März 28, 2024

Kolume 12.10.2020

BuchKolumne 12.10.2020 Nr. 634

Andreas Fahrmeier (Hrsg.) – Deutschland – Globalgeschichte einer Nation
Wladimir Kaminer – Rotkäppchen raucht auf dem Balkon
Peter Prange – Winter der Hoffnung
Michael Stausberg – Die Heilsbringer
Alexander Demandt – Grenzen

Andreas Fahrmeier (Hrsg.) – Deutschland – Globalgeschichte einer Nation

Andreas Fahrmeier Globalgeschichte einer Nation

2000 Jahre Geschichte und Geschichten von Menschen und Mächten, Ereignissen und Erfindungen, Ideen und Kunstwerken – die erste Globalgeschichte Deutschlands. Historikerinnen und Historiker, Publizisten und Kulturwissenschaftlerinnen erzählen darin, welche Einflüsse von Deutschland aus in die Welt hinausgingen und welche aus der Welt auf Deutschland einwirkten: von den Römern in Germanien bis zur Corona-Pandemie, von Maria Sibylla Merian in Suranam bis zu Kurt Masur und dem Fall der Mauer, von der Erfindung des Schießpulvers bis zur Energiewende. So entsteht aus vielen Perspektiven ein anderes Bild unserer Geschichte – eine ganz neue nationale Weltgeschichte.

Erleben Sie die globale Geschichte des Landes in dem Sie leben, so wie Sie es in einem Buch zusammengefasst zuvor noch nie erlebt haben! Es ist eine interessante, wunderbare, oft überraschende und überaus lehrreiche Reise durch Jahrtausende und Jahrhunderte deutscher Geschichte. Einige der Artikel sind: „1700 v. Chr. – Die Himmelsscheibe von Nebra und der Blick zu den Sternen“, „1095 – Der Erste Kreuzzug als Migrationsbewegung“, „1348 – Der ‚Schwarze‘ Tod“, „1454 – Johannes Gutenberg – Der Vater der Massenkommunikation“, „1519 – Die Krönung Karls V. in Aachen“, „1792 – Beethoven erobert die Welt“, „1800 – Alexander und Wilhelm von Humboldt“, „1869 – Neuschwanstein – Ein globales Architekturereignis“, „1910 – 100. Geburtstag des Oktoberfests“, „1918 – Die ‚Spanische Grippe‘“, „1920 – Die Gründung der NSDAP – Hitler und der europäische Faschismus“, „1924 – ‚Golden Twenties‘ – Berlin als internationale Hauptstadt der Lebenslust“, „1933 – Einstein – Der Exodus deutscher Wissenschaftler“, „1940 – Auschwitz – Ein deutsches Konzentrations- und Vernichtungslager“, „1945 – Die Nürnberger Prozesse“, „1949 – Das Grundgesetz – Ein Exportartikel“, „1964 – VW-Käfer in Mexiko gebaut – Mobilität für die Welt“, „1979 – Protest gegen Atomkraft und Atomkrieg“, „1985 – Deutsches Tennis an der Weltspitze“, „1997 – mp3 verbreitet sich illegal im Internet“, „2011 – Energiewende – Von Fukushima zu Wind und Solar“, „2015 – Die Flüchtlingskrise als außenpolitisches Problem“ und „2020 – Ein Virus unterbricht die Globalisierung“.

C. H. Beck, 936 Seiten; 39,95 Euro


Wladimir Kaminer – Rotkäppchen raucht auf dem Balkon

Verstehe einer die Kinder. Oder die Großeltern. Die einen werden erwachsen, kaufen sich Leitz Ordner für Handyverträge und schwören dem billigen Fusel ab, der gestern noch zu jeder Party gehörte. Die anderen haben eine kindliche Freude daran, die Welt neu zu erobern und ihre Grenzen auszuloten. So mancher Jugendliche bleibt hingegen lieber zu Hause, um zwischen Kühlschrank und Computer nach sich selbst zu suchen. In seinen neuen Geschichten beschreibt Familienmensch Wladimir Kaminer das komplizierte Verhältnis der Generationen.

Wladimir Kaminer ist ein kluger und sympathischer Zeitgenosse! Daran gibt es keinen Zweifel. Zweifel habe ich aber schon seit Jahren an seinem literarischen Stand in der Buchlandschaft. Denn Waldimir Kaminer erzählt aus seinem Umfeld, aus seinem Familienleben, von seinen Erfahrungen in Deutschland und Russland, und das nun schon seit Jahren. Einige seiner Geschichten sprühen vor Witz und kurzer Eleganz, aber die meisten sind mit großem Gähn-Faktor versehen. Man liest schnell über sie hinweg und denkt, was habe ich da jetzt überhaupt Substanzielles gelesen? Das alles trifft auch auf sein aktuelles Buch „Rotkäppchen raucht auf dem Balkon“ zu. Wobei einen der Titel noch verführt zum Lesen, aber die Verführung ist dann schnell zu Ende, wenn man erst ein paar der 33 Geschichten, auf weniger als 200 Seiten, gelesen hat.

