April 19, 2024

Kolumne vom 20.01.2020

Aktuelle Kolumne vom 20.01.2020 – Nr.596


Jeremy Dronfield

daumen rauf

Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte

Der Junge der seinem Vater nach Auschwitz folgte

1939 werden Gustav Kleinmann, ein jüdischer Polsterer aus Wien, und sein sechzehnjähriger Sohn Fritz mit hunderten anderen jüdischen Männern von der SS festgenommen. Aus dem Kreis ihrer Familie gerissen, werden die beiden zunächst nach Deutschland deportiert. Im KZ Buchenwald zur Zwangsarbeit im Steinbruch eingeteilt, gehören sie zu den Häftlingen, die das Lager überhaupt erst mitaufbauen. Nach einiger Zeit wird Gustav für die Deportation nach Auschwitz selektiert. Doch für Sohn Fritz ist der Gedanke von seinem Vater getrennt zu werden unerträglich. Trotz seines Wissens darum, dass niemand aus Auschwitz zurückkehrt, erklärt sich Fritz freiwillig bereit, seinen Vater zu begleiten. So beginnt für die beiden ein Leidensweg, der noch brutaler, noch hoffnungsloser ist, als alles, was sie bis dahin erlebt haben.

Eine Geschichte, die erschüttert und zugleich tief berührt! Das, was Vater und Sohn in den unterschiedlichsten KZs erlebt haben, ist so unglaublich und so unglaublich traurig, dass mir oft Tränen in den Augen standen. Ich habe schon sehr viele Geschichten von Auschwitz-Überlende gelesen, doch keine ist wie diese. Jedes Mal aufs Neue bin ich schockiert, wie Menschen anderen Menschen so etwas antun konnten. Der erste Teil des Buches widmet sich dem Leben der Familie in Wien, dann Gustavs und Kurts grausamen Zeit in Buchenwald und wie noch zwei Kinder der Familie in ein anderes Land fliehen konnten, bevor dann die Zeit in Auschwitz beginnt. In einer Zeit, wo in Deutschland fast ein Viertel der Menschen aus bestimmten Bundesländern gewisse Grausamkeiten tatsächlich wieder gutheißen, verdient dieses Buch ein großes Echo und eine engagierte Leserschaft. „Der Junge, der seinem Vater nach Auschwitz folgte“ ist ein Buch, das jeder gelesen haben sollte!

Droemer, 460 Seiten; 16,99 Euro


Christine Lynn Herman

daumen runter

Four Keys – Die Stadt im Schatten

Four Keys Die Stadt im Schatten

Im Schatten von Four Keys lauert eine altbekannte Gefahr: eine Bestie, die vor Generationen überlistet und in eine Parallelwelt verbannt wurde. Als drei entstellte Leichen gefunden werden, ist klar, dass die Bestie einen Weg aus ihrem Gefängnis gefunden hat. Nun liegt alle Hoffnung auf vier Jugendlichen: Justin, Harper, Isaac und Violet. Jeder von ihnen hat eine übernatürliche Gabe, um die Gefahr abzuwenden. Die Voraussetzung dafür: Sie müssten zusammenarbeiten. Doch verdeckte Geheimnisse, unerwiderte Gefühle und Intrigen aus der Vergangenheit stehen ihnen dabei im Weg.

Die junge Amerikanerin Christine Lynn Herman hat mir ihren „Four Keys“ einen durchaus vielversprechenden Start hingelegt. Aber nur, wenn man das Grundkonzept der Geschichte und die Charaktere Violet, Harper, Isaac und Justin betrachtet. Die Geschichte hört sich spannend an, aber erst nach gut der Hälfte kommt die erwartete Spannung auf. Die Charaktere sind jugendgerecht gestrickt und haben alle ihre Ecken und Kanten. Das Zusammenspiel von allem kommt oft nicht so richtig in Gang, die Autorin verzettelt sich in Unwichtigem. Vielleicht macht die Autorin ja mit ihrem nächsten Buch einen Sprung nach vorne.

dtv, 379 Seiten; 14,95 Euro


Frank Goldhammer

daumen rauf

Juni 53

Juni 53Sommer 1953. Der Alltag in der jungen DDR ist beschwerlich, die Unzufriedenheit der Bevölkerung wächst und die Zahl derer, die das Land verlassen, steigt unaufhörlich. Mit harter Hand setzt die SED-Regierung ihre Forderungen durch. Auch Max und Karin Heller erwägen die Flucht in den Westen. Als es am 17. Juni zu großräumigen Protestbewegungen kommt, wird Heller zu einem Dresdner Isolierungsbetrieb gerufen: Der Leiter wurde brutal mit Glaswolle erstickt. Ein Opfer der Aufständischen? Heller hat einen ganz anderen Verdacht und sucht in den Wirren des Volksaufstands einen unberechenbaren Mörder. Währenddessen drängt Karin zu Hause auf eine Entscheidung: gehen oder bleiben?

