April 20, 2024

Kolumne 04.04.2016

Kolumne vom 04.04.2016 – Nr. 398


Juli Zehdaumen rauf

Unter Leuten

Unter Leuten

Im brandenburgischen Dorf Unterleuten rumort es. Aus dem Blick geraten, die unberührte Natur mit den seltenen Vogelarten, die kleinen Häuser, die sich Stadtflüchtlinge aus Berlin gerne kaufen, um sich den Traum von einem unschuldigen und unverdorbenen Leben außerhalb der Hauptstadthektik zu erfüllen. Schuld daran ist eine Investmentfirma, die einen Windpark in unmittelbarer Nähe der Ortschaft errichten will. Streitigkeiten brechen auf, die lange Zeit unterdrückt wurden. Denn da ist nicht nur der Gegensatz zwischen den neu zugezogenen Berliner Aussteigern, die großstädtische Selbstgerechtigkeit und Arroganz an den Tag legen, da ist auch der nach wie vor untergründig schwelende Konflikt zwischen Wendegewinnern und Wendeverlierern. Kein Wunder, dass im Dorf schon bald die Hölle los ist …

Ein herausragender Gesellschaftsroman der zugleich aktuell und zeitlos ist! Juli Zehs Charaktere sind die Menschen von nebenan, man kennt sie, man fühlt mit ihnen, man ärgert sich mit ihnen, man leidet und liebt mit ihnen. Man kennt die Probleme und Sorgen, jeder hat Interessen, die er zu vertreten versucht, am Ende haben sie aber eins gemein, sie wollen in Ruhe und in Frieden leben. Aber da sie „Unter Leuten“ leben, ist das nicht möglich. Der Roman blickt aber nicht nur auf die dörfische Gemeinschaft, sondern behandelt auch die Themen Kapitalismus, Globalisierung, Klimakatastrophe, Aushöhlen der Demokratie und einiges mehr. Julie Zeh beschreibt in dem Mikrokosmos eines Dorfes die Fragen unserer Zeit. Klug, fesselnd, anspruchsvoll. „Unter Leuten“ ist der mit Abstand beste Roman von Juli Zeh!

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Helene Grass verleiht der Lesung einen besonderen Klang. Wie der Roman, so ist auch die Lesung: Hochwertig! 24,99 Euro.

Luchterhand, 640 Seiten; 24,99 Euro


T. R. Richmonddaumen runter

Wer war Alice

Wer war AliceAlice Salmon war erst 25 Jahre alt, als sie eines Morgens leblos im Fluss gefunden wurde. Was ist passiert? Ist sie wirklich gestürzt, weil sie zu viel getrunken hat, wie die Polizei vermutet? War es ein tragischer Unfall? Die Nachricht ihres Todes verbreitet sich wie ein Lauffeuer, auch über Facebook und Twitter. Gleich werden Vermutungen angestellt, über sie, ihr Leben und ihren Tod. Auch ihr ehemaliger Professor Jeremy Cooke ist erschüttert. Er macht sich daran, herauszufinden, was in der Nacht tatsächlich geschah, und sammelt alles über Alice. Er schreibt sogar ein Buch über den Fall. Nur warum ist er so engagiert? Was hat er zu verbergen? Was haben ihr Exfreund Luke und ihr Freund Ben mit der Sache zu tun? Und wer war Alice?

„Wer war Alice“ wird angekündigt mit: „Es gibt Millionen Psychothriller, aber dieser ragt heraus“. Geschrieben hat das „Glamour“. Da fragt man sich, wann die Redaktion eine Million Psychothriller gelesen und so ihr fundiertes literarisches Wissen erworben hat. Ich hatte riesengroße Erwartungen an dieses Buch. Doch diese wurden ungeheuer enttäuscht. Was hätte man für ein Spannungs-Highlight aus der Grundidee zu diesem Buch machen können! Ich hatte auf eine Geschichte a la „Wer hat Laura Palmer getötet?“ („Twin Peaks“) gehofft. Doch der Journalist T. R. Richmond schreibt tatsächlich einen längeren Zeitungsartikel aus Briefen, Postings, E-Mails und ein bisschen normaler Story. Es kommt nie Lesefluss auf, die Spannung köchelt nur so langsam vor sich hin. Zu erfahren, wer eine Person (in diesem Fall Alice Salmon) wirklich war, dass macht das Buch dann nicht zu einem vollkommenen Flop. Unverständlicherweise wurden die Übersetzungsrechte für diesen Debütroman in 20 Länder verkauft.

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Das Hörbuch funktioniert etwas besser, da hier zahlreiche Stimmen das Puzzle um Alice Salmons Leben erzählen, darunter Josefine Preuß, Walter Kreye und Regina Lemnitz. 19,99 Euro.

Goldmann, 445 Seiten; 14,99 Euro


Pierre Lagrangedaumen rauf

Tod in der Provence

Tod in der ProvenceCarpentras, ein malerischer Ort in der Provence. Das Hamburger Ehepaar Hanna und Niklas erbt dort ein halb verfallenes Chateau. Doch der Traum wird zum Albtraum. In der Nähe des Chateaus findet man eine Frauenleiche – und ihr fehlen die Füße. Hanna erfährt, dass schon früher in der Gegend Frauen verschwunden sind – Frauen mit roten Haaren wie sie. Geht in der Provence ein Serienmörder um, der Körperteile sammelt? Der sich im Ruhestand befindende Commissaire Albin Leclerc nimmt zusammen mit seinem Mops Tyson die Ermittlungen auf.

