Dezember 9, 2024

Kolumne 01.01.2024 Nr. 802

     BuchKolumne 01.01.2024 Nr. 802

Hjorth & Rosenfeldt – Die Schuld, die man trägt
Kathrin Lange / Susanne Thiele – Toxin
Ivar Leon Menger– Angst
Kathrin Röggla – Laufendes Verfahren
Alexander MacLeod – Tun, was getan werden muss

Hörbuch der Woche:

Pierre Martin
Monsieur le Comte und die Kunst der Täuschung

 Hjorth & Rosenfeldt – Die Schuld, die man trägt

Nachdem bei der Reichsmordkommission ein Kollege als Mörder entlarvt wurde, soll die Sondereinheit unter Leitung von Sebastians Tochter Vanja Lithner aufgelöst werden. Da erhält sie einen Anruf: Eine Frau wurde außerhalb von Västerås ermordet aufgefunden, in einem Schweinemastbetrieb. An die Stallwand hat jemand in blutroten Buchstaben geschrieben: „Löse den Fall, Sebastian Bergman!“. Vanja trommelt die verbliebenen Mitglieder des Teams zusammen. Um jeden Preis will sie den Fall aufklären und den Ruf der Reichsmordkommission retten. Doch dazu braucht sie auch Sebastians Hilfe.

Die Kriminalromane um den Kriminalpsychologen Sebastian Bergman sind Kult! Das schwedische Autoren-Team Hjorth & Rosenfeldt haben mit ihm einen Charakter erschaffen, an den man sich reiben kann und dabei begeistert ist von seinem Treiben, sowohl bei den zu ermittelnden Fällen wie auch in seinem turbulenten Privatleben. Zu ihm gesellen sich weitere ausdrucksstarke Charaktere, die alle diese Krimi-Reihe zu einem Highlight des Genres machen. Und es folgen reihenweise Bestseller. „Die Schuld, die man trägt“ ist mittlerweile der 8. Fall für Sebastian Bergmann und dem Ermittler-Team. Hochspannung pur! Gespickt mit zahlreichen Überraschungen. Auch der neue Fall ist wieder ein Bestseller, der die LeserInnen der Reihe begeistern wird. Neueinsteigern sei aber empfohlen, keinesfalls mit diesem Buch zu beginnen, denn es wird sehr viel verraten, was vorher alles geschehen ist. Das nimmt einem das Erlebnis der vorherigen Bücher. Und dieses Leseerlebnis sollte man sich nicht entgehen lassen.

Wunderlich, 477 Seiten; 25,00 Euro

 Kathrin Lange / Susanne Thiele – Toxin

Als in Berlin Obdachlose an Milzbrand sterben, ist Wissenschaftsjournalistin Nina Falkenberg alarmiert. Die Fälle erinnern an ein Ereignis in Alaska vor 10 Jahren, als das Auftauen des Permafrostbodens einen tödlichen Erreger freisetzte. Ebenfalls in Alaska verschwindet Ninas Freund, der Milzbrand-Forscher Gereon Kirchner. Nina bittet ihren Bekannten Tom Morell, dorthin zu reisen und herauszufinden, was passiert ist. Schon kurz nach Toms Ankunft taucht in einem Eistunnel eine Frauenleiche auf. Ist Gereon schuld an ihrem Tod? Hat er gar mit dem qualvollen Tod der Obdachlosen in Berlin zu tun? Während Tom und Nina versuchen, Licht ins Dunkel zu bringen, müssen sie begreifen, dass sie gegen einen sehr viel mächtigeren Gegner kämpfen, als sie dachten.

Kathrin Lange und Susanne Thiele haben es drauf! Die weibliche und deutsche Ausführung vom männlichen Weltbestseller-Duo Douglas Preston und Lincoln Child. Okay, das ist im Moment doch noch einige Regalreihen zu hoch gegriffen, aber das deutsche Duo könnte sich auf den Weg dahin machen. Nach „Probe 12“ folgt nun „Toxin“. Und der Roman liest sich wie ein Preston/Child, aber eben nur in Phasen. „Toxin“ fehlt es eindeutig an Geschwindigkeit und Hochspannung. Wissenschaftlich sauber recherchiert, da merkt man, das Duo hat Ahnung von dem, was sie schreiben. Aber das wirkt über die 450 Seiten oft einfach zu trocken. Doch das ganze Thema ist hochaktuell und wissenschaftlich sehr interessant. Der Thriller schaukelt daher zwischen gut und weniger gut hin und her.

