BuchKolumne 17.06.2024 Nr. 826
Klaus-Peter Wolf – Ein mörderisches Paar – Der Verdacht
Anthony Veasna So – Nach der Party
Henri Faber – Gestehe
Arienne Brodeur – Treibgut
Salman Rushdie – Knife
Klaus-Peter Wolf – Ein mörderisches Paar – Der Verdacht
Ein Kopfgeld von 10 Millionen ist auf Dr. Bernhard Sommerfeldt ausgesetzt, eine Summe, die sich kein Profikiller gerne entgehen lässt. Und wenn Markus Baumann aus Meppen davon gewusst hätte, dann hätte er Birgit Ritter vielleicht anders angesprochen. Doch seine Sommerfeldt-Masche ist einfach zu erfolgreich, reihenweise verfallen ihm die Frauen. Auch Birgit Ritter glaubt fest, den echten Sommerfeldt vor sich zu haben, als plötzlich und unerwartet Johann Baptist Reichhart, seines Zeichens Kopfgeldjäger, im Raum steht und das Rendezvous mit Markus Baumann final beendet. Das ist kein einfacher Fall für Ann Kathrin Klaasen und ihr Team in Ostfriesland, aber ein hundertprozentiger Auftrag für den echten Sommerfeldt und seine Ehefrau Frauke. Alles läuft auf einen großen Showdown auf Norderney hinaus.
Klaus-Peter Wolf muss man ja nicht mehr vorstellen. Das wäre so, als ob man erklären müsste, dass es in einem Kriminalroman Leichen gibt und ermittelnde Personen. So komme ich gleich zu seinem neuen Krimi aus dem Klaus-Peter-Wolf-Ostfriesland-Krimi-Universum. Nach „Das Versprechen“ folgt nun „Der Verdacht“ aus der Reihe „Ein mörderisches Paar“ mit dem geschätzten Serienkiller Dr. Bernhard Sommerfeld nebst Ehefrau Frauke. Natürlich treten auch die weiteren bekannten Figuren aus dem Wolf-Universum auf, aber sie haben hier eher Nebenrollen. Es weht wieder eine steife Brise im mörderisch-stürmischen Ostfriesland. Klaus-Peter Wolf tut wieder alles dafür, seine LeserInnen mit dem Besten, was ein guter Kriminalroman haben sollte, zu unterhalten. Ein Kriminalroman, der sich liest wie ein Guy-Ritchie-Film. Wild, spannend, furios und der Witz schwingt immer mit!
Fischer, 421 Seiten; 13,00 Euro
Anthony Veasna So – Nach der Party
In Stockton, einer Stadt in einem kalifornischen Tal weit entfernt vom Meer, florieren buddhistische Tempel und kambodschanische Lebensmittelläden, seit das völkermörderische Regime der Roten Khmer die Menschen aus dem eigenen Land hierhin vertrieben hat. In dieser Stadt, die weder ganz zu Amerika noch zu Asien gehört, begegnen wir allmächtigen Mönchen, nervigen Tanten, von der Langeweile zu Tode gequälten Heranwachsenden, stoßen auf einen ganzen Kontinent an verschwiegenen, verdrängten, verbotenen Geschichten, heimlichen Wünschen und sexuellen Fantasien.
„Nach der Party“ wurde in den USA als Kultbuch gefeiert und mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Selbstverständlich war es ein „New-York“-Times Bestseller. Das Buch ist 2021 in der Originalausgabe erschienen. Das alles so kam, hat sicher auch mit dem sehr frühen Tod des Autors Anthony Veasna So (1992 – 2020) zu tun. Er starb an einer Überdosis Drogen. Anderseits hat der Erzählband mit seinen 9 Geschichten auch sehr eindrucksvolle zu bieten, aber eben auch zahlreiche langweilige. Die Themen der Stories sind die Themen einer jungen Generation, die auf der Suche sind, sich bestätigt fühlen wollen, sich einfach selbst finden wollen. Ein Erzählband, der den Ton einer Generation trifft! Aber eben auch einer, der sich allzu oft in Trägheit und alltäglicher Langeweile verliert.
Luchterhand, 336 Seiten; 20,00 Euro
Henri Faber – Gestehe
Der Wiener Star-Ermittler Johann „Jacket“ Winkler kommt an einen Tatort, der die Polizei vor ein Rätsel stellt. Das Opfer wurde grausam ermordet und mit einem mysteriösen Wort markiert: GESTEHE. Doch es ist nicht die Brutalität, die Jackets Welt ins Wanken bringt, sondern die Tatsache, dass er den Tatort kennt – aus seinem eigenen unveröffentlichten Roman, den noch niemand gelesen hat. Er trägt den Titel GESTEHE. Und Jacket ahnt: Das Morden hat gerade erst begonnen.