Frankreich-Krimis gibt es ja mittlerweile so einige auf dem Buchmarkt. Hier herauszustechen ist nicht mehr einfach, doch Pierre Lagrange ist das gelungen. „Tod in der Provence“ ist ein Frankreich-Krimi mit hohem Tempo und starken Charakteren! Der Fall hat es in sich, und mixt den französischen Wohlfühl-Krimi mit einem knallharten Thriller. In „Tod in der Provence“ sind die Anleihen auf „Das Schweigen der Lämmer“ nicht zu übersehen. Albin Leclerc hat einen messerscharfen Verstand. Sein Alter und das Rentnerdasein merkt man ihm nicht an. Seine jungen Kollegen, die noch im Dienst sind, kommen gar nicht hinterher, wie schnell Albin Leclerc alles stichhaltig analysiert.

Auch als Hörbuch erhältlich bei DAV. Wolfram Koch und Britta Steffenhagen liefern eine temporeiche Lesung ab. 19,99 Euro.

Scherz, 427 Seiten;14,99 Euro


Val McDermiddaumen rauf

Anatomie des Verbrechens

Anatomie des VerbrechensVal McDermid geht zum ersten Mal realen Verbrechen auf den Grund und schildert die Methoden der Forensik von ihren Anfängen bis an die Grenzen künftiger Wissenschaft und Technologie. Denn die Toten sprechen. Denen, die genau hinhören, erzählen sie alles über sich: woher sie kommen, wie sie lebten, wie sie starben – und wer sie umgebracht hat. Wie minimal die Spur auch sein mag, dem scharfen Blick der Gerichtsmedizin entgeht nichts…

 

„Anatomie des Verbrechens“ ist ein Must-Read-Buch für jeden Krimi- und Thrillerleser! Die Bestsellerautorin Val McDermid erklärt darin an spannenden Fällen, was die Forensik in Sachen Verbrechenslösung möglich macht. Sie geht dabei chronologisch vor: 1. Der Tatort, 2. Spurensicherung, 3. Entomologie, 4. Pathologie, 5. Toxikologie, 6. Fingerabdrücke, 7. Blutspuren und DNA, 8. Anthropologie, 9. Gesichtsrekonstruktion, 10. Digitale Forensik, 11. Forensische Psychologie, 12. Vor Gericht. Nach diesem Buch liest man jeden Kriminalroman oder Thriller mit anderen Augen, und bekommt einen Blick in die Wirklichkeit von Kriminalfällen.

Knaus, 377 Seiten; 14,99 Euro


Jens Mühlingdaumen rauf

Schwarze Erde

Schwarze Erde

von Begegnungen mit Nationalisten und Altkommunisten, Krimtataren, Volksdeutschen, Kosaken, Schmugglern, Archäologen und Soldaten. Und er erkundet die Ukraine von den polnischen Grenzgebieten zu den Gebirgszügen der Karpaten, von der südlichen Schwarzmeerküste in die zentralukrainische Steppengebiete, von den Ufern des Dnjepr zu den umkämpften Gebieten der östlichen Donbass-Region.

 

Die Ukraine. Nicht mehr täglich in den Nachrichten, aber immer noch in unseren Köpfen. Ein großes Land, das viel zu bieten hat an lebendigen Geschichten. Die Menschen dort vereint der Nationalstolz und dass sie viele Ansichten von allem haben. Ein Land zwischen Russland und Europa, und genau so sind die Menschen, gespalten. „Schwarze Erde“ zeigt die Ukraine von innen – präzise, vielschichtig, ungeschönt.

Rowohlt, 287 Seiten; 19,95 Euro


Hörbuch der Wochedaumen rauf

Petra Hammesfahr

Fremdes Leben

Fremdes Leben

„Mach sie tot, mach sie tot!“ Mit diesen Worten im Kopf erwacht eine Frau auf einer Intensivstation. Doch wer hat das gesagt? War sie gemeint? Wer ist sie überhaupt? Fast zwei Jahre soll sie im Koma gelegen haben, doch sie weiß nichts mehr. Den Mann, der sie mit Claudia anspricht und sich als ihr Ehemann Carsten Beermann vorstellt, kennt sie nicht. Auch der erwachsene Sohn, der von seiner leidvollen Kindheit erzählt, ist ihr fremd. Erst als sie sich an einen kleinen Jungen erinnert, der in einer brennenden Wohnung nach seiner Mutter ruft, keimt in ihr ein entsetzlicher Verdacht. Sie versucht das Rätsel um sich selbst zu lösen.

Petra Hammesfahr schreibt Spannungsromane mit einem gewissen Mehrwert! Seit Jahren lässt die Bestseller-Autorin einen spannenden Roman auf den anderen folgen. „Fremdes Leben“ ist ihr neuester Streich. Was passiert mit einem, wenn plötzlich im Kopf vieles gelöscht wurde? Amnesie. Dieser Frage und natürlich der Auflösung geht Petra Hammesfahr langsam, aber nicht unspannend auf den Grund. Man hätte dem Roman manchmal etwas mehr Tempo gewünscht, aber die Geschichte ist trotzdem nie langweilig. Die Grande Dame der Hörbuchsprecherinnen Regina Lemnitz (Jahrgang 1946), u. a. auch die deutsche Stimme von Hollywood-Star Kathy Bates, liest prächtig und voller Hingabe.