Lübbe, 457 Seiten; 17,00 Euro

  Ivar Leon Menger – Angst

Irgendetwas an Viktor stimmt nicht, das spürt Mia schon bei ihrem ersten Date im Edelrestaurant auf dem Dach des Kanzleramts. In den Tagen darauf geschehen merkwürdige Dinge, die sich irgendwann nicht mehr mit dem Zufall erklären lassen. Mias anfängliche Beunruhigung weicht einer lähmenden Angst. Doch dann beschließt sie, den Spieß umzudrehen. Ein tödliches Spiel beginnt.

Ivar Leon Menger hat mit seinem bösen Spannungsroman „Als das Böse kam“ Spuren im Genre hinterlassen. Nun schlägt er ein neues Kapitel auf. „Angst“ heißt dieses und wieder spannt er die Nerven der LeserInnen bis zum Maximum. Es beginnt still und leise, die Angst schleicht sich langsam an und wird immer größer. Doch was ist wahr, was ist gelogen? Wer spielt welches Spiel? Wer spielt falsch? Ivar Leon Menger legt falsche Fährten und überrascht mit einem filmreifen Ende. Ein psychologischer Thriller, der Sie in Ihre Träume verfolgen wird!

dtv, 435 Seiten; 16,00 Euro

   Kathrin Röggla – Laufendes Verfahren

„Kein Schlussstrich!“ Das war die Forderung vieler Stimmen aus der Nebenklage nach dem Urteil des NSU-Prozesses. Zu wenig wurde aufgeklärt, zu viel politisch versprochen. Was genau aber passiert mit einem Prozess, um dessen Grenzen so nachhaltig gestritten wird? Wer beobachtet die dritte Gewalt bei ihrer Arbeit, wenn es um rassistischen Terror und den Angriff auf unsere Demokratie geht?

Kathrin Röggla erzählt nicht in der üblichen Vergangenheitsform von einem abgeschlossenen Fall, und sie nimmt die bewusst unprofessionelle Perspektive eines „Wir“ ein, das oben auf den Zuschauerrängen sitzt. Ein Prozess, der deutsche Gerichtsgeschichte geschrieben hat! Der NSU-Prozess. Viel ist aus den Medien bekannt, aber es gibt eben auch Vieles, was für die breite Öffentlichkeit im Verborgenem blieb. „Laufendes Verfahren“ lässt tief blicken, in den laufenden Prozess, den Arbeiten im Gericht, aber eben auch, auf die Menschen, die ein Teil des „Wir“ sind, und deren Meinung bunt und braun ist, hell und dunkel, laut und leise. „Laufendes Verfahren“ ist ein Roman mit einem lauten Nachhall!

S. Fischer, 207 Seiten; 24,00 Euro

  Alexander MacLeod – Tun, was getan werden muss

Ein Paar trennt sich nach vielen Jahren. Nur Gunther ist noch da, das Kaninchen, das sie trotz aller Differenzen verbindet. Eine junge Familie erfährt aus den Nachrichten, dass der nette Mann, der vor zwei Jahren im Motelzimmer neben ihnen wohnte, ein Serienmörder ist. Ein Frequent Flyer stiehlt am Flughafen Gepäckstücke, um für kurze Zeit in das Leben Fremder zu schlüpfen.

Sehr unterschiedliche Stories, sehr unterschiedliche Settings, unverwechselbare Charaktere, gepackt in einen eleganten und feinen Stil, der ein rasch die Seiten weiterblättern lässt. Der Kanadier und O.-Henry-Preisträger Alexander MacLeod hat mit seinem Erzählband einiges an Aufmerksamkeit erregt. Zu Recht. Seine acht Erzählungen haben in Teilen die Qualität von Romanen, was am Ende schon wieder schade ist, denn man hätte gerne noch mehr Zeit in diesen Settings verbracht und wäre an der Seite der Charaktere gewandelt.

Luchterhand, 288 Seiten; 24,00 Euro