Henri Faber schreibt Thriller, die zünden wie eine Stange Dynamit! Nach den Erfolgen „Ausweglos“ und „Kaltherz“ lässt er nun ein sehr unterschiedliches Ermittler-Duo auf die LeserInnen los. In „Gestehe“ wird es wieder explosiv! Jawohl ja, in Wien gibt es einen neuen kriminalistischen Showmen. Inspektor Jacket. Eine coole Socke durch und durch. Seine beiden besten Freunde: Jacky und Hansi (Jack Daniels und Hansi Hölzel alias Falco; in LP-Form). Auf der anderen Seite haben wir Mohammad Moghaddam, gebürtiger Österreicher. Durch Namen und Aussehen aber immer dem unterschwelligen Rassismus ausgesetzt, mit der Frage: Woher er denn eigentlich wirklich komme? Ein Ermittler-Duo, von dem man nicht genug bekommt! Zum spannenden Fall gibt es auch hin und wieder humorvolle Einwendungen. Wie wenn Jacket Wien als Dorf bezeichnet, wo jeder jeden kennt und der Klatsch sich rasch verbreitet: „Wer in Wien überfahren wird, erfährt es selbst als Letzter.“ Aber ansonsten bleibt es bis zum Ende düster, dunkel und Lügen sind weit verbreitet. Henri Faber tritt in die Fußstapfen eines Andreas Gruber!
dtv, 445 Seiten; 16,00 Euro
Arienne Brodeur – Treibgut
Sommer auf Cape Cod. Alle Mitglieder der Familie Gardner verheimlichen etwas. Ken, ein erfolgreicher Geschäftsmann mit Vorzeigefamilie und politischen Ambitionen, versucht mit aller Macht, seine Ehekrise zu verbergen. Abby ist Künstlerin und schämt sich dafür, immer noch auf das Wohlwollen ihres Bruders angewiesen zu sein. Adam, der Vater der zwei, sieht unterdessen seinem 70. Geburtstag entgegen. Um ein letztes Mal als Forscher zu glänzen, setzt der brillante Meeresbiologe heimlich seine Medikamente ab – mit fatalen Konsequenzen. Während Adams Festtag unaufhaltsam näher rückt, verschärfen sich die Konflikte zwischen den Geschwistern. Dann erscheint eine Unbekannte auf der Bildfläche, und bringt alles, woran Abby und Ken geglaubt haben, zum Einsturz.
Die Halbinsel Cape Code ist ein Sehnsuchtsort. Der Sommer eine Zeit des Glücks. In „Treibgut“ von Adrienne Brodeur trifft beides nur eingeschränkt zu, denn die Figuren der Geschichte tragen gewisse Lasten mit sich herum. Lasten, die diesen Sommer auf Cape Code zu einem unvergesslich schmerzlichen Sommer machen werden. Ein Sommer, den auch die LeserInnen soll, schnell nicht vergessen werden. Das liegt vor allem an den Figurenzeichnungen, die Adrienne Brodeur sehr gut gelungen sind. Auch entwickelt sich die Geschichte gut voran. „Treibgut“ ist ein vielfältiger Familienroman und zugleich auch ein kleiner Gesellschaftsroman, von Niedergang und Aufbruch geprägt. Spannend, dramatisch, voller Bilder die bleiben.
Kindler, 462 Seiten; 24,00 Euro
Salman Rushdie – Knife
Im August 2022 wird Salman Rushdie während einer Lesung auf offener Bühne mit einem Messer angegriffen und schwer verletzt. Mehr als 30 Jahre nachdem das iranische Regime wegen seines Romans „Die satanischen Verse“ eine Fatwa gegen ihn ausgesprochen hat, holt ihn die Bedrohung ein. Salman Rushdie überlebt den Anschlag und hält seinem Angreifer das schärfste Schwert entgegen: Er verarbeitet diese unvorstellbare Tat, die die ganze Welt in Atem hielt, zu einer Geschichte über Angst, Dankbarkeit und den Kampf für Freiheit und Selbstbestimmung.
Das Salman Rushdie dieses Buch geschrieben hat, nach dem schrecklichen Mordversuch auf ihn, ist ein literarisches Statement mit einem riesengroßen Hall gegen den Hass in dieser Welt! Eine verletzte Seele, ein gezeichneter Körper, aber mit der Feder in der Hand kann man zeigen, dass man stärker ist, als viele glauben wollen. Dieses Buch zeigt eine besondere Seite des Weltbestseller-Autors Salman Rushdie.
Penguin, 255 Seiten; 25,00 Euro