Auch als Hardcover erhältlich bei Diana, 19,99 Euro.

Random House Audio, 6 CDs, 441 Minuten; 19,99 Euro


Denglers-buchkritik.de

Kolumne vom 11.04.2016 – Nr. 399


Garth Risk Hallbergdaumen rauf

City on Fire

City on Fire - deutsche Ausgabe

New York City, Neujahr 1977. Ein Schneesturm zieht über die Stadt, Feuerwerk erleuchtet den Himmel und im Central Park fallen Schüsse. Die Ereignisse der Nacht bringt unterschiedliche Menschen zusammen: Die schwerreichen Erben William und Regan Hamilton-Sweeney, Mercer, der am großen amerikanischen Roman schreibt, die Punk-Kids Sam und Charlie aus der Vorstadt, den besessenen Magazin-Reporter Richard und den Cop Larry. Sie alle leben und lieben hier, in der großen Stadt, die Bankrott und gefährlich ist und zugleich vor Energie platzt. Als dann am 13. Juli 1977 die Lichter ausgehen, gerät New York City in den Ausnahmezustand – und nach dem Stromausfall ist kein Leben wie zuvor.

Der junge Amerikaner Garth Risk Hallberg wurde für seinen ersten Roman „City on Fire“ in seiner Heimat groß gefeiert. Und das zu recht, denn dies ist ein Roman, der viele andere überragt. „City on Fire“ ist ein episches Meisterwerk! Garth Risk Hallberg beschreibt darin Figuren, die zum greifen sind. Er schafft es auch, das Gefühl einer Generation, eines Jahrzehnts, der 1970er, zum Leben zu erwecken. Er porträtiert eine Stadt, die einem die Sinne raubt. Garth Risk Hallberg hat eine elegante Sprache, die einen fordert, aber auch glücklich macht. Man saugt die Sätze nur so in sich auf. Kristallklare Literatur im XXL-Format! Der Roman erinnert an die große Zeit eines Tom Wolfe. „City on Fire“ – Reader on Fire.

S. Fischer, 1076 Seiten; 25,00 Euro


Hubertus Meyer-Burckhardtdaumen runter

Meine Tage mit Fabienne

Meine Tage mit FabienneFrüher war es ein Geschäft für Saiteninstrumente, nun ist es eines für elegante Hüte. Kannstatt hat schon immer eine höfliche Distanz zu den Mietern im Erdgeschoss bevorzugt. Für ihn, der seine Umgebung am liebsten über den Hörsinn wahrnimmt, ist das Wohnhaus eine wohlkomponierte Symphonie. Als Fabienne, eine lebensfrohe Elsässerin und Hutmacherin, dort einzieht, bereichert sie Kannstatts besondere Hausmusik mit ganz neuen Tönen. Mit ihrem Hutgeschäft und noch mehr mit ihrem Temperament mischt sie die sechs Parteien des Hauses auf, insbesondere jedoch Kannstatts Leben …

Hubertus Meyer-Burckhardt ist der Gastgeber der NDR-Talkshow, „Meine Tage mit Fabienne“ sein dritter Roman. Die Geschichte hörte sich sehr vielversprechend an, aber die Umsetzung ist nur in Teilen gelungen. Die Story ist nicht so lang und dazu nicht großzügig gesetzt, und in dieser Kürze gab es dann auch noch viel Leerlauf und nicht wenige Längen. Da ist noch unheimlich viel Luft nach oben. Die Charaktere haben durchaus Charme, aber durch die anderen negativen Punkte kommen diese zu wenig zur Geltung und reißen es dann auch nicht mehr heraus. „Meine Tage mit Fabienne“ hätten so schön sein können, aber sie sind doch so langweilig geworden.

Lübbe, 219 Seiten; 18,00 Euro


Dora Heldtdaumen rauf

Böse Leute

Böse LeuteEine Einbruchserie schreckt Sylt auf. Häuser älterer, alleinstehender Frauen sind die Tatorte. Die Polizei ist ratlos. »Ungehörig« findet das der frisch verrentete Ex-Hauptkommissar Karl Sönnigsen und bietet sich an, den ehemaligen Kollegen unter die Arme zu greifen, was ihm prompt ein Hausverbot seines Nachfolgers einbringt. Karl ist verärgert. Mit seinem Freund Onno, Chorschwester Inge und Strohwitwe Charlotte stellt Karl ein Ermittlerteam auf die Beine. Und schon bald verfolgt das findige Rentnerquartett eine erste heiße Spur. Aber auch die neu eingetroffene Polizistin Maren und die hinzugezogene Kommissarin Anna Petersen ermitteln.

