Oktober 15, 2024

Kolumne vom 25.11.2019

Kolumne vom 25.11.2019 – Nr.588


Peter Prange

daumen rauf

Eine Familie in Deutschland– Am Ende die Hoffnung

Eine deutsche Familie Am Ende die Hoffnung

Groß war die Hoffnung im Wolfsburger Land, als auf Hitlers Befehl das Volkswagenwerk aus dem Boden gestampft wurde. War dies der Anfang einer neuen Zeit? Aufbruch in eine wunderbare Zukunft? Während die Welt der Familie Ising sich von Grund auf verwandelt, geht die Saat der falschen Verheißungen auf. Der Krieg bricht aus, und nun muss ein jeder sich zu erkennen geben, im Guten wie im Bösen. Während Horst in der Partei Karriere macht, begleitet Edda mit dem Sonderfilmtrupp Riefenstahl den Polen-Feldzug der Wehrmacht. Georg bricht mit seinem VW zu einer Testfahrt auf, die ihn kreuz und quer durch das umkämpfte Europa bis nach Afghanistan führt. Zu Hause bangen die Eltern um ihr Sorgenkind, den kleinen Willy. Und Charly wartet auf Nachricht von Benny, der Liebe ihres Lebens. Doch er scheint in den Wirren von Krieg und Zerstörung verschollen.

Peter Prange gehört zu den faszinierendsten Autoren Deutschlands! Seine Werke begeistern die Leser nun schon über Jahrzehnte. Solch einem Autor wie ihm würde der Deutsche Buchpreis zustehen, aber das ist ein anderes Thema. Mit „Am Ende die Hoffnung“ beendet er nach „Zeit zu hoffen, Zeit zu leben“ seine Saga „Eine Familie in Deutschland“. Auf über 800 Seiten und in über 440 Kapiteln begeistert Peter Prange auch diesmal durchweg! Dieses zweite Buch spielt zu den Zeiten des Zweiten Weltkriegs von 1939 – 1945. Spannend ist es, den Weg der einzelnen Figuren zu verfolgen. Durch die vielen kurzen Kapitel hat der Roman eine hohe Schlagzahl. Langeweile kommt dabei garantiert nicht auf. „Eine Familie in Deutschland“ ist ganz große deutsche Unterhaltungsliteratur!

 Eine deutsche Familie Am Ende die Hoffnung hoerbuch
Auch als Hörbuch erhältlich bei Argon Hörbuch. Ein großer Sprecher muss her bei solch einem großen Stoff. Frank Arnold wird der Aufgabe gerecht! 24,95 Euro. Hörprobe 3:14 Min.

Scherz, 813 Seiten; 24,00 Euro


Friedrich Christian Delius

daumen runter

Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich

Wenn die Chinesen Rügen kaufen dann denkt an mich

Kassandra wird gekündigt. „Kassandra“ ist der Spitzname eines durchaus heiteren Wirtschaftsredakteurs, der den Fehler hat, lieber eigenen Recherchen zu folgen als den Pressesprechern der Minister und Konzerne. Der in der Kantine schon mal die Frage stellte, welche Politiker wohl in die Hölle kommen müssten, nachdem sie jahrzehntelang eine vernünftige Einwanderungspolitik verweigert haben. Noch am Abend seiner Entlassung schreibt er weiter – nun im Tagebuch, frischer und frecher. Manchmal denkt er dabei an seine achtzehnjährige Nichte, die später vielleicht fragen wird: Wie war das damals im frühen 21. Jahrhundert, als Europa auseinanderbröselte? So konzentriert er sich auf die Vergewaltigung Griechenlands in der Bankenkrise. Und auf die Blindheit gegenüber China, das mit seiner Wirtschaftsmacht und antidemokratischen Ideologie immer näher rückt. Der gefeuerte Journalist flaniert durch Berlin und durch die deutsche Presse; er hört Jazz und das tektonische Beben der alten Weltordnung.

