bäckström sofort zur Stelle. Offenbar veräußerte Eriksson kurz zuvor eine wertvolle Kunstsammlung bei Sotheby’s, darunter eine russische Spieluhr in Gestalt des Pinocchio, der bei Betrieb die diamantenbesetzte Nase ausfährt. Wer war der Auftraggeber? Und wer wollte Eriksson tot sehen?
Evert Bäckström ist in Schweden Kult. Bei uns hat er es noch nicht so weit gebracht. Schade, denn die Figur des Evert Bäckström findet man in der Kriminalliteratur so kein zweites Mal. Ein wahrlich unverwechselbarer derber und ehrlicher Charakter! „Der glückliche Lügner“ ist nach „Mörderische Idylle“ und „Sühne“ nun das dritte Buch der Bäckström-Serie. Spannend und komplex ist das Buch soundso, aber viel mehr kommt es auf die vielen Zwischensätze an. Denn der Bestsellerautor Leif GW Persson schreibt so begeisternd, dass man jeden Satz mit Genuss liest. Man folgt Bäckström und seinen Gedankengängen gerne, so gerne, wie man einen edlen Wein genießt. Auch wenn Bäckström selbst von einem edlen Wein so weit entfernt ist wie die Sahara von der Arktis.
btb, 654 Seiten; 19,99 Euro
Henning Köhler
Helmut Kohl – Ein Leben für die Politik
Helmut Kohl – der Kanzler der deutschen Einheit. Doch darüber hinaus hat Kohl noch viel mehr bewirkt. Er half eine Wirtschaftskrise zu überwinden, setzte unbequeme Themen durch, half das gemeinsame Europa auf den Weg zu bringen und er blieb seiner Linie treu. Doch er wurde auch von vielen Seiten angefeindet. Diese Biografie beleuchtet dies und noch viel mehr.
Eine höchst interessante und erhellende Biografie des großen deutschen Politikers! Henning Köhler hat ein Werk geschaffen, das der Person Helmut Kohl gerecht wird. Die positiven wie auch die Schattenseiten ausgewogen beleuchtet. Es ist gegliedert in folgende Jahrgänge: 1945 – 1958, 1959 – 1969, 1962 – 1972, 1973 – 1982, 1982 – 1990, 1990 – 1998. Hier wird den Jahren 1982 – 1990 am meisten Raum gegeben.
Quadriga, 1001 Seiten; 32,00 Euro
Norbert Rosing / Andrea Walter
Deutschlands Küsten und Inseln
Ein Buch, das einem die Naturwunder an Nordsee und Ostsee näher bringt. Kegelrobben, Seehunde, Kraniche, viele Tiere haben dort ihre Heimat. Wie so viele Menschen auf den Inseln in der Nordsee, auf den Halligen. Dann die Ostsee und mit einer ganz andere Seite, wie die Schwester. Und trotzdem verbindet die beiden viel. Es sind einzigartige Naturwunder.
Ein beeindruckender Bildband über beeindruckende Landschaften! Deutschland hat viele schöne Flecken zu bieten, Nordsee und Ostsee gehören sicher dazu. Zu den vielen echten Highlight-Fotos erfährt man auch noch so manch kleines Geheimnis von den Küsten. Man bekommt Sehnsucht und möchte gleich selbst dorthin reisen.
National Geographic, 220 Seiten; 39,99 Euro
Hörbuch der Woche
Ian McEwan
Kindeswohl
Familienrecht ist das Spezialgebiet der Richterin Fiona Maye am High Court in London: Scheidungen, Sorgerecht, Fragen des Kindeswohls. In ihrer eigenen Ehe ist sie seit über dreißig Jahren glücklich. Dann sagt ihr Mann plötzlich, dass er Leidenschaft in ihrer Ehe vermisst und diese sich nun bei einer Jüngeren sucht. Er möchte aber ganz normal mit ihr zusammenbleiben, da er sie, seine Ehefrau, ja liebt. Und zur gleichen Zeit wird ihr ein dringlicher Gerichtsfall vorgelegt, in dem es um den Widerstreit zwischen Religion und Medizin und um Leben und Tod eines 17-jährigen Jungen geht.
Eine Geschichte die zeigt, wie man im Beruf eine starke Frau sein muss, und wie sich im Privatleben die Unwägbarkeiten des Lebens und der Liebe nicht mit einem Richterspruch beseitigen lassen. Das zeigt auch eine Aussage von Fiona, dass sie sich im Bett wie ein kleines Mädchen fühlte, an der Seite ihres Mannes, doch nach dem Verlassen des Betts muss sie die starke Frau, die Richterin sein, die klare Urteile spricht. Doch was ist klar, viele Urteile bringen sie in einen Zwist. So auch der Fall, der den Hauptteil der Geschichte ausmacht. Ian McEwan hat einen dramatischen und gesellschaftlich aufwühlenden Roman geschrieben. „Kindeswohl“ ist eine Lektüre, über die man noch länger nachdenkt. Wenn Eva Mattes ein Hörbuch liest, weiß man was man bekommt: Große Klasse! So ist es auch mit „Kindeswohl“. Eva Mattes spricht voller Klarheit und Hingabe.