Dora Heldt goes Kriminalroman! Das kriminalistische Debüt von Deutschlands erfolgreichster Autorin von Unterhaltungsromanen ist gelungen. Der Roman lebt vor allem durch seine lebendigen Figuren. Die Polizistin Maren, die von Münster nach Sylt zurückkehrt, die Senioren-Gruppe und auch über die Unsympathen freut man sich zu lesen. Der Kriminalfall entwickelt sich langsam, aber es bleibt immer interessant. Eine weitere Hauptrolle spielt Sylt, und auch von der Insel liest man immer wieder gerne. Dora Heldt kennt sie ja mittlerweile wohl fast so gut, wie den Inhalt ihrer Handtasche. In „Böse Leute“ tanzen sympathische Figuren federleicht durch die spannende Story. Eine schöne Sommer-Lektüre. Auch als Hörbuch erhältlich bei GoyaLIT. Dora Heldt greift auch bei ihrem ersten Kriminalroman selbst zum Mikro. Wie immer präsentiert sie eine gute Lesung! 16,99 Euro.

dtv, 443 Seiten;14,90 Euro


Lucinda Rileydaumen rauf

Helenas Geheimnis

Helenas GeheimnisViele Jahre sind vergangen, seit Helena Beaumont als junge Frau einen wunderbaren Sommer auf Zypern verbracht, und dort ihre erste große Liebe erlebt hat. Nun kehrt sie zum ersten Mal zurück in das schöne alte Haus, um dort mit ihrer Familie die Ferien zu verbringen. Unbeschwerte Tage sollen es werden, doch Helena allein weiß, dass die Idylle bedroht ist – denn es gibt Ereignisse in ihrer Vergangenheit, die sie ihrem Mann und ihren Kindern stets eisern verschwiegen hat. Wie lange aber kann sie die Fassade der glücklichen Familie noch aufrechterhalten?

„Helenas Geheimnis“ war ein „verschollenes“ Manuskript. Lucinda Riley hat den Roman größtenteils bereits vor 10 Jahren geschrieben und letztes Jahr dann fertiggestellt. Man merkt ihm an, dass er anders ist, als die Romane, die man von der Bestseller-Autorin ansonsten gewohnt ist. Er kommt nicht an ihre Romane wie „Der Lavendelgarten“ oder die aktuelle „Die-Sieben-Schwestern-Reihe“ heran. Doch es ist ein Riley. Und einem Roman von Lucinda Riley kann man einfach nur sehr, sehr schwer widerstehen.

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Lucinda-Riley-Stammvorleserin Simone Kabst liest gewohnt gefühlvoll. 12,99 Euro.

Goldmann, 601 Seiten; 9,99 Euro


Verschiedene Autorendaumen rauf

Dada-Almanach

Dada-Almanach

Zürich 1916: Im von Exilanten gegründeten «Cabaret Voltaire» spielt sich Unerhörtes ab. Erwachsene Frauen und Männer stülpen sich skurrile Papprollen über den Kopf, geben Urlaute von sich, hampeln wie Maschinen herum und proklamieren im Brustton der Überzeugung Nonsens. DADA ist geboren! Diese Auswahl feiert die Geburtsstunde des Dadaismus und lässt die bekannten Haupt- und Oberdadaisten zu Wort kommen, wartet aber auch mit so manchem Ingenium an der Peripherie auf.

Ein verrückt-schönes Buch, das zeigt, was mit Texten alles möglich ist und wie gekonnt man diese Texte setzen kann. Der „Dada-Almanach – Vom Aberwitz ästhetischer Contradiction“ schreit sie laut hinaus, die Lautgedichte. Die Texte lassen einen schwelgen im großen Buchstaben-Wunderland.

Manesse, 175 Seiten; 39,95 Euro


Hörbuch der Wochedaumen rauf

Klüpfel / Kobr

In der ersten Reihe sieht man Meer

In der ersten Reihe sieht man Meer

Im Morgengrauen ging’s los, eingepfercht auf der Rückbank der vollbeladenen Familienkutsche. Zehn Stunden Fahrt an die Adria, ohne Klimaanlage und Navi, dafür mit Modern Talking aus dem Kassettenradio. Am Strand ein Duftgemisch aus Tiroler Nussöl und Kläranlage, und statt Cappuccino gab’s warme Limo. Willkommen zurück im Urlaubsparadies der 80er Jahre. Darin findet sich Familienvater Alexander Klein wieder, als er über einem Fotoalbum einnickt und als pickliger Fünfzehnjähriger erwacht – dazu verdammt, die Italien-Premiere seiner Jugend noch einmal zu erleben.

Einen zum brüllen komischer Nostalgietrip in die 1980er! „In der ersten Reihe sieht man Meer“ hat ruhige Momente und einige, über die man sinniert, aber am meisten hat er von denen, über die man einfach nur laut lachen muss. In den 1980ern war alles so schrecklich-schön besser und die Welt noch eine heile Welt. Dieses heimelige Lebensgefühl bringen einem das Bestseller-Autorenduo Klüpfel/Kobr auf äußerst charmante Art näher. Man hätte niemand besseren finden können, als Deutschlands Comedian-King Bastian Pastweka, um diese Geschichte vorzulesen. Doch einfach nur vorlesen tut Bastian Pastewka diese Geschichte nicht. Er lebt sie, und so wird fast schon jeder Satz zum komödiantischen Highlight. Er gibt jeder Figur eine eigene Stimme und man ist als Hörer begeistert von so viel sprachlicher Vielfalt.

Auch als Hardcover erhältlich bei Droemer, 19,99 Euro.

