November 11, 2024

Kolumne 03.03.2014

Kolumne vom 03.03.2014


Norbert Leitholddaumen rauf

Herrliche Zeiten

Herrliche Zeiten

Am Vorabend des Zweiten Weltkriegs: Der Berliner Fabrikant Hermann Kypscholl wähnt sich auf der Seite der Gewinner, seiner Familie fehlt es an nichts, und er gibt Feiern mit illustren Gästen in seiner Villa am Wannsee. Tochter Anna steht vor einer Karriere als Rassenforscherin; Sohn Otto, der eigentlich Maler werden will, wird von seinem Vater in die Wehrmacht gezwungen und fischt in Europa Kunstwerke für Nazigrößen ab. Doch nach 1945 ist nichts mehr, wie es war: Anna wird vermisst, Otto sitzt im Kriegsverbrechergefängnis, und die Teilung Deutschlands schlägt eine Schneise in die Familie. Erst in den 1960er Jahren finden Annas Tochter und Ottos Sohn zusammen, aber beide leiden unter den Wunden, die der Krieg gerissen hat.

Ein spannendes und sprachlich versiertes Stück deutscher Geschichte! „Herrliche Zeiten“ verspricht auch eine herrliche Lesezeit, denn der Roman ist abwechslungsreich und spannungsgeladen. Gesellschaft, Krieg, Liebe, Drama, große Geschichte – „Herrliche Zeiten“ bietet das alles. Es erzählt vom Vorabend des Krieges, vom Kunstraub der Nazis, über die grausame Forschung nach dem „reinen“ Deutschen, nach Ende des Krieges über die Aufarbeitung der Verbrechen, und wie die Kinder der Kriegsüberlenden mit dem Erbe ihrer Eltern umgehen. Ein Roman, den man so schnell nicht vergessen wird!

DVA, 532 Seiten; 22,99 Euro


Kate Mossedaumen runter

Die Frauen von Carcassonne

Die Frauen von Carcassonne

Carcassonne 1942: Jeden Tag spürt die junge Sandrine die Einschränkungen durch den Krieg, doch ihre Lebensfreude lässt sie sich dadurch nicht nehmen. Selbst als sie überfallen wird, versteht sie die angstvolle Aufregung ihrer Freunde nicht: Bevor ihr Schlimmeres passieren kann, kommt ihr der junge Raoul zu Hilfe. Erst als sie erfährt, dass die anderen längst im Widerstand kämpfen, auch Raoul, begreift Sandrine die Gefahr, in der sie schweben. Und im Jahr 342 geht es um einen Codex, der dann im Jahr 1942 und weiter während des Krieges eine Rolle spielen wird.

Kate Mosse hat mit „Das verlorene Labyrinth“ einen großen Bestseller gelandet, der auch verfilmt wurde. Nun ist ihr neuer Roman „Die Frauen von Carcassonne“ erschienen. Ich war sehr gespannt und habe mir von der Geschichte eine Mischung aus Ken Folletts „Die Leopardin“ und Lucinda Rileys „Der Lavendelgarten“ versprochen. Leider wurde ich enttäuscht. Die Zeit während des 2. Weltkriegs sind die Stärken des Romans. Das ist oft spannend geschildert und die Figuren bewegend, aber die Sprünge in die Vergangenheit ins Jahr 342 und darüber hinaus stören den Lesefluss und sind träge. Im Ganzen ist aber auch zu sagen, dass es nicht 872 Seiten gebraucht hätte, um die Geschichte schön zu erzählen. 300 Seiten weniger und die Geschichte hätte kaum etwas von ihrem Kern verloren.

Droemer, 875 Seiten; 22,99 Euro


Taylor Stevensdaumen rauf

Mission Munroe – Die Geisel

Mission Munroe Die Geisell

Die Wohnung von Vanessa Michael Munroes bestem Freund Logan ist verwüstet und von ihm selbst fehlt jede Spur. Bald darauf wird Munroe selbst am helllichten Tag in Dallas überwältigt und entführt. In der Gewalt des Mädchenhändlerrings eines Mannes, der sich nur der „Puppenmacher“ nennt, stellt man sie vor eine schreckliche Wahl: der Organisation eine entlaufene junge Frau wiederzubringen oder Logan qualvoll sterben zu sehen. Doch der mächtige „Puppenmacher“ kann nicht ahnen, wozu seine Geisel fähig ist, wenn man das bedroht, was sie liebt.