Der Titel des Buches hat mich neugierig gemacht. Doch diese Neugier schwang schnell in Kopfschütteln um. Denn Friedrich Christian Delius, Jahrgang 1943, vertritt darin ein Weltbild von gestern. Etwas weit links und immer mit der Übermacht, dass er in allem Recht haben will, was er schreibt. Das hat ein Leser gar nicht gerne. Er verteilt Ohrfeigen, das verdirbt einem dem Spaß beim lesen. Zudem ist die Geschichte nun nicht besonders fesselnd. Ernüchternd, das trifft es besser. „Wenn die Chinesen Rügen kaufen, dann denkt an mich“ – aber garantiert nicht an Friedrich Christian Delius.

Rowohlt Berlin, 253 Seiten; 20,00 Euro


Beth Macy

daumen rauf

Dopesick

DopesickIn eine Boeing 787 passen ungefähr 250 Menschen. Genauso viele Menschen sterben in den USA täglich an Opioiden, also an Schmerzmitteln wie etwa Oxycodon, Vicodin oder Fentanyl. In der Altersgruppe der unter 50-Jährigen stellt die Überdosierung von Schmerzmitteln oder Drogen mittlerweile die häufigste Todesursache dar, noch vor Waffengewalt oder Verkehrsunfällen. Viele der Süchtigen bekamen die Medikamente anfangs von ihrem Arzt verschrieben, etwa nach einer Operation oder einer Sportverletzung. Von den hochwirksamen Mitteln kamen die Patienten dann nicht mehr los. Millionen Amerikaner sind somit durch Opioide auf Rezept in die Abhängigkeit geschlittert. Die Pharmakonzerne, die diese neuartigen und hochintensiven Schmerzmittel in den 1990er-Jahren in den Markt gedrückt haben, spielten und spielen die Risiken einer Sucht herunter. Milliardenprofite stehen im Raum.

Ein Buch aus der düsteren Opioidenhölle der USA, die nebenan beim Nachbarn Einzug gehalten hat! Ein Hinweis, sagt schon vieles aus: „Fentanyl ist fünfundzwanzig- bis fünfzigmal stärker als Heroin“. Bei dieser Wucht von hochintensiven Schmerzmitteln haben viele junge, aber auch ältere Menschen keine Chance, das zu überleben bzw. aus der Suchtspirale wieder zu entkommen. Beth Macy zeichnet in „Dopesick“ den Weg der Opioiden, der Schmerzmittel nach, wie sie den ach so leichten Weg über die Ärzte in das gesellschaftliche Herz von Amerika gefunden und was sie dabei alles angerichtet haben. Die Pharmaindustrie hat die Pillen wie Hustenbonbons mit Wunderwirkung angepriesen, damit einen nicht erahnten Drogensumpf erschaffen, den nun viele Menschen mit ihrem Leben bezahlen. Die Allgemeinheit muss die Kosten für die übernehmen, die therapiert werden können, um aus der Hölle der Opioide wieder zu entkommen. Auch wenn Urteile gegen die Pharmaindustrie gesprochen und erste Schritte auf etwas breiter Basis unternommen wurden, so ist doch nichts wirklich geklärt. Ein Buch, das schockiert und vor allem in den USA alle Alarmglocken auf rot stellen sollte! Doch Beth Macy macht wenig Hoffnung, denn der Höhepunkt dieser Epidemie ist noch lange nicht erreicht.

Heyne, 464 Seiten; 22,00 Euro


Iny Lorentz

daumen rauf

Der Fluch der Rose

Der Fluch der Rose

Deutschland, Österreich/Kärnten und Italien, Ende des 15. Jahrhunderts. Die junge Maria wächst als Ziehtochter von Hans Fugger auf, während die Mönche im nahegelegenen Kloster Arnoldstein das Findelkind Johannes zu einem intelligenten jungen Mann erziehen. Nur Pater Norbert weiß um Johannesʼ wahre Herkunft und überlegt seit Jahren, wie er Profit aus dieser Information schlagen kann. Als sich Maria und Johannes das erste Mal begegnen, ist es Liebe auf den ersten Blick. Doch Johannes ist kurz zuvor zum Priester geweiht worden. Und nicht nur sein geistlicher Stand steht dem Glück der Liebenden im Weg: Ohne es zu wissen, hat Maria sich schon als junges Mädchen Pater Norbert zum erbitterten Feind gemacht. Als das Kloster und die Fuggerau in den Krieg zwischen König Maximilian von Habsburg und der Republik Venedig hineingezogen werden, sieht der Pater seine Chance gekommen …

Will man einen historischen Roman lesen, bei dem man schon zuvor weiß, dass er einen begeistern wird, dann muss man zu einem von Iny Lorentz greifen! Das trifft auch wieder auf den neuen historischen Roman des Autorenehepaars „Der Fluch der Rose“ zu. Tolle Figurenzeichnungen und eine schnell wegzulesende Geschichte.

