Mai 3, 2024

Kolumne 20.03.2023 Nr. 761


BuchKolumne 20.03.2023 Nr. 761

David Baldacci – Finstere Lügen
Andras Rödder – Konservativ 21.0
Noah Martin – Florentia – Im Glanz der Medici
Natalie Haynes – Stone Blind – Der Blick der Medusa
Gunter Hofmann – Willy Brandt – Sozialist, Kanzler, Patriot

David Baldacci – Finstere Lügen

„Sie ist tot.“ Diese Nachricht bekommt der ehemaligen US-Army-Rangers Travis Devine an seinem Arbeitsplatz zugesandt. Und nur er! Seine Ex-Freundin und Kollegin Sara wurde erhängt aufgefunden. Er steht nun ganz oben auf der Liste der Tatverdächtigen. Als Travis in das Visier der Polizeiermittler gerät, scheint ein zweischneidiges Angebot des US-Geheimdienstes der einzige Ausweg zu sein: als Undercover-Agent dem illegalen Treiben seines Arbeitgebers auf die Spur kommen und dabei Saras Mörder finden. Anderenfalls droht sein dunkelstes Geheimnis an die Oberfläche zu gelangen. Travis begibt sich in das verhängnisvolle Fadenkreuz der Finanzwelt, nicht ahnend, dass er für den Mörder längst zur Zielscheibe geworden ist.

David Baldacci ist ein Thriller-Autor von Weltformat! Ich verfolge seine Autorenkarriere seit seinem ersten Thriller „Absolut Power“ aus dem Jahr 1996. Ich kenne alle seine Bücher und habe mich gefreut, dass er nun endlich auch mal wieder einen Solo-Roman schreibt, nachdem er nun viele Jahre an seinen Serien-Romanen gearbeitet hat. Mit „Finstere Lügen“ ist ihm ein Spannungs-Highlight gelungen! Eine Mischung aus einem Wall-Street-Thriller und „Girl on the Train“. Travis Devine ist mir schnell ans Herz gewachsen. Eine eigentlich gebrochene Persönlichkeit, die sich aus einem seelischen Tal herausgekämpft hat und seine neue „Karriere“ mit aller Kraft angeht. Auch wenn ihm einige Steine in den Weg gelegt werden. David Baldacci baut die Story sehr spannend auf. Er lässt die LeserInnen nicht vom Haken. Und als man denkt, man weiß, wer der Täter ist, zeigt der Autor, welch guter Thriller-Autor er ist. „Finstere Lügen“ ist ein Highspeed-Thriller mit reichlich Twists und starkem Personal!

Lübbe, 490 Seiten; 23,00 Euro

 Andreas Rödder – Konservativ 21.0

Die Volksparteien sind in der Defensive. In den Jahren der großen Koalitionen hat sich der politische Meinungsstreit an die Ränder des politischen Spektrums verlagert. Sie werden immer stärker, während die politische Mitte weithin sprachlos bleibt. Die SPD befindet sich im freien Fall, doch auch die CDU verliert immer weiter an Wählerzuspruch – eine hochbrisante Entwicklung für das Parteiensystem und die parlamentarische Demokratie, wie wir sie kennen. Wie aber könnte ein neuer und zeitgemäßer Konservatismus aussehen, der diesen Trend umkehrt? Dieses Buch analysiert die aktuelle Lage und definiert den Kern konservativen Denkens in zehn Thesen: von der Europapolitik und den großen Themen Migration, Umwelt und Bildung bis hin zum Lieblingsthema rechten Populisten: Heimat und Patriotismus.

Ein Buch, das Aufrütteln und zugleich provozieren will! Aber auf niedrigem Aufregungs-Niveau. Andreas Rödder stellt zahlreiche kluge Aussagen und Thesen in den Raum, bei anderen lässt er die Klugheit und Durchführbarkeit aber vermissen. In die Tiefe geht er bei seinen Themen nicht, das Büchlein verfügt nur über 116 Seiten Text. Wer es extrem politisch-knackig mag, der kann „Konservativ 21.0“ vielleicht etwas abgewinnen, aber wer eine wirklich intensive Auseinandersetzung mit politisch sehr wichtigen Themen schätzt, der wird von diesem Buch enttäuscht sein.

C. H.Beck, 144 Seiten; 14,95 Euro

   Noah Martin – Florentia – Im Glanz der Medici

Die ganze Stadt feiert die Hochzeit von Lorenzo de‘ Medici, dem Sohn der märchenhaft reichen Bankiersfamilie und zukünftigen Herrscher. Drei der Hochzeitsgäste – Giuliano de‘ Medici, der ewig Zweitgeborene; die aufstrebende Malerin Fioretta Gorini und der junge, noch unbekannte Leonardo da Vinci – ahnen noch nicht, wie eng ihre Schicksale mit dem der Stadt verknüpft sind. Denn während die drei nach ihrem Platz in der Welt suchen, wird Florenz schon bald von allen Seiten bedroht, und den Feinden der Medici ist jedes Mittel recht, die Familie zu bekämpfen. Als sich sowohl Fioretta als auch Leonardo in einen Medici verlieben, werden sie schon bald tief in ein gefährliches Spiel aus Intrigen, Politik und Verrat gezogen, das tödlich enden wird.

