April 19, 2024

Kolumne vom 29.01.2018

Kolumne vom 29.01.2018 – Nr.493


Stephen King / Owen King

daumen rauf

Sleeping Beauties

Sleeping Beauties

Geht die Welt ihrem Ende entgegen? Sobald Frauen einschlafen, umhüllt sie ein spinnwebartiger Kokon. Wenn man sie weckt oder das unheimliche Gewebe entfernen will, werden sie zu barbarischen Bestien. Die zurückgebliebenen Männer überlassen sich zunehmend ihren primitiven Instinkten. Eine Frau allerdings, die mysteriöse Evie, scheint gegenüber der Pandemie immun zu sein. Ist sie eine genetische Anomalie, die sich zu Versuchszwecken eignet? Oder ist sie ein Dämon, den man vernichten muss? Schauplatz und Brennpunkt ist ein kleines Städtchen in den Appalachen, wo ein Frauengefängnis den größten Arbeitgeber stellt.

Stephen King ist der Chronist des amerikanischen Alltags! In „Sleeping Beauties“ zeigt er das erneut. Der Horror schleicht sich ganz langsam ein. Die Story ist sensationell, was anderes ist man von Stephen King auch nicht gewohnt. Schon nach wenigen Seiten weiß man, dass die 950 Seiten viel zu wenig sein werden. Am Ende angekommen, hat sich genau das bestätigt. In „Sleeping Beauties“ ist jede Seite ein echter Stephen-King-Genuss! Auch wenn sein Sohn Owen King Co-Autor ist. Die Story ist in kurzen Kapiteln gehalten, so dass die Geschichte eine ungeheure Schnelligkeit gewinnt. Trotz der vielen Charaktere, die die Geschichte bevölkern, verliert man als Leser nie den Überblick. Jeder Figur geht schnell ins Leserblut über. Alle Fans, die auch gerne King-Verfilmungen sehen, dürfen sich freuen. Nachdem der erste Teil von „Es“ 700 Millionen Dollar an den Kinokassen eingespielt hat stehen derzeit 25 King-Werke auf den Zetteln der Produzenten. Für einen einzigen Autor ist das Rekord!

Sleeping Beauties mp3

Auch als Hörbuch erhältlich bei Random House Audio. Wie immer eine Glanzleistung von David Nathan! Ungekürzte Lesung, fast 28 Stunden! 28,00 Euro. Hörprobe

Heyne, 959 Seiten; 28,00 Euro


Ildikó von Kürthy

daumen runter

Hilde

Hilde

Nun kann es auch Ildikó von Kürthy von sich sagen: „Ich bin ein Frauchen!“ In ihrem Leben spielen nun biologisch abbaubare Gassibeutel, schmutzabweisende Kleidung und hochwertige Leberwurstkekse tragende Rollen. Das sagt die Autorin: Hilde und ich, wir sind vom Hundefrisör beschimpft worden und waren die Stars in der Selbsthilfegruppe für schüchterne Welpen. Wir haben beim Hunderennen gegen einen Spaniel namens Joe Cocker verloren, sind von einem übergriffigen Mops belästigt worden und mussten uns gegen Rasse-Frauchen wehren, die immer alles besser wissen. „Hilde“ ist mein Tagebuch aus der seltsamen und wunderbaren Welt der Hundefreunde.

Was kommt heraus, wenn eine Bestsellerautorin sich einen Hund kauft und über ihr erstes Jahr mit ihm ein Buch schreibt? Nichts! Nach dem sehr emotionalen Anfang, der ein richtig gutes Mein-Hund-und-ich-Buch erwarten lässt, folgt dann nur noch das, was Frau von Kürthy selbst interessant findet (und denkt, dass das die Leser auch interessant finden müssen), das man durchaus in einem Hundetagebuch aufschreiben kann, aber es auf keinen Fall veröffentlichen sollte. Die sehr von sich überzeugte Frau von Kürthy hat wohl, laut eigenen Angaben, viele Hundebücher gelesen, geht aber dann extrem unwissend an die Hunde(nicht)erziehung heran. Wenn man selbst Hunde hat, schlägt man da die Hände über den Kopf zusammen. Nach und nach bekommt Frau von Kürthy zwar die Kurve, aber das Buch hält sich aber trotzdem weiter auf dem Niveau, He-ich-treff-dich-heute-mal-auf-einen-Kaffee-und-da-erzähle-ich-dir-von-meinem-Hund. Wenn dieses Buch nicht Frau von Kürthy geschrieben hätte, wäre es niemals veröffentlicht worden.

Wunderlich, 317 Seiten; 19,95 Euro


Sinclair Lewis

daumen rauf

Babbitt

BabbittIn seinem ereignislosen, durchschnittlichen Kleinstadtleben hat der Immobilienmakler George F. Babbitt sich recht bequem eingerichtet. Seine drei Kinder sind wohlgeraten, wenn sie auch meist nicht auf ihn hören; mit seiner Frau verbinden ihn liebgewonnene Gewohnheiten. Sein ganzes Streben ist auf gesellschaftliche Anerkennung und wirtschaftlichen Aufstieg gerichtet. Bis ihm eines Tages bewusst wird, dass er all dies so nie gewollt hat, und einen Ausbruchsversuch wagt.