Osterwold Audio, 7 CDs, 499 Minuten; 19,99 Euro


Denglers-buchkritik.de

Kolumne vom 18.04.2016 – Nr. 400


David Mitchelldaumen rauf

Die Knochenuhren

Die Knochenuhr

An einem Sommertag des Jahres 1984 begegnet die junge Holly Sykes einer alten Frau, die ihr im Tausch für “Asyl” einen kleinen Gefallen tut. Jahrzehnte werden vergehen, bis Holly Sykes genau versteht, welche Bedeutung die alte Frau dadurch für ihre Existenz bekommen hat. Die Geschichte folgt den Wendungen von Holly Sykes’ Leben von einer tristen Kindheit am Unterlauf der Themse bis zum hohen Alter an Irlands Atlantikküste, in einer Zeit, da Europa das Öl ausgeht. Es geschehen merkwürdige Dinge: Besuche von Leuten, die sich aus dem Nichts materialisieren, Zeitlöcher und andere kurze Aussetzer der Gesetze der Wirklichkeit. Denn Holly – Tochter, Schwester, Mutter, Hüterin – ist zugleich die unwissende Protagonistin einer mörderischen Fehde, die sich in den Schatten und dunklen Winkeln unserer Welt abspielt.

David Mitchell, Autor des großen Bestsellers „Der Wolkenatlas“ der auch bombastisch für das Kino verfilmt wurde, hat ein neues bombastisches Werk geschrieben: „Die Knochenuhren“. Jedes Umblättern wird zum Ereignis- Der literarische Zauberer David Mitchell hat einen schon auf der ersten Seite vollkommen verzaubert! Man liest und liest und liest und schon sind hunderte von Seiten Geschichte. Mit Holly Sykes ist David Mitchell eine Figur gelungen, der man auf jeder Seite folgen will, so verrückt und wild es auch zugehen mag. Auch wenn der Roman aus mehreren einzelnen Geschichten besteht, Holly Sykes bleibt das verbindende Element. Ein Geniestreich. „Die Knochenuhren“ ist literarische, dramatische, kunterbunte, geheimnisvolle, mitfühlende, verheißungsvolle, spannende und intelligente Fantasy!

Auch als Hörbuch erhältlich bei Kübler Hörbuch. Der großartige Geschichtenvorleser Johannes Steck liest auch den neuen fantastischen Roman von Genie David Mitchell ganz großartig! 24,99 Euro.

Rowohlt, 808 Seiten; 19,80 Euro


Maggie Mitchelldaumen runter

The Other Girl

The Other GirlLois und Carly May sind zwölf, als sie entführt und in einer abgelegenen Jagdhütte für zwei Monate eingesperrt werden. In diesem Sommer, unter dem wachsamen Blick des Entführers, gehen sie eine Freundschaft ein, die sie für immer verbinden wird. Aber nach ihrer Befreiung dürfen sie sich nicht mehr sehen und verlieren den Kontakt. Zwanzig Jahre später. Lois ist Professorin für Literatur und hat unter Pseudonym einen Roman über ihre Entführung geschrieben. Carly May kämpft in L. A. um Filmrollen, bis sie ein Drehbuch in die Hände bekommt, dass genau ihre Geschichte erzählt. Ihr wird die Rolle der Ermittlerin angeboten. Zufall? Es gibt nur eine Person, mit der sie jetzt sprechen will: Lois. Doch die ist nicht so leicht aufzuspüren.

Wieder ein Roman, von dem ich mir sehr viel versprochen hatte. Die Grundstory klang nach einem Thriller, auch wenn Roman auf dem Cover steht. Ich war sehr gespannt. Der Roman war leider sehr spannungsarm. Er hat viele gute Ansätze, aber leider verliert sich die Amerikanerin Maggie Mitchell in zu vielen Nebensächlichkeiten. Diese beschreibt sie ausschweifend und verliert so immer wieder die Hauptstory aus dem Blick. „The Other Girl“ wird vorwiegend aus zwei Blickwinkeln erzählt, der von Lois und der von Carly May. Das würde den Roman im Grunde spannend machen, da auch beide sehr unterschiedlich sind. Aber wie geschrieben, verliert Mitchell immer wieder den roten Faden. Trotzdem ist „The Other Girl“ eingeschränkt lesenswert, da es interessant ist, die beiden Frauen und ihre Geschichte kennenzulernen.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Hörbuch Hamburg. Christiane Marx und Britta Steffenhagen holen stimmlich alles raus, was in der Geschichte drin ist. Das Hörbuch ist angenehm zu hören. 19,99 Euro.

List, 377 Seiten; 14,99 Euro


Nina Ohlandtdaumen rauf

Nebeltod

NebeltodEin grauer Novembertag in Nordfriesland. Hauptkommissar John Benthien von der Flensburger Kripo bearbeitet einen bizarren Fall: Bei Niebüll wurde ein Mann auf die Gleise gefesselt und vom Zug überrollt. Wenig später erhält die Polizei ein Foto des Opfers mit der Aufschrift SCHULDIG. Ein Racheakt, vermutet Benthien. Die Ermittlungen führen ihn auf die Insel Föhr, in eine exzentrische Künstlerkommune. Dort schlägt der Mörder erneut zu. Wer steckt hinter den Morden? Ist es einer der Künstler? Und privat hat Benthien ebenfalls Sorgen: In seinem Haus auf Sylt scheint etwas nicht mit rechten Dingen zuzugehen.

