April 19, 2024

Kolumne 16.11.2020 Nr. 639

BuchKolumne 16.11.2020 Nr. 639

Volker Klüpfel / Michael Kobr – Funkenmord
Ernö Rubik – Cubed
Ayad Akhtar – Homeland Elegien
John Dickie – Die Freimaurer – Der mächtigste Geheimbund der Welt
Marie Lacrosse – Das Kaffeehaus – Bewegte Jahre

Volker Klüpfel / Michael Kobr – Funkenmord

Kluftinger steht vor einem Rätsel, dem Rätsel des häuslichen Alltags. Weil seine Frau Erika krank ist und zu Hause ausfällt, muss sich Kluftinger mit für ihn ungewohnten Fragen herumschlagen. Die Aufgaben im Präsidium sind nicht weniger anspruchsvoll: Der Kommissar will nach über dreißig Jahren endlich den grausamen Mord an einer Lehrerin aufklären. Die junge Frau wurde am Funkensonntag an einem Kreuz verbrannt. Doch das Team des Kommissars zeigt wenig Interesse am Fall „Funkenmord“. Nur die neue Kollegin Lucy Beer steht dem Kommissar mit ihren unkonventionellen Methoden zur Seite. Der letzte Brief des Mordopfers bringt die beiden auf eine heiße Spur.

„Funkenmord“ ist der 11. Fall für den Allgäuer Kommissar Kluftinger. Ein Fall aus dem Jahr 1985, der ihm auf der Seele liegt, da er damals wohl den falschen Täter zu einem Geständnis genötigt hat. Cold Cases sind in TV-Serien und in der Literatur ja immer mehr auf dem Vormarsch. Und so will sich nun auch der Kluftinger „um eines dieser kalten Dinger kümmern“. Dabei muss er sich auch noch gegen einen abenteuerlichen Wäscheberg und eine widerspenstige Waschmaschine und so etwas Neuartiges wie „Wotsebb“ behaupten, gegen die Tücken ein Zugticket zu kaufen ankämpfen, und dann erst das Zugfahren, weiter muss er an einem Thermomix-Abend teilnehmen, und sich von dieser „billigen“ Wundermaschine durch eine wodkatrinkende Russin überzeugen lassen, auch ein Christbaum und seine geliebten Kässpatzen machen ihn zu schaffen. Nicht leicht hat es der Kluftinger. Der Kriminalfall ist im ganzen Klufti-Tohuwabohu spannend eingebettet. Wie Kluftingers Privatleben bietet auch dieser immer wieder eine neue Entwicklung. Und zum Ende hin entwickelt das Autorenduo gar eine Hercule-Poirot-Auflösung. Komisch, klug, kultig – Kluftinger!

Ullstein, 489 Seiten; 22,99 Euro

Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Genial gelesen vom Autoren-Duo selbst! Mit Unterstützung von Schauspieler Marin Umbach. 29,00 Euro.

Volker Klüpfel / Michael Kobr – Funkenmord – Hörprobe 8:56 Min.

Ernö Rubik – Cubed

Er war das Kultobjekt der 80er Jahre: der Zauberwürfel, auch „Rubik’s Cube“ genannt. Bis heute ist sein Bann ungebrochen. Jeder siebte Mensch auf der Erde hat mit ihm gespielt, das sind über eine Milliarde. Unzählige Bücher sind bereits über ihn geschrieben worden. Doch einer hat bislang geschwiegen: der Erfinder, Ernö Rubik. Nun erzählt er vom Zauberwürfel und seiner Welt. Er beschreibt sein Leben mit dem Würfel, erzählt dessen Geschichte und fragt, was wir aus ihr lernen können. In seinem Buch verbindet er Themen wie Bildung, Architektur, Fragen, Rätsel, Verspieltheit und Widersprüche.

Der Ungar Ernö Rubrik, der Erfinder es sagenhaften Zauberwürfels hat bisher geschwiegen und kein Buch geschrieben. Wenn man das nun vorliegende Buch „Cubed“ liest, war das wohl auch besser so. Der Erfindergeist Ernö Rubrik findet das Schreiben wenig sympathisch, und das merkt man seinem Buch meistens auch an. Das Buch hat gerade mal 200 Seiten, man denkt, so ein Mann müsste doch mehr zu erzählen haben. Aber die Länge ist nicht das einzige Problem, vorwiegend ist das Konfuse des Buches, was wenig einladend ist. Ein bisschen Lebensbeichte, ein bisschen Zauberwürfel, ein bisschen Ratgeber, überall angerissen, aber nicht fertig entwickelt. Das Buch hat seine Highlights, vor allem wenn es um den Zauberwürfel, Entwicklung und Verkauf geht, aber ansonsten ist das Buch tatsächlich ein 200-Teile-Puzzle, das doch eigentlich ein viel aufregenderes 500-Teile-Puzzle hätte werden können.

