Kolumne vom 17.08.2015 – Nr. 365
Stefan Ahnhem
Herzsammler
Stockholm: Fabian Risk wollte eigentlich mehr Zeit mit seiner Familie verbringen. Doch dann taucht die brutal zugerichtete Leiche des Justizministers auf, und Risk wird um Hilfe bei den Ermittlungen gebeten. Es bleibt nicht bei einem Opfer. Die einzige Verbindung zwischen den Toten: Jedem wurde ein Organ geraubt. Als ein Verdächtiger Selbstmord begeht, glauben Risks Kollegen, den Fall gelöst zu haben. Nur Risk hat Zweifel. Und er ahnt, dass der Mörder mit seinem Rachefeldzug noch lange nicht fertig ist …
Der Schwede Stefan Ahnhem hat mit seinem Thriller-Debüt „Und morgen du“ einen Volltreffer gelandet. Nun folgt in „Herzsammler“ der zweite Fall für Fabian Risk. Stefan Ahnhem will den Leser nie in Sicherheit wiegen, es soll immer etwas passieren, was man als Leser nicht vermutet. Das sagt der Autor selbst. Und in „Herzsammler“ gelingt ihm das auch in vielen Kapiteln. Sie nehmen eine andere Wendung, als man das vielleicht gedacht hat. Und so freut man sich auf jedes neue Kapitel, das große Ganze kommt erst zum Schluss. Ein Thriller, der sich einem Thema annimmt, das zeigt, wie grausam Menschen sein können. Ich will nicht zu viel verraten. Aber Geld gegen Leben, egal wer dafür sterben muss, soll ein Hinweis sein. Ein Thriller der den Puls steigen lässt, erschüttert und mit seiner Spannung begeistert!
Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Wenn David Nathan, die deutsche Stimme von Johnny Depp, liest, hört jedes Ohr zu! 19,99 Euro
List, 574 Seiten; 14,99 Euro
Caryl Férey
Jähzorn
Rubén ist der Sohn des berühmten aufständischen Dichters Calderón, der in den Verliesen der argentinischen Diktatur zu Tode gefoltert wurde. Rubén selbst entkam nur knapp. Dreißig Jahre später widmet er sich der Verfolgung der damaligen Täter und sucht nach anderen Überlebenden wie ihm. Als er eines Tages der indianischen Bildhauerin Jana begegnet, die ihn damit beauftragt, die brutalen Mörder einer Prostituierten zu finden, ändert sich sein Leben für immer – denn beide verbinden sowohl Schmerz als auch Wut. Doch im heutigen wie im damaligen Argentinien ist es nie gut, zu viele Fragen zu stellen …
In Frankreich ein Bestseller, man fragt sich nur warum? Die Grundidee der Story klingt sehr gut und vielversprechend. Da habe ich mir ebenso viel erwartet. Spannende und interessante in die Geschichte eingebundenen Erzählungen aus dem damaligen und heutigen Argentinien. Ein Thriller, der vor Spannung platz. Das alles wird leider nicht geboten, die Umsetzung ist zäher als zäh. Der Autor verliert sich in so vielen Nebensächlichkeiten, die bremsen die Story immer wieder aus. Dieses Buch als Thriller zu bezeichnen ist schon sehr ambitioniert. „Jähzorn“ ist ein Krimi mit wenig großen Spannungsmomenten und viel Leerlauf. Das trifft die Seele des Buches schon besser.
Limes, 538 Seiten; 14,99 Euro
Sarah Bannan
Die Neue
Als Carolyn Lessing neu an die Adam’s High kommt, sind zunächst alle angetan. Die Lehrer von ihrer Intelligenz, die Mädchen von ihrem Stil und die Jungs von ihrer Schönheit. Für Carolyn scheint alles gut zu laufen, eine neue Schule, ein neues Leben. Doch dann verliebt sie sich in den falschen Jungen, und dessen Ex-Freundin Brooke, das populärste Mädchen der Schule, startet über Facebook, und nicht nur da, eine Hetzkampagne. Nach und nach kippt die Stimmung, bis die öffentliche Demütigung aus dem Ruder läuft und in einer Katastrophe mündet, nach der nichts mehr so ist wie es war.