Eine Geschichte, die zwar in den 1920ern spielt, aber an Aktualität nichts verloren hat. Manche „Verstaubtheit“ ist natürlich der Zeit geschuldet, aber ansonsten birgt dieser Gesellschaftsroman Themen, die auch im heutigen Amerika diskutiert werden. Mit „Babbitt“ versteht man Amerika. Es geht um die Mittelschicht der USA, die, wie auch in anderen Ländern, die Basis für ein Land ist. Ohne die Mittelschicht läuft gar nichts. Aber aus der Mittelschicht absteigen, das wäre eine Katastrophe. Genauso, wie wenn man plötzlich gegen diese Strömung schwimmt, denn dann wird man schnell zum Feindbild der „normalen“ Mittelschicht. George F. Babbitt will, dass alles bliebt wie es ist, um dann doch gegen den Strom zu schwimmen – und um damit zu scheitern. „Babbitt“ ist ein zeitloser Klassiker mit einem hervorragenden Antihelden.

Manesse, 784 Seiten; 28,00 Euro


Nicolas Vanier

daumen rauf

Abenteuer Yukon Quest

Abenteuer Yukon QuestEs ist bereits sein dritter Versuch, doch dieses Mal gibt Nicolas Vanier alles, um die Ziellinie des Yukon Quest zu erreichen: Bei Temperaturen von minus fünfzig Grad Celsius muss der Musher dabei seinen Schlitten auf schwierigstem Gelände durch die Schneelandschaft Kanadas und Alaskas lenken. Das gelingt nur, wenn er sich hundertprozentig auf seine Hunde verlassen kann. Hier beschreibt der Autor die zwölf anstrengendsten Tage seines Lebens; wie er auf den einzelnen Etappen gegen Schlafmangel und beißenden Wind ankämpfte; wie er gefrorene Flüsse und steile Bergkämme überwand, aber auch zauberhafte Landschaften durchquerte.

Nicolas Vanier ist nicht nur Autor, sondern auch ein großer Abenteurer! Was passiert, wenn man diese Eigenschaften kombiniert? Sagenhafte gute Abenteuerromane- und fesselnde Erlebnisberichte (u. a. Der weiße Sturm, Das Schneekind, Mit meinen Hunden). „Yukon Quest“ ist Nicolas Vaniers neuestes Abenteuer. Wie oben gelesen versucht er es nicht das erst Mal mit dem Rennen. Nicolas Vanier lässt einen die Kälte spüren, die Schnee- und Eislandschaft vor den Augen auferstehen und er zeigt, zu was man fähig ist, wenn man den unbedingten Willen und die Erfahrung hat. Und noch etwas zeigt der Autor mit diesem Buch, die enge Verbundenheit zwischen Mensch und Hund, denn ohne seine Hunde wäre Nicolas Vanier nur ein Lüftchen in dieser Schneewelt.

Malik, 285 Seiten; 22,00 Euro


Peggy Orenstein

daumen rauf

Girls & Sex

Girls Sex

Was bedeutet es, seine Sexualität in einer Gesellschaft zu entdecken, in der Mädchen möglichst sexy, aber bloß nicht zu freizügig sein sollen? Väter und Mütter wissen oft nicht, wie ihre Teenager-Töchter sich in diesem Spannungsfeld bewegen. Peggy Orenstein hat gefragt, was viele Eltern sich nicht trauen. In Interviews mit über 70 Mädchen sammelte sie bedeutsame Erkenntnisse und zeichnet ein erschreckend deutliches Bild dessen, was das Leben in einer sexualisierten Gesellschaft für junge Frauen bedeutet.

Peggy Orenstein lässt tief blicken in die Köpfe der Teenager unserer Zeit. Was fühlen und denken die Mädchen? Wie sehen sie sich in unserer sexualisierten Welt? Wie gehen sie mit dem „immer-schön-sein-Gedanken“ in Alltag, Schule und Freundeskreis um? Ein sehr spannender Einblick in die Köpf junger Mädchen. Es öffnet einem die Augen und kann auch Hilfe sein, um die Mädchen besser zu verstehen. Da das Buch eine Amerikanerin geschrieben hat, geht es hier um Mädchen aus Highschools und Colleges und deren Erfahrungen. Aber so viel wird sich das von den deutschen Mädchen und ihren Erfahrungen nicht unterscheiden.

Mosaik, 363 Seiten; 18,00 Euro


Hörbuch der Woche

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Matthew Stover

Die Rache der Sith

Rache der Sith

Die Dunkle Seite wird stärker, überall in der Galaxis herrscht Krieg. Während der Jedi-Meister Obi-Wan Kenobi auf den Planeten Utapau reist, um den berüchtigten General Grievous zu töten, fürchtet Anakin um das Leben seiner geheimen Liebe Senatorin Padmé Amidala. Er wird von fürchterlichen Visionen gequält, in denen Padmé stirbt. Um sie zu retten, begibt er sich auf einen gefährlichen Pfad und bestimmt damit sein Schicksal und das des altehrwürdigen Ordens der Jedi. Darth Sidious erkennt Anakins Schwäche und schafft einen neuen Sith Lord, größer und mächtiger als alle vor ihm: Darth Vader.

6 Wochen läuft der aktuelle „Star Wars“ Film „Der letzte Jedi“ (der zweite Teil der dritten Trilogie) nun im Kino und hat schon über 1,3 Milliarden Dollar eingespielt. Wer noch einmal zur ersten Trilogie zurückkehren will, der kann das mit den Hörbüchern der Episoden 1 bis 3 tun. Alle drei Hörbücher sind hervorragend gelesen von Philipp Moog, der deutschen Stimme des Obi-Wan Kenobi (Ewan McGregor) aus den ersten drei Teilen. „Die dunkle Bedrohung“, „Angriff der Klonkrieger“ und „Die Rache der Sith“, der für mich spannendste und aufwühlendste Teil der ersten Trilogie. Hier wird aus dem eigentlich guten Jedi Anakin Skywalker der dunkle Lord Vader. Hörprobe

Random House Audio, 2 MP3 CDs, 839 Minuten; 14,99 Euro


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