„Nebeltod“ ist nach „Küstenmorde“ und „Möwenschrei“ der dritte Fall für John Benthien und sein Team. Die ersten beiden Fälle wussten schon zu überzeugen, der neue ist noch besser. Ein Nordsee-Krimi á la Carte! Nina Ohlandt legt zahlreiche Spuren und hält den Leser immer bei der Stange. Die zahlreichen Haupt- und Nebenfiguren im Ermittlerteam sind etwas ungewöhnlich, da ja meist nur ein Kommissar oder zwei ermitteln, doch Nina Ohlandt gibt jeder Figur ein eigenes Gesicht. Auch die Umgebung nimmt eine große Rolle ein, und die schildert die Autorin auch exquisit. Die einzelnen Zitate, zu Beginn eines jeden Kapitels, über das, was Tiere für die Menschen sein sollen, eine zu schützende Spezies, gehen einem richtig nah.

Bastei Lübbe, 510 Seiten; 9,99 Euro


Mo Asumangdaumen rauf

Mo und die Arier

Mo und die ArierWie fühlt sich Fremdenhass auf der eigenen Haut an? Die afrodeutsche TV-Moderatorin Mo Asumang wagt ein journalistisches Experiment. Entschlossen sucht sie die offene Konfrontation mit rechten Hasspredigern – unter 3000 Neonazis auf dem Alex, bei einem rechten Star-Anwalt, unter braunen Esoterikern, auf einer Neonazi-Dating-Plattform, ja sogar bei Anhängern des Ku-Klux-Klan in den USA. Sie begegnet Menschen, die sie hassen – und entlarvt sie dadurch.

Schonungslos ehrlich! Ein zu großen Teilen fast unglaublicher Tatsachenbericht aus der braunen und verquerten Welt der anders Denkenden. Man erfährt von einem gedanklichen Sumpf, in dem die stecken geblieben sind, denen die mutige Mo Asumang begegnet. „Mo und die Arier“ ist ein hoch aktuelles Buch! Leider war es das auch schon vor einiger Zeit, ist es heute und wird es auch noch in der Zukunft sein. Das ist das eigentlich Bestürzende

Fischer, 272 Seiten; 14,99 Euro


Angela Bajorekdaumen rauf

Wer fast nichts braucht, hat alles: Janosch – die Biografie

Wer fast nichts braucht, hat alles: Janosch - die Biographie

Oh, wie schön ist Panama, Tigerente und der kleine Bär ― Janosch ist der bekannteste deutsche Kinderbuchautor. Sein Werk umfasst über 300 Bücher, übersetzt in 40 Sprachen. Über ihn selbst weiß man nur wenig. 1931 im oberschlesischen Hindenburg (heute Zabrze) geboren, haben die Gewalterfahrung zu Hause und in der Jesuitenschule ihn zu einem Traumsucher gemacht und zu einem zwischen Humor und Sarkasmus schwankenden Eigenbrötler. Er ist ein durch Krankheiten gezeichneter und dennoch optimistischer Mensch, ein Mann, der nach einem aufregenden Leben heute große Ruhe und Gelassenheit ausstrahlt.

Janosch nicht zu mögen ist unmöglich! Seine Geschichten waren ein treuer Begleiter für die vergangene Generation, sind es heute, und werden es auch für die nächsten Generationen sein. Doch wer ist dieser Mann, hinter diesen großartigen Geschichten? Feinfühlig, pointiert und klug ist Angela Bajorek dem Mann hinter den Geschichten auf der Spur. Eine Biografie, die einen nicht mehr loslässt!

Ullstein, 316 Seiten; 22,00 Euro


Hörbuch der Wochedaumen rauf

Benedict Wells

Vom Ende der Einsamkeit

Vom Ende der Einsamkeit

Jules und seine Geschwister Marty und Liz sind verschieden, doch ein tragisches Ereignis prägt alle drei. Als sie noch Kinder waren, verloren sie ihre Eltern durch einen Unfall. Sie gehen auf dasselbe Internat, verlieren sich aber später aus den Augen. Der einst so selbstbewusste Jules schließt eine Freundschaft mit der geheimnisvollen Ava, doch erst Jahre später wird er begreifen, was sie ihm bedeutet – und was sie ihm immer verschwiegen hat. Als Erwachsener begegnet er Ava wieder. Es sieht so aus, als könnten sie die verlorene Zeit zurückgewinnen und ein tolles Leben zusammenführen. Doch das Schicksal hat einen anderen Plan …

Benedict Wells hat mit seinem Romanen „Becks letzter Sommer“ einen großen Hall hinterlassen. Dieser wurde sogar mit Christian Ulmen in der Hauptrolle verfilmt. Nun liegt sein neuer Roman vor. „Vom Ende der Einsamkeit“ ist ein Entwicklungsroman, ein Roman über das Leben und seine unplanbaren, und oft sehr hinterhältigen Wege, ein Roman über die Liebe, die Nähe, wie schwierig es ist, beides zuzulassen. Ein Roman, der einen mit seiner Energie mitreißt, einen aber auch in ein tiefes Tal der Tränen stürzt, bei dem was alles geschieht. Doch am Ende bildet er Leben ab. Robert Stadlober, eines der jungen deutschen Gesichter unter den deutschen Schauspielern, liest mit viel Esprit. Er weiß die fröhlichen und die traurigen Momente richtig einzufangen.

Auch als Hardcover erhältlich bei Diogenes, 22,00 Euro.