Der dramatische und spannende Roman „Die Neue“ befasst sich mit einem Thema, das leider immer aktuell ist: Mobbing in der Schule. Neid, Gemeinheiten, Grausamkeiten, Hass, körperliche Gewalt. Das gab es schon vor 10, 20, 30 Jahren und auch davor. Heute, durch das Internet, hat es nochmals einen neuen, traurigen Schub nach vorne bekommen. Sarah Bannan schreibt sehr gut über die Befindlichkeiten von jungen Mädchen, Teenagern, angehende Erwachsenen. Was sie fühlen, wie sie denken, was ihnen wichtig ist. Es geht viel um Status in der Schule, bei allen, bei anderen Mädchen, bei den Jungs. Was hat man an, wie liegen die Haare, wie schlank ist man. Man fühlt irgendwie, dass sich die Mädchen damit in einem Gefängnis befinden, entweder du machst mit, oder du bist unten durch. Und wer einmal abgestiegen ist, wird nie wieder hochkommen. „Die Neue“ ist in einem lockeren Ton erzählt, was den Roman noch authentischer macht.
Droemer, 365 Seiten; 12,99 Euro
Christine Drews
Tod nach Schulschluss
Max Wenke, Musterschüler auf dem Elite-Internat Schloss Lemburg, wurde mit einem mittelalterlichen Folterinstrument getötet. Ein schwieriger Fall für die Kommissare Charlotte Schneidmann und Peter Käfer, denn Lehrer und Schüler scheint Max‘ Tod relativ egal zu sein. Erst ein schockierendes Detail sprengt die Mauer des Schweigens …
„Tod nach Schulschluss“ ist nach „Schattenfreundin“ der zweite Fall für die Münster Kommissare Schneidmann und Käfer. Ein fesselnder Krimi, der die dunklen Seiten einer Elite-Schule zeigt. Ein Fall, der zu überzeugen weiß, und ein Umfeld, über das man immer mehr erfahren will. Das Zeugnis für diesen Krimi: klasse Lesestunden!
Bastei Lübbe, 379 Seiten; 8,99 Euro
Mark Billingham
Der Manipulator
Serienkiller Stuart Nicklin sitzt in einem Hochsicherheitsgefängnis. Niemand kennt die genaue Zahl seiner Opfer, niemand weiß, wo die Knochen seiner ersten Opfer begraben sind. Dann bietet Nicklin der Polizei einen Deal an. Er führt sie an die Stätte seiner Untaten. Detective Tom Thorne muss das Unternehmen leiten – auf eine einsame walisische Insel …
Was habe Gillian Flynn, Karen Slaughter, Michael Connelly und Lee Child gemein? Sie sind alle erstklassige Thrillerautoren und sie alle schätzen Mark Billingham sehr. Auch ich verfolge Mark Billingham nun schon über ein Jahrzehnt. Er wurde von Buch zu Buch immer besser. Mit „Der Manipulator“ gelingt ihm das diesmal nicht. Zu behäbig ist das erste Drittel des Buches, aber dann schlägt wieder voll die billinghamsche Thriller-Peitsche durch.
Heyne, 462 Seiten; 12,99 Euro
Hörbuch der Woche
Veit Etzold
Der Totenzeichner
Berlin. Einem Mordopfer wurden mysteriöse Zeichen in die Haut geritzt. Clara Vidalis, Expertin für Pathopsychologie am LKA Berlin, kommen diese bekannt vor. Als die Obduktion der Leiche weitere grausame Details ans Licht bringt, wird klar, dass es einen ähnlichen Modus Operandi schon einmal gab: Vor zehn Jahren versetzte ein Serienkiller den Westen der USA in Angst und Schrecken. Einen Sommer lang trieb er dort sein Unwesen, bevor er sich mit einer blutigen Botschaft verabschiedete. Ist der Totenzeichner nun zurückgekehrt?
Veit Etzold hat sich mittlerweile einen Stammplatz unter den besten deutschen Thriller-Autoren erobert. Mit Werken wie „Final Cut“ und „Seelenangst“ hat er einen das Fürchten gelehrt. „Der Totenzeichner“ setzt diese Qualität fort. Ein Thriller, der sich aus der Masse heraushebt. Sowohl die Story, als auch der Killer, sind außergewöhnlich. Die Auflösung des Falls lässt einen dann erstaunen. Auch das sonstige Personal ist gut gezeichnet. Gelesen wird dieser gute Thriller von Nicole Engeln. Nicole Engeln hat das Thriller-Gen. Wenn sie einen Thriller liest, dann ist Gänsehaut garantiert!
Auch als Taschenbuch erhältlich bei Bastei Lübbe, 9,99 Euro.
Lübbe Audio, 6 CDs, 420 Minuten; 16,99 Euro
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