Schnell. Spannend. Eiskalt. Taylor Stevens. Mission Munroe ist eine Thriller-Reihe, die ihresgleichen sucht. Taylor Stevens hat mit Vanessa Michael Munroe eine Heldin erschaffen, die es in der Literatur bisher so nicht gab. Alleine deswegen ist Taylor Stevens schon eine Autorin, der man gratulieren muss. „Die Geisel“ ist nach „Die Touristin“ und „Die Sekte“ der dritte Thriller der Reihe. Und wieder muss man sich anschnallen. Eine Story, die einen in den Lesesessel drückt. Taylor Stevens präsentiert mit Vanessa Munroe das weibliche Pondon zu Lee Childs Jack Reacher und Bryan Mills, dem Held aus den Kino-Blockbustern „96 Hours“.

Goldmann, 557 Seiten; 9,99 Euro


Ingrid Nolldaumen rauf

Hab und Gier

Diogenes Noll Hab und Gier

Bibliothekarin Karla will endlich das Rentnerdasein genießen und gibt mit 60 ihren Job auf. Dann bekommt sie ein Angebot von dem todkranken Witwer Wolfram. Pflegt sie ihn bis zum Tod, bekommt sie die Hälfte seines Vermögens. Bringt sie ihn um, bekommt sie das ganze Vermögen. Die Ruhe der Rentnerin ist vorbei.

Ein bitterböser Roman! Aber im besten Sinne. Ingrid Noll zeigt, dass sie mit diesem Roman als deutsche Agatha Christie eine feinde Feder führt. „Hab und Gier“, der Titel passt perfekt. Denn diese Geschichte offenbart die dunklen Wesenszüge des Menschen, wenn es plötzlich um viel Geld geht. Egal wie alt man ist.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Diogenes Hörbuch. Uta Hallant liest stilvoll und mit viel Präsenz. 19,90 Euro.

Diogenes, 256 Seiten; 21,90 Euro


Yrsa Sigurðardóttirdaumen rauf

Seelen im Eis

Sehlen aus eis

Óðinn untersucht den mysteriösen Tod zweier Jungen in einem Erziehungsheim. Je tiefer er gräbt, umso mehr gibt es Parallelen zu seinem Leben. Hat der viel zu frühe Tod seiner Frau etwas damit zu tun? Während er noch nach Antworten sucht, scheint etwas Bedrohliches immer näher zu kommen…

Dank Arnaldur Indridason und Yrsa Sigurðardóttir ist Island zu einer literarischen Krimimacht geworden! „Seelen im Eis“ ist der achte Kriminalroman der Isländerin und wieder ein Buch, das einen packt und schüttelt. Ein Island-Krimi, wie man sich ihn wünscht.

Fischer, 368 Seiten; 9,99 Euro


Hörbuch der Woche

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Arnaldur Indriðason

Duell

Duell

Reykjavík 1972. Der russische Schachweltmeister Boris Spasski tritt mitten im Kalten Krieg gegen seinen amerikanischen Herausforderer Bobby Fischer an. In der aufgeheizten Stimmung wird ein Jugendlicher in einem Reykjavíker Kino getötet. Warum ermordet jemand einen Fünfzehnjährigen? Der Junge wollte doch nur die Tonspur eines Films aufnehmen. Hat er dabei auch etwas anders aufgenommen, was ihm das Leben gekostet hat? Die Leitung der Ermittlung in diesem Fall, der nicht nur am Rande auch das Geschehen auf dem Schachbrett berührt, liegt in den Händen von Marian Briem.

Der Isländer Arnaldur Indriðason legt mit „Duell“ einen stilvollen und waschechten Spionage-Krimi vor, der schnell zur Sache kommt und mit seiner Story zu überzeugen weiß. Der Ausflug in die 1970er Jahre ist dabei besonders charmant, auch wenn es sich um einen Krimi handelt. Vor allem ist aber der Kalte Krieg zwischen den USA und der Sowjetunion das Thema des Romans. Arnaldur Indriðason überzeugt mit dem Einstieg seiner neuen Krimi-Reihe! Walter Kreye liest Arnaldur Indridason schon seit einiger Zeit. Der Ex-„Der-Alte“ hat eine herbe und zugleich weiche Stimme.

Auch als Hardcover erhältlich bei Lübbe, 19,99 Euro..

Lübbe Audio, 4 CDs, 302 Minuten; 19,99 Euro


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