Diogenes Hörbuch, 6 CDs, 455 Minuten; 24,99 Euro


Denglers-buchkritik.de

Kolumne vom 25.04.2016 – Nr. 401


Szczepan Twardochdaumen rauf

Drach

Szczepan Twardoch -Drach

Die Erde weiß alles. Mit kühlem Blick, der die Zeiten durchdringt, sieht sie alles, was auf ihr geschieht. Sie kennt das Kind Josef Magnor, das im Oktober 1906 den Geschmack der Wurstsuppe schmeckt. Josef, der im Dreck der Schützengräben von Frankreich landet und später im Bett der jungen Caroline. Dem diese Erde jahrelang ein Versteck im schlesischen Stollen bietet, nachdem er aus Eifersucht eine Tragödie angerichtet hat. Die Erde kennt Nikodem, Josefs Urenkel. Nikodem, der zu seiner Geliebten zieht, aber von seiner Frau und Tochter nicht loskommt, auch nicht von dem schönen Haus, das er sich, gefragter Architekt des neuen Polen, gebaut hat – alles entgleitet ihm, auch die Geliebte. Was wird er retten können? Die Erde kennt das Ende, sie bleibt grausam kalt …

Nach seinem viel beachteten Debüt „Morphin“ legt der polnische Jung-Autor Szczepan Twardoch mit „Drach“ sogar noch an Qualität zu. „Drach“ ist ein Entdeckungsroman. Eine literarische Abenteuerreise. Durch die besondere Erzählweise, und das Springen zwischen den Jahrzehnten, erfährt man auf einer Seite die Geburt, das Leben und dann schon vom Tod der Person. Aber auch das ist ein besonderer Reiz dieser Geschichte. Die Erde, die Menschen, die darauf wandeln, das, was getan wird, gelebt, geliebt, getötet, alles ist vergänglich. Die Erde nimmt es wieder in sich auf. Das ist der Grundtenor von „Drach“. Erzählt in einem Ton, der einen mitreißt! Weise Literatur klug komponiert wie ein klassisches Musikstück. Erde. Liebe. Krieg. Alltag. „Drach“. Ein Husarenstück!

Rowohlt Berlin, 413 Seiten; 22,95 Euro


Thea Dorndaumen runter

Die Unglückseligen

Die UnglückseligenJohanna Mawet ist Molekularbiologin und forscht an Zebrafischen zur Unsterblichkeit von Zellen. Während eines Forschungsaufenthalts in den USA gabelt sie einen merkwürdigen, alterslosen Herrn auf. Je näher sie ihn kennenlernt, desto abstrusere Erfahrungen macht sie mit ihm. Er sei der Physiker Johann Wilhelm Ritter, geboren 1776. Starker Tobak für eine Naturwissenschaftlerin von heute. Um seiner vermeintlichen Unsterblichkeit auf die Spur zu kommen, lässt sie seine DNA sequenzieren. Als Johannas Kollegen misstrauisch werden, bleibt dem sonderbaren Paar nur eines: die Flucht –nach Deutschland.

Ich habe Thea Dorns Spannungsroman geschätzt. Gespannt war ich, wie sehr ihr reichlich gelobter neuer Roman „Die Unglückseligen“ auch mich begeistern wird. Nur sehr wenig, ist leider das Ergebnis. Der Plot hörte sich etwas verrückt, aber vielversprechend an. Science-Fiction meets Gesellschaftsroman meets Drama meets Faust-Stoff. Die Grundidee stimmte also, aber was die Bestsellerautorin daraus macht, ist meist ein staubtrockenes, ein unschön literarisch überbordendes Werk, dem jegliche Struktur fehlt. Spannungsbogen? Nein, hier nicht. Auch fehlte mir der Zugang zu den Figuren. Johanna und Johann wirken irgendwie fremd. Was sie da so treiben, mir war das bald ziemlich egal. „Die Unglückseligen“ lassen einen unglücklichen Leser zurück.

Auch als Hörbuch erhältlich bei der Hörverlag. Gelesen von Bibiana Beglau (Schauspielerin des Jahres 2014) Ihre stimmliche Darbietung macht die Geschichte besser als sie ist. Doch sie alleine kann die Schwächen des Romans auch nicht ausmerzen. 24,99 Euro.

Knaus, 552 Seiten; 24,99 Euro


Paula Dalydaumen rauf

Herzgift

HerzgiftEine glückliche Ehe, zwei hinreißende Töchter und ein florierendes kleines Hotel im englischen Lake District: Natty und Sean Wainwright stehen auf der Sonnenseite des Lebens. Das Glück wird getrübt, als die jüngere Tochter auf der Klassenfahrt schwer erkrankt. Natty macht sich sofort auf den Weg nach Frankreich – nur gut, dass ihre beste Freundin Eve gerade zu Besuch ist und Sean in Nattys Abwesenheit unterstützen kann. Doch als Natty zurückkehrt, hat Eve ihr den Mann ausgespannt und ihr Zuhause übernommen. Selbst ihre Töchter werden von Eve umgarnt. Natty ist fassungslos. Die einst so enge Frauenfreundschaft wandelt sich in nackten Hass.

Die Britin Paula Daly hat mit ihrem Debütthriller „Der Mädchensucher“ bereits einen starken Eindruck hinterlassen. Ihr zweiter ist aber noch besser. Ein Psychothriller, der einen durch seine durchweg subtile Spannung frösteln lässt! In „Herzgift“ greift die Autorin dabei auf bekannte Mittel zurück, doch sie macht daraus einen durchweg guten Thriller. Eine gute Freundin, Eve, die Mann und Kinder „übernimmt“. Das kann Natty nicht hinnehmen. Der Psychokampf der beiden Frauen ist sehr fesselnd! Das Buch lässt einen nicht mehr los. Klug komponierte Spannung. Kritisieren kann man, dass die ganze Sache durch zu viele Zufälle beginnt, und das Eve im Jetzt und in der Vergangenheit zu viele Fehler gemacht hat.