Auch als Hardcover erhältlich bei Diogenes, 21,90 Euro.
Diogenes Hörbuch, 5 CDs, 377 Minuten; 24,90 Euro
Denglers-buchkritik.de
Kolumne vom 27.04.2015 – Nr. 349
Claire Kendal
Du bist mein Tod
Rafe ist ein Mann, der Clarissa die Welt zu Füßen legen will. Doch für Clarissa ist es ein Alptraum. Denn sie will seine Geschenke, seine Blumen, seine Nähe nicht. Nirgends ist sie mehr sicher. Er lauert ihr auf, Tag und Nacht. Aber keiner erkennt die Gefahr. Für alle sieht es aus wie die große Liebe. Die Polizei kann nichts unternehmen, solange Rafe sie nicht verletzt hat. Die psychischen Verletzungen zählen nicht. Was sie auch macht, sie kann sich nicht wehren, er kommt ihr näher und näher. Dann erfährt sie, dass seine Exfreundin seit Jahren vermisst wird. Clarissa fürchtet um ihr Leben. Zu recht.
Ein beängstigender Thriller, der einem die Hilflosigkeit zeigt, wenn man gestalkt wird! Claire Kendal baut die Spannung langsam, aber stetig auf. Sie lässt Clarissa viel Zeit für ihre Angst, die auf den Leser übergeht. Man leidet mit Clarissa mit, und denkt nahezu in jeder Situation, was würde man selbst tun? In einer zweiten Geschichte im Roman wird Clarissas Weg als Geschworene erzählt. Hier geht es um den Fall einer Vergewaltigung und das berührt Clarissa zusätzlich. „Du bist mein Tod“ ist ein Thriller, der leise in die Psyche der Leser schleicht. Und da bleibt er dann erstmal.Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Schauspielerin Vera Teltz lässt einen den Nervenkitzel hören. 19,99 Euro.
List, 360 Seiten; 14,99 Euro
Belinda Bauer
Mädchenbeute
Die zehnjährige Ruby lebt mit ihren Eltern in Limeburn, einem beschaulichen Ort an der Küste von Devonshire. Dann werden zwei junge Frauen kurz hintereinander überfallen. Der Unbekannte zwingt sie, sich auszuziehen und ihre Mütter anzurufen, um Lebewohl zu sagen. Bald schon folgt das erste Todesopfer – doch die Polizei tappt im Dunkeln. Rubys Vater beschließt, auf eigene Faust für Ordnung zu sorgen. Für Ruby klingt es wie ein großes Abenteuer: Sie darf ihn begleiten auf seiner Mörderjagd. Doch was, wenn der Killer schneller ist?
Eigentlich eine gute Idee, die die Britin Belinda Bauer für „Mädchenbeute“ hatte. Sie lässt einerseits die 10-Jährige Ruby mit ihrer kindlichen Naivität erzählen, anderseits kommt der harte Thriller zur Geltung. Zu Anfang wirkt dieser Mix noch sehr anziehend, aber schon bald verplappert sich Belinda Bauer mit Ruby und auch der andere Erzählstrang verfügt nur über ein gewisses Maß an Spannung. Und so köchelt der „Psychothriller“ auf Sparflamme vor sich hin, ohne den großen Anfangsschwung noch einmal zurückzuerhalten.
Manhattan, 381 Seiten; 14,99 Euro
Petros Markaris
Zurück auf Start
Der Deutschgrieche Andreas Makridis wird erhängt in seiner Athener Wohnung aufgefunden. Kurz darauf behauptet ein Schreiben von „Die Griechen der fünfziger Jahre“, es handle sich um Mord. Kann man das Schreiben ernst nehmen? Weitere Tote folgen. Wer verbirgt sich hinter dieser ominösen Gruppierung? Verrückte Leute, die eine Rückbesinnung auf die Werte von damals fordern? Kommissar Charitos ermittelt quer durch die Stadt, die von Tag zu Tag gefährlicher wird. Dort wo der labile soziale Frieden von radikalen Splittergruppen gefährdet wird, nicht zuletzt auch von der „Goldenen Morgenröte“.
Petros Markaris legt erneut die Finger in die Wunde der griechischen Gesellschaft. „Zurück auf Start“ ist nicht nur ein Kriminalroman, sondern auch eine politische und gesellschaftliche Analyse Griechenlands in Zeiten der großen Krise. Der Kriminalfall verläuft etwas konfus, hat aber trotzdem seine Spannungsmomente. Zudem überzeugt Markaris erneut mit seinem Personal. Auch zeigt der Grieche Markaris wieder das angespannte Verhältnis zwischen Griechenland und Deutschland auf. Er sagt aber auch: „… jetzt begreife ich, wie sich die deutsche von der griechischen Arbeitsmoral unterscheidet. Die Deutschen haben eine Liebesbeziehung zu ihrer Arbeit. Für die Griechen hingegen ist sie ein Fluch“. Das sitzt.
