April 18, 2024

Kolumne vom 30.03.2020 – Nr.606

BuchKolumne 30.03.2020 Nr. 606

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Kate Mosse – Die brennenden Kammern

Carcassonne, 1526: Minou Joubert wächst als Tochter eines katholischen Buchhändlers auf. Eines Tages erhält sie einen versiegelten Brief mit den Worten: „Sie weiß, dass Ihr lebt.“ Noch bevor sie herausfinden kann, was hinter der mysteriösen Botschaft steckt, wird die Begegnung mit dem jungen Piet Reydon ihr Leben für immer verändern. Denn der Hugenotte hat eine gefährliche Mission, und er zählt auf Minous Hilfe, um aus der Stadt zu fliehen.

Die britische Bestsellerautorin Kate Mosse landete mit „Das verlorene Labyrinth“ einen Weltbestseller, der auch verfilmt wurde. Nach weiteren erfolgreichen Büchern erscheint nun ihr neuer historischer Roman „Die brennenden Kammern“. Hier nimmt sich Kate Mosse dem Schicksal der Hugenotten an. Das Buch ging von 0 auf 1 in den britischen Bestsellerlisten. Ein mächtiger und prächtiger historischer Roman! Kate Mosse spielt ihre Stärken aus, die sie im historischen Roman hat. Detaillierte Schilderung der Zeit, gekonnte Verknüpfungen und eine fesselnde Story. „Die brennenden Kammern“ sind der Beginn eines großen Epos. Auf die Fortsetzung freut man sich nach diesem Roman sehr.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Sprecherin Ilka Teichmüller verleiht der Story den nötigen historischen Touch. Ihrer Stimme folgt man gerne. 20,00 Euro. Hörprobe 11:41 Min.

S. Fischer, 702 Seiten; 28,00 Euro


Kate Mosse – Die brennenden Kammern Hörprobe 11:41 Min.

Andrea Camilleri- Das Bild der Pyramide

Zurückgekehrt nach jahrelangem Unterwegssein in die Gegend südwestlich von Paris, drängt es den Helden drei Tage später bereits zu einem erneuten Aufbruch. Im Gegensatz zu vorangegangenen Welterkundungen verfolgt er diesmal ein unumstößliches Ziel: »›Das also ist das Gesicht eines Rächers!‹, sagte ich zu mir selber, als ich mich an dem bewussten Morgen, bevor ich mich auf den Weg machte, im Spiegel ansah.« Rache warum? Für die Mutter, die in einem Zeitungsartikel denunziert worden war, dem Anschluss ihres Landes an Deutschland zugejubelt zu haben. Rache an wem? Eine Journalistin, der Urheberin dieser wahrheitswidrigen Behauptungen, die in Tagesentfernung in den Hügeln um Paris wohnte.

Peter Handke, der zuletzt den Literaturnobelpreis verliehen bekommen hat, hat ein neues Buch veröffentlicht „Das zweite Gesicht – Eine Maigeschichte“. Was wird mich Großes erwarten, dachte ich mir. Großes gewiss nicht, das stellte sich schnell heraus. Ein kleines Buch, mit weniger als 150 Seiten, großzügig gedruckt, und einer dürftigen Geschichte, die manch literarische Feinheit innehat, aber meist vor schwülstigen literarischen Ausschweifungen nur so strotzt. Nur ein Beispiel: „Der Himmel, allein in mittlerer Höhe durchkreuzt, durchkurvt, durchflattert, durchflittert und durchschossen von beinah allen möglichen Vögeln, und dazu, wieder eine Abwesenheit, kein sonst Sommer für Sommer allein im leeren Himmel zuhöchst im Zenit kurvenziehender Adler, angesichts dessen ich einmal, an einem lautlosen Hochsommermittag, in der Vorstellung, unten auf dem Erdboden ebenso allein zu sein, über die Gegend hier hinaus, sage und schreibe die Vision hatte, eine eher apokalyptische, und so oder so eine des Grauens.“ Ein maßlos selbstverliebtes Buch! Das Lesen kommt einer qualvoll gedruckten Auspeitschung gleich.

Auch als Hörbuch erhältlich bei Lübbe Audio. Der Stammsprecher der Commissario-Montalbano-Reihe Bodo Wolf liest auch diesmal wieder charmant, doch die oft langweiligen Phasen der Geschichte kann auch er nicht retten. 20,00 Euro. Hörprobe: 10.00 Min.