Manhattan, 381 Seiten; 14,99 Euro


Thomas Thiemeyerdaumen rauf

Babylon

BabylonDas irakisch-syrische Grenzgebiet. In diese gefährlichsten Krisenregionen entsendet Multimilliardär Norman Stromberg die Archäologen Hannah Peters und ihren Mann John Evans. Der Auftrag: die Erkundung eines pyramidenartigen Bauwerks, das sich in immer engeren Spiralen hinunter in die Erde schraubt. Ein Schlund der Hölle, der fatal an Dantes Unterwelt erinnert. Was immer in der tiefsten seiner Kammern erwacht ist – ein vorzeitlicher Mechanismus oder eine uralte rachsüchtige Gottheit –, es hat das Ende der Menschheit eingeläutet.

Thomas Thiemeyer, Deutschlands bombastischer Thriller-Autor, präsentiert mit „Babylon“ wieder einen Genremix der zündet! Thriller, Action, Wissenschaft, Science Fiction, Drama, er lässt nichts aus, um den Leser gut zu unterhalten. Blockbuster-Kino zwischen zwei Buchdeckeln! Was anderes erwartet man von Thomas Thiemeyer auch gar nicht.

Knaur, 523 Seiten; 14,99 Euro


Raymond Khourydaumen rauf

Malum

Malum

Als FBI-Agent Sean Reilly einen anonymen Anruf erhält, scheint er dem Rätsel um den angeblichen Selbstmord seines Vaters endlich einen Schritt näher: Ein Wissenschaftler, der seit vielen Jahren mit der CIA zusammenarbeitet und auch Reillys Vater kannte, verspricht ihm Informationen, für die viele zu töten bereit seien. Doch der Informant stirbt, noch bevor es zum verabredeten Treffen kommt, und damit ist auch Reillys Leben in Gefahr. Er ist entschlossen, die Wahrheit ans Licht zu bringen – koste es, was es wolle.

Bestseller-Autor Raymond Khoury (u. a. „Scriptum”, „Dogma”, „Immortalis”,) legt mit seinem neuen Thriller „Malum“ wieder einen aktuellen, undurchsichtigen und rasanten Thriller vor, der mit einigen spektakulären Szenen länger im Gedächtnis bleibt. „Malum“ ist nach den anderen, und zuletzt „Furia“, der nächste Thriller aus der Reihe mit der Hauptfigur Sean Reilly.

Piper, 489 Seiten; 14,99 Euro


Hörbuch der Wochedaumen rauf

Frau Freitag

Für mich ist auch die 6. Stunde

Für mich ist auch die 6. Stunde

Jeder Lehrer steht vor den ewiggleichen Problemen: Wie gehe ich mit Störern um? Welche Haltung beziehe ich bei Handys, Schminke und Jacken im Unterricht? Was tun, wenn einem der Klassenchef auf der Nase herumtanzt? Wie wäre es zum Beispiel mit der Konfrontationstaktik? »Na, Mustafa, möchtest du vor deiner und seiner Mutter wiederholen, was du eben zu Emre gesagt hast? Was meinst du, wie deine Mama es findet, dass du so Sachen sagst wie: Ich pisse auf das Grab deiner Toten?« Mit Problemen im Schulalltag kennt sich Frau Freitag aus. Seit über fünfzehn Jahren unterrichtet sie an Brennpunktschulen. Was nicht hilft: die Theorien der Pädagogikpäpste, die seit Jahren keine Schule mehr von innen gesehen haben.

Frau Freitag hat mit ihren Bestsellern „Chill mal, Frau Freitag“, „Voll streng, Frau Freitag“ und „Echt easy, Frau Freitag“ den Lesern und Hörern die Schüler, die Lehrer und die Schule erklärt. Das tut sie auch in ihrem aktuellen Buch, das aber mehr ein Ratgeber für angehende Lehramtstudenten ist. Für sie ist es die optimale Lektüre, da sie so sehen, was wirklich in den Klassenzimmern passiert, sollten sie es nicht wissen. Danach wissen sie in Kurzform, was in der Kommunikation mit den Schülern so abgeht. Frau Freitag spricht über Schüler- und Lehrertypen, und wie man mit ihnen als Lehrer umgeht – mit den Schülern und den Kollegen. Da gibt es viel zu erzählen. Frau Freitag ist aber nicht nur gerne Lehrerin, weil es ihr Spaß macht, Jungendlichen etwas beizubringen, sondern auch wegen der vielen Ferien. Das und vieles andere erfährt man in „Für mich ist auch die 6. Stunde“ auf amüsante Weise. Was bei dem Hörbuch allerdings schade ist, es wird nicht von der quirligen Carolin Kebekus gelesen (wie die drei Hörbücher zuvor, und wie angekündigt), sondern von der Autorin selbst. Das mindert die Qualität des Textes als Hörbuch. Auf Carolin Kebekus hatte ich mich schon sehr gefreut.

Auch als Paperback erhältlich bei Ullstein, 14,99 Euro.

Hörbuch Hamburg, 4 CDs, 237 Minuten; 14,99 Euro.


Denglers-buchkritik.de