Knaur, 668 Seiten; 19,99 Euro


Jens Bisky

daumen rauf

Berlin – Biographie einer großen Stadt

Berlin Biographie einer großen Stadt

Parvenü der Großstädte, Labor der Moderne, Symbol des zerrissenen 20. Jahrhunderts: In Berlin konzentriert sich nicht nur deutsche, sondern auch europäische Geschichte. Berlin war äußerst wandlungsfähig und offen: für die verfolgten französischen Hugenotten und die Denker der Aufklärung unter Hohenzollernherrschaft; später als Metropole der Proletarier und Großindustriellen, der Künstler und Journalisten und als „Place to be“ der Goldenen Zwanziger. All das erfährt man, genauso aber auch die Zerstörung im Zweiten Weltkrieg und die spannungsgeladene Atmosphäre nach 1945, als sich hier die großen Machtblöcke gegenüberstehen.

Ein Buch mit Wow-Effekt! In „Berlin – Biographie einer großen Stadt“ atmet man die Atmosphäre der Stadt in den Jahrzehnten, in den Jahrhunderten. Nach der Lektüre dieses Buches kann man mit seinem Berlin-Wissen richtig angeben! Die Hauptthemen sind: „Die Residenzstadt 1650 – 1740“, „Hauptstadt der Aufklärung 1740 – 1806“, „Neue Mächte 1806 – 1850“, „Die große Stadt 1850 – 1890“, „Berliner Moderne 1890 – 1918“, Ein neues Berlin 1918 – 1933“, „Berlin wird zerstört 1933 – 1945“, „Geteilte Jahre 1945 – 1961“, „Zerschnittene Stadt 1961 – 1989“ und „Wahnsinn der ersten Tage 1989 bis heute“.

Rowohlt Berlin, 975 Seiten; 38,00 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Eva García Sáenz

Das Ritual des Wassers

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Für Inspector Ayala alias Kraken geht es ans Eingemachte: Seine erste Liebe Annabel wird ermordet aufgefunden, hingerichtet nach einem keltischen Opfer-Ritual, ertränkt in einem historischen Wasserkessel. Und es bleibt nicht bei diesem einen Mord. Jemand scheint Menschen zu töten, die bald Mutter oder Vater werden. Kraken nimmt zusammen mit seiner Kollegin Estíbaliz die Ermittlungen auf. Er muss sich beeilen, denn seine Chefin Alba ist schwanger – und das Kind könnte von ihm sein.

„Das Ritual des Wassers“ ist nach „Die Stille des Todes der zweite Fall für Inspector Ayala, genannt Kraken. Die Spanierin Eva García Sáenz hat mit ihrer Inspector-Ayala-Reihe in ihrem Heimatland große Erfolge gefeiert, auch wurden die Romane in viele Sprachen übersetzt. Auch bei uns konnte Kraken mit seinem ersten Fall gleich eine begeisterte Lesegemeinde für sich gewinnen. „Das Ritual des Wassers“ ist ein raffinierter, psychologisch genau ausgeleuchteter und spannender Thriller! Inspector Ayla ist eine sehr herausstechende Figur, kein Einheitsbreiermittler. Gelesen wird das Hörbuch von Uve Tescher. Er weiß zwischen Spannung und psychologischer Tiefe seine Stimme richtig einzusetzen. Mit ihm wird das Baskenland für die Ohren lebendig. Hörprobe 5:00 Min.

das ritual des wassers

Auch als Paperback erhältlich bei Scherz, 15,00 Euro.

Argon Hörbuch, 2 MP3 CDs, 699 Minuten; 19,95 Euro


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