Lübbe, 269 Seiten; 22,00 Euro

Charlotte Roth – Die Königin von Berlin

Die Königin von Berlin

Jess Walker hält sich für wertlos und unscheinbar. Als sie jedoch ihr Studium beginnt, lässt sie Familie und Vergangenheit zurück und beschließt, sich neu zu erfinden. Schnell findet Jess anziehende Vorbilder für ihr Vorhaben: Lorna Clay, die von Jess überaus bewunderte, exzentrische Literaturwissenschaftlerin. Und Alec, den charismatischen Journalisten, in den sie sich Hals über Kopf verliebt. Beide zeigen ihr, wie außergewöhnlich sie selbst und das Leben sein können. Als Alec Jess’ Gefühle erwidert, glaubt sie am Ziel ihrer Träume angekommen zu sein. Doch dann reist Alec nach Südafrika – und wird wenige Tage später tot aufgefunden. Und plötzlich muss Jess alles infrage stellen, was sie je für die Wahrheit gehalten hat.

Ein spannender Campus-Roman, bei dem nichts so ist, wie es scheint! Bei „Die Lügner“ kommen auch starke Krimielemente zu tragen, nicht zuletzt dadurch, dass Lorna Clay einen speziellen Unterrichtsstoff hat: Agatha Christie. Und an der hat sich wohl auch Autorin Kate Weinberg ein Beispiel genommen. Die Geschichte beginnt langsam und bekommt nach und nach immer mehr Drive. Man geht mit Jess ihren neuen Weg in einer neuen Umgebung. Kann sie und ihr Handeln verstehen. Doch plötzlich kommt alles anders. „Die Lügner“ täuscht und verwirrt den Leser, aber nur, um ihn damit bestens zu unterhalten! Kate Weinberg hat mir ihrem Debütroman viel richtig gemacht.

Bold, 400 Seiten; 18,00 Euro


Téa Obreht – Herzland

Arizona, um 1890. Nora Larks Farm ist bedroht von Dürre und mächtigen Viehzüchtern, neuerdings auch, so glaubt ihr kleiner Sohn Toby, von einem monströsen Tier, das draußen umherstreift. Seit Tagen ist Noras Mann verschwunden, nachts sind die beiden älteren Söhne im Streit davongeritten, und irgendwer ist ins Brunnenhaus eingebrochen. Doch Nora stehen noch ganz andere Prüfungen bevor – die über das Schicksal ihrer Familie entscheiden werden. Das liegt auch an Lurie, Waise eines Einwanderers aus dem Osmanischen Reich, der vom kleinen Ganoven zum verfolgten Outlaw wurde, schließlich einen unerwarteten Gefährten findet und in einem Trupp der U.S. Army untertaucht. In Luries abenteuerlichem Leben verdichten sich das Heldentum und die Niedertracht..

Ein großer Roman über den Wilden Westen – heutzutage, in einer deutschen Übersetzung, schon eine echte Seltenheit. Und dann stammt das Buch auch noch aus der Feder einer jungen Frau. Eine große Überraschung. Téa Obreht hat einen authentischen Roman mit viel frischem Wind über den Wilden Westen geschrieben. Durch die Figur der Nora Lark bekommt er aber auch viel weiblichen Touch. Rau, forsch, knorrig, ohne Stillstand – in „Herzland“ schlägt das Herz, wild, auf jeder Seite!.

C. H. Beck, 1.312 Seiten; 39,95 Euro

Linus Geschke – Finsterthal

Finsterthal

Wenn der Dunkle kommt, verschwinden Mädchen. Eins in Berlin, eins in Bayern und eins im hessischen Königstein. Nicht alle werden lebend zu ihren Vätern zurückkehren, die durch ein dunkles Geheimnis verbunden sind. Nur widerwillig nimmt der kriminell gewordene Ex-Polizist Alexander Born die Spur eines Mannes auf, der sich Der Dunkle nennt. Anfangs geht er noch von ganz gewöhnlichen Entführungsfällen aus. Ein Täter, drei Opfer. Doch in diesem Fall ist nichts, wie es scheint, und hinter jeder Wahrheit verbirgt sich eine weitere. Das muss auch die Berliner Kommissarin Carla Diaz erkennen, die Born auf seiner Suche unterstützt. Als die beiden dem Dunklen näherkommen, geraten sie in einen Strudel aus Gewalt, Lügen und Verrat, in dem sie am Ende niemandem mehr trauen können – nicht den Mädchen und nicht sich selbst.

Mit seinem Thriller „Tannenstein“ konnte mich Linus Geschke nicht überzeugen, trotz Bestsellerstatus und viel positiver Resonanz. Aber er hat davor ja schon einige sehr gute Thriller geschrieben! Dafür hat er mich nun mit seinem zweiten Thriller gepackt, in dem Ex-Polizist Alexander Born wieder zurückkehrt. „Finsterthal“ ist packend, finster und lässt einen nur wenig Zeit zum Luftholen! Linus Geschke, ein neuer deutscher Thriller-Autor, dessen Name man sich unbedingt merken muss! Spätestens nach diesem Buch, auch wenn seine Jan-Römer-Krimireihe schon sehr gut war.

dtv, 365 Seiten; 15,90 Euro