Wunderraum, 207 Seiten; 20,00 Euro

Peter Prange – Winter der Hoffnung

Deutschland im Hungerwinter 46. Auch Ulla, Tochter eines Fabrikanten, leidet mit ihrer Familie Not. Das baldige Weihnachtsfest erscheint da wie ein Licht in der Finsternis. In dieser Zeit veranstaltet Tommy Weidner, Tanzabende gegen Lebensmittelspenden. Dabei lernt er Ulla kennen. Für ihn ist es Liebe auf den ersten Blick, auch sie ist von seinem Charme verzaubert. Doch hat ihre Liebe eine Zukunft? Alles spricht dagegen. Bis der Firma Wolf die Demontage droht, und Ullas Vater ausgerechnet Tommys Hilfe braucht.

Die Vorgeschichte zum Bestseller und ARD-TV-Erfolg „Unsere wunderbaren Jahre“. Mit diesem Roman schlägt Peter Prange die Brücke von der Kriegs- zur Wirtschaftswunderzeit. Wer die Serie gesehen und das Buch gelesen hat, liest mit großer Spannung den „Winter der Hoffnung“. Man trifft in einer früheren Phase die liebgewonnenen Charaktere aus „Unsere wunderbaren Jahre“. Eine Geschichte, die einen nicht mehr loslässt! Man spürt die Kälte, den Hunger, unter dem die Menschen leiden, man ringt mit ihnen, um diese schwere Zeit zu überstehen, und freut sich über jeden kleinen Hoffnungsschimmer, der sich da auftut. Für Peter Prange waren „Unsere wunderbaren Jahre“ und ist dieses Buch ein großes Herzensprojekt. Da er von seiner Heimat erzählt, in der er aufgewachsen ist. Auch das Geschäft seiner Eltern, Betten-Prange, taucht auf. Einen Roman von Peter Prange zu lesen ist immer ein großes Leseerlebnis!

Scherz, 319 Seiten; 20,00 Euro

Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Mit Frank Arnold findet man sich schnell mit ihm kalten Geschehen wieder. Er bringt die unterschiedlichen Charaktere gut zum Ausdruck. 19,95 Euro.

Michael Stausberg – Die Heilsbringer

Das 20. Jahrhundert war auch in religiöser Hinsicht ein Zeitalter der Extreme. Heilsbringer verkündeten religiöse Neuaufbrüche, die eingespielte Muster überwanden. Leo Tolstoi schuf den Prototyp einer ethischen Universalreligion. Östliche Lehrer verbreiteten im Westen ihre postreligiösen Konzepte von Zen, Yoga oder Achtsamkeit. Für Mahatma Gandhi, Martin Luther King und Bob Marley war Religion der Ausgangspunkt für politische Befreiung, während die Beatles Erlösung durch kosmische Liebe besangen, gab es gewaltbereite Prediger wie Osama bin Laden oder Jim Jones, deren Taten für Entrüstung sorgten.

Ein Werk von großer Wucht! Michael Stausberg vermittelt anhand von 47 prägenden Köpfen, im Guten wie im Bösen, einen umfassenden Blick auf ein Jahrhundert der Religionen – und deren Ablegern – und ihren Heilsbringern. Wer waren sie? Was haben sie bewegt? Welche Spuren haben sie hinterlassen? „Die Heilsbringer“ zeigen es Ihnen. Einige der Köpfe sind: Mary Baker Eddy, Swami Vivekananda, Lew Tolstoi, Pierre de Coubertin, Aleister Crowley, Tirumala Krishnamacharya und B. K. S. Iyengar, Adolf Hitler, Solomon Schechter und Mordechai Kaplan, Anandamyi Ma, C. S. Lewis und J. R. R. Tolkien, Mao Zedong, Carl Sagan und Stanley Kubrick und Steven Spielberg, Mutter Teresa, Benny Hinn und Murray O’Hair, Paulo Coelho und Osama bin Laden.

C. H. Beck, 783 Seiten; 34,00 Euro

Alexander Demandt – Grenzen

Grenzen begleiten die Menschheit von Anbeginn. Schon immer galt es, Stammes- und Eigentumsgrenzen zu markieren. Frühe Hochkulturen kannten sprachliche, kulturelle und ethnische Räume, die es zu schützen galt – das ist bis heute so. Ob die Mythen vom Ursprung und Ende der Welt, die biblischen Zeitgrenzen, Schutzgrenzen wie der römische Limes oder die chinesische Mauer, ob sakrale Grenzen der Tempelbezirke, natürliche Grenzen, markiert durch Flüsse, Gebirge und Meere, koloniale Willkürgrenzen oder jahrhundertelang umstrittene Machtgrenzen wie die deutsch-französische.

Ein Buch, das Grenzen aufzeigt und sie zugleich überschreitet! Alexander Demandts Reise zu den historischen und neuen Grenzen ist spannend, überraschend und lehrreich. Die Hauptkapitel sind: „Grenzen als Grundkategorie (u. a. Raumgrenzen, Zeitgrenzen, Kosmische Grenzen)“, „Der alte Orient (u. a. die Juden, die Perser, China)“, „Die Griechen (u. a. Privat- und Stadtgrenzen, Sakrale Grenzen, Landesgrenzen, Erdteile)“, „Rom (die Reichsgrenzen, die römischen Binnengrenzen)“, Germanen und Mittelalter (frühe Germane, Mitteleuropa)“, „Die Neuzeit (u. a. Gesamteuropa, Osteuropa, Asien, Übersee, Meer- und Luftraum)“ und „Kriegs- und Nachkriegszeit (die Kriegsmächte, die Kriegsfolgen, die Auflösung der Sowjetunion, Paneuropa)“.

Propyläen, 656 Seiten; 28,00 Euro