Ein Kernanliegen antiker Gelehrsamkeit war die Spekulation über den Ursprung der Welt und die Stellung des Menschen in ihr. Das Buch setzt unterschiedliche Entwürfe in Beziehung zueinander: biblische Erzählungen und altorientalische Mythen, Platons Weltentstehungsmythos und Philons platonische Bibeldeutung, Aristoteles’ Lehre vom Unbewegten Beweger und Lukrez’ materialistische Weltsicht, die erst in der Renaissance wiederentdeckt wurde. Christentum und Judentum haben diese Lehren aufgegriffen und umgeformt, doch dabei entstand, wie die meisterhafte Darstellung zeigt, keine „jüdisch-christliche“ Tradition. Denn während für die Bibel und das rabbinische Judentum der Mensch durch die Klugheit der Schlange im Paradies überhaupt erst zum Menschen geworden ist, ist er nach christlicher Vorstellung durch die Verführung der teuflischen Schlange vom eigentlichen Menschsein abgefallen und muss mit der Erbsünde leben. Ein Ausblick zeigt, wie diese unterschiedlichen Menschenbilder in der Moderne weiterwirken.
In antiken Erzählungen vom Ursprung verdichten sich Welt- und Menschenbilder, die das westliche Denken bis heute prägen. Der renommierte Judaist Peter Schäfer vergleicht biblische und altorientalische, platonische und epikureische, jüdische und christliche Vorstellungen von der Entstehung der Welt und des Menschen. Peter Schäfer gewährt einen weitreichenden Einblick zu den wichtigsten antiken Schöpfungstheorien und ihrer Weltwirkung. Eine beeindruckende Zusammenstellung, die informativ und zugleich geschichtlich spannend dargestellt wird. Die Hauptkapitel sind: „Die hebräische Bibel – Zwei Urgeschichten“, „Altorientalische Epen: Grausame und gleichgültige Götter“, „Platon: Die Vergöttlichung des Kosmos“, „Aristoteles: Die Entgöttlichung des Kosmos“, „Philon: Der jüdische Platon“, „Von Demokrit zu Lukrez: Natur ohne Götter“, „Das rabbinische Judentum: Vom Mythos zur Geschichte“ und „O Felix Culpa: Fluch und Segen der Vertreibung aus dem Paradies“.
C. H. Beck, 447 Seiten; 34,00 Euro