C. H. Beck, 214 Seiten; 19,95 Euro

Ayad Akhtar – Homeland Elegien

Ayad Akhtars „Homeland Elegien“ ist ein Roman über den zerrütteten Zustand des heutigen Amerikas. Über ein Amerika, in dem die Ideale der amerikanischen Demokratie den Göttern der Finanzindustrie geopfert wurden und eine TV-Persönlichkeit Präsident werden konnte. Es ist ein persönliches Memoir über die Erfahrungen von im Westen lebenden Muslimen, insbesondere nach 9/11, und eine Reflexion über die Möglichkeit einer westlichen muslimischen Identität. Und der Roman erzählt aus ungewohnter Perspektive globale Zeitgeschichte, vom Konflikt zwischen Pakistan und Indien über den ersten Afghanistan Krieg bis hin zu Osama bin Laden und dem islamistischen Terror der jüngsten Gegenwart.

Was ist Amerika heute? Wie sind seine Menschen? In welche Richtung entwickelt es sich? Vor allem auch in Bezug auf Minderheiten, auf Muslime im Land. Der preisgekrönte amerikanisch-pakistanische Autor Ayad Akhtar geht diesen und noch vielen weiteren gesellschaftlichen Fragen nach. Und das alles in einer geschickten Kombination aus seiner eigenen Biographie mit romanhaften Zügen. Das Buch beginnt mit dem „Sprengstoff“ fürs Land Donald Trump, wie er 2016 an die Macht kam und warum Ayad Akhtars Vater so für den „lieben Donald“ schwärmte, weiter bekommt man eine Einführung über die Fehler Amerikas im Nahen Osten, und das seit den 1980ern, und wie das am Ende mit 9/11 zu diesem verheerenden Anschlag führte, der viele Unschuldige das Leben kostete, aber zugleich auch für die Muslime weltweit zu einer harschen Zäsur wurde. Ayad Akhtar geht mit den Muslimen ins Gericht, aber auch mit den Amerikanern, so wie er sie erlebt hat. Er berichtet, wie er vom Schriftsteller, der immer Schulden hatte, zum Multimillionär wurde, und das nicht durch seine Arbeit, und noch so viel mehr. Ayad Akhtar zeigt eine desillusionierte Gesellschaft, die die Ellenbogen ausgefahren hat und diesen Zustand auch so schnell nicht wieder verändern wird!

Claassen, 464 Seiten; 24,00 Euro

John Dickie – Die Freimaurer – Der mächtigste Geheimbund der Welt

Mozart, Goethe und Friedrich der Große gehörten dazu. George Washington, Franklin D. Roosevelt und Winston Churchill auch. Genauso wie Louis Armstrong, Walt Disney und vielleicht auch Brad Pitt. Sie alle eint der wohl mächtigste und mysteriöseste Geheimbund der Welt, die Freimaurer-Loge. Von Winkel und Zirkel im Grundstein des Kapitols bis zur Pyramide auf dem amerikanischen Dollarschein – die Symbole der Freimaurer sind eingegangen in die westliche Ikonographie der Macht. Aber wie weit reicht ihre Macht wirklich? Haben die Freimaurer die Französische Revolution ausgelöst? Stecken sie hinter den Serienmorden von Jack the Ripper? Oder steht ihr Griff nach der Weltherrschaft gar unmittelbar bevor?

Der Historiker und Mafia-Experte John Dickie liefert die erste umfassende Geschichte der Freimaurer – des Geheimbunds, der seit seiner Gründung im 18. Jahrhundert die Geschicke des Westens entscheidend mitbestimmt hat. Es gibt nur wenig auf der Welt, um das sich so viele Mythen wanken wie um die Freimaurer. Aber gibt es überhaupt noch so viele Geheimnisse um den Geheimbund, der eigentlich eine Gesellschaft mit Geheimnissen ist, nachdem man im Internet schon so viel über ihn finden kann? John Dickie gibt die Antwort, und diese lautet: Ja! John Dickies Buch über die Freimaurer ist aufschlüsselnd, überraschend und spannend! Mit ihm begibt man sich mitten hinein in den Bund und wird so über 450 Seiten lang auch zum Mitglied. Eine Reise, die man so schnell nicht wieder vergessen wird!

S. Fischer, 544 Seiten; 26,00 Euro

Marie Lacrosse – Das Kaffeehaus – Bewegte Jahre

Wien in den 1880er-Jahren. Die junge Sophie von Werdenfels flüchtet aus der tristen Atmosphäre ihres Elternhauses so oft wie möglich in die Pracht des Kaffeehauses ihres bürgerlichen Onkels. Dort lernt sie Richard von Löwenstein kennen, einen persönlichen Freund des Kronprinzen Rudolf. Während sich die beiden verlieben, schwärmt Sophies beste Freundin Mary für den verheirateten Kronprinzen. Ungeachtet aller Warnungen Sophies, lässt sich Mary sogar auf eine Affäre mit Rudolf ein. Und niemand ahnt, dass dadurch das Kaiserreich in seinen Grundfesten erschüttert wird.

Marie Lacrosse konnte mit ihrer „Weingut“-Saga durchgehend begeistern. Eine Bestseller-Trilogie. Nun legt sie mit einer neuen Trilogie nach. Die Saga um „Das Kaffeehaus“ lädt zu genüsslichen Lesestunden ein! Schon mit ihrem ersten Roman „Bewegte Jahre“ lässt Marie Lacrosse einen nicht mehr durch die Tür schreiten, bevor man die über 700 Seiten genossen hat. Der zweite Teil „Falscher Glanz“ erscheint im April 2021.

Goldmann, 733 Seiten; 15,00 Euro