Diogenes, 356 Seiten; 23,90 Euro
Eva Almstädt
Ostseefeuer
Der Pastor eines Dorfs wird tot in der Sakristei aufgefunden. Kommissarin Pia Korittki und ihr Team vom K1 in Lübeck übernehmen den Fall. Der Pastor hatte anscheinend keine Feinde. Erst als ein zweiter Mord geschieht, beginnen die Fassaden zu bröckeln.
„Ostseefeuer“ ist der zehnte Fall für Kommissarin Pia Korittki. Wie Klaus-Peter Wolf ist auch Eva Almstädt mittlerweile zu einer festen Instanz für Krimis geworden, die an Ost- und Nordsee spielen. Ihre Fangemeinde wächst mit jedem neuen Buch. Und auch mit dem neuen Fall „Ostseefeuer“ wird das wieder so sein. Das Gleichgewicht zwischen spannendem Fall und Privatleben der Akteure, vor allem Pia Korittki, stimmt.
Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Eva Almstädts Stammvorleserin Anne Moll interpretiert auch den neuen Fall wieder prima. 12,99 Euro.
Bastei Lübbe, 381 Seiten; 9,99 Euro
Bart Smith / Karen Berger
Wandern in den USA
Der Foto- und Textband beschäftigt sich mit den legendären Hiking Trails. Wanderträume werden wahr: Pfade, die sich durch uralte Wälder, steile Canyons und weites Grasland schlängeln, vorbei an Wasserfällen und klaren Seen. Dieses Buch zeigt die legendären Wege wie den Appalachian Trail oder den vielfältigen Pacific Crest Trail. Tausende Kilometer Fernwanderwege.
Wer sich bisher nicht fürs Wandern begeistern konnte, der wird nach diesem Buch sofort die Wanderstiefel schnüren wollen, um loszulaufen. Das einzige Problem ist, dass die Strecken in den USA sind. Aber da hilft dieses Buch über die Sehnsucht hinweg. Die Fotos sind atemberaubend schön, die ausführlichen Texte verraten viel Wissenswertes und zahlreiche Geheimnisse. Man „läuft“ die Wege so aus der Ferne mit. Mit großer Begeisterung!
National Geographic, 336 Seiten; 34,99 Euro
Hörbuch der Woche
Heino
Mein Weg
Als Heino 2013 sein Rock-Album „Mit freundlichen Grüssen“ veröffentlichte, eroberte die Platte über Nacht die Spitze der Charts. Plötzlich hörten ihn nicht nur Fans klassischer Volksmusik, sondern auch junge Menschen. Und alle fragten sich: Wie ist dieser Imagewandel zu erklären? In seinem Buch blickt er nun zurück auf sein turbulentes Leben. Dabei wird deutlich: Heino ist schon immer modern gewesen. Egal, ob als alleinerziehender Vater, als Volkssänger, der eine Prinzessin heiratet, oder als Oldie, der Popsongs covert – Heino ist traditionell und aufgeschlossen, herzlich und cool.
Das Hörbuch zu Heinos Autobiographie ist frisch und lebendig! Das liegt auch daran, dass das Buch nicht einfach von ihm vorgelesen wird, sondern Max Schautzer Heino über sein Leben befragt. Und so entsteht eine lockere und offene Atmosphäre. Man erfährt u. a. von den Anfängen von Heino, wie er in der Backstube probte, sich dann als Zeitschriftenverkäufer die Abos ersang, von der Überraschung seines ersten großen Hits, von seinen zahlreichen Frauen, von den ganzen Menschen, die ihm während seiner Karriere begegnet sind, von den zahlreichen privaten Schicksalsschlägen und wie er eigentlich alles was er machte, zu Gold wurde. Auch seine Frau Hannelore kommt zu Wort. Sie erzählt das Kennenlernen der beiden – mit viel österreichischem Charme. Wer es vorher nicht wusste, nach diesem Hörbuch weiß er es – Heino ist ein musikalischer Tausendsassa. Von der Volksmusik zum Rap, von der Kirchenmusik zum Rock, Heino hat alles drauf. Das alles wird abgerundet mit den Hits wie z. B. „Jenseits des Tals“, „Enzian Rap“, „True Love“, „Blauer Enzian“, die zwischen den Lebensstationen von Heino auf dem Hörbuch enthalten sind.
Auch als Hardcover erhältlich bei Lübbe, 19,99 Euro.
Lübbe Audio, 4 CDs, 256 Minuten; 16,99 Euro
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