Frank Goldhammer hat sich vom Geheimtipp zum herausragenden Bestsellerautor entwickelt! Seine Kriminalromane um Max Heller sind ein echter Schatz unter den vielen Neuerscheinungen in diesem Genre. Nach „Der Angstmann“, „Tausend Teufel“, „Vergessene Seelen“ und „Roter Rabe“ ist „Juni 53“ nun der fünfte Fall für Max Heller. Zum letzten Roman vollzieht Frank Goldhammer erneut einen größeren Zeitsprung für seine Hauptfigur – vom Spätsommer 1951 zum Sommer 1953. Die Zeit hat sich wieder gewandelt, und auch das, was privat auf der Agenda der Figuren steht. Der Kriminalfall ist spannend und vielschichtig aufgebaut. Man bekommt wie immer bei Frank Goldhammer einen sehr interessanten Einblick in die damalige Zeit und ist von der historischen Atmosphäre nicht weniger angesprochen wie von Hellers Ermittlungen.

dtv, 362 Seiten; 15,90 Euro


Hajo Seppelt

daumen rauf

Feinde des Sports

Feinde des Sports

Erstmals erzählt Hajo Seppelt von seinen brisanten Recherchen rund um den Globus. In seinem großen Hintergrundbericht geht es um zwielichtige deutsche Sportärzte, Doping in der britischen Premier League und im europäischen Radsport, Stammzell-Behandlungen in China und um Kenianer, die sich auf lebensgefährliche Behandlungen einlassen. Seppelt schildert die Angriffe seiner Gegner und nimmt den Leser mit zu geheimen Treffen mit Whistleblowern.

Er ist der Enthüller im internationalen Spitzensport: Hajo Seppelt deckt seit Jahren Korruption und Doping auf. „Feinde des Sports“ liest sich wie ein Thriller! Unglaublich und schockierend was im Namen des Spitzensports getrieben wird. Die Hauptthemen sind u. a.: „“Tour des France: Der überführte Champion“, „Russland: Verraten und verkauft“, „Medienanwälte: Gegenwind“, „Olympia-Legende: Nicht überführt“, „DDR: Im Auftrag des Staates“, „Nordkorea: Herr Kim und Herr O“ und „Fakes: Falsche Fährten“.

Econ, 383 Seiten; 20,00 Euro


Bjorn Vassnes

daumen rauf

Im Reich des Frosts

Im Reich des Frostes

Der gefrorene Teil der Erde ist als riesiger Wasserspeicher enorm wichtig für das Klima. Wie entstehen Gletscher? Was bedeutet Permafrost? Welches Leben existiert im und unter dem Schnee? Sagen, Märchen und Sprachbildung zeigen, wie verbunden der Mensch mit den Regionen des ewigen Eises ist. Die Samen etwa kennen für Schnee mehr als hundert Wörter. Das Buch erzählt von der Welt der Schneekönigin und Weißen Hexe, von Eisbären und Expeditionen, er schildert, wie Eiszeiten entstehen, und natürlich stellt sich auch die Frage: Was passiert, wenn das Eis in Grönland und in der Antarktis schwindet, wenn die Permafrostböden der Tundraregionen auftauen und ihre Klimagase freisetzen? Das Reich des Frosts beeinflusst alles Leben auf der Erde.

Ein aufschlussreiches, aufregendes und aufwühlendes Buch über die Gletscher, den Schnee und das Eis! Bei dem raschen Wandel unseres Klimas ist „Im Reich des Frosts“ ein Buch, bei dem man genau hinhören sollte. Die Hauptthemen sind u. a.: „Das Abschmelzen“, „Zwischen Feuer und Eis“, „Der erste Schnee“, „Unter dem Schnee ist Leben“, „Die Spur des Eises“, „Das Rückgrat des Kontinents“, „Labor Erde“, „Kinder des Eises“, „Das Dach der Welt schmilzt“ und „Klimabomben in der Tundra“.

dtv, 218 Seiten; 19,00 Euro


Hörbuch der Woche

daumen rauf

Ann Granger

Mord ist eine harte Lehre

Mord ist eine harte Lehre hörprobe

 
März, 1870. In Piccadilly wird die Leiche einer Frau gefunden. Die Spur führt Inspector Ben Ross nach Yorkshire, während Lizzy, Bens Frau, sich mit einem anderen mysteriösen Fall beschäftigen muss: mit einem geheimnisvollen Mädchen, das die Leute immer wieder in einem Haus auftauchen sehen, von dem aber niemand etwas Genaues weiß – und das dann plötzlich ganz verschwindet. Bald schon weisen Indizien auf eine Verbindung zwischen den Fällen. Und es wird wieder einmal gefährlich für Lizzy und Ben!

Ann Granger ist eine sehr fleißige Autorin. Ihre Krimireihen haben bei ihren Fans alle Kultstatus erlangt, dazu zählen auch die Mitchell-und-Markby-Reihe und auch die um Lizzie Martin und Benjamin Cross, die im viktorianischen England spielt. „Mord ist eine harte Lehre“ ist der siebte Band der Reihe. Ein erlesener und angenehm mundender historischer Kriminalroman! Effekthascherei gibt es hier nicht, die Geschichte ist ruhig erzählt, bietet aber genügend Spannungsmomente und einige falsche Spuren. Dass liebgewonnen Ermittlerpaar bereitet dem Leser wieder viel Freude! Das viktorianische England fängt Ann Granger wunderbar ein. Ich fühlte mich in die Zeit zurückversetzt. Das Hörbuch ist auch von großer Klasse, da Lübbe Audio zwei reife Sprecher für die Rollen der Lizzie Martin (Gabriele Blum) und Benjamin Cross (Walter Kreye) gewinnen konnte. Vor allem der einstige „Der Alte“ Walter Kreye ist ein hervorragender Hörbuchsprecher!. Hörprobe 4:59 Min.

Mord ist eine harte Lehre

 

Auch als Hardcover erhältlich bei Lübbe, 20,00 Euro.

Lübbe Audio, 6 CDs, 480 Minuten; 16,00 Euro


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