Letzte Woche behandelte ich in meiner Kolumne das Leben der Medici und darüber hinaus in „Das Erbe der sieben Familien“. Dort reichte das Zeitfenster von 1494 – 1507. In dieser Woche springen wir 25 Jahre zurück und erleben in Noah Martins „Florentia – Im Glanz der Medici“ das Leben davor von 1469 – 1481. Matteo Strukul, ein italienischer Autor, Noah Martin, eine deutsche Autorin, zwei komplett andere Herangehensweisen an diese historische Geschichte. Florenz und seine historischen Persönlichkeiten sind aber in beiden Romanen maßgebend. Noah Martin schreibt sehr bildhaft und gibt den Figuren Kraft zur Entfaltung. Sie baut das Figurengeflecht langsam auf und steigert nach und nach die Spannung. „Florentia – Im Glanz der Medici“ ist ein historischer Roman von großer Bildhaftigkeit und starken Persönlichkeiten!

Droemer, 533 Seiten; 18,00 Euro

  Natalie Haynes – Stone Blind – Der Blick der Medusa

Medusa wächst bei ihren Schwestern auf und merkt schnell, dass sie anders ist – eine Sterbliche in einer Familie von Göttern. Von ihrer Schönheit angezogen, bedrängt der Meeresgott Poseidon sie im Tempel der Athene. Die Göttin wähnt ihren Tempel entweiht und lässt ihre Wut an der Unschuldigen aus: Medusa wird in ein Monster mit Schlangenhaaren verwandelt, das kein Lebewesen mehr ansehen kann, ohne es zu Stein erstarren zu lassen. Aus Rücksicht verdammt Medusa sich zu einem Leben in der Einsamkeit. Bis der junge Perseus sich aufmacht, das Haupt eines Ungeheuers zu erlangen.

Natalie Haynes möchte die klassiche Antike auf klassisch-moderne Weise vielen LeserInnen nahebringen. In Großbritannien und den USA wird sie dafür geliebt und gefeiert. Nun dürfen sich auch die deutschen LeserInnen daran erfreuen. Natalie Haynes’ „Stone Blind – Der Blick der Medusa“ ist klassische Mythologie in modernen, forschen und fesselnden Gewand! Die Geschichte wird sich an Sie heranschleichen, wie eine Schlange und Sie dann in ihren Fängen behalten, bis Sie, nein, nicht zu Stein geworden sind, sondern auf der letzten Seite angekommen sind und bereichert um ein starkes Stück Literatur das Buch zuschlagen werden.

dtv, 384 Seiten; 24,00 Euro

   Gunter Hofmann – Willy Brandt – Sozialist, Kanzler, Patriot

Willy Brandt war der Kanzler des „anderen“ Deutschland. Die Biographie zeigt das Portrait eines Mannes, der die konservative Adenauer-Republik durchlüftete und mit den Ostverträgen und seinem Kniefall in Warschau Weltgeschichte schrieb. Das Buch beleuchtet die wichtigen Stationen im Leben von Willy Brandt, schildert den Weg des jungen Sozialisten aus schwierigen Verhältnissen in Exil und Widerstand, die allmähliche Entwicklung seiner politischen Überzeugungen und die Stationen seiner Karriere vom Regierenden Bürgermeister bis zum Bundeskanzler. Auch die Weggefährten wie Julius Leber, Helmut Schmidt, Herbert Wehner, Egon Bahr oder Günter Grass kommen ins Bild.

Willy Brandt (1913 – 1992) war eine prägende politische Figur im „alten“ Deutschland. Ein Bundeskanzler, der neue Wege ging und viel erreicht hat. Ein Mann, zu dem aufgeschaut wurde. Und der im Leben auch kein Kostverächter war. Gunter Hofmanns Biographie fängt diesen Mann, sein Leben, seine politische Karriere auf intensive Weise ein. Eine spannende Biographie, die Willy Brandt auf ehrliche Art zeigt. Die Hauptkapitel sind (meist mit Aussagen Willy Brandt tituliert): „Unbehaust“, „Wo sind die Mühsam-Alleen, die Heinrich-Mann-Plätze?“, „Links und frei“, „Unsägliche Schande legte sich über den deutschen Namen. Ich ahnte, dass uns diese Schande lange nicht verlassen würde“, „Verbrecher und andere Deutsche“, „Mein Weg nach Berlin“, „Und was issn Fortschritt? Bisschen schneller sein als die Schnecke“, „Wandel durch Annäherung“, „Der andere ‘andere’ Deutsche: Herbert Wehner“, „Der ‘Vaterlandsverräter’ als Patriot“, „Die Generation, auf die wir gewartet haben“, „Lebensläufe lassen sich nicht auf Flaschen ziehen“, „Flaschenpost: Ostpolitik“ und „Der ewige Dissident“.

C. H. Beck, 517 Seiten; 35,00 Euro